Weissagungen - Von Doris Auerbach

Wie der Evangelikale Pat Robertson seinen Mitbürgern am 3. 1. 07 in seiner Sendung »The 700 Club« des Christian Broadcasting Networks am Fernsehen verkündete 1, liess Gott ihn wissen, dass gegen Ende des Jahres 2007 ein terroristischer Angriff auf die Vereinigten Staaten stattfände, der eine Massentötung zur Folge hätte. Dieser brauche jedoch nicht notwendigerweise nuklearer Natur zu sein. Gott sagte nicht »nuklear«, ich glaube aber fest, dass es etwas Derartiges sein wird. Robertson erklärte, dass Gott über die bevorstehende Tragödie zu ihm gesprochen habe, als er sich vor kurzem völlig zurückgezogen hatte, um zu beten. Gott hätte auch gesagt, dass die grossen Städte und möglicherweise Millionen von Menschen durch den Angriff, der zu einem nach dem September liegenden Zeitpunkt einträte, in Mitleidenschaft gezogen würden. Liest man das auf politonline vorgestellte Buch von Wolfgang Eggert, Erst Manhattan - Dann Berlin, das unter anderem die Umsetzung biblischer Voraussagen zum Thema hat, dann kommt man an der Frage nicht vorbei, ob hier hinter den Kulissen erneut vorausgeplant wird. Dass - wie dies Theodore Roosevelt zu Beginn des letzten Jahrhunderts einmal aussprach - in der Politik nichts zufällig geschieht - ist inzwischen zumindest hinsichtlich der von der anglo-amerikanischen Ölmacht inszenierten Infernos in Afghanistan und dem Irak klar zutage getreten. Auch der Krieg im Südlibanon war sorgfältig vorausgeplant, was sich nicht verheimlichen liess. Allein von daher gesehen ist es unbegreiflich, dass gegen eine derartige, den nackten Terror ankündigende Prophezeiung nicht sofort eingeschritten wird, was man eigentlich erwarten sollte, nachdem inzwischen 42 Prozent der Amerikaner die offizielle, von der Administration Bush präsentierte Version des 11. 9. - um das Mindeste zu sagen - anzweifeln. Im übrigen hatte sich Robertson im Januar 2006 auch damit "hervorgetan", dass er meinte, Gott habe Ariel Sharon dafür, dass er von den Israelis kontrolliertes Land an die Palästinenser abgetreten hatte, mit einem Schlaganfall bestraft. Wenn sich Drohungen dieser Art über die Öffentlichkeit ergiessen können, fragt man sich, wie es um das Bildungsniveau der US-Bevölkerung bestellt sein muss. Andererseits ist nicht unbedingt auszuschliessen, dass Washington solche »Vorbereitungen« womöglich höchst willkommen sind, ist man dort doch unvermindert dabei, die intensive propagandistische Kampagne für den Krieg gegen den Iran anzuheizen, vermutlich getreu dem mittlerweile etablierten Modus, zuvor die erforderliche Krise zu schaffen.

»Die tödlichste Bombe im Irak wird im Iran hergestellt« war ein Titel in der New York Times vom 10. 2. 07. Wie die Wirklichkeit auch hier aussieht, liest man am besten in dem Bericht »For Neocons, an Attack on Iran Has Been a Six-Year Project« vom 12. 2. 07 2, dem die nachfolgenden Ausführungen entnommen sind. Die Steigerung der Kriegsrhetorik des Weissen Hauses und der Neokonservativen gegen den Iran ist lediglich der letzte Abschnitt eines langfristigen Plans für einen weiteren präemptiven Schlag und stellt nichts anderes als den jüngsten Schachzug in einer innerhalb der Bush-Administration bereits seit sechs Jahren bestehenden Militärplanung zum Angriff des Landes dar. Der Iran wurde zwar 2002 von Bush als Teil der ‚Achse des Bösen’ bezeichnet, aber die eigentlichen Bemühungen, eine Konfrontation auszulösen, reichen in eine Zeit zurück, die lange vor dem 11. 9. und dem seither geführten Kampf gegen den Terror liegt. Neben der Hypothese, dass der Iran auf den Aufstand im Irak Einfluss nehme, wird jetzt erneut die Behauptung vorgebracht, das Land sei dem Ziel des Baus nuklearer Waffen wesentlich näher gekommen als angenommen [was selbst CIA-Analysen völlig widerspricht]. Eigentliche Anstrengungen zur Destabilisierung des Irans werden seit Jahren mittels verdeckter Operationen durchgeführt. Der Anstoss zu einem Angriff wurde bereits 1992 ausgearbeitet. Die als geheim eingestufte Richtlinie zur Verteidigungsplanung wurde von dem derzeit unter Anklage stehenden I. Lewis ‚Scooter’ Libby, Paul Wolfowitz und Zalmay Khalilzad - ein Mitglied des Council on Foreign Relations, der auch schon als »Sondergesandter für islamischen Terror» bezeichnet wurde - für den damaligen Verteidigungsminister Dick Cheney erstellt. Alle drei gehörten zu jener Zeit dem Pentagon an. Sie stellte die Forderung auf, die USA hätte die Position einer einzigen Supermacht einzunehmen und präemptiv zu handeln, um zu verhindern, dass ihr eine Konkurrenz erwüchse. Der Entwurf dieses Dokuments gelangte an die New York Times und die Washington Post und verursachte einen Aufruhr unter den Demokraten und vielen Mitgliedern der Administration von George H. W. Bush. Dass moralische Gesichtspunkte bei Ernennungen nicht die geringste Rolle spielen, erkennt man erneut daran, dass Wolfowitz, einer der Hauptarchitekten des Irakkriegs, heute Leiter der Weltbank ist. Was Khalilzad betrifft, so war er für die Mobilisierung, Führung, Finanzierung und Koordinierung sowie die mediale Unterstützung von islamischen Terroristen verantwortlich, als diese Afghanistan und Bosnien verwüsteten.
 
Die neokonservative Organisation »Project for the New American Century» (PNAC), die für eine verstärkte Militarisierung der Vereinigten Staaten eintritt, gab im September 2002 einen Bericht mit dem Titel »Rebuilding America's Defenses« heraus, der ähnliche Standpunkte wie die in der obengenannten Richtlinie dargelegten vertritt und der in der Folge zur Basis der Aussenpolitik der Bush-Cheney-Administration wurde. Auch Libby and Wolfowitz gehörten zu denjenigen, die daran mitgearbeitet hatten; sowohl Cheney als auch Donald Rumsfeld waren  PNAC Mitglieder. Die USA, hiess es in dem Bericht, hat seit Jahrzehnten versucht, eine bedeutendere Rolle bei der Sicherung der Golfregion zu spielen. »Während eine solche durch den ungelösten Konflikt mit dem Irak eine unmittelbare Rechtfertigung erhält, geht die Notwendigkeit einer starken amerikanischen Präsenz im Golf über das Problem [des inzwischen auf brutalste Weise beseitigten] Regimes von Saddam Hussein hinaus. [..…] Wir können es weder Nordkorea, noch dem Iran, dem Irak oder ähnlichen Staaten erlauben, die Führung der USA zu unterminieren, die Alliierten Amerikas einzuschüchtern oder unser eigenes Land  zu bedrohen.« Wie die Gedankengänge der innerhalb Washingtons agierenden Politiker und der mit diesen paktierenden NATO-Spitzen beschaffen sein müssen, dürfte jedem noch normal denkenden Menschen ein Buch mit sieben Siegeln bleiben, ist doch die USA seit Kriegsende 1945 immer wieder damit befasst, fremde Länder zu destabilisieren, zu bekriegen und notfalls zu zerstören. Man muss schon speziell geschult sein, um auszublenden, dass dieses Vorgehen eine der hauptsächlichsten Quellen des Terrors auf diesem Globus ist. Die von Larisa Alexandrovna aufgezeigte Einstellung ist inzwischen offizielle Militärpolitik der Administration Bush, was durch die Entsendung eines zweiten US-Flugzeugträgers [der, gilt es hier einzufügen, für Luftüberfälle und Raketenangriffe auf das iranische Festland bereit steht] in den Persischen Golf am 22. 1. 07 überaus deutlich wurde. »Der Mittlere Osten«, so Nicholas Burns, »ist keine Region, die vom Iran dominiert werden darf. Der Golf ist kein vom Iran zu kontrollierendes Gewässer. Deswegen hat die USA zwei carrier battle groups - zwei Trägerschlachtgruppen - in der Region stationiert.« 
 
Ein Artikel in The Forward - A budding coalition of conservative hawks, Jewish organizations and Iranian monarchists is pressing the White House to step up American efforts to bring about regime change in Iran - berichtete bereits im Mai 2003 darüber, dass eine angehende Koalition konservativer Falken, jüdischer Organisationen und iranischer Monarchisten das Weisse Haus dazu drängten, die amerikanischen Bemühungen, einen Regimewechsel im Iran herbeizuführen, zu verstärken. Infolge dieses sich steigernden Drucks innerhalb der USA bemühte sich der Iran im Mai 2003 darum, sich mittels friedlicher Verhandlungen mit der USA zu einigen. Diese wurden von Vizepräsident Cheney sabotiert. Im Herbst 2004 war dann der Druck, die Konfrontation mit dem Iran in Gang zu bringen, erneut aufgebaut worden, wobei Bush die Fox News wissen liess, dass die USA dem Iran niemals erlauben würde, in den Besitz von Nuklearwaffen zu gelangen. Zu diesem Zeitpunkt war das Pentagon angewiesen worden, bis Juni 2005 eine realisierbare militärische Option für den Iran bereitzuhalten; im März 2006 errichtete das Aussenministerium ein Büro für iranische Angelegenheiten, während das Pentagon ein sogenanntes iranisches Direktorium  gründete, das sehr viel Gemeinsamkeiten mit dem früheren »Office of Iranian Affairs Plans» hatte. Laut Seymour Hersh begann zu dieser Zeit die Durchführung weiterer geheimer US-Operationen, die auch von Gruppen kurdischer und anderer Minoritäten ausgeführt wurden, als Vorbereitung für einen möglichen Luftangriff auf den Iran. Die Autorin schliesst mit den Worten: Die Administration Bush scheint zu dem Entschluss gekommen zu sein, dass der Iran so lange schuldig ist, bis das Gegenteil erwiesen ist; sie fährt damit fort, zu behaupten, dass der Persische Golf den Amerikanern gehört - und nicht den Persern - womit sie die Bühne für einen möglichen militärischen Angriff bereitet.  
 
Leider erhebt sich nirgendwo eine unüberhörbare Stimme, die die Mahnung ausspräche, dass zwei Infernos und ein zerstörter Südlibanon, der allein 7,621 Milliarden US-$ an Steuergeldern auffrisst, endgültig genug seien. Im Gegenteil, man ist offenbar unverändert von Krieg, Beutezügen auf die Ressourcen und der Unterwerfung fremder Länder besessen. Trotzdem fällt es der Mehrheit unserer Volksvertreter auch jetzt noch nicht auf, wie die unablässig proklamierten demokratischen Werte - die man nur noch als vorgespielt betrachten kann - im Strudel der für meine Begriffe wahnhaften Politik der USA in den Abgrund gerissen werden. Unter diesen Umständen überrascht es auch nicht, wenn sich Angela Merkel auf der Sicherheitskonferenz in München wie folgt äussert: »Wir alle sind entschlossen, die Bedrohung durch ein militärisches Nuklearprogramm des Irans zu verhindern«, obwohl sie wissen muss, dass der Iran, selbst wenn er ein solches effektiv und ohne dies zuzugeben anstrebte, noch Jahre von dessen Verwirklichung entfernt ist, womit die Einkreisung dieses Landes mittels Drohungen jeglicher Rechtfertigung entbehrt. Insgesamt ist ersichtlich, dass Behauptungen inzwischen einfach so aufgestellt werden, offensichtlich ohne die Überlegung, wie diese von den Bürgern aufgenommen werden. So scheute sich der deutsche Verteidigungsminister Jung seinerseits nicht, zu erklären, dass die BRD durch den für Afghanistan geplanten Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen nicht in den Krieg verwickelt werde, was ihm sicherlich niemand abnimmt; diese Sicht ist inzwischen auch öffentlich widerlegt, indem der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat klarstellte, dass die Ergebnisse der Aufklärung aus der Luft eine Grundlage für konkrete Einsatzentscheidungen und damit auch im Zusammenhang mit Kampfhandlungen zu sehen seien. Die Tornado-Mission kostet den deutschen Steuerzahler pro Halbjahr 35 Millionen €. Daneben sind aber auch für die Internationale Gemeinschaft bereits neue Leistungen vorprogrammiert. Bei einem informellen Treffen der Verteidigungsminister in Sevilla erging von Nato-Generalsekretär de Hoop Scheffer die Aufforderung, weitere Truppen-Beiträge für den Einsatz in Afghanistan zu leisten. Die Internationale Gemeinschaft werde in diesem Jahr ihre Unterstützung für die afghanische Bevölkerung erhöhen, sagte de Hoop Scheffer. Es werde mehr Geld für Wiederaufbau und Entwicklung geben, mehr Geld und Personal für die Ausbildung von Regierungsbeamten und mehr Unterstützung bei der Ausrüstung der afghanischen Armee und der Polizei. Wie grosszügig: was immer während der mörderischen Einsätze aufs neue zerbombt wird - wir bezahlen es. Der deutsche Aussenminister Steinmeier hat jetzt nach Gesprächen mit seinem pakistanischen Amtskollegen EU-Massnahmen in dem heftig umkämpften Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan angekündigt. Man - genauer: wir ! - werde hohe Millionenbeträge bereitstellen, um die Grenze zwischen den beiden Staaten undurchdringlich zu machen: den afghanischen Aufständischen soll die Möglichkeit zum Rückzug genommen werden, Im Dezember hatte die EU von Pakistan verlangt, die mehrere tausend Kilometer lange Grenze zuverlässig zu schliessen. Ankündigungen aus Islamabad, dies sei allenfalls mit der vollständigen Verminung des Grenzgürtels zu erreichen, stiessen im Westen dann glücklicherweise doch auf empörten Protest. Die jetzt angekündigten Finanzhilfen setzen in der pakistanischen Hauptstadt Mittel frei, mit denen die hochtechnologisierte Überwachung der Grenze bezahlt werden soll. Sicherheitsfirmen aus Europa stehen für die zu erwartenden Aufträge und damit für die Rückübertragung der EU-Millionen bereit. Für die kostspielige Ausstattung von Grenzanlagen bekannt sind deutsche Firmen wie Siemens und Bosch. Die deutsche Bundesagentur für Aussenwirtschaft (bfai) empfiehlt übrigens deutschen Firmen den Einstieg in den lukrativen, von der EU und der UNO finanzierten Markt für repressive Grenztechnologie. Was der Krieg doch an neuen Pfründen auftut; das Mitgefühl mit den  zermalmten Afghanen scheint ohnedies schon längst gestorben zu sein. Seit Frühjahr 2005 werden in Garmisch Offiziere aus Afghanistan und aus Pakistan in zweiwöchigen Kursen für Massnahmen zur Grenzsicherung geschult. Angesichts solcher Schritte und der militärischen Übermacht der Besatzer werden die Kämpfe, die man nur noch als sukzessives Abschlachten des Gegners bezeichnen kann, unvermindert weitergehen. Den wiederkehrenden Massakern fallen so tausende von »mutmasslichen« Terroristen und zahlreiche Zivilisten zum Opfer, womit das Ausbluten Afghanistans seinen Fortgang nimmt. Die Schuld, die wir uns dadurch schon ganz zu Anfang dieses so jubelnd begrüssten neuen Jahrhunderts aufladen, ist grauenvoll.
 
Von höchstem Zynismus ist für mich auch eine Äusserung des Verteidigungsministers Jung: »Es komme vor allem darauf an, Sicherheit und Wiederaufbau zu verzahnen und die Herzen der afghanischen Bevölkerung zu gewinnen«, wobei ihm sicherlich klar ist, dass die brutale Kriegsführung der westlichen Kampftruppen inzwischen selbst die abhängige Regierung in Kabul gegen diese aufbringt. Hunderte von Toten bei den Kämpfen seien nicht akzeptabel, erklärte der einheimische Besatzungspremier Hamid Karzai. Derart sinnwidrige Behauptungen fügen sich allerdings lückenlos in unsere ohnedies verlogene Politikfassade ein, was man auch als Zeichen dafür werten kann, dass man uns als zunehmend wehrlos, wenn nicht sogar als dumm betrachtet, gleich, ob es sich um uns als ‚Zahlstelle’ oder um die unter der Zerstörung zugrunde gehende Bevölkerung Afghanistans resp. des Irans dreht.
 
1 http://www.informationliberation.com/?id=19206   3. 1. 2007
Pat Robertson: God told me of 'mass killing' in 2007
Aufschlussreiche Artikel zu Pat Robertson auf politonline:
Eine neue Pro-Israel-Lobby für die USA? »Christliche Zionisten« wollen beweisen, daß allein Juden über das Land zwischen Mittelmeer und Jordan herrschen sollen - von Knut Mellenthin Schützenhilfe! Notizen von politonline.ch
2 http://www.alternet.org/  12. 2. 07
For Neocons, an Attack on Iran Has Been a Six-Year Project¸ By Larisa Alexandrovna, Raw Story. Posted February 12, 2007.