Klitschko auf der NATO-Sicherheitskonferenz in München

d.a. Am 30. Januar hatte der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko,

der bei den Strassendemonstrationen in Kiew bekanntlich eine führende Rolle spielt und jetzt in München erklärt hat, die Opposition werde in Kiew auf der Strasse bleiben, bis die Macht Janukowitschs abzubröckeln begänne, die EU effektiv zu Sanktionen gegen sein Land aufgerufen. Und ausgerechnet er, der für alle sichtbar nicht das Geringste unternimmt, um den Aufstand abflauen zu lassen, hat soeben in München, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitungvom 1. 2. schreibt [1], »auf die Macht der Bilder gesetzt«. Auf der Bühne des Bayerischen Hofs nutzte er die Stunde, »um schwere Vorwürfe gegen die Machthaber um Janukowitsch zu erheben.« Sie sind es, die Klitschko zufolge »den Weg der Spannung und der Konfrontation, den Weg von Terror und Gewalt gewählt hätten. Doch der Druck auf Janukowitsch wachse, sagt er und verteilt Broschüren mit Bildern aus Kiew, die er auch dem neben ihm sitzenden ukrainischen Aussenminister Leonid Koschara reicht. Der grosse Applaus im Saal nach der Diskussion zeigt deutlich, wem die Sympathien gehören.« Hieraus lässt sich einmal mehr ableiten, dass sich kaum einer der Zuhörer der Mühe unterzogen hat, neben den Berichten der Tagespresse zu versuchen, über andere Autoren und Artikel der Wahrheit auf die Spur zu kommen. 
 

So ist er denn jetzt, wie die FAZ vom 2. Februar berichtet, »von der Münchner Sicherheitskonferenz politisch gestärkt in sein Heimatland zurückgekehrt.« Am Sonntag, 2. 2., hat Klitschko in Kiew die Gegner von Präsident Janukowitsch laut dazu aufgerufen, Bürgerwehren aufzustellen. »Bildet Bürgerwehren in jedem Hof, in jedem Bezirk, in jedem Haus«, forderte er die Demonstranten auf, die den Unabhängigkeitsplatz Majdan besetzt halten: »Alle demokratischen Kräfte müssen den Protest vor die Gebietsverwaltungen tragen.« Der Oppositionspolitiker Arsenij Jazenjuk, der ebenfalls zur NATO-Konferenz nach München gereist war, erklärte: »Wir haben mit unseren westlichen Partnern gesprochen und ihnen gesagt, dass wir finanzielle Hilfen brauchen« und, fügte er an: »Sie sind dazu bereit.« Das Geld solle aber ausschliesslich dem ukrainischen Volk und nicht dem Regime Janukowitschs zugute kommen. [2]  Im Klartext: Denjenigen Kräften, die sich gegen die gewählte Regierung im Aufstand befinden. Das ist genau das, was der Westen gegenwärtig in Syrien praktiziert. Der Blutzoll, der aus dieser Unterstützung erwächst, kümmert den Westen, abgesehen von den mit schöner Regelmässigkeit an uns gerichteten mitleidgefärbten statements, nicht wirklich. Was sonst noch von der Ukraine verlangt wird, liegt auf derselben Linie, denn van Rompuy, Aussenminister Steinmeier und John Kerry rieten der ukrainischen Regierung laut FAZ »energisch davon ab, das Militär gegen die Demonstranten der Opposition in Kiew oder anderswo einzusetzen.« Man muss sich derart anmassende Vorschriften einmal bewusst vor Augen halten. Die Einstellung der in München Versammelten tritt auch dadurch zutage, dass Klitschko auf der Sicherheitskonferenz nach Vortrag seiner Forderungen, alle festgehaltenen Demonstranten freizulassen, eine Rückkehr zur Verfassung des Jahres 2004 zu vollziehen und vorgezogene Wahlen abzuhalten, »langen Beifall erhielt«, während die Ausführungen des ukrainischen Aussenministers Koschara sowie denjenigen des russische Aussenministers Lawrows mit Schweigen bedacht wurden. Lawrow hat dem Westen nicht nur vorgeworfen, die Proteste zu schüren, sondern hat dort auch offen die Auffassung vertreten, dass der Regierung der Ukraine »das Recht zusteht, bei einer Eskalation der Gewalt zu Zwangsmitteln zu greifen«, worin ihm angesichts der infernalen Verwüstungen, die sich die Opposition zuschulden kommen lässt, rückhaltlos beizupflichten ist. 

Wie möchte nun Frank-Walter Steinmeier die Umsetzung seines Münchner Vorschlags erzielen [3], der da lautet: »Trotz aller Differenzen müsse man mit Russland nach gemeinsamen Ansatzpunkten für ein kooperatives Verhältnis suchen, denn nur mit Russland könne man eine Übereinkunft mit dem Iran finden und die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen vorantreiben«, wenn der Westen den Aufstand, wie seinerzeit bei der orangenen Revolution 2004, mit einer Finanzhilfe zu stärken gedenkt? So hat Steinmeier auf der Sicherheitskonferenz auch Janukowitsch dazu aufgefordert, »seine Zusagen an die Opposition in die Tat umzusetzen. Nur dann gebe es eine Chance auf eine friedliche Lösung«, eine ebenfalls geradezu widersinnige Forderung, wenn die EU, wie erwähnt, zusagt, Gelder für die Demonstranten fliessen zu lassen, wobei nicht festzustellen war, dass deren Zerstörungswut eine Einschränkung auferlegt worden wäre. Schon Anfang Dezember hatte Telepolis auf ein Anwachsen extremer Nationalisten und Faschisten auf Kiews Strassen hingewiesen, ebenso auf deren Beteiligung an einem gewalttätigen Zwischenfall mit der ukrainischen Bereitschaftspolizei am 31. 11. und 1. 12., der die politische Krise anfachte, und festgehalten, dass die Randalierer die Polizei mit schweren Ketten angegriffen hatten, und dass viele von ihnen nicht nur ihr Gesicht vermummten, sondern schusssichere Westen und Gasmasken trugen.

Zu den zahlreichen, vom Ausland finanzierten NGOs, die in der Ukraine tätig sind, gehört, wie bereits auf politonline erwähnt [4], die Internationale Renaissance Stiftung [IRF] von George Soros, die dort eine besondere Energie entfaltet, um eine neue Generation politischer Kräfte für den Einsatz im Land aufzubauen. Um diesem Ziel förderlich zu sein, hat die IRF in Deutschland das sogenannte Kiew Dialog-Projekt geschaffen. Deren Projektmanager ist Myhaylo Banakh, einer der Förderer von Vitali Klitschko. Banakh arbeitet eng mit Andreas Umland, einem deutschen Akademiker zusammen, der die ukrainische Krise als Gelegenheit für eine Konfrontation mit Russland sieht, woraus er keinen Hehl macht. Der Einfluss der zahlreichen, zum Teil  milliardenschweren, da unbesteuert bleibenden Stiftungen ist als konträr zu jeglicher Demokratie zu sehen. Dennoch unternimmt keine Regierung Massnahmen, die diesen Einschränkungen auferlegen würden, und so setzt auch die Adenauer-Stiftung die Unterstützung für Klitschkos Partei UDAR bis heute fort, was einer Beilegung der gegenwärtigen Konfrontation alles andere als dienlich ist. 

Hier fügt sich die Erklärung von Russlands Präsidentenberater Sergej Glasjew ein; auch laut diesem ist die Entwicklung in der Ukraine von der USA und anderen NATO-Mitgliedern, die antirussische Stimmungen im Lande schüren, provoziert worden. »Die jetzige Situation in der Ukraine hat zwar viele Faktoren, ich möchte aber diejenigen hervorheben, die üblicherweise verschwiegen werden«, so der Wirtschaftsexperte in einem Interview für die Zeitschrift Gazprom. »Es geht um den kolossalen äusseren Einfluss auf das Gesellschaftsbewusstsein in der Ukraine. Die USA und ihre NATO-Partner haben in den zurückliegenden 20 Jahren 5 Milliarden $ über die offiziellen Kanäle des US-Aussenamts ausgegeben; diese Zahl hat Vizeaussenministerin Victoria Nuland genannt. Dabei handelt es sich um Stipendien für die Förderung der Experten- und Intellektuellengemeinschaft, die gegen Russland orientiert und auf die Entstehung russophober Stimmungen in der ukrainischen Gesellschaft gerichtet ist.« »Der Faktor der äusseren Einmischung ist heute der Faktor Nummer eins, der zu berücksichtigen ist«, hiess es. »Wir haben es mit einer zielgebundenen und systematischen Arbeit einer Informations- und Propaganda-Maschine zu tun, die bereits mehr als einen Staat in der Welt zerstört und heute eine explosive Situation in der Ukraine erzeugt hat.«  

Wie German Foreign Policy im Dezember darlegte, hat Berlin bezüglich der Bemühungen, einen Umsturz in der Ukraine zu erreichen, zunehmend auch die polnische Aussenpolitik eingespannt.    Mitte November letzten Jahres hiess es in einem von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik [DGAP] publizierten Papier, in der EU-Ostpolitik müssten »Berlin und Warschau  (...)  die treibenden Kräfte sein«. Im Rahmen einer deutsch-polnischen Partnerschaft für Europa sei gerade auch gegenüber der Ukraine »eine engere deutsch-polnische Kooperation unerlässlich«. Ende November hatten die Aussenminister beider Länder eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der es heisst, man stehe fest an der Seite der Menschen in der Ukraine, die »vom weit reichenden europäischen Angebot einer engen politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit«  - gemeint ist das EU-Assoziierungsabkommen - »immer noch profitieren können.«  [5]  

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), äusserte sich am 1. Februar dahingehend, dass er Neuwahlen für den einzigen Ausweg aus der verfahrenen Situation in der Ukraine halte. Hier irrt Röttgen gewaltig. Solange gewaltbereite rechtsgerichtete Radikalen gegenüber Radio Free Europe, einem Sender der US-Regierung mit engen Beziehungen zur CIA und zum State Department, erklären können, sie bereiteten sich auf einen blutigen Guerillakrieg gegen die Regierung vor, und solange ein Klitschko die EU zu einem entschlossenen Handeln gegen die Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch mit den Worten auffordern kann: »Die Schlüsselrolle der EU ist jetzt, massiven Druck auf allen Ebenen auszuüben: von moralischen Appellen über politische Maßnahmen bis hin zu wirtschaftlichen Sanktionen«, ohne dass ihm und den Aufständischen der Wind ins Gesicht bläst, ist keine Befriedigung in Sicht. Eine solche kann es erst dann geben, wenn der Westen von seiner Einmischung ablässt. So vermerkt denn auch F. William Engdahl zurecht: »In Wirklichkeit geht es weniger um die Ukraine an sich als um den seit 23 Jahren betriebenen Versuch von Seiten Washingtons, des US-Aussenministeriums und der CIA, einen Keil zwischen die Ukraine und Russland zu treiben, um Putin und Russland weiter zu schwächen.« »Seit dem Erfolg der von Frau Albright geleiteten, von der CIA finanzierten, durch die britische Hochfinanzvertreterin Timoschenko durchgeführten orangen Revolution in der Ukraine«, so Prof. Dr. Eberhard Hamer, »hat die CIA nicht nur in Nordafrika und Syrien dieses bisher erfolgreiche Modell inszeniert, sondern versucht es nun auch in Russland gegen Putin, weil dieser sich gegen die von der USA offen zugegebene Raketeneinkreisung Russlands wehrt und mit dem Iran verbündet ist, ja sogar bei der UNO-Resolution ein Eingreifen der USA gegen Syrien durch Veto verhindert hat.« 

»Die Destabilisierungskampagne der NATO und der Anglo-Amerikaner gegen nahezu alle Staaten der Erde«, hatte Webster G. Tarpley im Mai 2012 gewarnt, »setzt sich unvermindert fort. Diese Kampagne, die auch Russland einschliesst, ist dort zwischen Dezember 2011 und März 2012 allerdings gescheitert. Die Bemühungen gegen Syrien dauern noch an. Man müsste eigentlich sagen, dass nicht Pakistan, sondern die Ukraine und Weissrussland (Belarus) die gefährlichsten Länder der Welt sind. Denn nur dort kann ein Zusammenprall zwischen der NATO und Russland herbeigeführt werden. Nach der Machtergreifung von Juschtschenko und Tymoschenko 2005 hatte man im Osten der Ukraine von einer Rezession gesprochen. Ein Bürgerkrieg drohte. Und ein Bürgerkrieg in der Ukraine kann sehr leicht durch den Einmarsch polnischer NATO-Truppen im Westen, und als Antwort darauf, durch den Einmarsch russischer Truppen im Osten, zu einem Weltkrieg werden.«

 
 

[1]  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/muenchener-sicherheitskonferenz-klitschko-setzt-auf-die-macht-der-bilder-12780073.html  1. 2. 14

[2]  http://www.faz.net/aktuell/politik/kiew-klitschko-ruft-zur-bildung-von-buergerwehren-auf-12781740.html  2. 2. 14   Klitschko ruft zur Bildung von Bürgerwehren auf

[3]  http://www.berliner-umschau.de/news.php?id=26872&title=Steinmeier+ruft+zu+internationaler+Zusammenarbeit+auf&storyid=139124361829  1. 2. 14  

[4]  http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2216   27.01.2014 
Ukraine - Wo bleibt die Intelligenz?

[5]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58754   10. 12. 13 Unser Mann in Kiew