Staatsmonopole versus Privatwirtschaft - von Johanna Haidvogl-Werder, Gelterkinden

Die Infrastruktur darf nicht der Spekulation ausgesetzt werden. Darunter ist folgendes zu verstehen: Wasserversorgung mit sauberem Wasser sowie der Unterhalt der Leitungen und der Betrieb und Unterhalt von Kläranlagen. Verkehrswege: Öffentlicher Verkehr und Strassen und deren Unterhalt; sie müssen sich ergänzen; öffentliche Verkehrsmittel, die kaum benützt werden, können jedoch nicht ohne weiteres der Allgemeinheit angelastet werden. Energieversorgung: Die öffentliche Hand ist für eine ausreichende Energieversorgung verantwortlich und zwar für Private und die Wirtschaft. Das ist vor allem bei internationalen politischen Problemen wichtig. Kommunikation: Post, Telefon, Fax, elektronischer Verkehr (e-mail, Internet). Medizinische Versorgung sowie präventive Massnahmen müssen sichergestellt werden, vor allem in Bezug auf Seuchen (Impfstoffe, Medikamente, Pflegestationen). Grundnahrungsmittelversorgung: Getreide, Gemüse, Milch resp. Milchprodukte.

Nur wenn diese Ausrüstung eines Landes gewährleistet ist, kann die Wirtschaft funktionieren und die Bevölkerung in Bezug auf die wichtigsten Bedürfnisse geordnet versorgt werden. Dabei kann der Staat durchaus Aufgaben an die Wirtschaft delegieren. Die Frage ist nur, wie die Wirtschaft gestaltet sein muss. Ich bin schon für die freie Marktwirtschaft, aber auch hier stellt sich eine Frage: ob es diese noch gibt. Die Wirtschaft hat den Menschen zu dienen und nicht die Menschen der Wirtschaft. Das heisst nicht, dass alle gleich profitieren müssen. So wie es leistungsfähigere Menschen gibt und eben auch andere, kann man auch den Profit nicht gleich verteilen. Herr Joe Ackermann sagt ganz richtig: »Wer mehr leistet, soll auch mehr bekommen. « Dies muss man aber differenziert betrachten. Wenn ein Manager eine Firma erfolgreich führt, ist das nicht allein sein Verdienst, sondern der Erfolg entsteht aus der Summe der Leistungen der Mitarbeiter, die er führt. Es braucht nicht nur einen guten Kopf, sondern auch gute Hände und Füsse mit allem Drum und Dran. Diese müssen auch ausreichend versorgt werden, um sie weiterhin bei der Stange halten zu können. Daraus ist zu folgern, dass dem Kopf niemand eine besondere Gegenleistung vergönnt, dennoch müssen alle Organe eines Betriebes vom Erfolg profitieren können.
 
Wenn ich diese Gedanken weiterspinne, komme ich zu dem Schluss, dass jeder Betrieb nicht nur all seinen Angestellten gegenüber verantwortlich ist, sondern der ganzen Gesellschaft, inklusive Umwelt. Darum spricht man ja auch von Volkswirtschaft. Schiller lässt den Willhelm Tell auch sagen: »Ein jeder wird besteuert nach Vermögen«, was nichts anderes heisst, als dass ein jeder verpflichtet ist, das zu leisten, was er entsprechend seinen geistigen und physischen Kräften vermag. Würden Wirtschaft und Politik so miteinander harmonieren, wäre es wirklich egal, ob die Infrastruktur vom Staat oder von Privaten aufgebaut und betrieben wird. Wenn sich aber - wie dies in den letzten Jahren Mode geworden ist - die Wirtschaft nur noch an Gewinnoptimierung orientiert und sich nicht mehr um das Gemeinwohl kümmert, dann kann man nicht mehr von freier Markwirtschaft sprechen, sondern von Raubwirtschaft. Die Wirtschaft muss die Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen, aber nicht dauernd neue erfinden und sie den Leuten aufschwatzen, egal ob sie hilfreich oder gar schädlich sind. Ein anderes Beispiel wäre die Stromversorgung: Zuerst wird man mit billigeren Preisen geködert, dann werden diese erhöht und der Service schlechter, indem man bei Sturm und Schnee mit umgekippten Masten und damit tagelangem Stromausfall zu rechnen hat. Mit dem Wasser geht es ähnlich: Alte Wasserleitungen werden nicht erneuert, wodurch wegen Lecks viel Wasser verloren geht und verschmutzt wird. In der Folge sinkt die Wasserqualität und die Preise steigen. Beim öffentlichen Verkehr werden weder altes Rollmaterial noch Bahngeleise ersetzt. Dafür optimieren die Manager Gewinne und werden dafür auch noch ungebührlich  belohnt. Die Sicherheit von Menschen und Gütern sind zweitrangig.
 
Man sollte glauben, dass es um die Klein- und Mittelbetriebe besser steht. Falsch gedacht! Diese werden von den Grosskonzernen mit immer tieferen Preisen so unter Druck gesetzt, dass sie früher oder später vor der Wahl stehen, ihren Betrieb aufzugeben oder bei den »modernen« Spielregeln mitzumachen. In einem demokratischen Land wie der Schweiz, wo das Volk vorderhand noch mitreden kann, ist es somit geschickter, wenn die Infrastruktur in der öffentlichen Hand bleibt.
 
Johanna Haidvogl-Werder, Gelterkinden