»Bundesausschuss Friedensratschlag« - Hände weg vom Iran und von Syrien 12.02.2012 22:11
Den wirtschaftlich und politisch Herrschenden müssen Kriege wie in Afghanistan, im Irak und in Libyen unmöglich gemacht werden.
Wir widersetzen uns militärischen Interventionen in Syrien und im Iran. Im Konflikt mit beiden Ländern geht es nicht um Menschenrechte und Atompolitik, sondern um die Vorherrschaft in einer der geostrategisch bedeutendsten Regionen. Die USA, die EU und die Bundesregierung haben die Drohkulisse gegenüber dem syrischen Regime ständig erhöht. Einseitige Berichterstattung und militärische Unterstützung bewaffneter oppositioneller Gruppen durch einige NATO-Staaten haben zu einer gefährlichen Eskalation beigetragen. Hier gilt, was die Friedensbewegung schon im Fall von Libyen gefordert hatte: Die Gestaltung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung eines Landes ist ausschließlich Angelegenheit seiner Bevölkerung. Sich mit
ihr zu solidarisieren heißt vor allem, die Gewaltspirale zu beenden und
sich jeglicher Intervention von außen zu widersetzen. Die Überwindung
autoritärer Herrschaftsstrukturen und Ausbeutung ist nur in Abwesenheit äußerer
Einmischung möglich. Äußere Einmischung – auch wenn sie sich noch so
»humanitär« gibt – ist stets von fremden Interessen geleitet und widerspricht
dem völkerrechtlichen Prinzip der Selbstbestimmung und der Souveränität der
Staaten. Libyen darf nicht zum Modell für weitere NATO-Interventionen werden.
Ein Angriff auf Syrien könnte zudem leicht zum Flächenbrand werden. Seit
Monaten wird in Israel und der USA offen über einen militärischen Angriff auf
den Iran diskutiert. Allein schon eine solche Diskussion zeugt von der völligen
Mißachtung des strikten Gewaltverbots, das die Charta der Vereinten Nationen
allen Staaten der Welt auferlegt hat. Dabei enthält der im November 2011
veröffentlichte Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) keine
belastbaren Belege für ein aktuelles iranisches Atomwaffenprogramm. Zum
iranischen Kernenergieprogramm ist grundsätzlich festzustellen: Teheran nimmt
nur das allen Staaten im Atomwaffensperrvertrag garantierte Recht für sich in
Anspruch, den kompletten Kreislauf der Atomenergieproduktion nutzen zu können.
Das muß uns nicht gefallen – zumal wir spätestens seit Fukushima wissen, daß
auch die zivile Nutzung der Kernkraft lebensbedrohend und letztlich eben nicht
beherrschbar ist.
Dennoch
haben die USA und die EU die Sanktionen gegen den Iran in einer Weise
verschärft, die immer näher an einen Krieg heranführt. Die jüngst beschlossenen
Embargomaßnahmen gegen Ölimporte aus dem Iran und die Sanktionen gegen die
iranische Zentralbank verfolgen das Ziel, den internationalen Ölhandel mit Iran
ganz zum Erliegen zu bringen und stellen damit de facto einen Wirtschaftskrieg
dar. Gegenmaßnahmen sind somit programmiert, die Spannungen und die
wechselseitige Kriegsrhetorik werden sich gefährlich hochschaukeln. Verlierer
ist wie immer in solchen Fällen die Zivilgesellschaft, die jeglicher
Möglichkeit beraubt wird, demokratische und soziale Fortschritte gegen das
herrschende System durchzusetzen. Wir alle sind dazu aufgerufen, der Eskalation
im Nahen Osten entgegenzutreten. Weil wir Frieden wollen, müssen wir die
Politik in die eigenen Hände nehmen. [1]
politonline: Syrien ist erneut ein Beispiel
dafür, wie Revolutionen von aussen gezielt vorbereitet, beeinflusst
und, wenn immer möglich, gesteuert werden. Dies belegen Auszüge aus dem
nachfolgenden Artikel [2]:
Der syrische
Schmelztiegel - »Förderung der Demokratie« und Regimewechsel im Mittleren Osten - Von Justin Raimondo
Die
Verhaftung und das anhängige Verfahren gegen ausländische »Demokratieaktivisten« in
Ägypten auf Grund von Beschuldigungen, sie hätten gegen die Gesetze verstoßen,
die eine Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen [NGO] durch
ausländische Regierungen verbieten, hat ein Aufheulen in Washington verursacht.
Außenministerin Hillary Clinton warnte Kairo öffentlich, daß dies die 1,55 Milliarden $ an Hilfsgeldern
gefährden wird, die die USA heuer zur Verfügung stellen sollte, jedoch scheinen
die Ägypter davon nicht besonders beeindruckt zu sein. »Die
Regierung wird nicht zögern, ausländische Machenschaften ans Licht zu bringen,
die die Stabilität unseres Landes gefährden«, erklärte Frau Abu el-Naga im
Namen der ägyptischen Regierung. Die staatliche Zeitung Al Ahram berichtete darüber und fügte hinzu: »Sie
setzt auf das wahre Wesen des ägyptischen Volkes, in der Krise
zusammenzukommen.« Und damit liegt sie sehr richtig, da die US-Regierung in Ägypten
wegen ihrer Unterstützung des Diktators Hosni Mubarak all die Jahre hindurch weithin
verschrieen ist In der Tat unterstützte die entrüstete Hillary ihn bis zum
allerletzten Augenblick, sogar noch, als Ägypter aller Überzeugungen auf die
Straßen strömten und seinen Rücktritt
forderten – und seinen Kopf. In Amerika sind die Einschränkungen für die
Finanzierung von politischen Gruppen und gemeinnützigen Einrichtungen aus dem
Ausland noch strenger als in Ägypten: sie müssen sich als Agenturen einer ausländischen
Macht registrieren lassen und sämtliche ihrer Aktivitäten und Beziehungen zu
ausländischen Staatsbürgern und Regierungen offenlegen. Kurz gesagt, die USA
hält sich innerhalb ihrer eigenen Grenzen an einen bestimmten Standard, den sie
aber nicht anerkennt, wenn dieser im Ausland an sie selbst angelegt wird.
Dieses Verhalten ist typisch für Washington und nur einer der Gründe, warum wir
gehaßt werden, wohin immer wir gehen. Das Außenministerium stellt den jetzigen Eingriff
als einen Versuch der Militärjunta dar, sich an die Macht zu klammern,
ungeachtet der Zusage, diese an eine demokratisch gewählte Regierung abzugeben.
Unter dem
Titel ›National Endowment for
Democracy‹ [Nationale Stiftung für die
Demokratie] und ›USAID‹ überweist Washington Milliarden an
Dollars aus Steuergeldern ins Ausland, um die Arbeit von der Regierung
finanzierter NGOs zu fördern und schafft damit im Endeffekt die amerikanische Neuauflage der alten
sowjetischen Comintern. Mit ihren auf der ganzen Welt in die ›Zivilgesellschaft‹ eingebetteten Agenten benützt Washington die genannten Gruppen,
um seine außenpolitische Agenda des ›Regimewechsels‹ in denjenigen Ländern zu verfolgen, deren
Machthaber gegenüber Amerikas Absichten nicht unterwürfig genug sind. Wir sahen
das in der Ära Bush, als durch die USA finanzierte und ausgebildete Gruppen
verschiedene ›Farbenrevolutionen‹ angezettelt wurden, von der Ukraine
bis Kirgistan. Die Strategie der USA besteht eindeutig darin, den
revolutionären Aufstand zu co-optieren, anstatt ihn zu bekämpfen, und ihn als
Mittel zu benützen, um die amerikanischen Interessen in der Region
voranzutreiben. Bezüglich Syriens drückt dies Jacob Heilbrunn in seinem Artikel
›In The National Interest‹ so aus: »Offenbar
hat das Außenministerium syrische Gruppen und TV-Programme finanziert, die das
Assad-Regime attackierten. Die Washington
Post berichtet, daß Depeschen von Diplomaten der USA enthüllen, daß das
Außenministerium mindestens 6 Millionen $ an eine Gruppe namens ›Bewegung für Gerechtigkeit und
Entwicklung‹ überwiesen hat: eine
Gruppe von syrischen Exilanten, die in London leben. »Die
Bedeutung dieses Zuges scheint klar: Präsident Obama unterstützt, nicht
anders als sein Vorgänger George W. Bush, einen Regimewechsel in Syrien. Dieser
könnte im Interesse Amerikas liegen, oder auch nicht. Die Diktatur der Assads,
Vater und Sohn, war eine häßliche. Aber wer würde sie ersetzen? Weiß Obama das?
Hat er eine klare Vorstellung von den Exilanten in London [von denen einige
offenbar ehemalige Mitglieder der Moslembruderschaft sind, die von Amerika
unterstützt wurde]. Der Verlauf der amerikanischen Unterstützung solcher
Gruppen war nicht immer glücklich. »Ein weiteres Problem liegt darin,
daß durch die Einmischung in die innerstaatliche Politik Syriens die
Obama-Administration die Behauptungen des Regimes legitimiert, es kämpfe gegen
ausländische Gegner, die darauf aus sind, das eigene Land zu unterminieren.
Denn eines ist gewiß: Was Obama hier betreibt, ist eindeutig Subversion. Er
unterstützt eine Gruppe, die versucht, die derzeitige syrische Regierung zu
stürzen.«
Der Bericht der Arabischen Liga
Laut den
Medien des Westens geht es in Syrien darum, daß
wehrlose Demonstranten von Regierungskräften massakriert werden, aber
die Realität ist eine ganz andere, wie der Bericht der
Beobachtermission der Arabischen Liga klar macht. Natürlich hörten wir nicht viel
von diesem Bericht nach dessen Veröffentlichung: alles, was dem
offiziellen Narrativ zuwiderläuft, geht von vorneherein in das Gedächtnisloch
und wird nie wieder gesehen. Pepe Escobar berichtet hierzu: »Der
Bericht ist unerbittlich. Es gab keine organisierte mörderische
Unterdrückung von friedlichen Demonstranten durch die syrische Regierung.
Stattdessen weist der Bericht auf zwielichtige bewaffnete Banden hin, die für
Hunderte von Toten in der syrischen Zivilbevölkerung und für über Tausende von
Toten in der syrischen Armee verantwortlich sind, und die todbringende Taktiken
wie Bomben in zivilen Bussen, Bomben gegen Züge, die Diesel transportierten,
Bomben gegen Polizeibusse und Bomben gegen Brücken und Pipelines eingesetzt
haben.« Der
Bericht der Arabischen Liga selbst hält fest: »Die Mission stellte fest, daß es eine bewaffnete Gruppierung gibt, die im
Protokoll nicht erwähnt wird. Diese Entwicklung auf dem Boden kann
zweifelsohne dem exzessiven Einsatz von Gewalt durch die syrischen Regierungskräfte
zugeschrieben werden, mit der diese auf Proteste vor der Entsendung der Mission, die den Sturz des Regimes forderten, reagiert
hat. In einigen Gebieten reagierte diese bewaffnete Gruppierung, indem sie
syrische Sicherheitskräfte und Bürger angriff, was die Regierung dazu veranlaßte, mit weiterer Gewalt vorzugehen. Letztendlich
bezahlen unschuldige Bürger für diese Aktionen mit Leib und Leben.« Wer
oder was ist diese ›bewaffnete
Gruppierung, die im Protokoll nicht erwähnt wird‹ – auch nicht in vielen der Nachrichtenmeldungen über die
Ereignisse in Syrien? Woher bekommen sie ihre Waffen? ›Stratfor‹ [Strategic Forecasting, in Texas ansässige US-Sicherheitsberatungsfirma]
meint, hauptsächlich aus dem Libanon, aber da ist auch die Grenze mit der
Türkei: »Die
Nachschubwege aus dem Libanon sind die wichtigsten für die ›Free
Syrian Army‹ [FSA], da sie am
nächsten zu entscheidenden Hochburgen der Opposition in und um die Hauptstadt
und in die Städte mit sunnitischer Mehrheit - Homs und Hama - verlaufen. Die durchlässige syrisch-türkische
Grenze kann von der FSA am sichersten überschritten werden. Ankara hat bereits
einige Flüchtlingslager für Syrer an der türkischen Grenze eingerichtet und den
Führungen der FSA und des ›Syrian
National Council‹ [Syrischer
Nationalrat] Aufenthalt gewährt. Geheime ausländische Unterstützung
für die FSA findet wahrscheinlich ebenfalls auf der türkischen Seite der
syrischen Grenze statt, wo Vorräte geschützt werden und die türkischen
Streitkräfte einige Deckung für FSA-Rebellen bieten können, die sich von und
nach Syrien bewegen.«
Der ›antiwar.com‹ Kolumnist und ehemalige Geheimdienstoffizier Philip Giraldi
drückt sich eindeutiger aus: »Unmarkierte Kriegsflugzeuge der NATO treffen in den türkischen
Militärstützpunkten nahe Iskenderun an der syrischen Grenze ein, und liefern
Waffen aus den Arsenalen des getöteten Muammar Gaddafi; hinzu kommen Freiwillige
des libyschen Übergangsrats, die im Vorgehen lokaler Freiwilliger gegen
ausgebildete Soldaten Erfahrung haben. Iskenderun ist auch der Sitz der FSA,
des bewaffneten Arms des ›Syrian
National Council‹. Dort befinden
sich Ausbilder der französischen und britischen Spezialkräfte, die den
syrischen Rebellen helfen, während die CIA und Spezialkräfte der USA Geheimdienstinformationen
sowie Kommunikationsgeräte zur Verfügung stellen, wodurch sie es den Kämpfern
ermöglichen, Konzentrationen von syrischen Soldaten auszuweichen.« Der
libysche ›Nationale Übergangsrat‹ hat seine Unterstützung für die
syrischen Rebellen bekanntgegeben und schickte 600 Kämpfer an die türkische
Grenze. Von Katar, Saudi-Arabien und der Türkei finanziert und unterstützt, ist
die FSA darauf aus, einen Krieg der Konfessionen zu entzünden, indem sie Sunniten
gegen Alawiten und Christen aufhetzt. Ihre ›Abu
Bakr Brigade‹, die aus Libyen kommt
und von der es heißt, sie sei von al-Qaeda rekrutiert worden, verbreitet im
Rahmen ihrer Propagandaoperation anti-Alawiten-Videos. Diese Gruppe hat sich zu
verschiedenen Angriffen auf iranische Ziele bekannt, insbesondere zur
Sprengung eines iranischen Militärflugzeugs mit 302 Soldaten an Bord im Jahr
2003. Die Rebellen ärgern sich besonders über das, was sie als wachsenden
iranischen Einfluß in Syrien charakterisieren,
was ebenfalls auf die konfessionelle Komponente ihrer Sache hinweist. Während
Ägypten in die Umarmung der Moslembruderschaft gerät und die USA, wie man sagt,
›gemäßigte Islamisten‹ in Syrien und anderswo unterstützt,
wird die Lage von Christen und Ungläubigen in der Region zunehmend
problematisch. Die Ägypter sehen, was in Syrien vor sich geht und versuchen zu
verhindern, daß sich das von den Vereinigten
Staaten gesponserte Chaos ausbreitet. Befürworter des ›soft power‹ bezeichnen
diesen oft als friedliche Alternative zum Einsatz von ›hard power‹, aber in
Wirklichkeit ist ersterer nur das Vorspiel zu letzterem. Die ›Förderung von Demokratie‹ bereitet die Bühne für eine
militärische Intervention, indem sie als ersten Schritt die für einen Regimewechsel
erforderliche Begründung liefert, und als zweiten das Personal zur Verfügung
stellt. Die Radiostation der syrischen Rebellen mit ihrem Hauptsitz in London hat
Millionen unserer [US] Steuerdollars bekommen, während unsere Spione sie
ausgebildet und mit Waffen versorgt haben. Die Grenze zwischen ›weich‹ und ›hart‹ ist immer schwieriger auszumachen.
Als die
Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte, unterstützten die USA die
afghanischen Mudschahedin – Präsident Reagan bezeichnete sie als ›Freiheitskämpfer. ‹ Das war die Wiege, aus der al-Qaeda schlüpfte. Welche neuen
Monster erschaffen wir im syrischen Schmelztiegel?
[1] Quelle: http://www.jungewelt.de/2012/02-02/055.php 2. 2. 12
Der
Bundesausschuß Friedensratschlag - Hände weg vom Iran und von Syrien;
auszugsweise www.friedensratschlag.de
[2] http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=43580&title=Der+syrische+Schmelztiegel+-+%22F%F6rderung+der+Demokratie%22+und+Regimewechsel+im+Mittleren+Osten+&storyid=1001328685693 9. 2.
12 Der syrische Schmelztiegel -
"Förderung der Demokratie" und Regimewechsel im Mittleren Osten - Von
Justin Raimondo – auszugsweise; Hervorhebungen durch politonline. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von www.antikrieg.com
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