EU-Angriff auf die kantonale Steuerhoheit - Die SVP kontert

Brüssel setzt seine Sticheleien und offenen Angriffe auf die den Steuerwettbewerb begünstigende und damit die (von der EU offensichtlich angestrebte) Maximalbesteuerung erschwerende kantonale Steuerhoheit mit verstärkten Anstrengungen fort. Obwohl die kantonale Steuerhoheit in der Schweiz seit Jahrzehnten verfassungsrechtlich abgestützt ist.

Brüssel flüchtet sich zur Begründung dieser Kampagne in eine plötzliche Neuauslegung des Freihandelsvertrags zwischen der Schweiz und der EU, der seit 1972, also seit mehr als 34 Jahren die gegenseitigen Handelsbeziehungen bezüglich Industrieprodukten zu beiderseitiger Zufriedenheit regelt. Mittels einer Fraktions-Interpellation, die im Nationalrat durch Nationalrat Ulrich Schlüer vertreten wird, startet die SVP die Gegenoffensive gegen dieses haltlose, vertragswidrige Ansinnen der EU.
 
Die entsprechende Interpellation hat den folgenden Wortlaut: Fragwürdige Auslegung des
Freihandelsabkommens Schweiz - EU
Am 11. Dezember 2005 stimmten die Stimmbürger des Kantons Obwalden mit 86 % einem neuen Steuergesetz zu, welches Anfang Januar 2006 in Kraft getreten ist. Damit folgt der Kanton Obwalden anderen Kantonen wie Schwyz, Zug oder Schaffhausen, welche ebenfalls degressive Steuergesetze kennen. An diesen Steuersystemen einzelner Kantone stört sich offenbar die EU. Sie wertet diese als staatliche Beihilfen zur Umgehung des Freihandelsabkommens. In diesem Sinne hat auch der deutsche Botschafter in Bern die Schweiz kritisiert. Die Auseinandersetzung werde von der EU als technisches Problem angesehen. Nachdem sich der Sonderausschuss an seiner Sondersitzung nach wie vor uneins getrennt hat, erhält die Überweisung der Angelegenheit an die EU-Kommission nun aber eine politische Komponente: Die Kommission bereitet einen formellen Beschluss vor, wonach unsere kantonalen Steuergesetze das Freihandelsabkommen verletzen. Vor diesem Hintergrund wird der Bundesrat gebeten, folgende Fragen zu beantworten:
 
1. Wie hat der Bundesrat gegen die Drohungen des deutschen Botschafters Andreas von Stechow in der Sonntagspresse reagiert?
2. Was gedenkt der Bundesrat in dieser Angelegenheit weiter zu unternehmen?
3. Wie beurteilt der Bundesrat die Möglichkeit, dass die EU-Kommission Sanktionen gegenüber der Schweiz ergreifen wird? Wie würde er in einem solchen Falle reagieren?
4. Ist der Bundesrat gewillt, in dieser Sache hart zu bleiben und die Souveränität der Kantone und das Prinzip des Föderalismus zu schützen?
Sprecher: U. Schlüer
Der Termin für die Behandlung dieser Interpellation ist noch nicht bestimmt. Gemäss der im Ratsreglement festgehaltenen Fristenregelung muss die bundesrätliche Antwort aber demnächst erfolgen.
 
Von Schweizerzeit-Post vom 2. 6. 2006 zur Weiterverbreitung übermittelt
 
Als Ergänzung zu dieser Mitteilung fügen wir einige die EU betreffende aufschlussreiche Fakten an, die Hans-Peter Martin und Harald Schumann * bereits zu Beginn der 90er Jahre bekanntgemacht haben und an denen sich kaum etwas geändert haben dürfte. Hieraus ist  ersichtlich, dass es Firmen in der EU durchaus möglich ist, Steuern zu minimieren. Es fällt auf, dass Brüssel offensichtlich davon absieht, dies als ‚staatliche Beihilfen’ zu werten, wie man das der Schweiz anlasten möchte. So wie Luxemburg über Jahre hinweg grosse Vermögen dem Fiskus entzogen hat, so verkörpert die Republik Irland innerhalb der alles gleichmachenden EU einen Steuerfluchtort für fast 500 transnationale Unternehmen, deren Kleinfilialen ihre Finanzgeschäfte über ein Büro in den „Dublin Docks“ laufen lassen können. Dort zahlten sie schon vor Jahren von jeder ‚Zinsmark’ die formal über eine solche Niederlassung in Irland verdient wird, nur 10 ‚Pfennige’ an die irische  Staatskasse, was natürlich heute auf der Basis des Euros erfolgt. Neben Mitsubishi und Chase Manhattan finden sich dort deutsche Grossbanken und Versicherungen. Seit 1990 besteht in Belgien für Unternehmen, die in mindestens vier Ländern tätig sind, die Möglichkeit, sogenannte ‚Coordination Centres’ einzurichten, wo diese alle Arten von Dienstleistungen und vor allem ihre Finanzgeschäfte zentralisieren können, dabei aber nicht die erzielten Gewinne versteuern, sondern nur einen kleinen Teil ihrer örtlichen Betriebsausgaben. Die Liste der davon Profitierenden reicht von den Ölmultis Exxon und Mobil über Continental bis zu Opel, Volkswagen, Daimler und BMW. Auch sonst  gibt es in der EU genügend Sonderabkommen, die Firmen riesige Steuereinsparungen bringen. So hat sich zum Beispiel General Motors in Polen eine totale Steuerfreiheit ausgehandelt, die, von 1996 an gerechnet, über zehn Jahre läuft. Es ist klar, dass beim Wegfall dieser Steuern der kleine Bürger bis ins Mark ausgehöhlt werden muss. Davon ist in den Medien nie die Rede. Kein Wort davon, dass unter diesen Umständen die Steuerhoheit, ein Kernbereich der nationalen Souveränität, verlorengeht. Es mag hier jeder seine eigenen Überlegungen anstellen, inwieweit die Wirtschaft und die Bankenwelt die Politiker der EU in der Hand haben, um derartige Gesetzgebungen zu ermöglichen. Es ist ferner völlig unverständlich, dass diese Fakten im Unternehmenssteuerstreit Schweiz - EU offenbar keine Erwähnung finden.
 
* Hans-Peter Martin, Harald Schumann  ‚Die Globalisierungsfalle’  rororo nr. 60450 
ISBN Nr.  3-499-60450-7