Wie gewirtschaftet wird

Wegen Biotreibstoffen droht 2010 weltweit eine Eskalation der Hungersnöte. Der Leiter der UNO-Ernährungsorganisation (FAO),

Jacques Diouf, sagte dem Sender »Voice of America« am 3. März, dass die Lage auf dem Weltgetreidemarkt derzeit ähnlich prekär sei wie während der Nahrungsmittel-Preiskrise 2007/08. Damals kam es in 30 Ländern zu Unruhen, weil die Menschen sich keine Nahrungsmittel mehr leisten konnten. Gemäss »Voice of America« waren die Gründe für die Preissteigerungen seit 2007 laut UNO-Experten hohe Energiepreise, erhöhte Nachfrage nach Biotreibstoffen, geringe Getreidevorräte und schlechte Wetterverhältnisse in den Erzeugerländern. Nun drohe weltweit eine weitere Runde der Preissteigerungen für Energie und Nahrung. Diouf sagte, Landwirte in vielen Entwicklungsländern hätten ganz einfache Bedürfnisse: Bewässerung, bessere Lagermöglichkeiten, Ertragssteigerung mit Hilfe von Dünger und hochwertigem Saatgut. Gerade diese Hilfen würden aber von den entwickelten Ländern verweigert, die stattdessen sogar Land in der Dritten Welt kaufen, um dort die Nahrungsmittelerzeugung zu beenden, damit das Land für Biotreibstoffe genutzt werden kann. Ein neuer Bericht der Dritte-Welt-NGO ACTIONAID mit dem Titel »Meals per Gallon« liefert wichtige Informationen über diese verrückte Politik. Die EU plane immer noch, bis 2020 in Europa 10 % des Treibstoffs aus erneuerbaren Energien, fast ausschliesslich Biotreibstoffen, zu besorgen.
 
In dem Abschnitt des Berichtes zu den Folgen für Nahrungsmittelpreise und Hunger heisst es: »Biotreibstoffe waren, konservativ geschätzt, für 30 % der weltweiten Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln im Jahr 2008 verantwortlich. Man schätzte, dass die Nahrungsmittelkrise 2008 schon 100 Mio. Menschen zusätzlich in die Armut und etwa 30 Mio. Menschen in den Hunger getrieben hatte. Es wird vorausgesagt, dass die Nahrungspreise bis 2020 nochmals um 76 % steigen könnten, wenn alle angestrebten Ziele für Biotreibstoffe erreicht werden. Schätzungsweise 600 Mio. mehr Menschen könnten dann wegen industrieller Biotreibstoffe Hunger leiden.« Ferner: »Das Ausmass an Landraub ist erstaunlich. In nur fünf afrikanischen Ländern wurden 1,1 Mio. ha auf industrielle Biotreibstoffe umgestellt - ein Gebiet von der Grösse Belgiens. Der gesamte dort erzeugte Biotreibstoff geht in den Export. Unternehmen aus der EU haben in Entwicklungsländern bereits mindestens weitere 5 Mio. ha Land für Biotreibstoff gekauft oder beantragt - ein Gebiet, das grösser als Dänemark ist.«
 
Die mörderischen Absichten hinter der Biotreibstoff-Politik werden sehr deutlich, wenn es in dem Bericht wie folgt heisst: Um das 10 %-Ziel der EU zu erfüllen, müssten bis zu 17,5 Mio. ha Land in Entwicklungsländern aufgewendet werden.
 
Anmerkung d.a.: Diese Landverkäufe kann die afrikanische Bevölkerung nur dem Verbund ihrer eigenen Oberschicht mit den westlichen Konzernen verdanken. Eine unmittelbare Folge dieser Politik dürfte eine zu erwartende, sich steigernde Landflucht von Afrikanern nach Europa sein - mit allen sich hieraus für uns ergebenden Belastungen.
 
 
Quelle: Strategic Alert, Jahrg. 24, Nr. 10 vom 11. März 2010