Der Iran unter Druck

Bekanntlich hatte Israels Regierungschef Netanyahu Ende April nach eigenen

Angaben »neue und schlüssige Beweise« für die Existenz eines geheimen Atomwaffenprogramms von Teheran vorgelegt. Der Iran habe seine nuklearen Ambitionen nie aufgegeben und verstoße damit gegen das internationale Atomabkommen. Am 30. 4. hatte Netanyahu den Iran in seiner im Fernsehen übertragenen Ansprache der dreisten Lüge bezichtigt.  [1] 

»Nach Donald Trumps durchaus wenig überraschender Entscheidung, das iranische Atomabkommen zu versenken«, schreibt der US-Autor Daniel Lazare  hierzu, »sind nun Deutschland und Rußland die beiden Länder, die vielleicht am ehesten auf dem heißen Stuhl sitzen. Merkels Notlage ist besonders schmerzhaft, sind doch die umfangreichen Geschäftsbeziehungen Deutschlands mit dem Iran durch die Entscheidung von Trump, erneut Sanktionen zu verhängen, gefährdet.

Zudem zeigte der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, was Amerika wirklich von seinen deutschen Partnern hält, indem er twitterte: Wie Donald Trump sagte, werden US-Sanktionen auf kritische Sektoren der iranischen Wirtschaft abzielen. Deutsche Unternehmen, die im Iran tätig sind, sollten ihre Geschäfte sofort einstellen.Wie Gary Leupp kürzlich in Counterpunch betonte, umfaßt Deutschland 60 % der EU-Investitionen im Iran, wo es Maschinen, Metalle, Chemikalien und landwirtschaftliche Produkte verkauft. Nachdem Daimler kürzlich mit dem iranischen Autohersteller Khodro einen Vertrag über die Produktion von Mercedes-Benz Kraftfahrzeugen unterzeichnet hat, steigen die Investitionen derzeit um rund 25 % pro Jahr. Indessen drohen allein dem Airbus-Konzern durch den erzwungenen Boykott Geschäfte in einem Wert von 16 Milliarden € verloren zu gehen. Die Trump-Administration hat die  Exportgenehmigung für in den USA hergestellte Flugzeugteile annulliert. Airbus hat erklärt, sich an die Sanktionen halten zu wollen. Der Handel zwischen Deutschland und dem Iran hat zuletzt wieder ein Volumen von 3,4 Milliarden €  im Jahr erreicht. Zahlreichen Unternehmen sind jetzt jedoch die Hände gebunden, da ihr Geschäft in den USA dasjenige im Iran um ein Vielfaches übertrifft, was nicht aufs Spiel gesetzt werden kann. 

Was Rußland angeht, legt Lazare im weiteren dar, so ist es zwar mit dem Iran verbündet, um Syriens umkämpften Präsidenten al-Assad zu unterstützen, hat es aber gleichzeitig auch irgendwie geschafft, gute Beziehungen zu Israel aufrechtzuerhalten, weshalb Putin Netanjahu als seinen persönlichen Gast zu den Feierlichkeiten zum 9. Mai in Moskau einlud, wo der israelische Premierminister zusammen mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic einen Kranz auf das sowjetische Grab des unbekannten Soldaten legte. Weniger als 12 Stunden danach bedankte sich Netanyahu mit der Zerstörung von mindestens 5 russischen Flakbatterien im Rahmen eines Angriffs auf Syrien. Nach Angaben des  israelischen Militärs hatte Israel Rußland über den bevorstehenden Angriff mittels des seit September 2015 geltenden Dekonfliktions-Verfahrens informiert, was bedeutet, daß Rußland mehr oder weniger der Zerstörung seiner eigenen Verteidigungssysteme zugestimmt hat. Das kann nicht so weitergehen, besonders da Israel immer stärker auf der Seite der Pro-al-Qaida-Rebellen interveniert, die Rußland, der Iran und Syrien abzuwehren versuchen. Je intensiver der Kampf wird, desto unmöglicher wird Putins Position.

Wenn nun die Mitunterzeichner des Nuklearabkommens mit dem Iran, des Gemeinsamen umfassenden Aktionsplans der UNO, Rußland auch nur ein Minimum an Unterstützung geben würden, könnte das Ergebnis eine große Veränderung in der Art und Weise, wie das tödliche Spiel der Mittelostpolitik gespielt wird, darstellen. Eine gemeinsame russisch-deutsche diplomatische Offensive könnte also die Grundlage für eine echte Neuausrichtung bilden. 

Unnötig zu sagen, daß es tausend und einen Grund gibt, warum das nicht passieren wird…...«  [2]

 

Trumps Krieg gegen den Iran‹   
Wie Eric Margolis in seinem Artikel vom 12. Mai  ausführt, startete Israel in der Woche vom 7. 5. Wellen von Luftangriffen und Bodenbeschuß auf eine Reihe von angeblichen iranischen Militärpositionen in Syrien. War dies ein großer Schritt vorwärts in dem Plan von Israels Führer Benjamin Netanyahu und seinem Verbündeten Donald Trump, einen großen Krieg mit dem Iran zu provozieren?    

Es sieht wirklich so aus. Die USA, Saudi-Arabien und Israel haben vor kurzem in Syrien eine empfindliche Niederlage erlitten. Ihre Kampagne, die Assad-Regierung in Damaskus zu stürzen, indem sie die IS-Bewegung und in der Folge sunnitische muslimische Dschihadisten benutzten, wurde von der syrischen Armee besiegt - mit Unterstützung der russischen Luftmacht, der Hisbollah des Libanons und einigen iranischen Milizen und Armeeberatern. Israel behauptet nun, mehr als eine ganze Reihe iranischer Positionen in Syrien ausgelöscht zu haben. Soweit wir unsererseits hierzu etwas sagen können, dann waren dies kleine Logistik- oder Kommunikationseinrichtungen und keineswegs das Rückgrat einer angeblichen iranischen Offensive gegen Israel. Tatsächlich war der angebliche iranische Raketenbeschuß auf die von Israel besetzten Golanhöhen gerichtet, die nach dem arabisch-israelischen Krieg 1973 illegal annektiert und besetzt wurden und immer noch rechtlich als Teil Syriens festgehalten werden. Israel ist sehr nervös darüber, daß die Aufmerksamkeit der Welt auf die anhaltende Besetzung der strategischen Golanhöhen gelenkt wird, von denen aus die schwere israelische Artillerie Damaskus erreichen kann.

Jetzt allerdings, da die Trump-Administration vollständig unter den Einfluß der Pro-Krieg-Neokonservativen gefallen ist, erscheint ein Versuch, die iranische Regierung zu stürzen, sehr wahrscheinlich, sowohl durch militärische Intervention als auch durch einen verstärkten Wirtschaftskrieg.

Seit der von den Amerikanern und Briten installierte Schah 1979 durch eine Volksrevolution gestürzt wurde, wird der Iran wird von den USA belagert. Die CIA und der britische Auslandsgeheimdienst MI6 haben zahlreiche Versuche  unternommen, um die Islamische Republik zu stürzen, um einen eigenen Herrscher zu installieren. Das Versagen der westlichen Geheimdienste, ernsthafte Aufstände im Iran (oder in Rußland) zu provozieren, deutet darauf hin, daß die militärische Option zunehmend verlockend wird und das bedeutet wahrscheinlich, daß es zu militärischen Auseinandersetzungen mit dem Iran im Golf kommt, die zu umfassenden Angriffen auf die nukleare Infrastruktur und die Industrie des Irans führen. US-Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe sondieren aktiv die Grenzen des Irans. Zudem werden die US-Streitkräfte immer stärker in den Krieg gegen den Jemen einbezogen. Viele von der gleichen Kriegergruppe, die 2003 die US-Invasion im Irak inszeniert hat, leiten jetzt die Trump-Administration. Ihr Ziel ist es, den Iran zu zerschlagen und den Mittleren Osten der gemeinsamen saudi-ägyptisch-israelischen Kontrolle zu überlassen.

Der Einmarsch in den Iran wäre nicht einfach. Das Land hat sehr wenig Möglichkeiten, die Macht über seine Grenzen hinaus zu projizieren. Seine Luftwaffe, die Artillerie und die Panzer sind marode. Amerika kontrolliert den Himmel von Marokko bis Afghanistan. Zwar ist der Iran für Überfälle und kleine Attacken anfällig, aber diese große gebirgige Nation von 80 Millionen Menschen zu unterwerfen, das wäre in der Tat sehr schwierig. Der Kommandeur der iranischen Revolutionsgarde sagte mir einmal: Die Amerikaner sollen nur einmarschieren. Sie werden sich am Iran die Zähne ausbeißen. Übertriebenes Selbstvertrauen natürlich, aber er hatte recht. Und in den städtischen Gebieten könnte der Iran in der Defensive heftigen Widerstand leisten.  

Die imperialistische Maschine Amerikas mag, wie ihr britischer Vorgänger, kleine leichte Kriege gegen kleine rückständige Nationen. Der Iran wäre ganz anders.

Wie wir gerade bei Nordkorea gesehen haben, wäre für den Iran ohne die Sicherheitsgarantien Rußlands und Chinas die beste Überlebensstrategie ein Wettlauf um eine kleine Anzahl von Atomwaffen, um die Angriffe der USA und Israels zu verhindern. Europa, das das iranische Nuklearabkommen mitgetragen hat und nun von Trump gedemütigt wird, ist zu schwach und unorganisiert, um den Pakt zu garantieren und sich gegen Washington durchzusetzen. Das ist zu schade. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für die EU gewesen, ihre Unabhängigkeit von der amerikanischen Hegemonie zu behaupten und mit dem Aufbau ihrer eigenen unabhängigen europäischen Streitkräfte zu beginnen.«  [3]  

»Zwar wolle man weiterhin an dem Abkommen festhalten, heißt es laut German Foreign Policy in einer gemeinsamen Erklärung der Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens vom 9. 5. 18, »es wird jedoch verlangt, daß der Iran nicht nur seine eigenen Verpflichtungen aus dem Abkommen weiterhin erfüllt, sondern sich auch noch weiteren Forderungen des Westens beugt. So soll Teheran nicht nur bereit sein, für die Zeit nach dem Auslaufen des Abkommens einen langfristigen Rahmen für das iranische Nuklearprogramm zu akzeptieren; es müßten darüber hinaus Fragen des ballistischen Raketenprogramms des Irans und auch dessen destabilisierende regionale Aktivitäten, insbesondere in Syrien, im Irak und im Jemen, gelöst werden. Berlin hofft, daß Teheran unter dem Druck der US-amerikanisch-israelischen Aggression zu den gewünschten Zugeständnissen erpreßt werden kann. 

Bei Irans regionalen Aktivitäten, über die sich Berlin, Paris und London in ihrer gemeinsamen Erklärung beschweren, handelt es sich durchwegs um die Resultate von Aggressionen des Westens und seiner regionalen Verbündeten. Der US-geführte Überfall auf den Irak im Jahr 2003 hat der schiitischen Mehrheit des Landes den Weg an die Macht gebahnt und damit auch dem Iran erheblichen Einfluß in Bagdad beschert. Der von den NATO-Staaten und ihren regionalen Verbündeten befeuerte Krieg in Syrien hat die Regierung in Damaskus dazu veranlaßt, auch im Iran militärischen Beistand zu suchen, was die Präsenz iranischer Militärs in Syrien mit sich gebracht hat. Teherans zunächst schwacher Einfluß auf die Houthi-Milizen im Jemen ist erst in den vergangenen Jahren stärker geworden, als der Angriffskrieg, den Saudi-Arabien mit US-Unterstützung gegen sie führt, die Houthi dem Iran in die Arme trieb.

Gegen die von ihnen selbst bewirkte Stärkung des Irans gehen die westlichen Mächte nun mit abgestuften Aggressionen vor.«  [4]    

Der französische Außenminister Le Drian sprach sich am 10. 5. noch einmal gegen die Sanktionen aus, mit denen die USA auch Unternehmen in den EU-Länder bedrohen, die mit dem Iran Geschäfte tätigen. Das sei völlig inakzeptabel, so Le Drian. Offen ist allerdings, welches realpolitisches Gewicht Drians lautes Nachdenken darüber hat, nun Maßnahmen zu ergreifen, welche die Interessen unserer Unternehmen vertreten.  [5]



[1]  https://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/netanyahu-wirft-teheran-verstoss-gegen-atomabkommen-vor/story/11951553   30. 4. 18

[2]  http://antikrieg.com/aktuell/2018_05_13_trumps.htm    13. 5. 18  
Trumps Iran-Debakel: Was werden Deutschland und Russland tun? - Daniel Lazare  

[3]  http://antikrieg.com/aktuell/2018_05_12_trumps.htm
12. Mai 2018  Trumps Krieg gegen den Iran – Eric Margolis

[4]  https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7604/  
11. 5. 18  Wie man Weltmacht wird 

[5]  https://www.heise.de/tp/features/USA-wollen-Dollargeschaefte-mit-Iran-verbieten-4047256.html?seite=all   11. 5. 18