Amerikas heiliger Krieg - von F. William Engdahl 21.10.2018 21:39
In diesem Werk legt der US-Autor dar, was die USA mit dem »Krieg gegen den Terror«
wirklich bezwecken, gleichzeitig deckt er jedoch auch die ganze Verruchtheit der US-Außenpolitik im Zusammenhang mit dem unseligen Jugoslawienkrieg auf. Im folgenden bringen wir eine Zusammenfassung des Buches, das wie folgt beginnt: »Die USA stellen sich gern als Hort der Demokratie, als Verfechter der Menschenrechte, Hüter des Völkerrechts und Vorbild der Rechtsstaatlichkeit dar. Ein Anspruch, dem die USA in keiner Weise gerecht wird. Denn seit über 150 Jahren belügen die USA die Welt und die
eigenen Bürger und sind ist seit über 150 Jahren der schlimmste Kriegstreiber auf
unserem Globus. Die Militärallianz der NATO, der North Atlantic Treaty
Organisation, wurde ursprünglich als Verteidigungsbündnis deklariert, hat aber
in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Angriffskriege geführt und Tod und unermeßliches Leid
über Millionen von Menschen gebracht: Hierfür sind der Irak, Serbien,
Afghanistan, Libyen und Syrien nur einige der jüngsten schrecklichen Beispiele.
Keiner dieser Staaten stellte auch nur die geringste Bedrohung für die USA oder
die EU dar, oder hätte eine reale militärische Chance gehabt, sich gegen deren
Angriffe zu wehren. Überall, wo ihnen eine Regierung oder ein System nicht paßt, schlagen
sie zu. Nirgendwo ist es nach Abzug der Weltmacht Nummer eins friedlich
geworden. Hatte man also nach dem amerikanischen Debakel im ehemaligen Jugoslawien
nichts gelernt? Keine andere Armee der Weltgeschichte hat jemals derart
ehrgeizige Ziele verfolgt - nicht einmal Alexander der Große. Washington will die
absolute Kontrolle über alles und jeden, zu jeder Zeit und überall. In
militärischer Hinsicht war Rußland das einzige Land, das die USA als fast
gleichrangig einstuften, da es die einzige Macht mit einer nuklearen
Angriffsfähigkeit war, die tatsächlich eine Gefahr für die NATO darstellte.
Die CIA entdeckt die Muslime
als ›Kämpfer
für den antikommunistischen Kreuzzug‹:
Die Amerikaner fingen an, sich darüber Gedanken zu machen, wie sie den Islam
für ihre Zwecke einsetzen konnten. Im April 1951 erfuhr die neu gegründete CIA,
dass im Hintergrund fortbestehende Nazi-Seilschaften um Gerhard von Mende, der ehemals
für den organisatorischen Kontakt zu den Muslimen in der Wehrmacht zuständig
war, wichtige Muslime im Großraum München zusammengezogen hatten und im Begriff
waren, eine Denkfabrik aufzubauen, die entfernt an das sogenannte
Ostministerium der Nazizeit erinnerte – dieses Mal allerdings im Auftrag der
christdemokratischen Regierung unter Bundeskanzler Konrad Adenauer anstatt für
Adolf Hitler. Die CIA war daran interessiert, diese Gruppe für ihre eigenen
Ziele einzuspannen und entdeckte, dass die erfahrenen muslimischen
›Gotteskrieger‹, um die sich von Mende gekümmert und für die er sich auch
eingesetzt hatte, über unschätzbare Sprachkenntnisse sowie über wertvolle
Kontakte in der Sowjetunion verfügten.
Um 1961 gelang es den Muslimbrüdern, den saudischen König
dazu zu bewegen, in Medina eine islamische Universität zu errichten, an der
zahlreiche ägyptische Gelehrte unterrichteten, die insgeheim den Muslimbrüdern
angehörten. Bemerkenswerterweise stammten 85 % der Studenten aus dem Ausland.
Dies ermöglichte es der Bruderschaft bis weit in die 1990er Jahre hinein, den
Kader der Bruderschaft in der gesamten islamischen Welt zu verbreiten. Auch in
Washington, New York und London entstanden Büros. Die Organisation nutzte
Berichten zufolge ihr Netzwerk und die saudischen Gelder dazu, islamische
Zentren einzurichten und Moscheen zu bauen sowie Literatur und anderes Propagandamaterial
mit ihrer fundamentalistischen Auslegung des Islams zu verbreiten. Der Generalsekretär
der ›IWL‹, der Islamischen Weltliga, mußte immer ein Saudi sein. Die saudische
Verschmelzung eines ultrakonservativen wahhabitischen Islams mit dem fanatischen
politischen Aktivismus der Muslimbruderschaft erwies sich als tödliche und
höchst raffinierte Kombination, die niemals ihr Ziel der Errichtung eines neuen
weltumfassenden Kalifats, das zur Weltreligion werden sollte, aus dem Auge
verlor.
In den 1980er Jahren hat die CIA in Zusammenarbeit mit
den Saudis die Mudschaheddin in Afghanistan erschaffen, um die Sowjetarmee zu
bekämpfen. Einer ihrer jungen Rekruten war ein Saudi, der in Saudi-Arabien von
der Muslimbruderschaft erzogen und ausgebildet worden war. Sein Name lautete
Osama bin Laden. Diese Entwicklung führte dazu, dass der politische Islam in
der muslimischen Welt von Afghanistan bis nach Mali und darüber hinaus massiv
an Bedeutung gewann und zunehmend militanter wurde. Ohne das brutale Eingreifen
der amerikanischen Streitkräfte im Irak oder in Afghanistan und anderswo nach
dem 11. September 2001 wäre das Rekrutierungspotential von Bewegungen wie Osama
bin Ladens al-Qaida, den Muslimbrüdern oder der Fethullah Gülen Bewegung sehr
gering geblieben. Diese wachsende amerikanische Militärpräsenz wiederum
wirkte wie das sprichwörtliche rote Tuch auf den islamisch-dschihadistischen
Stier. Das sich daraufhin ausbreitende Chaos, die ausufernden Kämpfe und die
Instabilität, die die islamische Welt in der Folge erfaßten, lieferten im
Gegenzug weitere Rechtfertigungen für eine Ausweitung der Militärpräsenz der
USA und der NATO in diesen strategisch ungemein wichtigen Regionen.
Ein geheimer Plan des Pentagons
Wie der ehemalige Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte
im Kosovo-Krieg, Wesley Clark, im März 2007 öffentlich bekannt gab, war ihm im
November 2001 ein als geheim
eingestuftes Pentagon-Memorandum aus dem Büro des damaligen
Verteidigungsministers Donald Rumsfeld vorgelegt worden. Dieses besagte, »dass
wir innerhalb von fünf Jahren die Regierungen von sieben Ländern angreifen und
vernichten würden, wobei wir mit dem Irak anfangen und uns dann weiter Syrien,
dem Libanon, Somalia, dem Sudan und dem Iran zuwenden würden«. Hinter dem
Putsch der Pentagon-Falken, so Clark weiter, stand die Absicht, »den
Nahmittelosten zu destabilisieren, ihn völlig auf den Kopf zu stellen und ihn
unter unsere Kontrolle zu bringen«. Das amerikanische Militär habe die Aufgabe
gehabt, Konflikte vom Zaun zu brechen und nicht, sie zu verhindern. Nur einer Handvoll Personen aus den politischen Kreisen
Washingtons und Umgebung war klar, welch explosive Macht der amerikanische
Krieg gegen den Terror innerhalb der muslimischen Welt entfalten würde. Bei
diesem Krieg handelte es sich um eine kaltblütige Strategie einer Gruppe sehr
bösartiger, aber auch sehr einflußreicher Figuren in Washington und anderswo,
die nun daran gingen, einen riesigen spitzen Stab in ein gigantisches
Wespennest zu rammen.
Die Zerschlagung Jugoslawiens
Im November 1989 kam es in Berlin zu einer der
dramatischsten Entwicklungen des letzten Jahrhunderts. Die Berliner Mauer, die
die kommunistische Deutsche Demokratische Republik im Ostteil der Stadt von der
Bundesrepublik Deutschland im Westteil Berlins trennte, fiel. Tausende von Menschen
strömten tanzend und singend in den Westen. Dies war ein deutliches Zeichen
dafür, dass die Sowjetunion den Kalten Krieg verloren gab. Nach mehr als vier
Jahrzehnten war er damit vorbei, zumindest war das die Hoffnung vieler
Menschen, die dies herbeisehnten. Europa begann sich als tatsächlich
unabhängige Macht in der Weltpolitik zu verstehen. Führende Kreise begannen
schon, über ein ›Leben nach der NATO‹ nachzudenken, in dem sich die
Europäer nicht den zahllosen amerikanischen Forderungen beugen müssen würden.
Der Vertrag von Maastricht enthielt
neben dem Plan zum Aufbau einer europäischen Zentralbank, die für die geplante
Währungsunion notwendig war, die Entscheidung für eine unabhängige ›europäische NATO‹ mit einer separaten Kommandostruktur, die von den EU-Ländern und nicht
von Washington geleitet würde. Gerade Letzteres betrachtete Washington als eine
direkte Bedrohung der amerikanischen Weltmachtposition.
Eines der ersten Ziele der Kriegsmaschinerie des
Pentagons und der amerikanischen Geheimdienste nach dem Fall der Mauer war die
Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien. Washington begann mit geheimen
Vorbereitungen für einen neuen Krieg mitten im Herzen Europas, der unter
anderem dazu benutzt werden könnte, ständige amerikanische Militärbasen in
Europa zu errichten, aber auch dazu, nicht nur die Beibehaltung, sondern auch
die Ausweitung der von Washington kontrollierten NATO auf Staaten des früheren
Warschauer Pakts zu rechtfertigen, dies als Verkörperung des ›neuen amerikanischen Jahrhunderts‹, eben jener von Präsident George H.
W. Bush heraufbeschworenen ›Neuen
Weltordnung‹.
Washington schürte verdeckt bestimmte Entwicklungen in
Jugoslawien, die zu einem blutigen Krieg in Europa führen sollten. Darüber
hinaus sollten die Ereignisse in und um Jugoslawien dazu benutzt werden, die
NATO-Osterweiterung bis an die Grenzen Rußlands voranzutreiben. Bushs Regierung
benutzte den Internationalen Währungsfonds, um Jugoslawien, welches Ende der
1980er Jahre mit dem IWF über die Rückzahlung seiner erheblichen $-Schulden
verhandelte, unerfüllbare wirtschaftliche Bedingungen aufzuzwingen. Die
Washingtoner NGOs und der IWF bereiteten der Wirtschaftskrise in Jugoslawien
die Bahn, was wiederum mit massiver Hilfe von außen seitens des deutschen Außenministeriums
und des deutschen Bundesnachrichtendienstes, aber auch Frankreichs und Englands
letztlich zum Auseinanderbrechen des Landes führte. Dabei zogen die USA im
Hintergrund die Fäden.
Der amerikanische Kongreß zündet die Lunte
Jetzt brauchte man nur noch einen entsprechenden Funken,
um einen Krieg in Jugoslawien zu entzünden. Und für diesen Funken sorgte die
Regierung von George Herbert Walker Bush im November 1990, als der
amerikanische Kongreß das von der Regierung vorgeschlagene ›Gesetz für die Bewilligung von Mitteln für das Ausland‹ für das Jahr 1991 verabschiedete. Das
neue Gesetz ordnete an, dass diejenigen Teilrepubliken Jugoslawiens, die nicht
innerhalb von sechs Monaten nach Verabschiedung des Gesetzes ihre
Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärten, keinen Anspruch mehr auf
amerikanische Finanzhilfe hätten. Die Regierung Bush verlangte die
Selbstauflösung des jugoslawischen Staatenbundes und legte damit in voller
Absicht die Grundlage für eine Serie neuer Balkankriege. Sir Alfred Sherman,
ein Balkanexperte und früherer Berater der britischen Premierministerin
Margaret Thatcher, erinnerte sich 1997: »Der Krieg in Bosnien war in jeder
Hinsicht ein Krieg Amerikas. Die Regierung der USA trug zu seinem Ausbruch bei,
hielt ihn im Gange und verhinderte sein frühzeitiges Ende.« Bereits am 25. Juni 1991 erklärten Slowenien
und Kroatien ihre Unabhängigkeit, und die deutsche Regierung unter
Bundeskanzler Helmut Kohl, mit Außenminister Hans-Dietrich Genscher als
treibender Kraft, erkannte beide Länder wenig später als unabhängige Staaten
an.
Als größte ethnische Gruppe und als diejenige Kraft, die
sich dem Auseinanderbrechen der Sozialistischen Föderativen Republik
Jugoslawien widersetzte, gerieten die Serben ins Visier und mußten als
Rechtfertigung für die militärische Intervention des Westens herhalten. Die
westliche Propagandamaschine stellte die
Serben als die ›neuen Nazis Europas‹ dar. Nun waren die Voraussetzungen
für eine grauenvolle Serie ethnisch motivierter regionaler Kriege geschaffen, die
ein ganzes Jahrzehnt lang tobten und mehr als 200 000 Menschenleben fordern
sollten. Darüber hinaus wurde der kampferprobte islamische Mudschaheddin-Kader
aus dem afghanisch-sowjetischen Krieg eingesetzt.
Osama bin Laden und die bosnischen
Mudschaheddin
Die USA unterstützten und ermöglichten verdeckte
Waffenlieferungen an die Muslime, die vor allem über den Iran, die Türkei und
Osteuropa abgewickelt wurden. Damals bestritt Washington trotz überwältigender
Hinweise seine Beteiligung. Die Regierung Clinton benutzte die NATO und die
United Nations Protection Force ›UNPROFOR‹, die sogenannte ›Schutztruppe der Vereinten Nationen‹, die im Februar 1992 vom UN-Sicherheitsrat beschlossen worden war,
zur Durchsetzung ihrer politischen Interessen und blockierte alle auf Frieden
abzielenden Schritte, von denen es zwischen 1992 und 1995 einige gab, bis sie
ihre Ziele erreicht hatte. Plötzlich war damit ein gewalttätiger islamischer
Fundamentalismus im Herzen Europas aufgetaucht: Washington hatte es möglich
gemacht. Von 1992 bis 1995 war das Pentagon dabei behilflich, Tausende
von Mudschaheddin und andere islamische Kämpfer aus Zentralasien nach Europa zu
bringen, wo sie an der Seite der bosnischen Muslime gegen die Serben kämpften. Je länger der Krieg in Bosnien-Herzegowina anhielt, desto
bessere Argumente hatte Washington dafür, die Rolle einer von der USA
angeführten NATO auf dem Balkan und in Europa wiederzubeleben, ja sogar zu
stärken.
Grausamkeiten der Mudschaheddin in
Bosnien-Herzegowina
Während der amerikanische Propagandaapparat pausenlos
gefälschte Geschichten über angebliche serbische Bombardierungen ziviler
Dörfer, Krankenhäuser, Angriffe auf sogenannte UN-›Schutzzonen‹ sowie
manipulierte Nachrichten über die angebliche Vergewaltigung Zehntausender muslimischer
Frauen in - wie westliche Medien schrieben - serbischen ›Vergewaltigungslagern‹
verbreiteten, verübten die muslimischen Dschihad-Söldner, die zusammen mit den Streitkräften Izetbegovic’ kämpften,
schockierende Grausamkeiten an bosnischen Serben, die von amerikanischen und
westlichen Medien verschwiegen wurden.
Der Dschihad und CIA auf dem Weg in den Kosovo
Der frühere NSA-Mitarbeiter Wayne Madsen hat berichtet,
dass es sich bei der ›UCK‹, die in amerikanischen und westlichen
Medien als Befreiungsarmee des Kosovos bezeichnet wurde, in Wahrheit um eine
Gruppe von Mafia-Clans aus dem Kosovo handle, die seit langem, also schon vor
ihrer Zusammenarbeit mit der USA, als Drogenhändler
bekannt gewesen seien. Die verdeckte Unterstützung der ›UCK‹ habe um 1996 nach
der Besetzung Bosniens durch die NATO als ›gemeinsames
Unternehmen der CIA und des deutschen Bundesnachrichtendienstes‹ begonnen. Washington wollte den
Krieg, und die Muslime der ›UCK‹ waren ihre Krieger.
Von Terroristen zu heroinhandelnden ›Freiheitskämpfern‹
Nach Schätzungen des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge
wurden etwa 55.000 Flüchtlinge, die meisten von ihnen Kosovo-Serben, aus ihrer
Heimat nach Montenegro und Zentralserbien vertrieben. Bis zum Jahr 1998
verschärfte die ›UCK‹ ihre Angriffe auf jugoslawische
Regierungsvertreter im Kosovo. Die USA, Deutschland und Großbritannien
lieferten Waffen und sorgten für die Ausbildung der ›UCK‹, der
Befreiungsarmee des Kosovos. Damit wurden diese zu einer größeren
Guerilla-Armee mit etwa 30.000 Mitgliedern (Höchststand) ausgebaut. Die NATO
benötigte die Krise, die sie selbst geschaffen hatte, als Vorwand für einen
Angriffskrieg gegen Jugoslawien. Präsident Bill Clinton ordnete Luftangriffe
sowohl gegen zivile Ziele als auch gegen Regierungsziele in ganz Serbien an.
Mit seiner Behauptung, das Vorgehen der Serben im Kosovo lasse sich mit dem
Holocaust vergleichen, belog Clinton die amerikanische Bevölkerung schamlos: »Angesichts des Scheiterns der
diplomatischen Friedensbemühungen werde das militärische Eingreifen jetzt immer
wahrscheinlicher«. Zu jenem Zeitpunkt hatte Washington erreicht, was es wollte
- der Kosovo war zu einer neuen amerikanischen Militärbastion auf dem Balkan
geworden.
Das Nachspiel im Kosovo
Zwei Jahre nach dem Krieg schrieb der frühere kanadische
Botschafter in Jugoslawien und Albanien folgendes in einem Artikel: Nachdem Jugoslawien in die Unterwerfung
bombardiert worden war, stand die NATO dabei und sah tatenlos zu, wie die ›UCK‹ mordete, plünderte und brandschatzte. Ihr wurde freie Hand
gelassen, zu tun und zu lassen, was sie wollte.
Praktisch die gesamte nichtalbanische Bevölkerung wurde im Rahmen ethnischer
Säuberungen unter den wachsamen Augen von 40.000 NATO-Soldaten vertrieben.
Darüber hinaus weigerte sich die NATO unter Verletzung der Resolution Nr. 1244
der Vereinten Nationen beharrlich, die ›UCK‹-Kämpfer zu entwaffnen. Stattdessen
wandelte die NATO diese bunt zusammengewürfelte Bande von Terroristen in das
sogenannte ›Kosovo-Schutzkorps‹ um, angeblich um Frieden und Ordnung
im Kosovo wiederherzustellen.
Dschihadistan
Saudi-Arabien, das die Mudschaheddin auf dem Balkan in
erheblichem Ausmaß finanziert hatte,
begann nun, den Bau von Moscheen im früheren Jugoslawien verstärkt zu
unterstützen. Etwa 150 neue glanzvolle Moscheen entstanden allein im kleinen
Bosnien und auch im Kosovo. In den saudischen Moscheen, die nun überall in
Bosnien-Herzegowina und im Kosovo aus dem Boden schossen, waren
saudisch-wahhabitische Imame tätig, die die fundamentalistische
Dschihad-Ideologie predigten. Nach dem Krieg lag die Arbeitslosigkeit im Kosovo
auf dem erschreckend hohen Niveau von 45 %. Imame suchten nach den ärmsten
Leuten in den Gemeinden und Stadtvierteln; »…… sie brachten die Moscheen, aber
sie brachten gleichzeitig ihre Dogmen und ihre Ideologie mit, und sie boten den
Armen ein regelmäßiges Monatseinkommen an, wenn diese ihre religiöse
Überzeugung übernähmen und den Schleier trügen«.
Mit der ›UCK‹ machte man den Bock zum Gärtner
Washington setzte die frühere ›UCK‹ praktisch als neue Regierung des Kosovos ein und machte Thaci zu
deren ›Boss‹. Aber nicht alle außerhalb
des Kosovos waren mit Thaci einverstanden. In einem Bericht an den Europarat
vom Dezember 2010 heißt es, Hashim Thaci sei der Anführer der sogenannten ›Drenica-Gruppe‹, der man den Handel mit Organen von serbischen Häftlingen sowie
Heroin- und Waffenhandel vorwarf. Die Regierung in Washington
kümmerte das nicht. Thaci war eben ihr Mann im Kosovo. Einige tausend Tonnen
Bomben später und nach der Zerstörung der wirtschaftlichen Infrastruktur
Serbiens mit Schäden in der Größenordnung von etwa 40 Milliarden Dollar begann
das Pentagon einen seiner bisher größten amerikanischen Militärstützpunkte
weltweit zu errichten: Camp Bondsteel. Damit verfügten die USA nun über eine beherrschende
und eindeutig auf Dauer angelegte militärische Präsenz in der strategisch
wichtigen Balkanregion. Auch das Kaspische Meer, dessen strategische Bedeutung
immer mehr wuchs, konnte von hier aus auf dem Luftwege leicht erreicht werden.
Die USA machte sich daran, die Kontrolle über die enormen Erdölvorkommen
Aserbaidschans und Kasachstans, zweier früherer Sowjetrepubliken, zu
übernehmen.
Der Griff nach dem Kaukasus mithilfe der
Mudschaheddin
Nachdem
die Kriege in Bosnien und im Kosovo von der NATO beendet worden waren, suchten
und fanden die amerikanischen Geheimdienste ein weiteres Ziel für ihre
Mudschaheddin, ihre ›heiligen
Krieger‹: Den Kaukasus. Noch ein
Jahrzehnt zuvor hatten all diese Rohstoffreserven der Sowjetunion gehört. Das
hatte sich jetzt grundlegend geändert. Amerikanische und britische
Erdölkonzerne – insbesondere BP und Amoco - versuchten umgehend, das
entstandene Vakuum zu füllen. Nach geophysikalischen Schätzungen durch
Halliburton und anderen westlichen Konzernen umfaßten die Erdölreserven des
Kaspischen Beckens etwa 200 Milliarden Barrel Öl und waren nach den Schätzungen
des amerikanischen Energieministeriums damit mit den Reserven Saudi-Arabiens
vergleichbar; gleiches galt für die Erdgasvorkommen. Der Marktwert dieser
Erdöl- und Erdgasvorkommen zusammengenommen lag beim damaligen Preisniveau von
etwa 20 $ pro Barrel bei schätzungsweise 5 Billionen Dollar. Die Regierung
Clinton verlagerte daraufhin den Schwerpunkt ihrer Aufmerksamkeit von Rußland
auf die Staaten des Kaspischen Beckens und einen neuen Krieg zwecks Kontrolle
der gigantischen Erdöl- und Erdgasvorkommen im Kaspischen Becken
Der Pipelinekrieg im Kaukasus
Der frühere amerikanische FBI-Beamte Ali
Soufan erklärte: »Die USA standen in Afghanistan, Bosnien und Tschetschenien
auf der Seite der Muslime«, denn sie versorgten sie mit Waffen und kümmerten
sich um Finanzierung und Logistik. Die CIA brachte die Afghanen und andere
Mudschaheddin per Flugzeug in den Kaukasus, wo sie dann über die georgische
Grenze nach Tschetschenien geschmuggelt wurden. Zu der Zeit arbeiteten der
saudische Geheimdienst und die CIA beim Einsatz der Mudschaheddin und der ›heiligen Terrorkrieger‹ Osama bin Ladens sehr eng zusammen.
Die Dämonisierung Putins
Während die CIA und das Pentagon noch Dschihadisten ins
russische Tschetschenien schleusten, begannen sie in Washington eine
Propagandakampagne, in der sie die tschetschenische Unabhängigkeit und die
Befreiung von der ›brutalen
russischen Besetzung‹ forderten. Die
›SCO‹, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, umfaßt ein
riesiges Landgebiet, in dem fast die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung lebt.
Diese eurasischen Nationen waren praktisch in jeder Hinsicht in der Lage, ihre
Entwicklung in die eigenen Hände zu nehmen, ohne vom Westen abhängig zu sein.
Dies war für Washington höchst alarmierend. Es sollte keinem rivalisierenden
Wirtschaftsblock erlaubt sein, die amerikanische Vorherrschaft infrage zu
stellen. Dieses Dogma bildete nach dem Ende des Kalten Krieges den Kern der amerikanischen
Außenpolitik. Fakt ist, dass Eurasien der größte Kontinent der Erde ist; nahezu
75 % der Weltbevölkerung leben dort und in seinem Boden und seinen Unternehmen
steckt der größte Teil des materiellen Reichtums der Welt. Eurasien stellt 60 % des globalen
Bruttosozialprodukts und besitzt ungefähr drei Viertel der weltweit bekannten
Energievorkommen.
Die CIA unterstützt ein ›neues osmanisches Kalifat in Eurasien‹
»Ihr müßt in die Arterien des Systems eindringen, ohne
dabei bemerkt zu werden, bis ihr alle Machtzentren erreicht habt. .... Bis die
Lage reif ist, müssen [alle Anhänger] so Vorgehen. …. Ihr müßt warten, bis ihr
genug seid und die Lage voll entwickelt ist
- bis wir die gesamte Welt auf
unsere Schultern nehmen und sie tragen können. .... Ihr müßt warten, bis ihr
alle staatliche Macht in Händen haltet, bis ihr alle Macht der türkischen
Verfassungsorgane an euch gerissen habt. …. Bis es soweit ist, wäre jedes
Vorgehen voreilig - es wäre, wie ein Ei zu zerbrechen, ohne die 40 Tage zu
warten, bis das Küken schlüpft.« So Fethullah Gülen,
Imam und CIA-Aktivposten, in einer Predigt vor Anhängern in der Türkei.
Das Spinnennetz des Fethullah Gülen
Noch während die CIA die arabischen Mudschaheddin, die ›heiligen Krieger‹ Osama bin Ladens, in den 1990er Jahren in Tschetschenien und im
Kaukasus einsetzte, begann der Geheimdienst in Zusammenarbeit mit einem
Netzwerk selbsternannter ›Neokonservativer‹ in Washington mit dem bisher
ehrgeizigsten Projekt im Zusammenhang mit dem politischen Islam.
Ein Wolf im Schafspelz
Der langjährige und hochrangige CIA-Mitarbeiter Graham
Fuller gehörte zu den wichtigsten Unterstützern Fethullah Gülens und war seit
dem Kampf der Mudschaheddin in Afghanistan gegen die Sowjets einer der
wesentlichen Vordenker der CIA-Strategie, islamische Dschihadisten im Sinne
amerikanischer Interessen einzusetzen. Nachdem sich Graham E. Fullers
türkischer Freund Gülen in seinem entlegenen und bewachten Anwesen im
ländlichen Pennsylvania verschanzt hatte, begannen er und seine weltweite politische
Cemaat alsbald damit, sich im Kaukasus und bis in das innere Zentralasien
auszubreiten, um »die Reste des russischen Imperiums zu destabilisieren und
insbesondere dem chinesischen Einfluß in Zentralasien entgegenzuwirken«. Mitte
der 1990er Jahre hatte sich inmitten des russischen Chaos ein Netzwerk aus mehr
als 70 Gülen-Schulen nach Kasachstan, Tadschikistan, Aserbaidschan,
Turkmenistan, Kirgisistan, Usbekistan und selbst nach Dagestan und Tatarstan im
östlichen Teil des europäischen Rußlands ausgebreitet. Diese Schulen folgten
alle dem gleichen ›Eliteschulen‹-Modell. Sie boten eine qualitativ
hochwertige Bildung und Erziehung in der jeweiligen Landessprache sowie
in Russisch, Türkisch und Englisch an und wählten ihre Schüler nur aus den ›besten‹ Familien aus, deren Kinder mit hoher Sicherheit einmal zur
künftigen Elite ihres Landes gehören würden.
Die CIA stellt die ›Englischlehrer‹
Als sich die Gülen-Schulen Anfang der 1990er Jahre in den
früheren Teilrepubliken der Sowjetunion
und auch in Rußland ausbreiteten, dienten viele, wenn nicht sogar alle Schulen,
als operative Stützpunkte für CIA-Agenten, um in die betreffenden umliegenden
Regionen vorzudringen und sie zu infiltrieren. Die Gülen-Schulen, die sich in jenen
Jahren in ganz Eurasien ausgebreitet hatten, dienten Hunderten von CIA-Agenten
als Operationsbasen, die an den Schulen unter dem Deckmantel ›muttersprachliche Englischlehrer‹ angestellt waren. In der Türkei befinden sich mehr als 85.000 genutzte
Moscheen, für 350 Bürger jeweils eine Moschee - das entsprechende Verhältnis
liegt bei Krankenhäusern bei 60.000:1 - das
ist die höchste Pro-Kopf- Moschee-Zahl weltweit. Und mit 90 000 Imamen gibt es
mehr Imame als Ärzte oder Lehrer. In dieser Zahl sind die inoffiziellen
Koranschulen noch gar nicht mit eingerechnet, was die Gesamtzahl wahrscheinlich
verzehnfachen würde. Heroin, die NATO und Gülens Spinnennetze
Interessanterweise waren die CIA und die NATO gerade zu dieser
Zeit damit beschäftigt, in Afghanistan fleißig neue Heroinlabore zu errichten
und neue Transportrouten aus Afghanistan heraus über Zentralasien einzurichten.
Eine solche ›religiöse‹ Bewegung, die überall Schulen
betreibt, konnte den perfekten Deckmantel
für den Heroinhandel abgeben. Die von der CIA gesteuerte Gülen-Bewegung deckte
alle wichtigen Faktoren in diesem Netz aus Drogenhandel und Destabilisierung in
Eurasien ab. Aber dann begannen sich kurz nach dem Amtsantritt des neugewählten
amerikanischen Präsidenten George W. Bush und dessen Vizepräsidenten Dick
Cheney die Beziehungen zwischen der CIA und Prinz Turki ibn Faisals al-Qaida-Netzwerk
aus Mudschaheddin, darunter auch Osama bin Laden, dramatisch zu verändern.
Diese Entwicklung begann am 11. September 2001.
›Der Krieg
gegen den Terror‹
als Deckmantel für
einen Krieg gegen die Religion. Innerhalb weniger Stunden nach den Angriffen vom 11.
September präsentierte die amerikanische Regierung
ohne die Spur eines Beweises Osama bin Laden und seine dschihadistische
Organisation al-Qaida als die verantwortlichen Terroristen hinter dem Attentat.
Der amerikanische Präsident George W. Bush erklärte auf einer Pressekonferenz
im Weißen Haus: »Hier zeigt sich eine neue Qualität - eine neue
Qualität des Bösen....« Vielleicht
wird die Welt niemals genau erfahren, wer und was wirklich hinter den
dramatischen Ereignissen des 11. Septembers 2001 stand. Nach offizieller
Darstellung der amerikanischen Regierung war Osama bin Laden der führende Kopf
hinter diesem extrem ausgeklügelten Angriff, den er angeblich aus einer
entlegenen Höhle im afghanischen Tora-Bora heraus leitete und sich dabei 19
loyaler, fanatischer Mudschaheddin-Anhänger bediente, die nur über ein
minimales Flugtraining als Piloten verfügten. Bei 14 von ihnen handelte es sich
angeblich um saudische Staatsbürger, die lediglich mit Teppichmessern bewaffnet
waren. Dieses Narrativ wurde umso unglaubwürdiger, je mehr es von
ernstzunehmenden Fachleuten überprüft wurde. Eindeutig klar war allerdings,
dass jede dieser Gruppierungen offenbar Vorwarnungen erhalten hatte. Und jede
von ihnen - die militaristischen Kriegstreiber um Bush und Cheney, die
konservative israelische Regierung unter dem Likud-Vorsitzenden Ariel Scharon
und auch die saudische Monarchie - war offenbar vorbereitet, die Anschläge zu
nutzen, um ihre jeweiligen Interessen zu fördern.
In der Folge setzte der Krieg gegen den Terror, gegen die
Religion und gegen intelligente Wesen ein. Washington begann mit dem
Flächenbombardement Afghanistans und arbeitete auf den Sturz des
Taliban-Regimes hin, das vom eigenen amerikanischen Geheimdienst CIA, von
Mudschaheddin-Verbündeten, vom pakistanischen ISI und dem saudischen
Geheimdienst an die Macht gebracht worden war. Bemerkenswerterweise stieg der
Anbau von Opium für die Heroinherstellung im Zuge der amerikanischen Besatzung
Afghanistans und damit unter den Augen der Besatzer auf ein neues Rekordhoch.
Unter der amerikanischen Besatzung nach 2001 wurde Afghanistan zum weltweiten
Hauptlieferanten von Opium und Heroin. Im Jahre 2007 stammten laut
UN-Statistiken 92 % der nicht in pharmazeutischer Qualität hergestellten
Opiumprodukte auf dem Weltmarkt aus Afghanistan, das zugleich auch der weltweit
größte Produzent von Cannabis war, größtenteils in Form von Haschisch. Bei den
afghanischen Kriegsherren stand diese besondere Version der Demokratie
Washingtons hoch im Kurs. Im Gegenzug führte dies dazu, dass in Pakistan und
Afghanistan eine neue Generation von islamisch-dschihadistischen Terroristen
heranwuchs. Um die Wut und den Hass gegen den Westen weiter anzuheizen, begann
die ›Special Activities Division‹ der CIA mit anhaltenden Drohnenangriffen
auf Ziele in Nordwestpakistan.
Nachdem Afghanistan weitgehend zerstört und von
amerikanischen Streitkräften besetzt worden war, gerieten nun eine Person und
ein Land, die gar nichts mit Osama bin Laden zu tun hatten, unter George W.
Bush ins Visier der US-Regierung: Der Irak und sein sozialistischer Diktator
Saddam Hussein, Führer der Baath-Partei, wurden plötzlich als Teil der
sogenannten ›Achse des Bösen‹ bezeichnet. Unter dem heute längst als Lüge entlarvten
Vorwand, Saddam Hussein verfüge erwiesenermaßen über nukleare, chemische und
biologische Massenvernichtungswaffen, die direkt gegen Amerika und seine
Verbündeten gerichtet seien, zog Washington im März 2003 trotz weltweiter
Proteste gegen Saddam Hussein in den Krieg. In der Folge des Einmarsches in den
Irak halfen die amerikanischen Streitkräfte auch bei der Plünderung des
irakischen Nationalmuseums, in dem Schätze aus der mehr als 5000 Jahre
zurückreichenden Geschichte des Landes aufbewahrt wurden. Amerikanische
Kampfflugzeuge bombardierten den Schrein des Imam Ali, eines der wichtigsten
Heiligtümer des schiitischen Islams - und das, obwohl die US-Streitkräfte zuvor
zugesagt hatten, die Moschee zu verschonen. Als Folge dieses Krieges und der
Besatzung starben bis zum Jahr 2007 etwa 1.033.000 Menschen an den Folgen
dieses Konflikts. Die beiden Kriege in Afghanistan und im Irak - einschließlich
der Kosten für die Versorgung der Veteranen dieser Kriege - belaufen sich
Schätzungen zufolge, auf die nächsten 40 Jahre gerechnet, auf bis zu 6
Billionen Dollar.
Angeheuerte Attentäter
Der amerikanische Einmarsch in den Irak sowie die
anschließende Besatzung und der gegen sie gerichtete Aufstand bildeten ›die wichtigste Inspirationsquelle für
neue Netzwerke und Zellen islamischer Extremisten‹, die, wenn sie überhaupt etwas verband, dann
vor allem ihre antiwestliche Einstellung. Die Lage im Irak hat die
amerikanische Position eher verschlechtert, als zu einem möglichen Sieg im
weltweiten Kampf gegen den Terrorismus beigetragen.
Die Macht zur Unterdrückung der intelligenten
Klasse
Der neue Krieg gegen den Terror dient wie seine Vorgänger
dazu, die gesamte Menschheit zu terrorisieren. Aber für diejenigen, die die
Ereignisse auf höchster Ebene lenken, ging es nie um Religion. Es ging um
Macht, und letztlich um die Macht, die gesamte Welt zu zerstören und gebildete,
moralisch denkende Menschen und ihre Kultur und Zivilisation zu vernichten. Bei
den Personen und Gruppen, die hinter den neuen Religionskriegen zu Beginn des
21. Jahrhunderts - den neuen Kreuzzügen und dem neuen Dschihad - stehen,
handelt es sich um eine weltweite Machtelite, die ihre Macht wie nie zuvor
bedroht sieht. Ihr ›Erzfeind‹ ist die wachsende Masse gebildeter,
vernünftiger Menschen, deren Zahl nach der Amerikanischen Revolution und in
Europa insbesondere nach den Revolutionen von 1848 immer mehr angestiegen ist. Jene
Revolutionen - oder versuchten Revolutionen - jagten den damaligen
oligarchischen Eliten einen enormen Schrecken ein. Es gab nicht mehr nur die
einförmige, ungebildete und daher leicht zu manipulierende Masse. Es hatten
sich vielmehr Gruppen gewöhnlicher Menschen zusammengeschlossen, die eine
größere politische Beteiligung und mehr Demokratie forderten. Die arbeitende
Bevölkerung forderte bessere Bildungsmöglichkeiten für ihre Kinder, höhere
Löhne und einen besseren Lebensstandard. Ihnen gegenüber standen die
reaktionären Kräfte - die europäischen
Königs- und Adelshäuser und die Armee - wobei
eine im wesentlichen ungebildete Landbevölkerung von den Oligarchen als ›Kanonenfutter‹ betrachtet wurde. Gebildete und denkende Menschen in einer immer
größeren Zahl bildeten aus Sicht dieser dekadenten Eliten die größte Gefahr für
ihren Machterhalt, da ihre Macht in erheblichem Maße darauf beruhte, die große
Mehrheit der ›Untertanen‹, der ›Subjekte‹, wie man sie
noch heute mit dem englischen Begriff ›subject‹ beschreibt, in einem Zustand des
Aberglaubens, der Angst und Unwissenheit zu halten. In den Jahrhunderten von
den Kreuzzügen bis zur industriellen Resolution hatten es Tricks, Illusionen
und Manipulationen durch Aberglauben einer kleinen Machtelite ermöglicht, die
Mehrheit der Menschen zu unterjochen und sie in Dunkelheit, Unbildung und im
Wesentlichen in einem Zustand der Dumpfheit zu halten. Mit dem »Krieg gegen den
Terror« und seiner islamischen Entsprechung, dem weltweiten Dschihad, zielen
diese Kreise darauf ab, die hochentwickelte Kultur und Zivilgesellschaff
denkender Menschen zu zerstören und die Menschheit wieder auf den Stand der
dunklen Zeiten der Vergangenheit oder schlimmer noch eines »Planeten der Affen«
hinunterzudrücken.
Drastische Maßnahmen
Die von Bush und Cheney geführten Kriege gegen
Afghanistan und den Irak nach den Anschlägen vom 11. September 2001 waren in
jeder Hinsicht ein Fehler. Die ungeheuren Kosten dieser Kriege wurden dem
amerikanischen Steuerzahler und indirekt Ländern mit einem Handelsüberschuß wie
China und Rußland aufgebürdet. Im
September 2008 war einflußreichen Kreisen in Washington und an der Wall Street
klar geworden, dass die Tage der USA als alleinige Supermacht bald endgültig zu
Ende wären, wenn nicht drastische Maßnahmen ergriffen würden. Um das
weltpolitische Machtgefüge wieder zu ihren Gunsten zu beeinflussen, waren
rigorose und weitreichende Schritte erforderlich. Die Strategie sah vor,
Revolutionen in der islamischen Welt zu schüren, die später unter der
Bezeichnung ›Arabischer Frühling‹ bekannt werden sollten, und dadurch
die Erdöl- und Energieversorgung Chinas und Rußlands auf jeweils unterschiedliche
Weise zu gefährden. Die Leute, die diese Pläne entwarfen, hielten sich
eindeutig für sehr clever und raffiniert. Aber das waren sie nicht.
Konsequenzen der Dummheit
Die Demonstrationen und Proteste in Tunesien im Dezember
2010 setzten eben diese in den meisten Medien als ›Arabischer Frühling‹ bezeichnete Entwicklung in Gang. Bei
dem, was sich ereignete, nachdem man 2010 diese ›Revolutionen‹ losgetreten
hatte, handelte es sich um die unbeabsichtigten Konsequenzen einer Politik, die
in ihrer Komplexität von den kaum anders als dummdreist zu bezeichnenden Köpfen
in Washington und in der NATO nicht durchdacht worden war. Diese Dummheit war
der sogenannte Arabische Frühling, dessen Folgen die Menschheit in die
Bestialität geführt haben, und das in einer Intensität, die noch
jahrzehntelang, wenn nicht sogar jahrhundertelang, nachwirken kann. Die amerikanische Rüstungsindustrie und ihre
neokonservativen Fürsprecher in der Regierung waren ihrerseits überzeugt, dass es
ihnen wiederum gelingen würde, den politischen Islam als Waffe zu benutzen. Dieses Mal
allerdings ging es um die Kontrolle der gesamten Welt, die sie durch die
Einkreisung Chinas und Rußlands in Form von aktiven islamistischen Aufständen
herbeiführen wollten. Die im Verborgenen arbeitende Muslimbruderschaft
sah nun ihre Chance gekommen, endlich ihren weltweiten Dschihad zu
verwirklichen. Mit voller Rückendeckung aus dem Weißen Haus Obamas und dem
amerikanischen Außenministerium unter Hillary Clinton begann sie in Tunesien,
setzte ihre Revolution in Ägypten fort und verbreitete diese dann über den
gesamten arabischen Nahmittelosten. Ein Bericht eines ägyptischen Bürgers über
die Folgen der Regierung der Muslimbruderschaft ist bezeichnend: Sie haben
bisher 80 Kirchen in Brand gesteckt. Sie ermorden Christen und nehmen ihnen
ihre Geschäfte weg. Sie töten Polizisten und Armeeoffiziere und verstümmeln die
Offiziere und Soldaten, bevor sie sie aufschlitzen und die Leichen auf die
Straßen schleppen. Sie lynchen Kadetten, die Urlaub haben. Sie legen sie auf
den Boden, binden ihnen die Hände hinter dem Rücken zusammen und schießen ihnen
dann aus einer Entfernung von 20 Zentimetern in den Hinterkopf. Sie werfen
Kinder von Hausdächern. Sie benutzen Waisenkinder im Alter von fünf und sechs
Jahren als menschliche Schutzschilde. Sie rauben Banken und Einkaufszentren aus
und töten die dort Beschäftigten. Sie legen in Regierungsgebäuden überall in
Ägypten Bomben. Sie halten Löschfahrzeuge der Feuerwehr an und hindern sie
daran, Brände zu löschen, die sie selbst gelegt haben. Sie dringen in
Universitäten ein und versuchen, die Lehrveranstaltungen und Prüfungen zu
stören. Sie verprügeln Professoren und Lehrer.
Als die Gewalt im Namen Allahs immer weiter eskalierte
und sich wie ein Buschfeuer im ganzen Land ausbreitete, wurden auch Kinder, die
dem ›falschen Glauben‹ angehörten und die man daher als ›Ungläubige‹ ansah, enthauptet. Frauen
wurden massenweise auf brutalste Weise vergewaltigt und dann ermordet - alles
im Namen des Dschihad. Die Dschihadisten nahmen ihren Glauben sehr ernst, zumindest
wenn es um das Töten anderer Menschen ging. Hasan al-Banna, der Gründer und erster
geistlicher Führer der Muslimbruderschaft, hat ihre Glaubensgrundsätze wie
folgt dargelegt: »Allah ist unser Ziel; der Prophet ist unser Führer; der Koran
unser Gesetz; der Dschihad unser Weg. Das Sterben im Dienste Allahs ist unser
brennendster Wunsch. Allah ist groß, Allah ist groß«.
Ein weltweiter Dschihad wird entfacht
In den ersten Tagen der Präsidentschaft Barack Obamas
trafen die westlichen Geheimdienste, die den politischen Islam seit dem
Afghanistan-Krieg in den 1980er Jahren als Waffe eingesetzt hatten, die
Entscheidung, den Einsatz des islamischen Terrorismus oder Dschihads massiv
auszuweiten und die gesamte islamische Welt in einem Krisenbogen, der sich von
Afghanistan über Ägypten und Libyen bis nach Marokko erstreckte, in Brand zu
stecken. Auf diese Weise wollte man die sich herausbildenden wirtschaftlichen
und politischen Bindungen zwischen Rußland, China, dem Iran und den Ländern
Zentralasiens destabilisieren.
Revolutionen nach Schablone
Um die Schlüsselrolle der amerikanischen Regierung in
einem Teil der Welt zu vertuschen, in dem man ihr nach den verheerenden Kriegen
im Irak und in Afghanistan zutiefst mißtraute, wurden in jedem dieser Fälle von
den USA finanzierte Nichtregierungsorganisationen, u.a. auch die
Open-Society-Stiftungen von George Soros eingesetzt, um nützliche
Oppositionsgruppen und insbesondere religiöse Gruppierungen zu finden, um
dadurch die Spannungen im Zielland zu schüren. Kopiert oder von gleicher ›Mutter‹ geboren?
Bei den von Washington unterstützten und geförderten
Protesten und Aufständen des ›Arabischen
Frühlings‹ wurden Berichten zufolge
auch verdeckte CIA-Söldnerscharfschützen eingesetzt, um den Zorn der
Bevölkerung gegen ihre Regierung anzuheizen, indem unschuldige Menschen zu
Märtyrern gemacht wurden und die Schuld für die Morde dem Regime in die Schuhe
geschoben wurde. Am 17. Februar 2011 brachen erste Proteste gegen den libyschen
Machthaber Muammar al-Gaddafi aus und entwickelten sich zu einem Bürgerkrieg,
in dem die Luftangriffe der NATO letztlich zum Sturz Gaddafis führten, das Land
selbst aber dem Chaos ausgeliefert wurde. In Syrien herrschen nun schon seit drei Jahren Terror und Chaos, maßgeblich von
den USA, Saudi-Arabien, Frankreich und Katar finanziert. Sie alle fordern zwar
den Sturz des Präsidenten Baschar al-Assad, sind aber in der Frage
seiner Nachfolge hoffnungslos zerstritten. Auch im Jemen, in Bahrain und in
Algerien kam es zu größeren Protesten. Bis zum Dezember 2013 wurden Machthaber in
folgenden Ländern gestürzt: In Tunesien, Ägypten (gleich zweimal: Husni Mubarak
2011 und der Muslimbruder Mohammed Mursi 2013), in Libyen und im Jemen. In
Algerien, dem Irak, Jordanien, Kuwait, Marokko und dem Sudan brachen größere
Unruhen aus, und in Mauretanien, Oman, Saudi-Arabien, Dschibuti, der Westsahara
und den Palästinensergebieten kam es zu kleineren Protesten.
Washingtons ›Arabischer Frühling‹ war ein verheerender Fehlschlag. In
jedem betroffenen Land erwies er sich als verheerende Katastrophe. Syrien ist
ein einziges Schlachtfeld und fast völlig zerstört. Washington wurde in aller Welt beschimpft und verlacht.
Die Europäische Union erwies sich als unfähig und rutschte zunehmend in die Bedeutungslosigkeit
ab. Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate schlossen sich
gegen das benachbarte Katar zusammen, dem sie eine anhaltende Unterstützung der
Muslimbruderschaft in Syrien und an anderen Orten vorwerfen. Washington machte
sich in der arabischen Welt immer mehr zum Gespött und zu einem Symbol des
imperialistischen Untergangs. Die Außenpolitik der alleinigen Supermacht, der
USA, liegt seit den ersten Monaten 2014 völlig in Scherben. Die tödlichen,
unbeabsichtigten Folgen der Politik nicht sehr intelligenter Köpfe - in
Washington, Tel Aviv, Riad, Damaskus, Ankara, Brüssel und anderswo - haben die
Welt im Frühjahr 2014 an den Rand eines weltweiten Flächenbrandes gebracht.
Grund dafür ist ihre Unfähigkeit, die tiefere Bedeutung der Beziehungen zu
erkennen, die sie mit ihrer Politik, den politischen Islam als Waffe
einzusetzen, zerstört haben.
Wegen bevorstehender Ermittlungen des Internationalen
Strafgerichtshof gegen US-Militärs wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen, u.a. in
Afghanistan, verschärft die USA ihren Konfrontationskurs gegen den
Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Denn für diese bereits seit
Jahrhunderten anhaltenden militärischen Übergriffe haben sich die Vereinigten
Staaten bereits vorsorglich einen Freipaß erstellt: kein US-Soldat sollte je für etwaige
Verfehlungen im Rahmen dieser Einsätze angeklagt werden können. Der Nationale
Sicherheitsberater im Weißen Haus, John Bolton, drohte sogar mit
Einreiseverboten und Finanzsanktionen gegen Richter und Staatsanwälte des
Gerichts, sollten diese gegen Staatsbürger der USA, Israels oder anderer
verbündeter Staaten vorgehen. Die Vereinigten Staaten seien ferner bereit,
Richter und Staatsanwälte des IStGH durch die US-Strafjustizbehörden verfolgen zu
lassen. Das Gleiche gelte für jedes Unternehmen oder jeden Staat, der den
Gerichtshof bei derartigen Verfolgungen unterstützt.«
Engdahls Buch ist im Kopp-Verlag erschienen und trägt die
ISBN-Nr. 978-3-86445-124-9.
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