Volksabstimmung vom 18. Mai 2014 - NEIN ZUR STAATSMEDIZIN

Zum Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung:

Der Gegenentwurf zur Volksinitiative »Ja zur Hausarztmedizin« fördert den Einfluss von Politik und Beamten im Gesundheitswesen. Die Gesundheitspolitik ist von Konzeptlosigkeit geprägt. Sie orientiert sich an unkoordinierten Kantonshoheiten und kurzfristigen Begehrlichkeiten von einzelnen Interessengruppen. Damit wird der staatliche Einfluss ausgebaut und die wachsende Prämienlast gefördert. Die ehemals freiheitlich orientierte Gesundheitsversorgung wird schrittweise der Planwirtschaft geopfert. So zum Beispiel bei der bestehenden staatlichen Einflussnahme bei der Tarifierung mit kartellistischen Preisen, mit dem Numerus Clausus beim Zugang zum Medizinstudium, bei gleichzeitig staatlichen Bestimmungen zur Zulassung unter dem Titel Ärztestopp, obwohl die Zahl der zugelassenen Mediziner pro 1000 Einwohner in gut 20 Jahren von 1,4 auf 2,1 Praktizierende, also um 50 % zugenommen hat. Die Hausarztmedizin als wesentlicher Bestandteil der Grundversorgung soll nun ebenfalls besonders staatlich gefördert werden. Der Gegenentwurf zur Hausarzt-Initiative schliesst sich somit nahtlos an diese widersprüchliche Fehlentwicklung der vergangenen Jahre an.
 

Planwirtschaft wird ausgebaut

Nachdem man seit Beginn des Jahres 2012  - mit bescheidenem Erfolg und gegen den Widerstand von Kantonen und Spitälern -  versucht, den stationären Bereich des Gesundheitswesens in kleinen Schritten mühsam von der staatlichen Planwirtschaft zu lösen und die Eigenständigkeit der Spitäler zu stärken, wird mit dieser Verfassungsgrundlage im ambulanten Teil das Gegenteil angestrebt. Mit dem Gegenentwurf zur »Hausarzt-Initiative« sind Bund und Kantone aufgefordert, für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung zu sorgen. Wie dieser staatliche Auftrag zu erfüllen ist, bleibt dem Gesetz überlassen. Mit einem Masterplan hat der Bundesrat jedoch bereits skizziert, wie diese neue Verfassungsnorm mindestens teilweise umgesetzt werden soll. Vor allem soll die Aus- und Weiterbildung des Hausarztes verbessert und die zentrale Rolle der Grundversorger in der integrierten Versorgung gestärkt werden. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden, nur braucht es dazu keine neue Verfassungsbestimmung, weil eine bescheidene Korrektur bestehender Gesetze genügen würde. Was für weitere Massnahmen geplant sind, um den Auftrag der sicheren Grundversorgung zu erfüllen, bleibt unklar. Jedenfalls ist zu befürchten, dass nach Annahme dieser Verfassungsbestimmung die Planwirtschaft im Bereich der ambulanten Gesundheitsversorgung endgültig Einzug hält.

Es geht nur ums Geld

Als besonders stossend muss der zweite Teil des zur Abstimmung unterbreiteten Verfassungsartikels angesehen werden. Der Auftrag an Bund und Kantone für eine angemessene Abgeltung der Leistungen der Hausarztmedizin, wie es wörtlich heisst, zu sorgen, ist in unserem Land einzigartig. Mit dieser Formulierung hält die staatliche Lohngarantie für einen einzelnen Beruf in der Verfassung Einzug. Das ist für einen liberalen Staat verwerflich und insbesondere für einen akademisch anspruchsvollen Berufsstand beschämend. Es soll nicht nur eine Art Garantie für die Ausübung des Berufs gewährt werden, nein darüber hinaus garantiert der Staat auf Grund dieser Verfassungsnorm einen Lohn, der ja eher höher sein wird als die heute erreichten durchschnittlichen Fr. 200.000.- im Jahr. Man wird den Eindruck nicht los, dass es auch mit dem Gegenvorschlag nur ums Geld geht. Weil Spezialisten eher ein besseres Einkommen erzielen, ist der Hang zur Gerechtigkeit auf höchstem finanziellem Niveau spürbar. Ein gutes überdurchschnittliches Einkommen ist  - dem anspruchsvollen Beruf entsprechend -  für Ärzte unbestritten. Ein Verfassungsartikel dafür ist unnötig und schafft zusammen mit dem Auftrag von Bund und Kantonen, für eine ausreichende Grundversorgung zu sorgen, eine nach sozialistischem Vorbild ausgestaltete Gesundheitsversorgung.

Der Gegenvorschlag zur Volksinitiative »Ja zur Hausarztmedizin« ist ein entscheidender Schritt hin zur Staatsmedizin und muss im Interesse eines freiheitlichen Arztberufs und Gesundheitswesens entschieden abgelehnt werden.

Editorial von Nationalrat Toni Bortoluzzi, Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit, Affoltern (ZH)
Bern, den 12. März 2014