Gaza, Libanon und schließlich der Iran?

Der israelisch-drusische Dichter und Kommentator Salman Masalha beurteilte

am 20. 11. in der israelischen Tageszeitung »Haaretz« das Vorgehen der Regierung gegen Gaza als Teil einer durchdachten Strategie für einen Angriff auf den Iran. Er warnte davor, die Operation als Wahlkampfmanöver zu betrachten. Es spreche vieles dafür, daß man die Ereignisse als »Teil eines neuen Plans, eines Masterplans« betrachten solle, »der sich nach Osten auf Irans Nuklearprogramm richtet.« Masalha erinnert an Ministerpräsident Netanjahus Auftritt vor der UNO in diesem Jahr, bei der dieser behauptet hatte, der Iran werde bis zum Frühjahr oder spätestens im nächsten Sommer mit der Urananreicherung so weit sein, innerhalb kürzester Zeit das nötige Material für die erste Atombombe zu haben. Netanjahu habe frühzeitige Wahlen angesetzt, um danach im Frühjahr freie Hand für militärische Operationen zu haben. Verteidigungsminister Barak teile dessen Haltung. Man müsse Netanjahus Worte im März vor der Knesset, der damals gesagt habe: Früher oder später wird Irans Terrorbasis in Gaza entwurzelt sein ... Gaza ist Irans vorgelagerte Position, sorgfältig bedenken. Masalha schließt daraus: Deshalb kann man die gegenwärtige Operation die kleine südiranische Operation nennen, da damit die iranische Südflanke paralysiert werden soll. Die nächste Operation wird die kleine nordiranische Operation sein, um die iranische Libanonflanke zu zerstören. Der Autor warnt: So nähern wir uns Netanjahus roter Linie, der Entscheidung über die große iranische Operation – nämlich dann, wenn Israel keine Raketenbedrohung von den Flanken mehr befürchten muß.  [1]    

 

Mäht sie nieder!

Wie Karin Leukefeld berichtet, hatte sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle am 20. 11. mit Avigdor Lieberman sowie Präsident Shimon Peres und Regierungschef Benjamin Netanjahu getroffen. Anschließend war er zu Gesprächen mit Mahmud Abbas nach Ramallah gefahren. Als Ursache der aktuellen Eskalation machte Westerwelle erneut den Beschuß Südisraels aus dem Gazastreifen aus. Dort liege »der Schlüssel für einen Waffenstillstand«. Abbas’ Berater Abdullah Frangi antwortete im Gespräch mit der Tageszeitung Rheinische Post, wer eine so einseitige Haltung einnehme, habe »kein Gewicht« bei Verhandlungen. Führende Regierungsvertreter Israels, so Leukefeld ferner, zeigten sich stattdessen weiter unerbittlich. Wie der Fernsehsender Russia Today berichtete, forderte Transportminister Israel Katz, Gaza so schwer zu bombardieren, »daß die gesamte Bevölkerung nach Ägypten flieht«. Sein Kollege für die Verteidigung der Heimatfront, Avi Dichter, riet den israelischen Streitkräften, Gaza »neu zu formatieren« und es »mit Bomben sauberzuwischen«. Innenminister Eli Yishai sagte, »Infrastruktur, öffentliche Gebäude und Regierungsgebäude« müßten zerstört werden. Ziel der Operation sei, »Gaza ins Mittelalter zurückzuschicken, nur dann wird Israel für die nächsten 40 Jahre in Ruhe leben«. Michael Ben-Ari, ein Abgeordneter der Nationalen Einheitspartei, rief die israelischen Soldaten offen zum Mord an den Palästinensern auf: »Es gibt keine Unschuldigen in Gaza. Mäht sie nieder!«  [2]  

 

»Solange den Palästinensern ein eigener Staat vorenthalten wird«, legt Jürgen Reents  dar, »mag es immer wieder Kriegspausen geben, aber kein Kriegsende; immer wieder Waffenstillstände, aber keinen Frieden. Das ist die Wahrheit, zu der die israelische Regierung gedrängt werden muß und der sich auch die deutsche Politik stellen müßte: praktisch und nicht nur mit hohlen Reden. Der UN-Teilungsplan, der einen jüdischen und einen arabischen Staat in Palästina vorsah, wird in wenigen Tagen 65 Jahre alt. Es sind 65 Jahre israelischer Verweigerung, arabischer Fehlkalkulation und des Versagens internationaler Diplomatie mit wiederkehrend mörderischem Ausgang, für Juden wie für Araber. Und es sind 65 Jahre, in denen Zorn gesät wurde, der die radikale Hamas entstehen ließ und ihr bei Wahlen eine Mehrheit bescherte. Man hat den Feind gezüchtet. Nun gilt: Man muß mit ihm reden - über zwei Staaten, die Frieden schließen.«   [3]  »Israels angeblicher Erzfeind, die Terrorgruppe Hamas«, vermerkt Paul Joseph Watson, »wurde von Israels herrschender Likud-Partei gegründet und finanziert und sie wird bis in diese Tage von jenen politischen Institutionen mit Geld überhäuft, die eine Eine-Welt-Regierung vorantreiben. Das ist nicht meine Meinung und ich bresche hier nicht mit einer exklusiven Geschichte hervor.«  [4]

 

»Über Krieg«, schrieb Prof. Michel Chossudovsky im August dieses Jahres, »entscheiden ausnahmslos zivile Führungsvertreter und Interessengruppen und weniger das Militär. Krieg dient vorherrschenden wirtschaftlichen Interessen, die ihren Einfluß  - vor der Öffentlichkeit verborgen -  hinter verschlossenen Türen in den Chefetagen der Unternehmen, den Denkfabriken Washingtons und anderswo ausüben. Ohne die massive Desinformation durch die Medien brächen die Kriegsabsicht und -planung der USA und der NATO wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Die Legitimität der Kriegsverbrecher in hohen Funktionen wäre erschüttert.« Nach Auskunft der Vereinten Nationen wird der Gaza-Streifen im Jahr 2025, also nicht einmal in ferner Zukunft, aus ökologischen Gründen nicht mehr bewohnbar sein, weil das Land völlig überbevölkert ist, die Böden ausgelaugt sind und bis dahin kaum noch Landwirtschaft betrieben werden kann.

 

Israels letzter Überfall auf Gaza: Die Lüge, wer angefangen hat

Wieder hat Israel Gaza angegriffen. Im Zuge des Überfalls, schreibt John Glaser, der am 10. November begann, wurden mindestens sieben Palästinenser getötet, fünf davon Zivilisten, drei davon Kinder. Bis zu 52 wurden verwundet, darunter sechs Frauen und zwölf Kinder. Wie bei jeder bösartigen militärischen Offensive, die Israel in Gaza durchführt, lautet die vorherrschende Geschichte, daß es sich um eine Vergeltung für Raketen aus Gaza handelt, die in das südliche Israel abgeschossen wurden. Und das ist eine Lüge. Es stimmt, daß an dem Samstag vor dem ausgedehnten israelischen Bombardement der militärische Arm der Volksfront für die Befreiung Palästinas eine Panzerabwehrrakete auf ein israelisches Militärfahrzeug in der Nähe der Grenze zu Gaza feuerte, wodurch vier israelische Soldaten verletzt wurden. Aber was führte zum Abschuß der Panzerabwehrrakete? Als erstes erschossen israelische Militärkräfte am Montag, 5. November, den 23 Jahre alten Ahmad Nabhani, als er sich dem Grenzzaun zu Israel näherte. Laut zumindest einer Zeugenaussage war Nabhani geistig behindert. Dann, am Donnerstag, 8. November, überschritten die israelischen Okkupationskräfte – 8 Panzer und 4 Bulldozer – die Grenze in den Süden von Gaza, schossen dort herum und töteten einen 13 Jahre alten Buben, wie das Palestinian Centre for Human Rights berichtet. Den vom PCHR durchgeführten Untersuchungen zufolge wurde am 8. 11. ungefähr um 16.30 Uhr der 13 Jahre alte Ahmed Younis Khader Abu Daqqa durch ein Geschoß in den Unterleib schwer verletzt, nachdem israelische Militärfahrzeuge, die in das Dorf Abassan eingedrungen waren, willkürlich herumschossen. Zu der Zeit, als er getroffen wurde, spielte Ahmed mit seinen Freunden Fußball vor dem Haus seiner Familie, das etwa 1.200 m von dem Gebiet, in dem sich die israelischen Okkupationskräfte befanden, entfernt ist. Selbst wenn ehrliche Beobachter die grausame und inhumane Blockade Gazas durch Israel außer Acht lassen und diese bei der Bewertung, welche Seite für dieses Auflodern der Gewalt verantwortlich ist, nicht in die Waagschale werfen, so ist es dennoch klar, daß Israel diesen letzten Zusammenstoß begonnen hat. Und als Reaktion auf die Reaktion hat Israel einen harten, unverhältnismäßigen militärischen Angriff unternommen. Das wäre leicht zu verstehen, wenn zum Beispiel die Medien des Westens sich die Mühe machten, die andere Seite zu befragen, was geschehen ist. Die palästinensischen Nachrichtenmedien berichteten sofort, daß die Komitees für den Volkswiderstand die Verantwortung für die Panzerabwehrrakete übernommen haben, die sie als Vergeltung für vorhergehende israelische Gewalt gegen Gaza bezeichneten. Aber dieses Grundanliegen eines ehrlichen Journalismus wird anscheinend nicht berücksichtigt.   

 

Jeder einzelne israelische Vorstoß oder Angriff auf Gaza wird von derselben Geschichte begleitet: Israel reagierte angemessen auf nicht provozierten palästinensischen Beschuß mit Raketen. Der letzte größere Krieg gegen Gaza, die Operation Gegossenes Blei von Dezember 2008 bis Januar 2009 wurde auch von dieser Geschichte begleitet. Israel beging Kriegsverbrechen in diesem einseitigen Konflikt, beschoß und tötete Hunderte von Zivilisten, setzte rücksichtslos Waffen ein und zerstörte absichtlich die zivile Infrastruktur. Es ist zur akzeptierten Tatsache geworden, sogar unter den Kritikern Israels, daß diese Offensive eine Reaktion auf den Raketenbeschuß durch die Hamas war. Es gab in der Tat Raketenbeschuß unmittelbar vor dem Überfall, aber dieser war eine Vergeltung für den Bruch des sechs Monate dauernden Waffenstillstands durch Israel, von dem sogar israelische Regierungsvertreter in von WikiLeaks veröffentlichten Dokumenten zugaben, daß die Hamas ihn eingehalten hatte.   [5]

 

 

[1]  http://www.bueso.de/node/6168   21. 11. 12 

Israelischer Autor warnt: Gaza, Libanon und schließlich der Iran?

[2]  http://www.jungewelt.de/2012/11-21/048.php   

»Mäht Gaza nieder«  -  Von Karin Leukefeld 

[3]  http://www.neues-deutschland.de/artikel/804984.mit-hamas-reden.html   21. 11. 12

Mit Hamas reden  -  Jürgen Reents

[4]  http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1109   3. 1. 09

Die Partnerschaft Israels mit der Hamas - Von Paul Joseph Watson

[5]  http://www.antikrieg.com/aktuell/2012_11_14_israels.htm    11. 11. 12

Israels letzter Überfall auf Gaza: die Lüge, wer angefangen hat  - John Glaser

http://www.antiwar.com/