Rundfunkanstalten - Protokoll einer Folter

Ein ganzer Tag auf den Sendern der SRG - oder die unendliche Qual des ewig Gleichen

Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich es sein lassen. Es war ein Martyrium, vor allem die ständigen Wiederholungen. Die SRG ist ein riesiger aufgeblasener Ballon. Entweder man lässt ihn durch No Billag platzen, oder er lässt nachher kontrolliert Luft ab. Etwas muss geschehen.

6.17: SRF 2:  Uta Köbernick, die erste von unzähligen Deutschen, welche offenbar die SRG unterwandert haben, macht ein «Früh-Stück»; zu plattgewalzten Landkarten malträtiert sie ein unschuldiges Cello. Die erste Dosis Volkserziehung.

6.37: SRF 1:  Eigentlich ist das der Sendeplatz von Sven Epiney. Glück gehabt, dass er Ferien hat. Wir erfahren dafür von Sandra Schiess, dass man in Korea fürs Niesen auf die Toilette geht.

6.40: SRF 4 News:  Tim Guldimann, Zürcher SP-Nationalrat, ist zurückgetreten [am Vorabend schon]; die Basler Fasnacht ist gestartet. Ein deutscher Professor an der Fachhochschule St. Gallen hat ein Internet-Tool gebastelt, das die Work-Life-Balance messen kann. Am liebsten, so sagt eine Testperson, bräuchte sie weniger Zeit zum Staubsaugen.

6.53:  Nächster Beitrag auf SRF 4 News: Zwei Drittel von 400 befragten Verwaltungsräten begrüssen einen höheren Frauenanteil in Verwaltungsräten, neun von zehn sind aber gegen diesbezügliche Quoten.
Logisch.

7.00: SRF 1:  Guten Morgen. «Die Behörden spüren, dass Schwule neuerdings Stiefkinder adoptieren können.» Das sei ein «Meilenstein»; klar.

«Me landet, oder me landet nid»
7.05: SRF 1:  Zum zweiten Mal heute: Tim Guldimann tritt zurück. Die Metro in Berlin sei nicht das Gleiche wie das Tram in Zürich. Noch schmunzle ich über die schräge Analogie. Im Olympia-Studio geht es um
Big Air: «Bim Big Air isch es so: Entweder me landet, oder me landet nid – ganz eifach.» Aha.

7.12: SRF 4:  Assad ist nun für die Kurden. Die USA auch, aber die sind auch gegen Assad. Die Russen sind auch für Assad. Mit den Kurden wollen sie nichts zu tun haben. Die Türken sind gegen die Kurden, dazu arbeiten sie mit den Islamisten zusammen, die aber wieder gegen Assad sind.

7.19:  Ich fliehe zu RTS 1
ère: Heute kommt der Präsident des russischen Parlaments in die Schweiz. Die Moderatorin erläutert die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland mit Botschafterin Livia Leu. Sehr informativ.

7.22: SRF 4 News:  Der Journalist suggeriert, dass die heutigen Verwaltungsräte aufgrund von Beziehungen «in Parteien und im Militär» zusammengestellt werden. Die (deutsche) Professorin und «Diversity-Expertin» betont unfreiwillig abwertend, dass Frauen in Verwaltungsräten vor allem symbolische Bedeutung hätten.

7.30: RTS 1
ère:  Der Journalist Romain Clivaz diskutiert mit Jasper Pult über das Rätoromanisch, weil es vor 80 Jahren als Landessprache anerkannt wurde. An dieser Stelle nimmt er gerne Politiker in die Zange. Warum gibt es kein solches Format in der Deutschschweiz?

7.40: SRF 1:  In der Quizsendung «Morgenstund hat Gold im Mund» muss Herr Reist aus Sumiswald erraten, wo eben die Sicherheitskonferenz stattfand (München) und  – was denn sonst –  wer aus dem Nationalrat zurückgetreten ist - Tim Guldimann. Mit dem Stichwort «Chienbäse» kann er nichts anfangen. Er kommt trotzdem eine Runde weiter.

7.45: RTS 1ère:  Die senden eine Presseschau von fast 10 Minuten Länge, in der sich zwei Moderatoren halb ernst, halb heiter durch den Blätterwald kämpfen. Doris Leuthard könnte als Verwaltungsratspräsidentin zu Raiffeisen wechseln, schreibt der Tages-Anzeiger. Die Geschichte wird sonst den ganzen Tag nicht mehr aufgegriffen. SRF schont die Medienministerin.

7.52:  Für das Spiel «ABC SRF 3» wechsle ich den Sender. Wie alt die Zuhörer des früheren «amtl. bew. Störsenders» sind, lässt sich am Sponsoring erkennen: Biostrath, der Saft zur Stärkung «im besten Alter».

8.13: SRF 1 mit dem Konsumentenmagazin «Espresso»:  Uta Kilian, hörbar aus Deutschland stammend, hat 100 000 Franken in eine vermeintlich grüne und nachhaltige Investition in Bäume in Brasilien gesteckt. Statt der versprochenen 8 % Rendite hat sie nur ein paar Hundert Franken erhalten. Warum habe ich kein Mitleid?

8.50: SRF 3:  «Haussatiriker» Peter Schneider hat gehört, dass Staatssekretär Balzaretti gut mit der EU verhandeln könne. Das sei ähnlich wie die Behauptung, ein Pädophiler könne gut mit Kindern umgehen. Autsch!

9.00: SRF 4:  Es wird alles wiederholt. Ich kann es bald nicht mehr hören.

10.36: SRF 1:  Eine koreanische Jodlerin, seit 1977 in der Schweiz, stammelt, man solle in der Schweiz rasch die Sprache lernen, am besten mit Jodeln.

11.08: SRF 1:  Die Sendung «Ratgeber» spricht mit einem Psychiater über Ticks und Mödeli. Aus welchem Land kommt er wohl? Genau .....

«Bölleschweizi» ist entscheidend
11.40: SRF 1:  Hörerin Yolanda Reinhard verrät ihr Rezept für Älplermagronen. «Matchentscheidend ist die Bölleschweizi – 150 bis 200 Gramm Butter müssen da dran», sagt sie. Dann gibt es «s chliine kulinarische Glück».

12.04: SRF 3:  Der Friedensforscher Laurent Goetschel darf sagen, es brauche mehr Friedensforschung.

12.30: SRF 1:  Immer noch nichts zum Besuch des Duma-Präsidenten. Dafür wieder Tim Guldimann. Die Berliner U-Bahn ist immer noch nicht das Gleiche wie die Zürcher Trams. Was wäre, wenn die Sender die Wiederholungen kennzeichnen müssten?

12.30: RTS 1
ère: Meldet einen islamistischen Anschlag auf Kirchgänger in Russland. Bei SRF kam das gar nie vor.

13.10: SRF 1 TV:  Jetzt kommt die deutsche Ärzteserie «In aller Freundschaft» aus der «Sachsenklinik» in Leipzig. Schnell weg – ich flüchte zu RTS.

13.30: RTS 1
ère: «Histoire vivante» bespricht eine halbe Stunde die Geschichte Koreas und seiner Nachbarn Russland und China. Hat sich gelohnt.

13.50: SRF 4 News:  Beim «Black Ivory Coffee» werden Kaffeebohnen in Mägen von (lebenden) Elefanten fermentiert und dann aus dem Dung gepult. 45 Franken kostet das «Erlebnis» für 2 Tassen. Wohl bekomms!

14.00: SRF 4 News:  Die ganze Schweiz soll als Territorium des Rätoromanischen gelten. Das fordert die Lia Rumantscha. Dazu braucht sie dann natürlich mehr Subventionen.

14.07: SRF TV:  Endlich Basler Fasnacht. Fast zwei Stunden Cortège von der mittleren Brücke. Grossartig!

15.41: SRF 1:  Wunschkonzert mit einer Postleitzahl. Die Zuhörerin aus Embrach (ZH) wünscht sich Nana Mouskouri: «Gib einem Kind deine Hand». Sie lässt alle grüssen, die sie kennen.

«Traum eines Sommers»
15.59:  SRF 1 TV meldet sich mitten im Cortège aus Basel ab. Jetzt kommt Rosamunde Pilchers «Traum eines Sommers». Ich brauche eine Pause.

16.34: SRF 1 TV:  Gerade rechtzeitig zurück, denn bei Rosamunde Pilcher zieht die schöne Betrogene beim attraktiven Pleitier ein. Sie trinken «herrlichen, alten Burgunder». Beim Kaminfeuer fragt er sie schliesslich: «Und wann hast du das letzte Mal Liebe gesucht?» «Ich kann mich nicht erinnern», sagt sie, und sie küssen sich.

17.14: RTS 1
ère: Noch einmal eine Diskussionssendung. Ein französischer Schriftsteller erzählt, wie seine Mutter sein Manuskript fast in die Toilette schmeissen wollte. Es wird anstrengend.

17.30: RTS 1
ère: Zwei neue Meldungen: Der Genfer Islamist Tariq Ramadan muss in Paris hinter Gitter bleiben. Und die Belegschaft der SDA und der Verwaltungsrat haben sich nicht auf einen Sozialplan geeinigt. Das liegt sicher an der fehlenden Quoten-Frau.

17.45: SRF TV:  «Guetnacht-gschichtli»: «De Flapper und sini Fründe»: «Abfäll suuber tränne, das isch gar nüd schwär – und es macht erscht no richtig Spass!» Das sagt
eine in SP-Rot getunkte Eule gleich zum Anfang der Volkserziehung für die Kleinsten. Die Sendung hat das jüngste Publikum des Senders, durchschnittlich 40 Jahre alt. Sonst heisst SRF eher «Schweizer Rentner-Fernsehen»: Das Durchschnittsalter liegt bei 65.

18.00: SRF 1: «Echo der Zeit»:  Das Informationsflaggschiff bringt viel schon Gehörtes. Endlich kommt der eigene Korrespondent aus Deutschland zu Wort: «Kramp-Karrenbauer ist wie Merkel rationaler und weniger Testosteron gesteuert.» Okay. Später folgt ein Werbebeitrag ohne Newsgehalt für essbare Insekten. Die Expertin stammt aus Deutschland, woher denn sonst?

18.20: SRF TV:  «Mini Beiz – dini Beiz»: Diesmal aus der Ostschweiz. «Für mich isch de Hauptgang enttüüschend gsii», sagt Elmar, 62. Er muss es wissen.

18.40: SRF TV:  «Glanz und Gloria», gemäss
No-Billag-Gegner unverzichtbar für die Demokratie, bringt eine Vorschau auf ein Musical über die Besteigung des Matterhorns. Und die obligate Berichterstattung über britische Film-Awards, die niemand kennt. Frauen auf dem roten Teppich mit schwarzen Kleidern und nackter Haut gehören da dazu. Damit soll gegen den Missbrauch von Frauen protestiert werden. Okay.

19.00: SRF 1:  In der Kindersendung «Zambo» macht die Moderatorin schon zu Beginn Werbung für gesundes Essen mit Salat und Gemüse. Der Wunsch in die Nacht kommt heute von Mara (11) aus Basel: «Dass es mir und meiner Familie und meinen Freunden gut geht und dass es keinen Krieg auf der Welt gibt.» Laurent Goetschel kann das sicher richten.

Der ewige Guldimann
19.12: SRF TV:  Schnell zu «Schweiz aktuell». Die Sendung geht auf Pascal Broulis, Waadtländer Finanzdirektor, los, weil der seine Steuern dort bezahlt, wo er seine Papiere hat. Darauf dürfen Tierschützer gegen die Chaisen an der Basler Fasnacht lobbyieren. Und noch einmal eine Dosis Guldimann.

19.30: SRF TV:  Die «Tagesschau» bringt die Zusammenfassung von all dem, was ich den ganzen Tag schon gehört habe. Eine linke katalanische Politikerin bekommt eine Plattform. Die dazu befragte Strafrechtsexpertin von der Uni Basel stammt aus welchem Land? Richtig. Und dann wieder Guldimann. Sein Rücktritt ist mehr als 24 Stunden her. Warum bloss zeigt man im Beitrag seine Faust im Hosensack?

20.00: SRF 1:  Jetzt folgt das Wunschkonzert. Das ist echter Service public.

20.05: SRF 3:  Im «Focus» ist ein Bestatter zu Gast. Ich bin längst klinisch tot. Soll ich zu SRF 4 News wechseln? Lieber nicht, mir graut vor Guldimann.

20.07: SRF TV:  Quizshow 1 gegen 100, Episode 243. Heisst der König im Märchen Damenbart, Vollbart oder Drosselbart? Bitte: Wo ist Beni Thurnherr mit seinem Tell-Star?

21.00: SRF 2 TV:  Chaempieon, olympische Late-Night-Show. Mona Vetsch macht das ja – nicht unerwartet – gut. Und es geht einmal nicht um Tim Guldimann. Kontorsionistin Nina Burri mit koreanischer Maske auf ihrem Hinterkopf, ja, das hat was.

21.50: SRF TV:  «10 vor 10». Hauptthema ist der Krieg in der Ukraine. Und natürlich darf die tägliche Portion Klima-Propaganda nicht fehlen. Die Sendung lobbyiert gegen die Kompensation von CO
2 im Ausland, exakt die Position von SP und Grünen – und wohl der Macher.

22.26: SRF TV:  Endlich Sauerstoff für den liberalen Geist. Eco bringt drei Storys, wie Steuergeld missbraucht wird. Beim Bericht über das Frankreich-Engagement der Post fehlt nur eine Stellungnahme von Postministerin Doris Leuthard oder die Offenlegung, dass sie eine solche abgelehnt hat.

SRF schont die Medienministerin.

«Fresse wundschlagen»
22.57: SRF TV:  Schawinski redet mit Raffaella Zollo, geschlechtsumgewandelte Youtuberin. Das Gespräch ist amüsant, aber nicht wegen Schawinski. Sie muss sich beim Schminken täglich «mit einem Schwamm die Fresse wundschlagen». Er will unbedingt wissen, welche Wörter politisch unkorrekt sind. Noch einmal Volkserziehung. Bin längst allergisch darauf.

23.04: SRF 1:  Das «Schreckmümpfeli» schliesst den Tag ab, eine Konserve aus dem Jahr 2005. Aus. Ich bin fix und fertig.

 

Quelle: 
https://bazonline.ch/kultur/fernsehen/protokoll-einer-folter/story/26772907 
21.
2. 18 Dominik Feusi, Bern
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