Bushs Abschiedsshow - Frontstellung gegen den Iran: Annapolis war eine Friedenskonferenz, die der Vorbereitung eines neuen Krieges diente - Von Werner Pirker

Die angebliche Friedenskonferenz in Annapolis vom 27. 11. ist von der amerikanisch-israelischen Allianz nach Belieben kontrolliert worden. Ihr gemeinsames Konzept zur Befriedung des Nahostkonflikts bestimmte die Tagesordnung. Die palästinensische Vertretung durfte ihre Wünsche äußern und die vollzählig angetretenen arabischen Staaten gefielen sich in der Rolle skeptischer Beobachter. US-Präsident George W. Bush hat Annapolis inszeniert, um sich am Ende seiner politischen Tage auch einmal als konstruktiver Gestalter darzustellen und das in seiner Regierungszeit angerichtete Chaos in einem versöhnlicheren Licht erscheinen zu lassen.

Die israelische Seite überspielte mit freundlichen Gesten ihre Absichten, den Palästinensern ein Friedensdiktat aufzuerlegen, das deren dauerhafte Unterordnung unter die zionistische Staatsräson festschreibt. Der eigentliche Zweck dieser Veranstaltung aber lag darin, die arabischen Staaten in eine Frontstellung gegen die der westlichen Vorherrschaft Widerstand leistenden Kräfte zu zwingen. Daß Syrien, wenn auch nicht auf höchster diplomatischer Ebene, vertreten war, wird von den Veranstaltern als besonderer Erfolg gewertet. So könnte diese Friedenskonferenz durchaus zum Ausgangspunkt für einen Krieg gegen den Iran werden. Nachdem sich Israel bis zuletzt geweigert hatte, der arabischen Forderung nach der Festlegung von Prinzipien als Grundlage von Friedensverhandlungen nachzukommen, wurde in Annapolis eine gemeinsame Erklärung aus dem Hut gezaubert, deren Hauptinhalt sich aus der Ausklammerung aller Streitfragen ergab. Dessen ungeachtet versprachen beide Seiten, noch bis Ende 2008 einen Friedensvertrag als Grundlage für eine Zwei-Staaten-Lösung auszuarbeiten. Die offenen Fragen - die Grenzen zwischen einem künftigen Palästinenserstaat und Israel, das Rückkehrrecht der von Israel Vertriebenen, die Verbindung zwischen Gaza und dem Westjordanland sowie der Status von Jerusalem - sollen nun binnen kurzem einer Lösung zugeführt werden. Doch diese Themen stehen seit dem Oslo-Abkommen von 1993 auf der Agenda. Seitdem haben sich die Bedingungen für die Palästinenser extrem verschlechtert. Der jüdische Siedlungsbau in den besetzten Gebieten hat der palästinensischen Minimalforderung nach einem Staat in den Grenzen des 1967 von Israel eroberten palästinensischen Territoriums die Grundlage entzogen. Damals hatte Israel die Widerstandsbewegung PLO als einzig legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannt. Der nun behauptete »Friedensprozeß« beruht auf der Nichtanerkennung der aus demokratischen Wahlen hervorgegangenen Vertretung der Palästinenser. Präsident Mahmud Abbas hat in Ramallah die legislative Macht außer Kraft gesetzt und die Regierung der nationalen Einheit aufgelöst. Über das Schicksal des Gazastreifens wird verhandelt, als gäbe es dort keine eigenständige, von der Präsidialmacht losgetrennte politische Vertretung. In einer Erklärung der Hamas wird Abbas deshalb das Verhandlungsmandat abgesprochen: Niemand sei ermächtigt, zu verhandeln, während das palästinensische Volk gespalten ist, heißt es in einer Erklärung: »Niemand ist ermächtigt, auch nur einen Zentimeter Land aufzugeben, es auszutauschen oder das Rückkehrrecht aufzugeben.«
 
Im Zusammenhang mit den Oslo-Vereinbarungen war die Idee eines israelisch-palästinensischen Kompromisses in Gestalt einer Zwei-Staaten-Lösung auch von der Hamas, wenn auch nicht als Endziel, mitgetragen worden. Mit ihrem Anspruch, die Unabhängigkeit und Lebensfähigkeit eines palästinensischen Staates ihrer alleinigen Definition zu unterwerfen, haben die Israelis alle Vereinbarungen gegenstandslos gemacht. Eine israelisch-palästinensische Übereinkunft müßte somit von Grund auf neu verhandelt werden. Das erfordert aber die Wiederherstellung der Demokratie in Palästina. Bushs Abschiedsshow hat aber das genaue Gegenteil zum Inhalt.
 
Quelle: http://www.jungewelt.de/2007/11-29/046.php