»Bundesausschuss Friedensratschlag« - Hände weg vom Iran und von Syrien

Den wirtschaftlich und politisch Herrschenden müssen Kriege wie in Afghanistan, im Irak und in Libyen unmöglich gemacht werden.

Wir widersetzen uns militärischen Interventionen in Syrien und im Iran. Im Konflikt mit beiden Ländern geht es nicht um Menschenrechte und Atompolitik, sondern um die Vorherrschaft in einer der geostrategisch bedeutendsten Regionen. Die USA, die EU und die Bundesregierung haben die Drohkulisse gegenüber dem syrischen Regime ständig erhöht. Einseitige Berichterstattung und militärische Unterstützung bewaffneter oppositioneller Gruppen durch einige NATO-Staaten haben zu einer gefährlichen Eskalation beigetragen. Hier gilt, was die Friedensbewegung schon im Fall von Libyen gefordert hatte: Die Gestaltung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung eines Landes ist ausschließlich Angelegenheit seiner Bevölkerung. Sich mit ihr zu solidarisieren heißt vor allem, die Gewaltspirale zu beenden und sich jeglicher Intervention von außen zu widersetzen. Die Überwindung autoritärer Herrschaftsstrukturen und Ausbeutung ist nur in Abwesenheit äußerer Einmischung möglich. Äußere Einmischung – auch wenn sie sich noch so »humanitär« gibt – ist stets von fremden Interessen geleitet und widerspricht dem völkerrechtlichen Prinzip der Selbstbestimmung und der Souveränität der Staaten. Libyen darf nicht zum Modell für weitere NATO-Interventionen werden. Ein Angriff auf Syrien könnte zudem leicht zum Flächenbrand werden. Seit Monaten wird in Israel und der USA offen über einen militärischen Angriff auf den Iran diskutiert. Allein schon eine solche Diskussion zeugt von der völligen Mißachtung des strikten Gewaltverbots, das die Charta der Vereinten Nationen allen Staaten der Welt auferlegt hat. Dabei enthält der im November 2011 veröffentlichte Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) keine belastbaren Belege für ein aktuelles iranisches Atomwaffenprogramm. Zum iranischen Kernenergieprogramm ist grundsätzlich festzustellen: Teheran nimmt nur das allen Staaten im Atomwaffensperrvertrag garantierte Recht für sich in Anspruch, den kompletten Kreislauf der Atomenergieproduktion nutzen zu können. Das muß uns nicht gefallen – zumal wir spätestens seit Fukushima wissen, daß auch die zivile Nutzung der Kernkraft lebensbedrohend und letztlich eben nicht beherrschbar ist.

 

Dennoch haben die USA und die EU die Sanktionen gegen den Iran in einer Weise verschärft, die immer näher an einen Krieg heranführt. Die jüngst beschlossenen Embargomaßnahmen gegen Ölimporte aus dem Iran und die Sanktionen gegen die iranische Zentralbank verfolgen das Ziel, den internationalen Ölhandel mit Iran ganz zum Erliegen zu bringen und stellen damit de facto einen Wirtschaftskrieg dar. Gegenmaßnahmen sind somit programmiert, die Spannungen und die wechselseitige Kriegsrhetorik werden sich gefährlich hochschaukeln. Verlierer ist wie immer in solchen Fällen die Zivilgesellschaft, die jeglicher Möglichkeit beraubt wird, demokratische und soziale Fortschritte gegen das herrschende System durchzusetzen. Wir alle sind dazu aufgerufen, der Eskalation im Nahen Osten entgegenzutreten. Weil wir Frieden wollen, müssen wir die Politik in die eigenen Hände nehmen.  [1]

 

politonline: Syrien ist erneut ein Beispiel dafür, wie Revolutionen von aussen gezielt vorbereitet, beeinflusst und, wenn immer möglich, gesteuert werden. Dies belegen Auszüge aus dem nachfolgenden Artikel  [2]:

 

Der syrische Schmelztiegel - »Förderung der Demokratie« und Regimewechsel im Mittleren Osten - Von Justin Raimondo

 

Die Verhaftung und das anhängige Verfahren gegen ausländische »Demokratieaktivisten« in Ägypten auf Grund von Beschuldigungen, sie hätten gegen die Gesetze verstoßen, die eine Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen [NGO] durch ausländische Regierungen verbieten, hat ein Aufheulen in Washington verursacht. Außenministerin Hillary Clinton warnte Kairo öffentlich, daß dies die 1,55 Milliarden $ an Hilfsgeldern gefährden wird, die die USA heuer zur Verfügung stellen sollte, jedoch scheinen die Ägypter davon nicht besonders beeindruckt zu sein. »Die Regierung wird nicht zögern, ausländische Machenschaften ans Licht zu bringen, die die Stabilität unseres Landes gefährden«, erklärte Frau Abu el-Naga im Namen der ägyptischen Regierung. Die staatliche Zeitung Al Ahram berichtete darüber und fügte hinzu: »Sie setzt auf das wahre Wesen des ägyptischen Volkes, in der Krise zusammenzukommen.« Und damit liegt sie sehr richtig, da die US-Regierung in Ägypten wegen ihrer Unterstützung des Diktators Hosni Mubarak all die Jahre hindurch weithin verschrieen ist In der Tat unterstützte die entrüstete Hillary ihn bis zum allerletzten Augenblick, sogar noch, als Ägypter aller Überzeugungen auf die Straßen strömten und  seinen Rücktritt forderten – und seinen Kopf. In Amerika sind die Einschränkungen für die Finanzierung von politischen Gruppen und gemeinnützigen Einrichtungen aus dem Ausland noch strenger als in Ägypten: sie müssen sich als Agenturen einer ausländischen Macht registrieren lassen und sämtliche ihrer Aktivitäten und Beziehungen zu ausländischen Staatsbürgern und Regierungen offenlegen. Kurz gesagt, die USA hält sich innerhalb ihrer eigenen Grenzen an einen bestimmten Standard, den sie aber nicht anerkennt, wenn dieser im Ausland an sie selbst angelegt wird. Dieses Verhalten ist typisch für Washington und nur einer der Gründe, warum wir gehaßt werden, wohin immer wir gehen. Das Außenministerium stellt den jetzigen Eingriff als einen Versuch der Militärjunta dar, sich an die Macht zu klammern, ungeachtet der Zusage, diese an eine demokratisch gewählte Regierung abzugeben.

 

Unter dem Titel National Endowment for Democracy [Nationale Stiftung für die Demokratie] und USAID überweist Washington Milliarden an Dollars aus Steuergeldern ins Ausland, um die Arbeit von der Regierung finanzierter NGOs zu fördern und schafft damit im Endeffekt die  amerikanische Neuauflage der alten sowjetischen Comintern. Mit ihren auf der ganzen Welt in die Zivilgesellschaft eingebetteten Agenten benützt Washington die genannten Gruppen, um seine außenpolitische Agenda des Regimewechsels in denjenigen Ländern zu verfolgen, deren Machthaber gegenüber Amerikas Absichten nicht unterwürfig genug sind. Wir sahen das in der Ära Bush, als durch die USA finanzierte und ausgebildete Gruppen verschiedene Farbenrevolutionen angezettelt wurden, von der Ukraine bis Kirgistan. Die Strategie der USA besteht eindeutig darin, den revolutionären Aufstand zu co-optieren, anstatt ihn zu bekämpfen, und ihn als Mittel zu benützen, um die amerikanischen Interessen in der Region voranzutreiben. Bezüglich Syriens drückt dies Jacob Heilbrunn in seinem Artikel In The National Interest so aus: »Offenbar hat das Außenministerium syrische Gruppen und TV-Programme finanziert, die das Assad-Regime attackierten. Die Washington Post berichtet, daß Depeschen von Diplomaten der USA enthüllen, daß das Außenministerium mindestens 6 Millionen $ an eine Gruppe namens Bewegung für Gerechtigkeit und Entwicklung überwiesen hat: eine Gruppe von syrischen Exilanten, die in London leben. »Die Bedeutung dieses Zuges scheint klar: Präsident Obama unterstützt, nicht anders als sein Vorgänger George W. Bush, einen Regimewechsel in Syrien. Dieser könnte im Interesse Amerikas liegen, oder auch nicht. Die Diktatur der Assads, Vater und Sohn, war eine häßliche. Aber wer würde sie ersetzen? Weiß Obama das? Hat er eine klare Vorstellung von den Exilanten in London [von denen einige offenbar ehemalige Mitglieder der Moslembruderschaft sind, die von Amerika unterstützt wurde]. Der Verlauf der amerikanischen Unterstützung solcher Gruppen war nicht immer glücklich. »Ein weiteres Problem liegt darin, daß durch die Einmischung in die innerstaatliche Politik Syriens die Obama-Administration die Behauptungen des Regimes legitimiert, es kämpfe gegen ausländische Gegner, die darauf aus sind, das eigene Land zu unterminieren. Denn eines ist gewiß: Was Obama hier betreibt, ist eindeutig Subversion. Er unterstützt eine Gruppe, die versucht, die derzeitige syrische Regierung zu stürzen.«

 

Der Bericht der Arabischen Liga

Laut den Medien des Westens geht es in Syrien darum, daß wehrlose Demonstranten von Regierungskräften massakriert werden, aber die Realität ist eine ganz andere, wie der Bericht der Beobachtermission der Arabischen Liga klar macht. Natürlich hörten wir nicht viel von diesem Bericht nach dessen Veröffentlichung: alles, was dem offiziellen Narrativ zuwiderläuft, geht von vorneherein in das Gedächtnisloch und wird nie wieder gesehen. Pepe Escobar berichtet hierzu: »Der Bericht ist unerbittlich. Es gab keine organisierte mörderische Unterdrückung von friedlichen Demonstranten durch die syrische Regierung. Stattdessen weist der Bericht auf zwielichtige bewaffnete Banden hin, die für Hunderte von Toten in der syrischen Zivilbevölkerung und für über Tausende von Toten in der syrischen Armee verantwortlich sind, und die todbringende Taktiken wie Bomben in zivilen Bussen, Bomben gegen Züge, die Diesel transportierten, Bomben gegen Polizeibusse und Bomben gegen Brücken und Pipelines eingesetzt haben.« Der Bericht der Arabischen Liga selbst hält fest: »Die Mission stellte fest, daß es eine bewaffnete Gruppierung gibt, die im Protokoll nicht erwähnt wird. Diese Entwicklung auf dem Boden kann zweifelsohne dem exzessiven Einsatz von Gewalt durch die syrischen Regierungskräfte zugeschrieben werden, mit der diese auf Proteste vor der Entsendung der  Mission, die den Sturz des Regimes forderten, reagiert hat. In einigen Gebieten reagierte diese bewaffnete Gruppierung, indem sie syrische Sicherheitskräfte und Bürger angriff, was die Regierung dazu veranlaßte, mit weiterer Gewalt vorzugehen. Letztendlich bezahlen unschuldige Bürger für diese Aktionen mit Leib und Leben.« Wer oder was ist diese bewaffnete Gruppierung, die im Protokoll nicht erwähnt wird – auch nicht in vielen der Nachrichtenmeldungen über die Ereignisse in Syrien? Woher bekommen sie ihre Waffen? Stratfor [Strategic Forecasting, in Texas ansässige US-Sicherheitsberatungsfirma] meint, hauptsächlich aus dem Libanon, aber da ist auch die Grenze mit der Türkei: »Die Nachschubwege aus dem Libanon sind die wichtigsten für die  Free Syrian Army [FSA], da sie am nächsten zu entscheidenden Hochburgen der Opposition in und um die Hauptstadt und in die Städte mit sunnitischer Mehrheit  - Homs und Hama -  verlaufen. Die durchlässige syrisch-türkische Grenze kann von der FSA am sichersten überschritten werden. Ankara hat bereits einige Flüchtlingslager für Syrer an der türkischen Grenze eingerichtet und den Führungen der FSA und des Syrian National Council[Syrischer Nationalrat] Aufenthalt gewährt. Geheime ausländische Unterstützung für die FSA findet wahrscheinlich ebenfalls auf der türkischen Seite der syrischen Grenze statt, wo Vorräte geschützt werden und die türkischen Streitkräfte einige Deckung für FSA-Rebellen bieten können, die sich von und nach Syrien bewegen.«

 

Der antiwar.com Kolumnist und ehemalige Geheimdienstoffizier Philip Giraldi drückt sich eindeutiger aus: »Unmarkierte Kriegsflugzeuge der NATO treffen in den türkischen Militärstützpunkten nahe Iskenderun an der syrischen Grenze ein, und liefern Waffen aus den Arsenalen des getöteten Muammar Gaddafi; hinzu kommen Freiwillige des libyschen Übergangsrats, die im Vorgehen lokaler Freiwilliger gegen ausgebildete Soldaten Erfahrung haben. Iskenderun ist auch der Sitz der FSA, des bewaffneten Arms des Syrian National Council. Dort befinden sich Ausbilder der französischen und britischen Spezialkräfte, die den syrischen Rebellen helfen, während die CIA und Spezialkräfte der USA Geheimdienstinformationen sowie Kommunikationsgeräte zur Verfügung stellen, wodurch sie es den Kämpfern ermöglichen, Konzentrationen von syrischen Soldaten auszuweichen.« Der libysche Nationale Übergangsrat hat seine Unterstützung für die syrischen Rebellen bekanntgegeben und schickte 600 Kämpfer an die türkische Grenze. Von Katar, Saudi-Arabien und der Türkei finanziert und unterstützt, ist die FSA darauf aus, einen Krieg der Konfessionen zu entzünden, indem sie Sunniten gegen Alawiten und Christen aufhetzt. Ihre Abu Bakr Brigade, die aus Libyen kommt und von der es heißt, sie sei von al-Qaeda rekrutiert worden, verbreitet im Rahmen ihrer Propagandaoperation anti-Alawiten-Videos. Diese Gruppe hat sich zu verschiedenen Angriffen auf iranische Ziele bekannt, insbesondere zur Sprengung eines iranischen Militärflugzeugs mit 302 Soldaten an Bord im Jahr 2003. Die Rebellen ärgern sich besonders über das, was sie als wachsenden iranischen Einfluß in Syrien charakterisieren, was ebenfalls auf die konfessionelle Komponente ihrer Sache hinweist. Während Ägypten in die Umarmung der Moslembruderschaft gerät und die USA, wie man sagt, gemäßigte Islamisten in Syrien und anderswo unterstützt, wird die Lage von Christen und Ungläubigen in der Region zunehmend problematisch. Die Ägypter sehen, was in Syrien vor sich geht und versuchen zu verhindern, daß sich das von den Vereinigten Staaten gesponserte Chaos ausbreitet. Befürworter des soft power bezeichnen diesen oft als friedliche Alternative zum Einsatz von hard power, aber in Wirklichkeit ist ersterer nur das Vorspiel zu letzterem. Die Förderung von Demokratie bereitet die Bühne für eine militärische Intervention, indem sie als ersten Schritt die für einen Regimewechsel erforderliche Begründung liefert, und als zweiten das Personal zur Verfügung stellt. Die Radiostation der syrischen Rebellen mit ihrem Hauptsitz in London hat Millionen unserer [US] Steuerdollars bekommen, während unsere Spione sie ausgebildet und mit Waffen versorgt haben. Die Grenze zwischen weich und hart ist immer schwieriger auszumachen.

 

Als die Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte, unterstützten die USA die afghanischen Mudschahedin – Präsident Reagan bezeichnete sie als Freiheitskämpfer. Das war die Wiege, aus der al-Qaeda schlüpfte. Welche neuen Monster erschaffen wir im syrischen Schmelztiegel?

 

 

[1]  Quelle: http://www.jungewelt.de/2012/02-02/055.php   2. 2. 12

Der Bundesausschuß Friedensratschlag - Hände weg vom Iran und von Syrien; auszugsweise www.friedensratschlag.de

[2]  http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=43580&title=Der+syrische+Schmelztiegel+-+%22F%F6rderung+der+Demokratie%22+und+Regimewechsel+im+Mittleren+Osten+&storyid=1001328685693   9. 2. 12  Der syrische Schmelztiegel - "Förderung der Demokratie" und Regimewechsel im Mittleren Osten  -  Von Justin Raimondo – auszugsweise; Hervorhebungen durch politonline. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von www.antikrieg.com