Keine institutionelle Einbindung in die EU - Die Personenfreizügigkeit ist beendet

Die SVP bedauert, dass es nun offenbar zu Verhandlungen über eine institutionelle

Einbindung der Schweiz in die EU kommt. Ziel dieser Verhandlungen ist, dass die Schweiz zwingend EU-Recht übernehmen und fremde Richter akzeptieren muss. Die SVP wird dies nicht zulassen und das Zustandekommen eines solchen Kolonialvertrags mit allen Mitteln bekämpfen. Gleichzeitig verlangt die SVP, dass der Bundesrat endlich unmissverständlich anerkennt, dass die Personenfreizügigkeit mit der EU am 9. Februar 2014 durch Volk und Stände beendet wurde. Der Bundesrat hat nun rasch ein Konzept vorzulegen, wie die Zuwanderung mit Kontingenten und Höchstzahlen wieder eigenständig gesteuert werden kann. Eine institutionelle Einbindung in die EU liegt nicht im Interesse der Schweiz, sondern ist eine Forderung der EU, um ihre Interessen und ihren Machtanspruch auch in der Schweiz durchzusetzen. Umso unverständlicher ist es, dass der Bundesrat gegenüber der EU nun weitere Konzessionen für die Aufnahme solcher Verhandlungen macht. Es ist beispielsweise auch nicht einzusehen, weshalb die Schweiz 45 Millionen Franken an Kroatien zahlen soll. Ebenfalls ist klar, dass es mit Kroatien keine Personenfreizügigkeit geben darf.

Aufgabe der Unabhängigkeit für Zirkus-Kurse?  
Bedenklich ist auch, dass der Bundesrat nun offenbar bereit ist, die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Schweiz für eine vollständige Assoziierung an die fragwürdigen Bildungs- und Forschungsprogramme der EU zu opfern. Programme, welche einem teuren Selbstbedienungsladen auf Kosten des Steuerzahlers gleichkommen

Volk und Stände haben mit dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar 2014 die Personenfreizügigkeit beendet und sich für die Rückkehr zu einer eigenständigen Steuerung der Zuwanderung ausgesprochen. Diesen Entscheid gilt es durch den Bundesrat endlich vollumfänglich zu respektieren. Die SVP verlangt, dass der Bundesrat nun rasch ein Umsetzungskonzept vorlegt, wie die Zuwanderung in Zukunft über Kontingente und Höchstzahlen zu steuern ist. Dabei kann er auf den bewährten Regelungen aufbauen, welche zwischen 1970 und 2002 galten. Spätestens in drei Jahren – nach Ablauf der Übergangsfrist der Masseneinwanderungsinitiative – ist die Ära der Personenfreizügigkeit zu Ende und die Schweiz kann die Zuwanderung wieder zum Wohle des Landes und seiner Bürger eigenständig steuern. 

Offensichtliche Strategie zur Aushebelung der Masseneinwanderungsinitiative  -  Von Martin Baltisser  
Die Medienkonferenz von Bundespräsident Burkhalter am 30. April, die anschliessend an die Bundesratssitzung erfolgte, war entwaffnend. Den Kern der präsidialen Ausführungen bildeten nicht etwa die Beschlüsse des Bundesrats über die Zuwanderung aus Kroatien, sondern das gleichentags erteilte Placet der ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel zu einem  Verhandlungsmandat für die sogenannten institutionellen Fragen. Ein Rahmenabkommen mit Brüssel sei der Schlüssel für die künftigen Beziehungen der Schweiz zur EU, betonte Burkhalter gleich mehrfach. Klar ist seit gestern ebenfalls, dass ein solches Abkommen für den Bundesrat auch der Schlüssel für die Umgehung des Volksentscheids vom 9. Februar 2014 ist. 

Bislang wurden die Verhandlungen über eine weitere institutionelle Anbindung der Schweiz mit dem Argument verkauft, dass eine Harmonisierung der Rechtsetzung und der Rechtsauslegung für den künftigen Zugang der Schweiz zum EU-Binnenmarkt notwendig sei. Immer mehr wird nun klar, dass ein solches Abkommen auch dazu dienen soll, den Volksentscheid vom 9. Februar zur Masseneinwanderungsinitiative rückgängig zu machen. Wenn sich die Schweiz zur Übernahme des EU-Rechts und dessen Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof in allen für den Zugang zum Binnenmarkt relevanten Bereichen verpflichtet  - was dem Verhandlungsmandat des Bundesrats vom 18. Dezember 2013 entspricht -  bedeutet das auch ein umfassendes Bekenntnis zur Personenfreizügigkeit als eine der vier Grundfreiheiten des EU-Binnenmarkts: Freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr, freier Kapitalverkehr, freier Personenverkehr. Dies, obwohl die Schweiz kein Mitglied des EU-Binnenmarktes ist. Kommt ein solches Abkommen zustande und stimmt ihm das Volk in einer absehbaren Referendumsabstimmung zu, hebelt es als völkerrechtlicher Vertrag auch die seit dem 9. Februar 2014 geltende Verfassungsbestimmung zur Steuerung der Zuwanderung aus. Genau dies ist die Strategie des Bundesrats. Die angelaufene innenpolitische Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative verkommt damit ebenso zum Nebenschauplatz wie das aktuelle Geplänkel über den Zugang zu den EU-Bildungs- und Forschungsprogrammen. Zu Verhandlungen mit Brüssel über eine Anpassung des Freizügigkeitsabkommens als Folge der angenommenen Volksinitiative wird es nach dem Wunschszenarium des Bundesrates nicht einmal mehr kommen, da ein Rahmenabkommen vorher unter Dach und Fach sein sollte. 

Spiegelfechterei 
Und so wurde die aufmerksame Öffentlichkeit gestern Zeuge einer bis ins letzte Detail inszenierten Spiegelfechterei. Der Bundesrat winkte zwei von Brüssel bestellte Erklärungen durch und kommunizierte diese bereits kurz nach Sitzungsbeginn per Communiqué. Darauf wiederum warteten die EU-Botschafter in Brüssel, damit diese ihrerseits grünes Licht für das Verhandlungsmandat mit der Schweiz zu den institutionellen Fragen geben konnten. Ein Verhandlungsmandat, dessen Inhalt dem Mandat des Bundesrats für die Schweiz entsprechen dürfte. Darauf hatten sich die beiden Chefunterhändler der Schweiz und der EU, Rossier und O’Sullivan, bereits im vergangenen Jahr verständigt. Die Beschlüsse des Bundesrats von gestern sind dabei von untergeordneter Bedeutung. Die Erklärung des Bundesrats betreffend die Nicht-Diskriminierung von kroatischen Bürgern und Bürgerinnen entspricht einer materiellen Umsetzung der mit Kroatien vereinbarten Kernelemente zur Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf dieses Land. Da in der Übergangszeit begrenzte Kontingente vorgesehen waren, ist formell nichts gegen dieses Vorgehen einzuwenden. Dass der Bundesrat auch den Erweiterungsbeitrag von 45 Millionen überweisen will, erhält im aktuellen Kontext den Beigeschmack einer  Reparationszahlung. Dieser Vorgang ist Sinnbild für die Befindlichkeit der Landesregierung nach dem 9. Februar. 

Nichts ohne Personenfreizügigkeit  
Was erhält die Schweiz für dieses Entgegenkommen an Kroatien? Kurzfristig gar nichts. Die EU sei nun bereit, wieder über eine vollständige Assoziierung der Schweiz an die EU-Bildungs-, Forschungs- und Kulturprogramme zu verhandeln. Dem Vernehmen nach macht die EU jedoch den Abschluss entsprechender Verhandlungen und damit eine langfristige Lösung wiederum von einem Bekenntnis der Schweiz zur Personenfreizügigkeit abhängig. Die Katze beisst sich in den Schwanz. Auch die zweite Erklärung des Bundesrats betreffend die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger aus EU- oder EFTA-Ländern, die in der Schweiz leben oder arbeiten macht auf den ersten Blick mehr oder weniger ratlos. Darin wird auf einen Artikel im Freizügigkeitsabkommen verwiesen, der für Personen, die unter dieser Regelung in die Schweiz gekommen sind, den rechtlichen Besitzstand garantiert. Zusammen mit der einleitenden Erklärung des Bundesrates, dass das Freizügigkeitsabkommen bis auf Weiteres in seiner heutigen Fassung in Kraft bleibt, kommt das einer Einladung an möglichst viele EU-Bürger gleich, unter diesem Regime noch in die Schweiz zu kommen und hier zu bleiben. Die Auslegung dieses Punktes wäre allenfalls in späteren Verhandlungen mit der EU noch eine Trumpfkarte gewesen. Sie wurde gestern verworfen, weil die EU dies so gefordert hat. 

Bei Philippi sehen wir uns wieder  
Und so kulminiert nun alles im besagten Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Ein solches könnte schneller vorliegen, als derzeit angenommen. Schliesslich wurde der Inhalt in einem längeren Prozess zwischen Bern und Brüssel bereits im vergangenen Jahr umrissen. Mit der Zustimmung von Volk und Ständen zur Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar dieses Jahres bekommt dieses Abkommen nun eine weitere taktische Note. Es soll dazu dienen, den aus Sicht des Bundesrats falschen Volksentscheid zu heilen. Dazu passt die eingeschlagene Kommunikationsstrategie, die Folgen des 9. Februars in den schwärzesten Farben auszumalen und jedes negative Ereignis im Land darauf zurückzuführen. Das Ziel: Möglichst viele Personen, die der Initiative zugestimmt haben, sollen sich ein schlechtes Gewissen machen. Das Volk soll jedoch mit dem Rahmenabkommen die Möglichkeit erhalten, seinen Fehlentscheid zu korrigieren.

Und so wird es bei einer allfälligen Abstimmung über eine institutionelle Anbindung um sehr viel gehen: Soll die Schweiz zwingend EU-Recht in zentralen Rechtsbereichen übernehmen, also die Rechtsentwicklung aus der Hand geben und den EU-Gremien übertragen? Soll die Schweiz   die Rechtsauslegung dem Europäischen Gerichtshof überlassen, also fremde Richter akzeptieren? Und schliesslich: Soll die Schweiz zur Personenfreizügigkeit zurückkehren und damit auch in Zukunft auf eine Steuerung der Zuwanderung verzichten?  

Es wird bei dieser Abstimmung also letztlich um nicht mehr und nicht weniger als um die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung gehen. Und auch hier war Bundespräsident Burkhalter gestern entwaffnend offen. Er begründete das Vorgehen des Bundesrats auf die Frage eines Journalisten mit dem Auftrag, den er aus dem Zweckartikel der Bundesverfassung ableitet. Er erwähnte dabei zwar die Wohlfahrt und die Sicherheit des Landes, vergass aber die Freiheit und die Unabhängigkeit, welche in Artikel 2 der Bundesverfassung auf gleicher Stufe stehen. Auch das spricht Bände. 

Bern feiert einen »Durchbruch«  
so der Kommentar von Ulrich Schlüer. Man habe, erklärt Bern mit demonstrativer Erleichterung, jetzt den Weg gefunden, welcher die EU gegenüber der Schweiz an den Verhandlungstisch zurückbringt. Fakt ist, dass das Ja zur Initiative gegen die Masseneinwanderung am 9. Februar alle mit der EU laufenden Verhandlungen blockiert hat und dass seither ein vielstimmiges Lamento der Landesregierung als Echo auf das Bundesbern zutiefst enttäuschende Votum des Souveräns ertönt. Der Studentenaustausch sei nach dem 9. Februar von Brüssel suspendiert worden. Und die Verhandlungen über einen Rahmenvertrag zur institutionellen Einbindungder Schweiz in die EU-Strukturen seien auf Eis gelegt worden

Die wahren Gründe  
Beide Klagen erwiesen sich zwar bald schlicht als unwahr: Die Fortsetzung des sogenannten Erasmus-Programms für den Studentenaustausch ist von der Schweiz bereits im Januar abgelehnt worden, weil die EU der Schweiz mit einer bewusst unscharfen Erweiterung dieses Programms eine massive Kostenerhöhung für allerlei zweifelhafte Zusatzprojekte weitab vom Studentenaustausch aufbrummen wollte. Und das Verhandlungsmandat für den Rahmenvertrag, für dessen Verabschiedung die EU-Mitglieder Einstimmigkeit erzielen müssen hätten, wurde im Februar blockiert, weil Englands Regierung ihre Unterschrift verweigerte, um mit diesem Manöver für London zusätzlich gewisse Vorteile, die mit dem Abkommen wenig bis nichts zu tun haben, herauszuschinden.   

Bern findet eine Hintertür    
Wahr hingegen ist, dass die EU eine Fortsetzung aller laufenden Verhandlungen mit der Schweiz davon abhängig machte, dass Bern die Personenfreizügigkeit auf das EU-Neumitglied Kroatien ausdehne. Dies allerdings konnte Bern nicht mehr. Denn das Ja zur Initiative gegen die Masseneinwanderung untersagt unserer Landesregierung ab Abstimmungsdatum den Abschluss  jeglichen weiteren Vertrags, welcher der Schweiz eine zusätzliche Einwanderung bescheren würde. Nach Wochen des Suchens hat Bern jetzt aber einen Dreh gefunden, der die Blockade aufzubrechen vermochte. Brüssel, mit den Besonderheiten der direkten Demokratie wenig vertraut, benötigte allerdings einige Zeit, bis es erfasste, wie raffiniert dieser Berner Dreh auf Brüssels Wünsche zugeschnitten ist. Jetzt aber scheint in Brüssel der Zwanziger gefallen zu sein.  

Umgehung des Referendums 
Bundesbern hat einerseits zwar bekräftigt, es könne die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien infolge des Abstimmungsresultats vom 9. 2. nicht vertraglich vereinbaren. Es werde aber das, was in diesem Vertrag steht, ab sofort so anwenden, als ob ein Vertrag unterzeichnet worden wäre – um Brüssel damit zufriedenzustellen. Was dieser kleine Unterschied bedeutet? Mehr als Bern dem Schweizer Volk gegenüber zugibt. Würde ein solcher Vertrag mit der Unterschrift Berns rechtsgültig, so unterstünde er selbstverständlich dem Referendum. Seit Monaten ist das Referendum zur Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien auch bereits angemeldet. Ob der Vertrag die daraus erforderlich werdende Volksabstimmung überstehen würde, darf zumindest bezweifelt werden. Indessen kann man ein Referendum immer nur gegen eine Rechtsgrundlage  - gegen einen Staatsvertrag oder gegen ein Gesetz -  ergreifen. Nicht aber gegen das konkrete Handeln, das aufgrund einer ordentlich geschaffenen Rechtsgrundlage entfaltet wird. Indem sich der Bundesrat Brüssel zuliebe gegenüber Kroatien für ein Handeln ohne Rechtsgrundlage entscheidet, entzieht er die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien ganz einfach dem Referendum. Er missachtet seine verfassungsmässige Verpflichtung gegenüber dem Schweizer Souverän, indem er sich dem Diktat Brüssels beugt, ohne dafür eine Rechtsgrundlage zu schaffen.   

Brüssel frohlockt  
Damit erhält Brüssel alles, die Schweiz dagegen nichts  - mit Ausnahme der Nachteile der Ausdehnung dieser Personenfreizügigkeit auf Kroatien. Es bedurfte gegenüber Brüssel etwelcher hartnäckiger Nachhilfe bezüglich des Funktionierens der direkten Demokratie, bis die Verwaltungszentrale der EU begriff, welch verlockende Offerte Bern ihr mit der beschriebenen Umgehung demokratischer Verpflichtungen gegenüber dem Schweizervolk präsentiert. Die Erweiterung der Personenfreizügigkeit wird durch das Handeln Berns Tatsache, ohne dass dem Schweizervolk die Möglichkeit einer Abstimmung  - und damit auch die Möglichkeit einer Ablehnung -  eingeräumt wird. Brüssel erhält somit, was es will, ohne dass es erneut mit einem Nein des Schweizer Souveräns rechnen muss. Ein Nein, das zweifellos wiederum in ganz Europa ein breites politisches Echo auslösen würde: Wütende Schmähung seitens der EU-Funktionäre, bewundernde Zustimmung seitens der von Volksabstimmungen ausgeschlossenen Völker in den EU-Mitgliedstaaten. Bern feiert so einen »Durchbruch«, indem es der EU einen Eckpfeiler der direkten Demokratie opfert. Und Brüssel darf, indem es auf die formelle Unterschrift der Schweiz unter einen Vertrag verzichtet, einen wichtigen Etappensieg über die bei seinen Funktionären so abgrundtief verhasste direkte Demokratie feiern.   

d.a.  Nun ist die von Brüssel verhängte Einwanderungspolitik eine in vielfacher Hinsicht tiefgehende Streitfrage. Zu dieser hat sich Václav Klaus, bis 2013 Staatspräsident Tschechiens und messerscharf analysierender Intellektuelle, in einem Interview mit der Weltwoche wie folgt geäussert: »Für mich gibt es EU-Realisten und EU-Naive. Die Integration der EU ist ein janusköpfiger Prozess. Das sympathische Gesicht besteht aus der Liberalisierung und der Beseitigung der Barrikaden, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg dringend nötig waren. Das zweite Gesicht sieht ganz anders aus: Hier geht es nicht mehr um die Einigung, sondern um die Unifizierung, Harmonisierung, Standardisierung und die Zentralisierung. Auch dieses Gesicht hatte die europäische Einigung von allem Anfang an. Das heisst, die EU leidet seit ihrer Geburt an ihren Fehlern. Sieht man sich die jeweils vorherrschende Tendenz an, dann überwog in der ersten Etappe die positive Seite, also Freihandel, Abbau von Zöllen, Beseitigung von Handelsschranken. Für einen liberalen Ökonomen wie mich ist das alles hundertprozentig positiv. In der ersten Etappe des europäischen Integrationsprozesses war die Kosten-Nutzen-Analyse mit Sicherheit im grünen Bereich. Bei der zweiten Etappe, die ich dann mit dem Namen Jacques Delors, den Verträgen von Maastricht und Lissabon und dem verunglückten Verfassungsentwurf von Giscard d’Estaing verbinde, dominiert die schlechte Seite. Europa ist eine postdemokratische und postpolitische Einrichtung. Das sieht man auch am Umgang der EU mit der Schweizer Volksabstimmung zur Einwanderung. Die EU-Spitzenpolitiker wollen uns ein Kontinentaldenken aufzwingen. Sie wollen den Nationalstaat unterdrücken und staatliche Grenzen auflösen. Um den Zusammenhalt der heutigen Nationen zu schwächen, propagieren sie eine massive und uneingeschränkte Migration. Man muss zwischen den Freiheiten, die uns die EU verspricht, und der Freiheit als politischem und kulturellem Wert, für den ich als Liberaler kämpfe, unterscheiden. Die Migrationsbewegungen über die Grenzen souveräner Staaten hinweg, die in den letzten Jahrzehnten radikal verstärkt wurden, untergraben systematisch den Zusammenhalt und  die Regierbarkeit von Ländern. Die Schwächung der einzelnen Staaten könnte sehr leicht auf eine antiliberale Entwicklung hinauslaufen, weil sie nämlich den europäischen Superstaat, zu dem sich die EU entwickelt, stärkt. Doch die EU ist weniger demokratisch als jeder einzelne ihrer Mitgliedstaaten. Ich habe das Einwandern in irgendein Land nie als mein Recht betrachtet. Dass die Schweizer die Kontrolle über das Ausmass der Einwanderung behalten wollen, ist verständlich. Ich habe den Volksentscheid auch nicht als ein absolutes Nein zur Migration verstanden, sondern als eine Mitteilung: »Lasst uns die Einwanderung vorsichtiger und langsamer gestalten.«  [2]  

 

[1]  http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/der_kleine_unterschied-1731
Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 2. Mai 2014 
[2]  Die Weltwoche, 82. Jahrgang, Nr. 18 vom 30. April 2014 - Ich hätte durchhalten sollen-  Interview mit Václav Klaus – Interviewer: Florian Schwab und Marc Wetli