CETA - Noch nicht entschieden

d.a. Man muss sich das einmal vor Augen halten: Ein Abkommen wie CETA

gedachte Brüssel, wie es hiess, am 27. Oktober feierlich zu unterzeichnen. Wie man sich angesichts des Massenprotests, dessen Bilder sämtliche Fernsehschirme fluteten, noch eine Einstellung bewahren kann, die das Wort feierlich einschliesst, ist schon gewaltig und zeigt erneut, dass wir, abgesehen von dem Selbstbetrug, dem die Kommission hier unterliegt, in ihren Augen keinerlei Gewicht haben. Der Demokratie ist in Brüssel offensichtlich noch immer ein Dasein auf einem mit einem Prellbock versehenen Nebengleis beschieden. Dass speziell an Juncker alles, was mit Demokratie eingefärbt ist, mehr oder weniger problemlos abprallt, sollte jedem klar sein. Man erinnere sich hier nur daran, dass er auch nach dem Brexit daran festhielt, die Parlamente der EU-Mitgliedsländer an der Entscheidung über das auf dem Tisch liegende Freihandelsabkommen nicht zu beteiligen, ein Vorhaben, das allerdings eine heftige und anhaltende Kritik auslöste. Um mit Michael Maier, dem Autor des Buches Die Plünderung der Welt - Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planenzu sprechen: Die Bürger sind für sie lästiges Beiwerk.  

Die gegen das Abkommen vorgebrachten Einwände, wie sie auch aus den auf politonline veröffentlichten Artikeln ersichtlich sind, [1]  füllen eher Bände als Seiten. Die von 101 Rechtsprofessoren aus 24 EU-Staaten nicht nur gegen die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP, sondern auch gegen das Comprehensive Economic and Trade Agreement CETA verfasste Petition hat u.a. den umstrittenen Punkt, wie vorzugehen ist, wenn sich ein ausländischer Investor durch staatliche Regulierungspolitik in seinen unternehmerischen Rechten verletzt sieht, aufgegriffen. »Der bei den Freihandelsabkommen angedachte Investitionsschutz und die Investor-Staat-Streitbelegung ISDS«, heisst es, »ermögliche ausländischen Investoren auf Grund von vagen Standards und umstrittenen Formulierungen Sonderrechte. Außerdem könnten Investitionsschutz und ISDS den demokratischen Wandel bis hin zu staatlichen Budgets bedrohen. Die Aufnahme des ausländischen Schutzes in die TTIP und CETA Abkommen könne demnach möglicherweise zu einer großen Anzahl an Klagen zwischen Staaten und Investoren sowie zu höheren Rechtskosten und Entschädigungen in Milliardenhöhen führen.« An sich ein probates Mittel des wirtschaftlich stärkeren Staates, um einen unwilligen resp. unfügsamen Partnerstaat finanziell schachmatt zu setzen.

»Dem aktuellen ISDS-System«, so die juristische Stellungnahme ferner, »mangelt es an Schutzmaßnahmen, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleisten, da die eingesetzten Schiedsrichter nach bearbeiteten Fällen bezahlt würden und Investoren Klagen erheben dürften.  ….  Die jüngsten Vorschriften der Europäischen Kommission seien nur Interpretationslinien und würden verschiedene Voraussetzungen und Beschränkungen für den öffentlichen politischen Handlungsspielraum offenlassen. Diese Kapitel zu Investitionen bei CETA und TTIP stellten eine große Belastung für die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie dar, und könnten hierdurch gar die Autonomie der Rechtsforderung der EU und nationale sowie EU-Bestimmungen verletzen. Der Investitionsschutz im Rahmen von TTIP und CETA sei darum unnütz.« [2] 

Auch für Ludwig Watzal »stellen CETA und TTIP die Machtübernahme der US-Konzerne in Europa dar und bedeuten das Ende der parlamentarischen Demokratie und der Souveränität der EU- Staaten, weil nicht mehr nationale Gerichte und Gesetze die Richtung vorgeben, sondern anonyme Konzerngerichte, vor denen nach Kassenlage entscheiden wird. Wer das meiste Geld und den längsten Atem hat, gewinnt den Prozeß.« »Weder CETA noch TTIP«, so der Autor, »sind für den Freihandel notwendig. Von diesem gibt es schon genug zum Schaden der arbeitenden Bevölkerung. Professor John Hilary von der Universität Nottingham nannte TTIP eine Charta zur Deregulierung, einen Angriff auf Jobs und das Ende der Demokratie. In keinem der beiden Abkommen geht es um Freihandel, sondern um die globale Macht der internationalen US-amerikanischen und kanadischen Konzerne über den letzen schwarzen Fleck auf der Landkarte, nämlich Europa. Sollten beide Abkommen in Kraft treten, ist die Demokratie passé, und die Parlamente könnten sich auflösen, weil CEOs ihnen die Agenda diktieren würden. Und beide Abkommen bedeuten freie Fahrt für den ungehemmten Kapitalismus und die Kontrolle von Konzernen, wodurch Politik und Demokratie zur Farce gerinnen. Nach Inkrafttreten dieser Abkommen werden Demokratie, Sozial- und Umweltstandards Hindernisse auf dem Weg zur absoluten Herrschaft von Großkonzernen und Finanzoligarchie darstellen. … Die Großkonzerne und die zahlreichen Industrieverbände operieren mit falschen Zahlen und malen die schöne neue TTIP- und CETA-Welt in den rosigsten Farben. Tatsächlich ist alles nur heiße Luft. TTIP und CETA werden sich genauso verheerend auf das Leben der Menschen auswirken wie es die Kräfte der Globalisierung getan haben, für die Bill Clinton die Verantwortung trägt.«  [3]   

Wie der Publizist und Sachbuchautor Werner Rügemer in einem mit den Deutschen Mittelstands Nachrichten geführten Interview ausführt, sind die Europäische Kommission und die Bundesregierung in den gegenwärtig verhandelten TTIP, CETA und TISA Abkommen eingeschnürt. Mit diesen sollen die Kapitalinteressen der westlichen Welt erstens untereinander noch stärker vernetzt werden und zweitens sollen sie gegen die Konkurrenten und erklärten Feinde wie China, Russland, Indien, Brasilien und die linksregierten lateinamerikanischen Staaten wie Kuba und Venezuela in Stellung gebracht werden. Und, wie er sagt, ist CETA genauso gefährlich wie TTIP. Im Wesentlichen geht es also gar nicht mehr um das klassische Freihandelsthema, nämlich um die von den Staaten erhobenen Zölle auf transnational gehandelte Waren, sondern vor allem um die Bedingungen und Rechte für private Investoren, um Privatisierungen, um Patent- und Markenrechte. Dafür werden die Rechte der Investoren ganz genau festgeschrieben, während die Rechte etwa von Arbeitnehmern nur kurz, bewusst ungenau und ohne Sanktionsmöglichkeit in den Verträgen vorkommen. Deshalb sind die privaten Schiedsgerichte hier so wichtig. So können Arbeitnehmer und ihre Vertreter vor diesen Schiedsgerichten auch gar nicht klagen.  [4]  

»Es ist das Bestreben der USA«, schreibt Michael Morris, »mittels TTIP und CETA und mit Hilfe von Angela Merkel jegliches Recht und jede Freiheit in Europa abzuschaffen und alles den US-Großkonzernen zu unterwerfen. Und da gibt es die sehr effektiven Flüchtlingsströme, die enorm viel Geld kosten, Ressourcen binden, und Politik, Medien und Bürger von den wirklich großen Themen ablenken.«  [5]

Wie demokratisch das Ganze gehandhabt wird, zeigt auch der Fall des EP-Abgeordneten Joseph Bové. Der Franzose war vom Council of Canadians, einer Umwelt- und Sozialorganisation, nach Kanada eingeladen worden, um einen Vortrag über CETA zu halten. Nun ist Bové bekanntlich Globalisierungskritiker, Umweltaktivist und Gründungsmitglied der Confédération paysanne und darüber hinaus ein Kritiker des Abkommens, was offenbar den Grund dafür darstellte, ihn unmittelbar nach seiner Ankunft anzuweisen, Kanada am darauffolgenden Tag zu verlassen. Wie Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung konstatiert, hatte man offenbar Angst davor, dass ein bekannter Bauernführer in der Lage wäre, den kanadischen Bauern zu sagen, was hier mit diesem Abkommen auf sie zukommt: »Soviel zum Thema westliche Wertegemeinschaft, die mit solchen Handelsabkommen gefestigt werden soll. Wer Einreiseverbote für Kritiker nötig hat, der hat sich aus der westlichen Wertegemeinschaft längst verabschiedet. Das gilt gerade auch für die kanadische Regierung.« Die kanadischen Konzerne gehören Maier zufolge zu den grössten und auch aggressivsten Kunden bei den Investitionsschiedsgerichten: »Da müsse man auch von den Klischees Amerika böse, Kanada gut Abschied nehmen…… Es gibt in Amerika durchaus größeren Widerstand gegen die Freihandelspolitik als in Kanada. Die amerikanische Öffentlichkeit ist sehr viel kritischer geworden als die kanadische, die diesbezüglich einiges nachzuholen hat.«  [6]  

Bereits im November 2010 hatte F. William Engdahl festgehalten, dass die traditionelle Landwirtschaft, wie sie seit Hunderten von Jahren auf der Welt betrieben wird, durch diverse Vertragswerke, in denen sich versteckte Passagen finden  - so auch in solchen zwischen der USA und Kanada ausgehandelten -  bedroht ist und in der EU, den USA und in Kanada kriminalisiert werden soll. »Sie meinen«, so Engdahl, »daß das doch verrückt sei und daß man das nicht glauben könne?« Gemäss dem vom kanadischen Bauernverband National Farmers Union [NFU] offengelegten und zuvor nicht veröffentlichten Text des Handelsabkommens CETA »stellt dieses einen gefährlichen Präzedenzfall dar, auf den sich Monsanto und die GVO-Agrobusiness-Lobby auch bei Handelsgesprächen zwischen Nordamerika und der EU beziehen wollen. Wie die NFU meldet, drohen den Landwirten unter CETA drakonische Maßnahmen wegen der Verletzung von Urheberrechten. Die seit Jahrhunderten bewährte Praxis, Saatgut aus der eigenen Ernte zurückzulegen, zu verwenden oder zu verkaufen, würde praktisch abgeschafft. Nach den in CETA festgelegten Bestimmungen könnte bei Landwirten, die aufgespartes Saatgut verwenden, Anbauflächen, Maschinen und Ernte beschlagnahmt werden, da sie angeblich gegen die Urheberrechte für die Pflanzensorten von Unternehmen wie Monsanto, Dow, Syngenta und Bayer verstießen.« »Auch die Bankkonten könnten gesperrt werden, so daß man sich nicht einmal vor Gericht verteidigen könnte. Und das alles wegen der Verletzung von Patenten«, sagt NFU-Präsident Terry Boehm. »Das sind die schlimmsten drakonischen Maßnahmen, die man sich nur vorstellen kann, sie würden zu einer regelrechten Angstkultur in der Landwirtschaft führen, in der Landwirte dann aus Angst jedes Jahr Saatgut für ihre gesamten Anbauflächen kaufen würden, nur um der Strafverfolgung oder auch nur der Androhung einer Strafverfolgung zu entgehen.«  [7]  

Da die Verhandlungen zu CETA nicht nur unter Geheimhaltung, sondern bislang auch unter Ausschluss der nationalen Parlamente erfolgten, ist auch jetzt keine Gewähr gegeben, ob die von Engdahl angeführten Fakten in dem Vertragswerk noch vorhanden oder inzwischen eliminiert worden sind.   

TTIP & CETA – droht der Ausverkauf der Schweiz?  
Nach der Ratifizierung von CETA, aber auch der TTIP, stehen, wie dem in der Schweizerzeit erschienenen Artikel von Anian Liebrand zu entnehmen ist, beide Abkommen über den bisherigen nationalen Gesetzen. Entgegen der Behauptung, den freien Handel zu begünstigen, bewirken TTIP und CETA eigentlich dessen Gegenteil: Sie schaffen eine protektionistische Handelsunion zwischen der USA, Kanada und der EU, während aufstrebende Märkte wie die BRICS-Staaten aussen vorgelassen werden. Die Beteuerungen der EU-Spitze, mit TTIP und CETA die Wirtschaftsfreiheit zu stärken, sind in verschiedener Hinsicht unglaubwürdig. Schliesslich sind es die EU-Funktionäre zu Brüssel, die mit ihrer regulierungswütigen Zentralisierungspolitik die europäische Wirtschaft einengen und den Wohlstand gefährden. Bekanntlich plant die EU beide Abkommen auch auf die Schweiz auszudehnen. »Wie sich unser Land dazu stellt«, so Liebrand, »wird in den nächsten Jahren zweifellos zu heftigen Diskussionen führen. Die Fronten scheinen sich dabei teilweise schon abzuzeichnen. Dieselben Kreise, welche uns jede Übernahme von EU-Recht als alternativlos verkaufen, werden an vorderster Front für TTIP und CETA weibeln. Derweil hat sich bereits ein Aktionsbündnis gegen TTIP gebildet, welches sich überwiegend aus linken Gruppierungen zusammensetzt, die aus konsumenten- und umweltpolitischer Optik argumentieren. Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Wäre die Schweiz – entsprechend der Agenda der Sozialisten und der Grünen – heute Mitglied der EU, hätten wir zu TTIP rein gar nichts zu melden. Aus bürgerlicher Sicht wären jegliche Abkommen, welche den freien Handel begünstigen, grundsätzlich begrüssenswert. Bei TTIP und CETA geht es aber um weit mehr, es geht um die staatsstreichähnliche Aushebelung der nationalen Souveränität und der Selbstbestimmung von freien Völkern, die in ihrem angestammten Staatsgebiet in möglichst vielen Bereichen des Zusammenlebens ihre eigenen Spielregeln aufstellen. Skepsis ist vor allem auch dann angebracht, wenn wirtschaftliche Freiheit durch dicke, von Lobbyisten und Staatsangestellten ausgefeilschte Regelwerke verordnet werden sollen. Was die Intransparenz und die Rechtsfolgen betrifft, so erinnern TTIP und CETA vielmehr an den geplanten Rahmenvertrag über ein institutionelles Abkommen zwischen der Schweiz und der EU als an ein wirtschaftsfreundliche Abkommen. Bürgerlich gesinnte Schweizer dürfen, ja müssen sie guten Gewissens ablehnen.«  [8]    

Die CETA-Regeln für den Marktzugang 
führt Norbert Häring aus, sind für US-Investoren sehr attraktiv, weil sie Rechte bekommen, ohne europäischen Unternehmen andererseits etwas zu geben. Das erklärt für mich, warum sich die USA in den Verhandlungen in letzter Zeit so starrsinnig zeigen und warum umgekehrt die deutschen und europäischen Unternehmensverbände und Unternehmen sehr darauf drängen, dass die TTIP, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel für tot erklärt hat, umgesetzt wird. »Meine Lesart ist«, so Häring, »daß die USA es aufgegeben haben, TTIP durchzusetzen, weil der Widerstand zu groß ist. Washington verläßt sich darauf, daß alle global agierenden US-Unternehmen die Möglichkeit bekommen, CETA zu nutzen, weil sie in aller Regel Tochterunternehmen in Kanada haben. Europäische Unternehmen sollen jedoch im Gegenzug Kanada nicht dazu nutzen können, um einen Marktzugang in den USA zu bekommen.« »Freihandelsabkommen«, erklärt auch Häring, »ist ein falscher Name. Er suggeriert, daß es dabei vor allem um freieren Handel geht. Aber das ist nur ein kleiner Teil. Der Handel ist ja schon sehr frei. Zölle gibt es kaum noch. Bei TTIP und CETA geht es um Investorenschutz, Marktzugang, besondere Rechte für Investoren. Man könnte von einem Handels- und Investitionsschutzabkommen sprechen.«  [9]   

Kritiker befürchten bekanntlich, dass sich CETA negativ auf unsere Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz auswirkt und demokratische Verfahren aushöhlt. Indessen widersprechen die Kommission und die Regierungen der meisten Mitgliedstaaten dieser Sichtweise vehement und betonen, dass die europäischen Standards in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit und Arbeitnehmerrechte uneingeschränkt gewahrt werden. Das Abkommen stellt aus ihrer Sicht auch sicher, dass die wirtschaftlichen Vorteile nicht auf Kosten der Demokratie gehen. Zwar ist jetzt in einer auch auf Drängen der deutschen SPD vereinbarten Zusatzerklärung festgelegt worden, dass CETA nicht zur Senkung von Umwelt- und Sozialstandards führen darf, die nationalen Sozialsysteme nicht angegriffen werden dürfen und öffentliche Dienstleistungen nicht privatisiert werden müssen. Dennoch stellt sich die Frage, wer von den Parlamentariern diesen Zusatz tatsächlich eingesehen hat und sich dafür verbürgt. 

Gemäss dem am 13. 10. ergangenen Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts, wo die Klagen von 125.000 Bürgern eingegangen waren, kann die Bundesregierung CETA vorläufig unterzeichnen, das Abkommen wird also vorläufig nicht gestoppt. Bei einem sofortigen Stopp, so die Richter, drohten der Allgemeinheit mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere Nachteile.  

Zu den von Karlsruhe gemachten Auflagen gehört, dass die Bundesregierung erstens sicherstellen muss, dass Deutschland aussteigen kann, falls es durch ein späteres Karlsruher Urteil dazu gezwungen wird. Die Regierung muss ausserdem sicherstellen, dass nur diejenigen Teile des Abkommens gelten, die unstreitigin die EU-Zuständigkeit fallen. Das Urteil sagt jedoch noch nichts über die Erfolgsaussichten der in den in Karlsruhe derzeit vorliegenden Eilanträgen niedergelegten Verfassungsbeschwerden aus; über diese will das Gericht im kommenden Jahr im Detail verhandeln.

Ein Stopp von CETA ist also immer noch möglich. Jedenfalls können die gefährlichsten Regeln von CETA vorläufig nicht in Kraft treten. Investorenklagen darf es vor der Ratifizierung des Abkommens durch alle EU-Mitgliedsstaaten nicht geben – und die Macht der CETA-Ausschüsse aus Vertreter von EU-Kommission und Kanada wird begrenzt. Sie können, was bitter notwendig war, den Vertrag nicht mehr eigenständig ändern. Eine vorläufige Anwendung des Abkommens kann durch Deutschland allein zurückgeholt werden. Dieser Fall würde dann eintreten, wenn das Bundesverfassungsgericht das Abkommen im Hauptverfahren stoppt. Zumindest ist klar: Selbst wenn der EU-Rat und das Europaparlament CETA im Schnellverfahren bis zum Jahresende durchdrücken, dann ist dies noch immer nicht endgültig.

Wie am 29. September verlautete, [10]  ist beschlossen worden, dass es vor der 2017 anvisierten vorläufigen Anwendung von CETA ein Konsultationsverfahren unter Einbeziehung der nationalen Parlamente der EU-Staaten geben soll. In diesem soll festgestellt werden, welche Passgagen des Freihandelsabkommens in die Zuständigkeiten der nationale Mitgliedsstaaten und welche in die der EU-Kommission fallen. Abzuklären ist ferner, welche Teile vorläufig zur Anwendung kommen und welche zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten sollen.   

Es ist der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette, der, wie am 21. 10. bekanntgegeben, vor allem darauf beharrt, dass die Regeln zum Investorenschutz und der Schiedsgerichtsbarkeit für Investoren überarbeitet werden. Hier hatte sich Kanada schon dieses Frühjahr auf den Kommissionsvorschlag zur Schaffung eines unabhängigen Gerichtshofs eingelassen. Das genügt Magnette aber nicht, was absolut nachvollziehbar ist; schliesslich kann man an der sogenannten Unabhängigkeit von Gerichtshöfen durchaus massive Zweifel hegen. Wie Magnette am 22. erklärte, sei ein wenig mehr Zeitnötig, um eine Einigung zu erreichen. Zwar bedauere er, dass die Gespräche ergebnislos endeten, aber demokratische Entscheidungsprozesse bräuchten nun einmal ihre Zeit. Einer letzten Meldung der Deutschen Wirtschafts Nachrichten vom 23. 10. zufolge hat Kanada der EU eine letzte Frist eingeräumt; diese muss nun bis zum Abend des 24. 10. klären, ob sie CETA einstimmig unterzeichnen kann. Insofern hat die EU ihrerseits von Magnette eine Entscheidung bis Montagabend verlangt. 

Inzwischen ist im Internet bereits eine Stimmensammlung im Gange, die den Wallonen den Rücken stärken soll. Der grüne EU-Politiker Sven Giegold sieht die Schuld für das CETA-Desaster nicht bei den Wallonen, sondern bei der EU, denn diese habe mit einem viel zu weitreichenden Vertrag den Bogen überspannt. Die Wallonen wollen sich allerdings ohnedies nicht unter Druck setzen lassen und hatten schon am 19. 10. erklärt, das Thema sei so wichtig, dass es auf ein paar Wochen mehr oder weniger nicht ankomme. 

Noch am 14. 11. 2014 hatte es bezüglich TTIP und CETA geheissen: Der Bundestag ist zum Zuschauen verdammt und kann keinen Einfluss nehmen und noch am 26. September war Brüssel knallhart aufgetreten: Am Abkommen werde kein Jotamehr geändert, so die Kommission. Wenn das Paket noch einmal aufgeschnürt würde, drohe das Abkommen ganz zu platzen.  

Wie wir heute sehen, hat der Widerstand einiges bewirkt und der demokratisch nicht legitimierten EU-Kommission rechte Schranken gesetzt!

d.auerbach@gmx.ch

 

[1] 
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2382 
30. 3. 15  TTIP - Der Makel: »Weitgehend geheim«  
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2086 
17. 3. 13 
Der Freihandelsdeal zwischen der USA und der EU soll die Basis für eine neoliberale globale Wirtschaftsordnung schaffen  -  Von Dana Gabriel
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2348    19. 12. 14 TTIP - Die Verhandlungen laufen seit Mitte 2013 unter Ausschluss der Öffentlichkeit

[2]  https://de.sputniknews.com/wirtschaft/20161018312993255-stoppt-freihandel-europaeische-juristen-petition/   18. 10. 16 
[3]  http://betweenthelines-ludwigwatzal.com/?p=173    21 9. 16
Between the Lines – Ludwig Watzal 
[4]  http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2016/09/85358/
20. 9. 16  CETA ist genauso gefährlich wie TTIP
[5]  http://kopp.geneon.de/hintergruende/geostrategie/michael-morris/das-fluechtlingsdrama-laeuft-nach-plan-auf-dem-weg-in-die-neue-weltordnung.html   28. 8. 15  Das Flüchtlingsdrama läuft nach Plan – auf dem Weg in die Neue Weltordnung – Michael Morris
[6]  https://de.sputniknews.com/wirtschaft/20161014312945115-ceta-europaabgeordneter-kanada/   14. 10. 16
[7]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/f-william-engdahl/eu-kommission-will-gvo-durch-die-hintertuer-zulassen.html   9. 11. 10
[8]  Der aktuelle Freitags-Kommentar der Schweizerzeit vom 14. 10. 2016
[9]  https://www.jungewelt.de/2016/09-17/012.php  
»Die CETA-Regeln sind attraktiv für US-Investoren« - Von Norbert Häring
[10]  https://www.unzensuriert.at/content/0021831-Freihandelsabkommen-mit-Kanada-CETA-nach-positivem-SPD-Parteitagsbeschluss-fix-auf?utm_source=Unzensuriert-Infobrief&utm_medium=E-Mail&utm_campaign=Infobrief    21. 9. 16