Zu Russlands Zwist mit der Türkei

Hinsichtlich der Erfolge der russischen Intervention in Syrien hatte es 5. Dezember auf

der website  The Vineyard of the Saker  geheissen, dass es nicht überraschen sollte, schlüge das Empire zurück. [1] Die einzige Frage zu diesem Zeitpunkt war: Wie und wann; und diese scheint jetzt durch den Abschuss des russischen Militärflugzeugs SU-24 durch die türkische Luftwaffe am 24. November  - obwohl es offensichtlich war, dass von diesem keine Bedrohung für die türkische Bevölkerung ausging -  beantwortet zu sein. Nach den im russischen Internet veröffentlichten Versionen des Hergangs hielten die Türken entlang der Grenze 12 zum Angriff bereite F-16-Bomber auf Patrouille; diese wurden durch ein AWACS-Flugzeug geleitet und  - vielleicht, vielleicht auch nicht -  für den Fall eines sofortigen russischen Gegenangriffs durch ein F-15 Kampfflugzeug der US-Luftwaffe gedeckt. Sowohl die USA als auch die NATO sicherten der Türkei unmittelbar nach diesem Angriff ihre volle Unterstützung zu, wobei die Erklärung der NATO sogar soweit ging, dass die Türkei von Russland angegriffen worden sei. Die USA entsandte ihren Flugzeugträger Harry S. Truman ins östliche Mittelmeer, »offiziell, um den IS anzugreifen, in Wirklichkeit aber, um die Türkei zu stützen und Russland zu bedrohen.« Die von den Deutschen an den Brennpunkt beorderten Flugzeuge erhielten den Befehl, keine Informationen mit den Russen zu teilen. 

Dieser Angriff wurde u.a. dahingehend ausgelegt, dass er vermutlich nur der erste Schritt hin zu einer weit grösseren Kampagne sei, um Russland von der türkischen Grenze wegzuschieben. Die Entsendung westlicher Truppen nach Syrien in der Funktion von Beratern war als Folgeschritt zu werten, während die Luftwaffen der USA und der Türkei die Hauptrolle spielen -  mit dazwischen gestreuten deutschen und britischen Flugzeugen, um genug Diversität zu schaffen, damit man von einer internationalen Koalition sprechen kann. Was die Franzosen betrifft, so werden sie, zwischen ihren russischen Gegenstücken und ihren NATO-Alliierten eingekeilt, so irrelevant bleiben wie immer. Vielleicht, hiess es ferner, besteht auch die Absicht, dass die NATO für die als gemässigt bezeichneten Rebellen einen sicheren Hafen in Nordsyrien schafft, um diesen als Stützpunkt für einen Angriff auf Raqqa zu nutzen. Da eine solche Intervention völlig illegal wäre, könnte das Argument genutzt werden, dass die turkmenische Minderheit unter Einsatz des bereits seit längerer Zeit geprägten Begriffs R2P, der Responsibility to Protect, verteidigt werden müsse. Eine solche Massnahme könnte in der Folge als erster Schritt zur Aufteilung Syriens in mehrere Zwergstaaten dienen. Hätte der Abschuss des SU-24-Bombers eine starke Botschaft an Russland sein sollen, derart: wir sind bereit, einen Krieg zu riskieren, um euch zurückzudrängen, so ist anzunehmen, dass Russland nicht bereit gewesen wäre, um Syrien willen einen Krieg gegen das ganze Empire zu führen, auch schlicht deswegen, weil es nicht die Möglichkeit dazu hat.

Wie der Autor des Berichts im weitern ausführt, liegt Syrien jenseits der Einsatzgrenzen russischer Truppen (etwa 1000 km); und dieser Einsatz führt durch feindliches Gebiet  - worum es sich bei der Türkei eindeutig handelt. Bis jetzt sei es den Russen brillant gelungen, ihre Truppe in Syrien zu organisieren und zu unterstützen, aber das deute keineswegs darauf hin, dass die Russen einen grösseren Lufteinsatz in Syrien tragen könnten, oder gar den Einsatz von Bodentruppen. Es ist eine Tatsache, dass das russische Eingreifen in Syrien immer riskant und schwierig war, und das Empire hat nicht lange gebraucht, um daraus Nutzen zu ziehen. Für den Autor ist es auch eine Tatsache,  dass Russland nicht in der Lage ist, Syrien vor der USA, der NATO oder auch vor CENTCOM zu beschützen, zumindest nicht mit militärischen Mitteln.

Die von Seiten Russlands verhängten Wirtschaftssanktionen sind bekannt. Als durchaus fatal kann man das damit einhergehende Einfrieren des Turkish Streambetrachten. Hierzu vermerkt Prof. Michel Chossudovsky: Nachdem Bulgarien 2014 von der USA gezwungen worden war, die Fortsetzung des Baus der South Stream pipeline einzustellen, ist nun auch das Projekt North Stream hinfällig. Wie er noch einmal darlegt, war der durch das Aussenministerium der USA betriebene Regimewechsel in der Ukraine für den Zusammenbruch des South Stream-Projekts hauptverantwortlich. Es ging darum, die Lieferung von russischem Gas in die Europäische Union zu verhindern, wobei die Briten und die EU schon immer gegen South Stream waren. Im Dezember letzten Jahres gab dann Putin bekannt, dass die Errichtung von South Stream »infolge des unkonstruktiven Ansatzes der Europäischen Union bei der Zusammenarbeit eingestellt werde.« Fast zeitgleich mit der Stornierung von South Stream erfolgte dann im Dezember 2014 in Ankara die Unterzeichnung des historischen Deals zwischen Präsident Putin und Erdogan. Im Rahmen eines russisch-türkischen Abkommens über Gas-Pipeline-Routen sollte die Türkei zu einer wichtigen Drehscheibe und Transitroute für den Export von russischem Erdgas sowohl nach Süd- als auch nach Westeuropa werden. Das russische Erdgasunternehmen Gazprom bestätigte dies in Form einer historischen Ankündigung ihres Chefs Alexej Miller im Januar dieses Jahres: »Das Gaspipeline-Projekt Turkish Stream wird der einzige Weg für Russlands zukünftige Lieferungen von 63 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Westeuropa sein.« Diese Aussage des Gazprom-Chefs war als Antwort auf die Frage über das Schicksal des bisherigen South Stream-Projekts zu verstehen. Wie Chossudovsky erklärt, war der Deal zwischen Moskau und Ankara von Washington als ein Schlag ins Gesicht empfunden worden. »Der Abschuss des Su-24-Bombers am 24. 11., der von der USA und der NATO gemeinsam geplant worden sein dürfte, hat nun diesen Deal, der seinerzeit grossartig als der einzige Weg angekündigt worden war, zu Fall gebracht.« Nach Wegfall desselben kann es nicht nur zu einer möglichen Krise in der Erdgasversorgung in der EU kommen, sondern das Ereignis stellt zugleich auch einen schweren Schlag für Russlands nationale Wirtschaft dar, die stark vom Energiesektor abhängig ist.  [2]

In Form von politischen Sanktionen setzt Russland hingegen auf die Wahrheit. Das russische Militär hat eine vernichtende Serie von Fotos und Videos, die russische Luft- und Raumgeräte aufgenommen haben, vorgelegt; diese erbringen den Beweis, dass die Türkei effektiv Öl vom IS kauft und zeigen das schockierende Ausmass dieses Handels: Zum einen eine Aufnahme, die 1 722 Tanklaster im Gebiet Deir Es-Sor zeigt, während eine andere die vom IS eingesetzten 8 500 IS-Tanklaster zeigt, um bis zu 200 000 Barrel Öl zu transportieren. Dies bedeutet, dass dieser Schmuggel nicht nur auf der Ebene des türkischen Staats organisiert wird, sondern dass auch die USA davon Kenntnis hat. Wie es hierzu heisst, ist der Schaden langfristig angerichtet: »Jetzt weiss jeder mit nur einem Mindestmass an Intelligenz, dass Erdogan ein verlogener Schuft ist. Wichtiger noch, es kann nicht mehr geleugnet werden, dass die Türkei nicht nur ein Verbündeter, sondern ein Förderer und Financier des IS/Daesh ist. Schliesslich wird es im Licht dieser Beweise auch ziemlich offensichtlich, warum die Türkei beschloss, die russische SU-24 abzuschiessen: Weil die Russen die Schmuggelpfade vom IS in die Türkei bombardierten.« Der letzte Schlag gegen das Prestige und die Glaubwürdigkeit Erdogans kam von Wladimir Putin selbst, der in seiner jährlichen Ansprache vor dem Parlament unter andererm folendes sagte: »Wir wissen jetzt, wer sich in der Türkei die Taschen vollstopft und vom Verkauf des in Syrien gestohlenen Öls die Terroristen gedeihen lässt. Die Terroristen nutzen diese Einnahmen, um Söldner zu rekrutieren, Waffen zu kaufen und unmenschliche terroristische Angriffe gegen russische Bürger und gegen Menschen in Frankreich, im Libanon, in Mali und in anderen Staaten zu planen. Wir erinnern uns daran, dass die Kämpfer, die in den 1990er und 2000er Jahren im Nordkaukasus eingesetzt wurden, in der Türkei Zuflucht fanden und moralisch wie materiell unterstützt wurden. Wir finden sie dort noch immer. Wir haben viele gute und verlässliche Freunde in der Türkei. Erlauben Sie mir, zu betonen, dass diese wissen sollten, dass wir sie nicht mit dem gewissen Teil des jetzigen regierenden Establishments, das unmittelbar für den Tod unserer Soldaten in Syrien verantwortlich ist, gleichsetzen; wir werden dessen geheimes Bündnis mit Terroristen nie vergessen. Ich würde jene in der Türkei, die unseren Piloten in den Rücken schossen, jene Heuchler, die versuchten, ihre Handlungen zu rechtfertigen, gerne daran erinnern. Ich verstehe nicht einmal, warum sie es getan haben. Jede Frage, die das türkische Establishment gehabt haben könnte, jedes Problem, jede Meinungsverschiedenheit, von der wir nichts wussten, hätte auf eine andere Weise gelöst werden können. Mehr noch, wir waren bereit, mit der Türkei bei den sensibelsten Fragen, die sie hatte, zusammenzuarbeiten. Wir waren bereit, weiter zu gehen, wohin zu gehen sich ihre Verbündeten allerdings weigerten.« Wie Putin im weiteren erklärte, wird Russland allerdings nicht mit dem Säbel rasseln. Zu den militärischen Massnahmen zählt, dass sich inzwischen S-400-Raketen in Syrien befinden und dass Russland damit begonnen hat, in Shaayat [Zentralsyrien] einen zweiten Luftwaffenstützpunkt zu errichten. Russland wird ferner in Nordsyrien modernere SU-34-Bomber einsetzen, die mit Luft-Luft-Raketen bestückt sind, während die russischen Angriffsflieger von nun an von dafür bestimmten SU-30SM-Jagdfliegern begleitet sein werden. Diese Kombination von Massnahmen wird es den Türken wesentlich schwerer machen, einen Angriff der genannten Art zu wiederholen.

Bewertung 
Die erste wichtige Konsequenz aus dem Abschuss der russischen SU-24 ist dem Saker entsprechend die, dass die NATO nun zu einer Allianz der Straflosigkeit geworden ist. Infolge des Kriegsakts der Türkei gegen Russland ist ein Präzedenzfall gesetzt, so dass es nun jedes NATO-Mitglied der Türkei gleichtun und sich dabei von der Allianz beschützt fühlen kann. Wenn morgen, sagen wir, die Letten beschliessen, ein Schiff der russischen Marine im baltischen Meer aus der Luft anzugreifen, oder wenn die Polen ein russisches Flugzeug über Kaliningrad abschiessen würden, stünden sie sofort unter dem Schutzder NATO, so wie die Türkei jetzt. Und die USA würde sich völlig hinter die lettische resp. polnische Version der Ereignisse stellen, während der Generalsekretär der NATO anbieten würde, mehr Truppen nach Lettland und Polen zu entsenden, um diese Länder vor jeder Bedrohung aus dem Osten zu schützen. Dies ist eine extrem gefährliche Entwicklung, weil dadurch jedes kleine Land einen Anreiz erhält, seinen Minderwertigkeitskomplex zu bekämpfen, indem es Mut und Entschlossenheit zeigt, Russland herauszufordern, selbst wenn dies hinter dem Rücken der NATO versteckt erfolgt. Die NATO eskaliert ihren Krieg gegen Russland ausserdem absichtlich, indem sie Montenegro ins Bündnis aufnimmt und Gespräche über den Beitritt Georgiens wieder aufnimmt. Rein militärisch gesehen macht die Eingliederung Montenegros in die NATO ganz und gar keinen Unterschied, aber politisch gesehen ist das nur ein anderer Weg, wie der Westen Russland eine Nase dreht und sagt, »schaut, wir werden sogar eure historischen Verbündeten in unser Empire aufnehmen, und ihr könnt gar nichts dagegen tun.« Was Georgien angeht, so ist der Hauptzweck der Diskussion über dessen Eingliederung in die NATO der, die Linie Saakaschwilis zu rechtfertigen, d.h. die Aggression gegen Russland zu belohnen, wogegen Russland nichts ausrichten könnte.

Wir befinden uns gegenwärtig in einer extrem gefährlichen Lage: 

-   Die russischen Kräfte in Syrien sind vergleichsweise schwach und isoliert

-   Die Türkei kann  - und wird -  ihre Provokationen unter dem Mantel der NATO fortsetzen

-   Der Westen ist zu einem illegalen Eingreifen innerhalb Syriens geschritten

-   Das westliche Eingreifen richtet sich sowohl gegen Syrien als auch gegen Russland

-   NATO-Politiker haben jetzt eine einfache Möglichkeit, patriotische Stiche zu vollziehen, indem sie Russland provozieren.

Was das Empire dabei übersieht, ist die Tatsache, dass Russland vielleicht keine andere Wahl als eine Konfrontation mit dem Empire hat: Die Russen wollen keinen Krieg, aber das Problem liegt darin,  dass  - betrachtet man die absolut rücksichtslose Arroganz und imperiale Hybris der westlichen Eliten -  jedes russische Bemühen, einen Krieg zu vermeiden, vom Westen als Zeichen der Schwäche gedeutet wird. Anders gesagt, indem sie verantwortlich handeln, geben die Russen dem Westen jetzt einen Anreiz, noch unverantwortlicher zu handeln. Das ist eine sehr, sehr gefährliche Dynamik, mit der der Kreml umzugehen hat. 

Wie Marco Maier im Contra-Magazin vom 11. 12. berichtet [3], hat Putin soeben bei einer Konferenz im russischen Verteidigungsministerium erkärt: »Zuallererst verteidigen die russischen Militärs in Syrien unser Land.« Es gehe in erster Linie um den Schutz Russlands: »Der Islamische Staat und andere dschihadistische Terrorgruppen bedrohen nicht nur die Stabilität im Nahen und Mittleren Osten, sondern auch die innere Sicherheit Russlands. Insbesondere in den muslimisch geprägten Kaukasusrepubliken versuchen diese militanten Organisationen Mitglieder zu rekrutieren und sind dabei auch erfolgreich, wie einige tausend Tschetschenen zeigen, die in Syrien und im Irak für den IS kämpfen. Unsere Handlungen werden nicht von irgendwelchen unklaren, abstrakten geopolitischen Interessen und auch nicht von dem Wunsch, zu trainieren und neue Waffensysteme zu testen, diktiert, was allerdings an und für sich auch wichtig wäre. Das Wesentliche ist aber, eine Bedrohung von Russland selbst abzuwenden. Auch der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat jetzt davor gewarnt, dass der IS, der grosse Teile Syriens und des Iraks unter seine Kontrolle gebracht hat, die Gewalt auch in die Staaten und russischen Gebiete Zentralasiens tragen könne.

Wie in dem Artikel  Zum Mord an Boris Nemzow  aufgezeigt, »war die ethnisch-muslimische Bevölkerung in der Region der ehemaligen Sowjetunion  - Usbekistan, Kirgistan, die chinesische Provinz Xinxiang eingeschlossen -  seit dem Ende der Ära des Kalten Kriegs im Jahr 1990 das Ziel verschiedener US-und NATO-Geheimdienstoperationen. Washington sieht die Manipulation der muslimischen Gruppen als ein Mittel, unkontrollierbares Chaos nach Russland und Zentralasien zu bringen. Dies wird von den gleichen Organisationen durchgeführt, die für die Schaffung des gegen die Regierung al-Assad gerichteten Chaos in Syrien engagiert wurden. In gewisser Weise  - wie dies die russischen Geheimdienste klar erkennen -  wird das Chaos über den Kaukasus zu ihnen kommen. Die neuesten Ermordungen von Sufis und anderen gemässigten muslimischen Führern im Kaukasus durch Salafisten sind offenbar ein Teil der vielleicht gefährlichsten US-Geheimdienstoperationen; und letztere spielen weltweit mit dem muslimischen Fundamentalismus. Die beabsichtigte gegenwärtige Explosion einer neuen Runde des fundamentalistischen Salafi-Dschihad-Terrors innerhalb der muslimischen Regionen des russischen Kaukasus ist zeitlich perfekt eingetreten, um maximalen Druck auf die Regierung von Putins Russland auszuüben.«

An der Spitze der russischen Führung war man sich immer im klaren darüber, dass die amerikanischen Neokonservativen und ihre britischen Brüder Russland unterjochen wollen. Beispielhaft dafür ist das Buch Genocide [Völkermord - Russland und die Neue Weltordnung], das der Putin-Berater Sergej Glasjew 1998/99 veröffentlichte; in diesem dokumentiert er, wie die Schocktherapie des Weltwährungsfonds in den 90er Jahren durch Industrieabbau, Privatisierung und politische Manipulation sein Land verheerte. Die Regierungen Putins als Premierminister und Präsident seit dem Jahr 2000 haben immer in diesem Bewusstsein gehandelt, dabei aber stets versucht, die Angriffe des Westens auszumanövrieren, nicht zuletzt durch Angebote der Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft und der Sicherheit. So erklärte Putin Itar-Tass‹ zufolge bei einem Treffen seiner Allrussischen Volksfront am 18. November 2014: »Die Vereinigten Staaten versuchen nicht, uns zu demütigen; sie wollen uns unterwerfen, um ihre eigenen Probleme auf unsere Kosten zu lösen. Aber das ist noch nie jemandem mit Russland gelungen, und es wird auch nie geschehen.« In einer Sitzung des erweiterten Russischen Sicherheitsrats am 20. 11. hatte Putin im Rahmen der Debatte über den Entwurf einer Strategie zur Extremismusbekämpfung in der Russischen Föderation bis 2025 auch über die Strategie der Destabilisierung durch Farbenrevolutionen gesprochen: »In der modernen Welt dient Extremismus oft als geopolitisches Instrument zur Umgestaltung von Einflusssphären. Wir sehen die tragischen Konsequenzen der Welle sogenannter Farbenrevolutionen: Den Aufruhr in den Ländern, die die unverantwortlichen Experimente verdeckter und teils offener Einmischung in ihr Leben erduldet haben. Für uns ist das eine Lektion und Warnung; wir müssen alles Notwendige tun, damit etwas Derartiges in Russland niemals geschieht.« Auch Aussenminister Sergej Lawrow sagte bei einem Treffen des Beirats für Aussen- und Verteidigungspolitik in Moskau am 22. 11. 14, dass die eigentliche Absicht hinter den Sanktionen des Westens gegen Russland die sei, einen Regimewechsel zu erzwingen: »Was das Konzept hinter dem Einsatz von Zwangsmassnahmen angeht«, so Lawrow, »hat der Westen folgendes deutlich gemacht: Er will Russland nicht nur zwingen, seine Politik zu ändern, sondern einen Regimewechsel erreichen. Prominente Persönlichkeiten in den westlichen Ländern sagen, man müsse Sanktionen verhängen, die die Wirtschaft ruinieren und öffentliche Proteste hervorrufen.«  [4]  

Gerade im Zusammenhang mit den von den Stiftungen getragenen Farbenrevolutionen sind, wie am 8. Dezember bekanntgeworden, sowohl Soros’ Open Society Foundation als auch dessen Open Society Institute Assistance Foundation von Russland als ›unerwünschte‹ Organisationen klassifiziert und des Landes verwiesen worden. »Im Falle von George Soros«, schreibt Andreas von Rétyi »lassen sich bekanntlich massive Einflüsse auf Farbenrevolutionen und ausufernde soziale Unruhen aufzeigen, alles natürlich sämtlich zur Umsetzung einer demokratischen Ordnung, sei es im Zuge des Arabischen Frühlings, in Serbien, Georgien, Mazedonien oder in der Ukraine. An sich eine unfassbare Situation. Hier greift eine Privatperson sehr nachhaltig in die nationale und internationale Politik ein.« Zitiert wird in Rétyis Artikel der in Polen tätige Journalist und Publizist Konrad Stachnio, der im Oktober schrieb: »Ein jedes Mal, wenn ich sehe, dass George Soros etwas über Demokratie und die europäischen Werte sagt, weiss ich, dass etwas passieren wird. Das ist in der Ukraine der Fall, wo Soros erklärte, Demokratie sei die wichtigste Angelegenheit überhaupt; so sagt er auch, die europäischen Werte seien das Bedeutendste, weshalb wir Millionen Flüchtlinge in jedem Jahr zu akzeptieren hätten. Wie wird das enden? Wahrscheinlich wie üblich: Feuer, Aufstände, Regierungsumstürze und die totale Destabilisierung Europas, mehr oder weniger wie das kürzlich in der Ukraine der Fall war.« Sehr deutliche Worte. In Polen hatte Soros bereits 1988 die Stephan-Báthory-Stiftung gegründet, um sein Netzwerk in den folgenden Jahrzehnten weiter über die Welt zu spannen.  [5]

Putin hat die russischen Streitkräfte jetzt angewiesen, mit äusserster Härte gegen Provokationen in Syrien vorzugehen: Ziele, die die russische Infrastruktur bedrohen, seien sofort zu zerstören. Diese Warnung ist in erster Linie an das NATO-Mitglied Türkei gerichtet. Alle Kräfte, die die russischen Einheiten in dem Bürgerkriegsland gefährdeten, würden umgehend vernichtet, sagte der Oberbefehlshaber der russischen Armee am 11. Dezember. Der Einsatz in Syrien, so Putin, diene nicht irgendwelchen geopolitischen Zwecken und auch nicht  dem Test neuer Waffen, sondern sei nötig, weil die Entwicklung des IS eine Bedrohung für Russland darstelle. Positiv ist die Wende, die besagt, dass die russichen Luftschläge mit der USA und mit Israel abgestimmt würden, um Zwischenfälle zu vermeiden. Inzwischen hat Russland die türkischen Aktionen vor den UN-Sicherheitsrat gebracht, sehr zum Ärger der Türkei, und die USA hat mittlerweile den Druck auf Erdogan erhöht und sogar mehrfach öffentlich kritisiert, dass der Zugang der Terror-Miliz IS zu den internationalen Rohstoffmärkten über die Türkei immer noch offen sei.

Gemäss Putins Worten unterstützt Russland im Kampf gegen den IS auch die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) mit Waffen, Munition und Luftunterstützung. Mehrere Einheiten der FSA kämpften gemeinsam mit regulären syrischen Truppen gegen die Extremisten in den Provinzen Homs, Hama, Aleppo und Raqqa.  [6]

Am 9. Dezember erfolgte die Mitteilung, dass der britische Premier Cameron und Putin bei einem Gespräch Einigkeit in der Frage festgestellt hätten, dass es gegen den IS und andere Terrorgruppen in der Region eine Kooperation auf Regierungsebene geben müsse. Unklar ist, ob die Zusammenarbeit die beiden Armeen oder die Geheimdienste betreffen wird. Beide Länder fliegen in Syrien Luftangriffe auf Stellungen von Extremisten. Einer weiteren Meldung vom 11. Dezember zufolge heisst es, dass die USA und Russland die Neugruppierung von Syriens Opposition offenbar gemeinsam vornehmen wollen, wozu für die kommende Woche eine Reise von Kerry nach Moskau angesagt ist. Bei dem von den Saudis am 9. 12. in Riad organisierten Treffen des Widerstands waren weder die al-Nusra, noch die für einen Wiederaufbau unerlässliche Kurdenpartei YPG anwesend, noch war die Terror-Miliz IS eingeladen, ohne die kaum ein Waffenstillstand zu erreichen ist. Bereits vor Beginn der Riad-Konferenz hatte die von Saudi-Arabien, Katar, der Türkei, der USA und europäischen Staaten gesponserte Nationale Koalition (Etilaf) betont, dass nur ein Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad innersyrische Verhandlungen ermöglichen würde. Teheran verwies dagegen darauf, dass das Treffen nicht mit den Wien-II-Vereinbarungen konform sei. Der stellvertretende iranische Aussenminister für arabische und afrikanische Angelegenheiten, Hossein Amir Abdollahian, sagte, »Nebengespräche« seien nicht hilfreich und lenkten von den Übereinkünften ab, die für die Lösung des Konflikts in Syrien getroffen worden seien. Wien II beinhalte ein klares Programm zum Kampf gegen den Terror und für die Einleitung eines politischen Prozesses in Syrien. Das wollten einige Akteure nun offenbar unterlaufen.

Am 11. 12. hat der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu überraschend bekanntgegeben, dass sich der IS weiter auf dem Vormarsch befinde. Schoigu konterkarierte mit dieser Aussage die bisherigen Erfolgsmeldungen des russischen Einsatzes. Unabhängige Beobachter, die von den Deutschen Wirtschafts Nachrichten um eine Einschätzung gebeten worden waren, gehen jedoch davon aus, dass der IS durch die russischen Luftschläge erheblich geschwächt ist. Laut Schoigu kontrolliert der IS bereits 70 % des syrischen Staatsgebiets und ist mit etwa 60.000 Kämpfern im Einsatz sei: Der Einflussbereich des Islamischen Staats wachse. Man befürchte, dass sich die Aktivitäten bis nach Zentralasien und in den Kaukasus ausbreiten könnten. Wie die DWN abschliessend schreiben, lässt sich schemenhaft erkennen, dass die USA und Russland aktuell eher kooperieren als gegeneinander kämpfen. Für die USA und Russland hat zunächst die Eindämmung der Regionalmächte oberste Priorität; dazu scheint einmal mehr eine massive Truppenpräsenz nötig.  [7] 

In dem am 11. Dezember von US-Senator Richard Black [Virginia] an Baschar al-Assad gerichteten Schreiben heisst es zum Syrienkrieg: »Es war ein rechtswidrige Angriffskrieg ausländischer Mächte, die entschlossen waren, Syrien ein Marionettenregime aufzuzwingen. General Wesley Clark, der ehemalige Oberste Alliierte Befehlshaber in Europa, hat enthüllt, dass die Westmächte bereits vor dem Jahr 2001 Pläne für einen Machtwechsel in Syrien entwickelt hatten. Doch nach fünfzehn Jahren militärischer Umsturzversuche können die NATO, Saudi-Arabien und Katar noch immer keinen einzigen Führer vorweisen, der sich auf die Unterstützung der Bevölkerung in Syrien stützen könnte. Ausändische Mächte haben kein Recht, eine durch rechtmässige Wahlen zustande gekommene Regierung zu stürzen und dem syrischen Volk ihren Willen aufzuzwingen. Nur die Syrer allein haben über ihr Schicksal zu bestimmen, und zwar frei von ausländischer Intervention. Ich bin enttäuscht darüber, dass die Vereinten Nationen die unrechtmässigen Eingriffe in Syriens innere Angelegenheiten einfach ignorieren. Ich habe mich über die Intervention der Russen gegen die Invasoren in Syrien gefreut. Mit ihrer Unterstützung konnte die syrische Armee durchschlagende Erfolge gegen die Terroristen erzielen.« Black äussert in dem Schreiben seine Enttäuschung darüber, dass die Vereinigten Staaten auf die russische Hilfe für Syrien derart reagiert hätten, dass sie TOW Anti-Panzer-Raketen an die Terroristen lieferten, was lediglich dazu beitrage, dass deren Tätigkeit weiter anhalten werde. Er kritisiert zugleich die Torheit, zwischen gemässigten und schlechten Terroristen differenzieren zu wollen und nur erstere mit Waffen auszustatten. Wenn TOW-Raketen in unverantwortliche Hände gerieten, so würde dies die Luftfahrt auf der ganzen Welt bedrohen, da diese Panzerabwehrwaffen über eine grosse Reichweite verfügen und zur gezielten Zerstörung von Passagierflugzeugen in der Abflugphase dienen können; diese Bedenken habe er dem amerikanischen Präsidenten mitgeteilt.  [8]

 

[1]  http://thesaker.is/week-nine-of-the-russian-intervention-in-syria-the-empire-strikes-back/  December 5, 2015  
Week Nine of the Russian Intervention in Syria: The Empire strikes back -  The Saker resp.  http://vineyardsaker.de/analyse/die-neunte-woche-des-russischen-eingreifens-in-syrien-das-imperium-schlaegt-zurueck/#more-4401   6. 12. 15  

[2]  http://www.globalresearch.ca/impacts-of-turkeys-aggression-the-turkish-stream-is-dead-disruption-of-gas-pipeline-routes-to-the-eu-russias-economy-in-crisis/5491756
November 27, 2015   By Prof Michel Chossudovsky  resp.
http://www.info-direkt.eu/prof-michel-chossudovsky-folgen-der-tuerkischen-aggression-gegen-russland/   11. 12. 15  Folgen der türkischen Aggression gegen Russland – Von Michel Chossudovsky

[3]  https://www.contra-magazin.com/2015/12/putin-zuallererst-verteidigen-die-russischen-militaers-in-syrien-unser-land/   11. 12. 15   Marco Maier

[4]  Neue Solidarität Nr. 49 vom 3. 12. 2014 - Verzweifelte Bestrebungen für einen Regimewechsel in Moskau  -  Von Jeffrey Steinberg und Nancy Spannaus

[5]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/andreas-von-r-tyi/soros-rauswurf-us-aussenministerium-kritisiert-russland.html   8. 12. 15  
Soros-Rauswurf: US-Außenministerium kritisiert Russland  -  Andreas von Rétyi

[6]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/12/11/gegen-die-nato-putin-warnt-vor-provokationen-gegen-russische-armee-in-syrien/   11. 12. 15 

[7]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/12/11/obama-und-putin-wollen-syrien-gemeinsam-neu-ordnen/   11. 12. 15  

[8]  http://www.info-direkt.eu/us-senator-krieg-gegen-syrien-war-ein-rechtswidriger-angriffskrieg/
11. 12. 15