Wählerinnen und Wähler, aufgepasst !

Im Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, die aus Mitgliedern sämtlicher Fraktionen zusammengesetzt ist, zur Parlamentarischen Initiative Schutz der Bevölkerung und der Wirtschaft vor dem Passivrauchen wird ein entsprechendes Bundesgesetz vorgeschlagen (Bundesblatt 2007 S. 6185-6205), das ein weitgehendes Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Räumen, auch solchen der Gastronomie, vorsieht. Art. 1. Abs. 3 des Gesetzesentwurfes lautet: Auf private Haushaltungen ist dieses Gesetz nicht anwendbar. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, denn in Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 8. November 1950, welcher die Schweiz beigetreten ist, steht: Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Und in Art. 13 der Schweizerischen Bundesverfassung vom 18. April 1999 heisst es: Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs. Zur Einschränkung der Grundrechte sagt Art. 36 Abs. 2 der Bundesverfassung: Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein.

Die genannte Kommission hält die Nichtgeltung ihres Gesetzes für private Haushaltungen aber nicht für selbstverständlich, schreibt sie doch in Bundesblatt 2007 S. 6200 unter Ziff. 4.2 (Kompatibilität mit den kantonalen Gesetzen): Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes geht das Bundesrecht entgegenstehendem kantonalem Recht vor. Das neue Bundesgesetz schliesst aber nicht aus, dass die Kantone für nicht geschlossene Räume oder für private Haushaltungen kantonale Vorschriften erlassen können. Absatz 1 ist wiederum selbstverständlich, denn die Massgeblichkeit des Bundesgesetzes ergibt sich schon aus Art. 191 der Bundesverfassung. Was zu der vorstehenden  Aussage führte, ist der nachfolgende Absatz. Die Parteipolitikerinnen und -politiker in den Kantonen stehen nämlich schon in den Startlöchern, um  mit Postulaten und Motionen unter Berufung darauf die Ausdehnung des Rauchverbots auf private Haushaltungen und auf »nicht geschlossene Räume«, worunter auch eine Parkanlage fallen kann, zu verlangen. Wenn es dann soweit ist, dass einige Kantone das eingeführt haben, andere nicht, soll die totale Überwachung unseres Tuns und Lassens in privaten Haushaltungen und im Freien von Bundesrechts wegen eingeführt werden. Das wird dann auch ausserhalb des Bereiches von Rauchern und Nichtrauchern Schule machen. Im öffentlichen Interesse lässt  sich noch Vieles anordnen, etwa in der Thematik des Alkohols, des Übergewichts, der fehlenden Bewegung oder sogar der Lektüre. Vorläufig würde jedenfalls mit Busse bestraft, wer, von der °rauchfreien" Arbeit heimgekehrt, am Abend vor seinem Fernsehapparat »vorsätzlich« eine Zigarette anzündet, ja es wäre sogar auf seinem Gartensitzplatz eine strafbare Tat, denn das ist ein nicht geschlossener Raum. Später würde dann das ungesunde Chips-Essen vor dem Fernseher verfolgt und irgendwann wäre unser ganzes Leben nur noch eine grosse Übertretung. Wir gehen alsdann, ungeachtet aller Verfassungs- und Völkerrechtsnormen, der totalen Überwachung durch die von uns selbst gewählten Behördemitglieder und ihre Trabanten entgegen. In ihren Wahlprospekten sagen natürlich die Parteien davon kein Wort. Lassen Sie also Ihre bevorzugten Kandidatinnen und Kandidaten  zu diesem Papier Stellung nehmen, bevor Sie ihnen Ihre Stimme geben.
Prof. Dr. iur. Hans Ulrich Walder-Richli
Institut Felsenegg - Felsenegg 12  6204 Sempach
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