Kriegstreiberische AIPAC-Konferenz

Die Jahreskonferenz des »Amerikanisch-israelischen politischen Aktionskomitees« AIPAC, deren Eröffnung am 9. März stattfand 3, wurde in aller Welt mit Sorge beobachtet, da diese rechte Lobbygruppe zwei führende Kriegstreiber als Redner einlud: den Vorsitzenden der israelischen Likud-Partei, Benjamin Netanjahu, und US-Vizepräsident Dick Cheney. Als diese beiden im Sommer 2006 das letzte Mal zusammentrafen, brach wenig später der Libanonkrieg aus. Netanjahu verlangt, wie dies aus dem nachfolgenden Artikel hervorgeht, mehr Konfrontation mit dem Iran, u.a. einen erweiterten Boykott mit der Forderung, dass sich Spekulations-, Investment- und Rentenfonds aus allen Firmen zurückziehen, die Handel mit dem Iran treiben. Neue, härtere Sanktionen waren das Hauptziel der Konferenz. Viele Anführer grosser jüdischer Vereinigungen in der USA distanzieren sich jedoch von dem Vorstoss für Krieg und Sanktionen, vor allem weil sie nicht wollen, dass Israel Opfer von Racheaktionen wird, wenn ein Krieg ausbricht.

Kriegshetze in Washington
In einer konzertierten Kampagne beschworen der US-Vizepräsident Dick Cheney und der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert die US-amerikanische Öffentlichkeit, daß ein »vorzeitiger« US-amerikanischer Abzug aus dem Irak zu Instabilität im Mittleren Osten führen und eine Gefahr für Israel darstellen würde. Cheney bezeichnete Präsident George Bush und sich selbst vor den 6 000 Teilnehmern der Jahreskonferenz der mächtigsten Zionistenlobby in Washington als »die besten Freunde, die Israel je gehabt hat«. Den US-Kongreßmitgliedern, die einen Abzug aus Irak verlangen, warf er dagegen vor, die Moral der US-Truppen »zu untergraben«. Im Fall eines US-Abzugs warnte er vor Chaos, einem gestärkten Iran und ermutigten Terroristen, die nur darauf warteten, »mit chemischen, biologischen oder atomaren Waffen« angreifen zu können.
 
Olmert, der von Jerusalem aus direkt über einen Videokanal zur AIPAC-Konferenz zugeschaltet war, unterstrich seinerseits »die Notwendigkeit eines amerikanischen Erfolges im Irak« und dessen »Bedeutung für die Sicherheit Israels«. Er warnte vor den gefährlichen Folgen, die ein militärischer Prestigeverlust der USA im Mittleren Osten für Israel haben würde. Ein Ausgang im Irak, »der nicht Amerikas Stärke unterstreicht, sondern in den Augen der Völker der Region Amerikas Fähigkeit untergräbt, mit der Bedrohung durch das iranische Regime effektiv umzugehen«, werde, so Olmert, »sehr negative Folgen haben«. Laut Olmert stellt der Iran für Israel »die größte Bedrohung« dar. Nur die USA sei dazu fähig, den Iran in die Schranken zu weisen. Bei der Vorbereitung der Konfrontation mit dem Iran und um den amerikanischen Kongreß und die US-Öffentlichkeit auf Linie zu bringen, soll die AIPAC wie zuvor beim Irakkrieg eine zentrale Rolle spielen. Dies wird auch durch die persönliche Anwesenheit der israelischen Außenministerin Tzipi Livni und des rechtsradikalen israelischen Oppositionsführers Benjamin Netanjahu bei der AIPAC-Konferenz in Washington unterstrichen. Einen ersten bedeutenden Erfolg konnte die Tagung der Zionistenlobby bereits am Montag verbuchen. Der von den Demokraten eingeführte Anhang zum Entwurf des Haushaltsgesetzes des Pentagons, der Präsident Bush explizit verbieten sollte, ohne Zustimmung des Kongresses einen Krieg gegen den Iran zu beginnen, wurde am Montag unter dem Druck prozionistischer Abgeordneter in den eigenen Reihen zurückgezogen.
 
Schwere Schädigungen der iranischen Wirtschaft verspricht sich die offizielle Pro-Israel-Lobby der USA von ihrer »Divestment«-Kampagne« 2. (Divestment bezeichnet dabei den Rückzug bzw. Rückkauf von Vermögenswerten, vor allem Beteiligungen). Das gaben Sprecher der Organisation auf deren Jahreskongreß zu Beginn dieser Woche bekannt. Zwar ist der Handel zwischen den USA und dem Iran durch einseitige Sanktionen schon seit Jahren fast vollständig abgebrochen. Darüber hinaus ist es US-Firmen auch verboten, im Iran zu investieren. Es gibt aber immer noch indirekte Investitionen, und gegen diese will das AIPAC nun mit Unterstützung einiger großer jüdischer Organisationen massiv vorgehen. In der Hauptsache geht es um die Rentenrücklagen der einzelnen US-Bundesstaaten. Ein Teil dieser Gelder ist in Beteiligungen an ausländischen Firmen angelegt, die Geschäfte mit dem Iran machen. Die US-Lobbyorganisation will nun erreichen, daß diese Beteiligungen verkauft werden, damit solche Unternehmen künftig vor Investitionen im Iran zurückschrecken. Auf dem Jahreskongreß führte AIPAC-Generaldirektor Howard Kohr als Beispiel CalPERS, den Rentenfond des Staates Kalifornien, an. Dieser habe über eine Milliarde US-$ (etwa 758 Millionen €) in ausländische Unternehmen investiert, die an der Entwicklung des iranischen Energiesektors beteiligt seien. »Wenn sich der größte Rentenfond dieses Landes aus Gesellschaften zurückzieht, die Verbindungen mit dem Iran haben, würde das eine verkrüppelnde Wirkung auf die iranische Wirtschaft haben«, hofft Kohr. CalPERS hält Aktienanteile im Wert von 468 Millionen $ am französischen Konzern Total und von 330 Millionen $ am italienischen Konzern ENI. Beide Unternehmen sind im iranischen Erdöl- und Erdgas-Sektor engagiert.
 
Die Pro-Israel-Lobby verfolgt ihr Ziel auf zwei Ebenen. Zum einen durch Kampagnen und Gesetzesinitiativen in einzelnen Bundesstaaten. Zehn dieser Staaten, die als strategisch wichtig für einen allgemeinen Durchbruch angesehen werden, gelten als Schwerpunktziele. Zugleich setzt AIPAC aber auch auf eine Gesetzesinitiative im US-Kongreß, die alle Formen indirekter Investitionen im Iran verbieten soll. Federführend sind dabei die demokratische Abgeordnete Ileana Ros-Lehtinen aus Florida, die auch in der Kampagne gegen Kuba sehr aktiv ist, und Tom Lantos, ein Republikaner. Als erster Bundesstaat hat vor kurzem New Jersey ein Divestment-Gesetz nach den Vorstellungen des AIPAC beschlossen. New Jersey, eng mit dem Großraum New York verbunden, ist zwar einer der kleinsten Staaten der USA, aber Sitz vieler wichtiger Unternehmen. Darüber hinaus haben, einem Bericht der Financial Times vom 12. März zufolge, mehrere Bundesstaaten ihre Rentenfonds angewiesen, künftig kein Geld mehr in Ländern anzulegen, die auf der vom Außenministerium veröffentlichten Liste der »Terrorunterstützer« stehen. Es geht dabei neben dem Iran auch um Syrien, Sudan, Kuba und Nordkorea. Eine entsprechende Kampagne läuft schon länger unter dem Motto »terrorfreie Investitionen«.
 
politonline: d.a. Mit welcher Hemmungslosigkeit hier hinsichtlich haltloser Anschuldigungen wiederum vorgegangen wird, erhellt sich aus der Behauptung, dass man vom Einsatz chemischer, biologischer resp. atomarer Waffen von Seiten der Terroristen spricht. Man schreckt also immer noch nicht davor zurück, die Kriegsstimmung mit Argumenten anzuheizen, für die es keinerlei konkrete Beweise gibt, nach dem gleichen Verfahren, dessen sich die anglo-amerikanische Ölmacht zur Einleitung des Irakkriegs bediente. Niemand auf dem Kongress scheint gegen Argumente dieser Art eingeschritten zu sein, was darauf hindeutet, dass sich die Anwesenden mit den kriminellen Lügen, auf denen das jetzige Irakinferno basiert, nicht einmal auseinandergesetzt haben. Man scheint auch nicht begreifen zu wollen, dass ein weiterer Krieg ganz einfach Wahnsinn wäre. Inzwischen haben mindestens vier der höchsten US-amerikanischen Generäle und Admirale erklärt, sie wollten zurücktreten, falls Präsident Bush den Befehl zum Angriff auf den Iran gebe. Bereits letzten Sommer hatten führende US-Kommandeure im Falle eines Krieges Rücktrittdrohungen ausgesprochen. Nur für den Stabschef der US-Luftwaffe war bei einem Angriff auf den Iran kein Problem gegeben. Er war zuversichtlich, den Iran in die Steinzeit zurückbomben zu können, ohne nennenswerte eigene Verluste. Diese Strategie hat die USA mit ihren Verbündeten im Irak inzwischen voll in die Tat umgesetzt. Dabei basiert die Ablehnung eines Angriffs auf den Iran von Seiten der Generäle, so die Sunday Times, nicht etwa auf politischen Erwägungen, sondern auf rein militärischen, da dabei zu viele US-Soldaten ums Leben kämen. Immerhin wurde aber wenigstens die Erkenntnis ausgesprochen, dass die USA nicht die militärischen Kapazitäten besitzt, um den Iran auf sinnvolle (!) Weise zu bekämpfen. Wobei das sinnvoll sicherlich als die totale Vernichtung zu interpretieren sein dürfte. Der Iran hat, wie hinlänglich bekannt ist, wiederholt beteuert, dass er den Besitz atomarer Waffen nicht anstrebt, was die israelische Aussenministerin Zipi Livni nicht davon abhielt, den Weltsicherheitsrat am 14. 3. zur Ergreifung härterer Sanktionen aufzufordern: Es sei offensichtlich, dass die Regierung nach Atomwaffen strebe. Äusserungen dieser Art sind, wie man sieht, überhaupt keine Schranken mehr gesetzt, ungeachtet der fatalen Hetze, die damit einhergeht.
 
Die deutsche Exportwirtschaft befürchtet im Fall schärferer Sanktionen Milliardenverluste. Der Iran sei in der Region »Deutschlands wichtigster Absatzmarkt«, sagte der Präsident des Verbandes des Gross- und Aussenhandels, Anton Börner. Deutsche Unternehmen, darunter hauptsächlich Mittelständler, würde eine solche Entwicklung »hart treffen«. Angesichts eines Handelsvolumens mit dem Iran von etwa 4,5 Milliarden € im vergangenen Jahr solle die Bundesregierung alles Mögliche gegen eine Eskalation tun, forderte er. Was wir als gegen jeglichen Krieg eingestellte Bürger unsererseits von den EU-Konzernen erwarteten, wäre eine deutlich hörbare, uneingeschränkte Verurteilung der ausgesprochenen Angriffsabsicht. Von einer solchen war bislang nichts zu vernehmen. Die Angst vor einem Boykott durch die USA scheint wiederum zu überwiegen.
 
1 http://www.jungewelt.de/2007/03-16/013.php - Kriegshetze in Washington - USA: Israel-Lobby-Konferenz räumt Hindernis für Angriff auf den Iran aus dem Weg - Von Rainer Rupp; 6. 3. 2007
2 http://www.jungewelt.de/2007/03-14/040.php
Politische Aufsicht - Pro-Israel-Lobby in den USA will Wirtschaftssanktionen gegen den Iran verschärfen. Zunehmender Druck auf US-Pensionsfonds für »terrorfreie Investitionen«
Von Knut Mellenthin; 14. 3. 2007
3 Quelle: Strategic Alert, Jahrg. 21, Nr. 11 vom 15. März 2007
 
Siehe auch: Eine neue Pro-Israel-Lobby für die USA?; Professor Juan Cole: the latest victim of »the lobby«  sowie Wo bleibt der Aufschrei? - Die Schande des Schweigens angesichts der israelischen und US-Verbrechen auf politonline