Ja zur Ausschaffung krimineller Ausländer - Perfider Gegenvorschlag - Von Nationalrat Ulrich Schlüer

Noch glauben Bürgerinnen und Bürger an die Fairness ihrer Landesregierung und der Bundesverwaltung, wenn ihnen Abstimmungsbüchlein vorgelegt werden.

Der Gegenvorschlag des Bundes zur Ausschaffungs-Initiative der SVP lässt elementare Fairness allerdings vermissen. Er kann nicht anders denn als perfides Täuschungsmachwerk bezeichnet werden. Doppelt perfid ist dieser Gegenvorschlag, weil bisher weder die Vorsteherin des EJPD, Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, oder das ihr unterstellte Bundesamt für Justiz, noch die ständerätlichen Erfinder dieses Gegenentwurfs die Bevölkerung über die juristische Tragweite der mit dem Gegenvorschlag vorgelegten Bestimmungen orientiert haben.

Gleiche Stossrichtung?
Der Bürger geht den Behörden gegenüber arglos davon aus, dass ein Gegenvorschlag zu einem Initiativbegehren den in der Initiative gestellten Forderungen etwa auf halbem Weg entgegenkommt: Damit anerkennt Bern die Berechtigung von Forderungen, es geht bei deren Umsetzung aber nicht ganz so weit wie die Initianten. Klar dabei ist: Gegenvorschlag und Initiative haben die gleiche Stossrichtung. Dies ist beim Gegenvorschlag zur SVP-Initiative über die Ausschaffung krimineller Ausländer, über die am 28. November 2010 abgestimmt wird, völlig anders. Der Gegenvorschlag des Bundes zu dieser Initiative bewirkt in Wahrheit genau das Gegenteil dessen, was die 210.0000 Initiativ-Unterzeichner fordern. Mit dem Gegenvorschlag kommt es keineswegs zu allenfalls etwas weniger Ausweisungen als mit der Initiative. Der Gegenvorschlag verhindert durch in ihm verankerte perfide juristische Tricks vielmehr jede Ausschaffung von Ausländern - inklusive Kriminelle und Sozialbetrüger.
 
Sakrosankte Personenfreizügigkeit
Das beginnt schon damit, dass die Erschaffer des Gegenvorschlags es grundsätzlich nicht gestatten, Kriminelle aus EU-Staaten aus der Schweiz auszuweisen. Ihre Vorschläge richten sich - ohne dass das offengelegt würde - ausschliesslich gegen Gewaltkriminelle und Sozialbetrüger aus Ländern ausserhalb der EU. Das gilt auch für noch zu erwartende EU-Erweiterungen - zum Beispiel in Richtung Balkan. Was das Treiben Krimineller betrifft, so kann dies derzeit an der grassierenden Strassenprostitution von Osteuropäerinnen und der endlosen Duldung der aus dem dazu gehörenden Menschenhandel reichen Profit ziehenden Drahtzieher erfahren.
 
Bürger aus EU-Ländern - so will es der vom Ständerat erarbeitete Gegenvorschlag - sollen grundsätzlich nie mehr aus der Schweiz ausgewiesen werden können. Diejenigen, die mit dem Gegenvorschlag diese Fesselung der Schweizer Justiz vorsehen, wollten bekanntlich auch die Ausschaffungs-Initiative der SVP für ungültig erklären, weil die SVP sich weigerte, Kriminelle aus dem EU-Raum privilegierter zu behandeln als Kriminelle aus Nicht-EU-Ländern. Diese Gleichbehandlung ist rechtlich allerdings auch in jeder Beziehung zulässig. Es gibt im Rahmen der Personenfreizügigkeitsabkommen keinerlei Bestimmung, welche Kriminelle aus EU-Ländern grundsätzlich vor Ausweisung bewahren würde. Solches haben hiesige Parlamentarier frei erfunden, wohl um sich gegenüber Brüssel als besonders eifrige Musterschüler zu profilieren.
 
Klagbares Recht
Jene Bestimmung, welche den Gegenvorschlag zum perfiden Hintertreiber der Initiativ-Forderungen macht, versteckt sich im sogenannten ­­­›Integrationsartikel, der diesen Gegenvorschlag ziert. Dieser Integrationsartikel verpflichtet - sollte er je eine Mehrheit finden - die Eidgenossenschaft verbindlich darauf, die in unserem Land lebenden Ausländer zu integrieren. So etwas gab es bis heute nicht einmal in Ansätzen. Dafür gibt es bisher auch keine Grundlage in der Bundesverfassung. Die Bundesverfassung geht heute vielmehr davon aus, dass Anstrengungen zur Integration von jenen Ausländern auszugehen haben, die sich in der Schweiz dauerhaft niederlassen wollen. Und nicht umgekehrt.
 
Was Bundesrat und Bundesverwaltung dem Bürger gegenüber heute verschweigen, ist die Tatsache, dass die mit dem Gegenvorschlag dem Bund auferlegte Pflicht zur Integration der Ausländer klagbares Recht schafft. Jeder Ausländer könnte - sollte dieser perfide Gegenvorschlag eine Mehrheit finden - fortan den Staat einklagen, dieser habe ihm gegenüber die verbindliche Pflicht zur Integration vernachlässigt. Dass solches dem Staat uferlose finanzielle Verpflichtungen aufbürdet, ist dabei nicht einmal die schlimmste Konsequenz.
 
Konsequenzen
Viel gravierender sind die rechtlichen Auswirkungen: Jeder Ausländer, dem auf Grund kriminellen Verhaltens eine Ausweisung droht, bekäme mit dem Gegenvorschlag die Möglichkeit, den Staat für mangelhafte Integrationsbemühungen ihm selbst gegenüber vor Gericht zu zerren. Er kann und wird dann argumentieren, dass er nur deshalb zum Kriminellen oder zum Betrüger an den Sozialwerken geworden sei, weil er ungenügend integriert, da ungenügend in die in der Schweiz geltende Rechtsordnung eingeführt worden sei. Der eigentliche Täter sei der Staat, er selbst sei Opfer staatlichen Versagens der staatlichen Integrationspflicht gegenüber.
 
Futter für Anwälte
Es kann angesichts der schon heute die Justiz teilweise nahezu lahmlegenden Versuche zur Verschleppung von Ausweisungsverfahren gegenüber illegalen Einwanderern kein Zweifel darüber bestehen, dass jene Hilfswerke, welche aus der Betreuung echter und vor allem unechter Asylanten sowie zahlloser anderer Ausländer längst sehr reichen, vollumfänglich vom Steuerzahler zu finanzierenden Profit einstreichen, dann, wenn dieser Gegenvorschlag je zur Anwendung gelangen sollte, ohne Verzug Anwälte mobilisieren und instruieren werden, wie diese vorzugehen haben, um drohende Ausweisungen krimineller Ausländer zu verhindern: damit die von Ausweisung Bedrohten. denen gegenüber staatliche Stellen die dem Staat übertragene Integrationspflicht verletzt hätten, dem Hilfswerk als zu betreuende Benachteiligte erhalten bleiben.
 
Böswillige Täuschung
Der Bürger, heute von den Bundesbehörden über die rechtlichen Konsequenzen des Gegenvorschlags sträflich desinformiert, wird dann viel zu spät augenreibend zur Kenntnis nehmen, dass er mit gutgläubiger Unterstützung des Gegenvorschlags genau das Gegenteil von dem bewirkt hat, was er bei der Stimmabgabe glaubte erwarten zu können: Kriminelle werden nicht ausgewiesen, Ausweisungsverfahren werden unendlich verschleppt, hintertrieben, verunmöglicht.
 
Noch einmal: Dass die Bundesbehörden heute diese rechtliche Konsequenz des Gegenvorschlags verschweigen, dass sie die Stimmbürger also darüber hinwegtäuschen, dass der Gegenvorschlag Ausschaffungen von kriminellen Ausländern arglistig hintertreibt, ist eine durch nichts zu entschuldigende Unterlassung. Sie illustriert, in welchem Ausmass die schweizerische Classe politique insbesondere mit ihrer Ausländerpolitik entgleist ist. Abstimmungstäuschung scheint sich im Lande der direkten Demokratie durchzusetzen, wenn Bundesbern eine offensichtlich zugkräftige Initiative der SVP bodigen will.
 
Der Bürger darf sich nicht hereinlegen lassen: Das Ja zur Ausschaffungs-Initiative allein genügt am 28. November 2010 nicht. Es ist durch ein dezidiertes Nein zum Gegenvorschlag zu ergänzen. Und auch die Stichfrage auf dem Stimmzettel muss unbedingt so beantwortet werden, dass der Ausschaffungs-Initiative der SVP gegenüber dem perfiden Gegenvorschlag der Vorzug gesichert wird. [1]
 
Volkssouveränität ade?
Unbequeme Volksinitiativen als Vorwand, um das Volk zu entmündigen
Dass die Bürgerinnen und Bürger an der Urne nicht immer so entscheiden, wie es sich die Classe politique wünscht, scheint einige PolitikerInnen offensichtlich arg zu wurmen. Landauf landab wird laut lamentiert, weil manchmal selbst die massivste Propaganda nicht das gewünschte Abstimmungsresultat herbeizaubert. Da muss Remedur geschaffen, das Volk entmündigt und ein paar Oberklugen die Kontrolle über uns Bürger übertragen werden. Diese Oberklugen sollen bereits vor der Lancierung einer Volksinitiative prüfen, ob das - was das Volk will - gut ist. Die Bürger selbst sind dazu anscheinend nicht mehr mündig genug -
http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Es-braucht-neue-InitiativeRegeln/story/26443647
 
Nur - verträgt sich eine solche Oligarchie mit unserer Bundesverfassung?
 
Dr. Markus Erb, Präsident
Verein Bürger für Bürger Postfach 266   8044 Zürich
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1 Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 3. 9. 10 www.schweizerzeit.ch