Pariser Militärparade feiert Triumph der »Kaufleute des Todes« - Banker und Rüstungsindustrielle tricksten 1917 die USA in den Krieg - Von Wolfgang Effenberger 30.07.2017 23:40
Vor der Weltöffentlichkeit nahmen am 14. Juli 2017, dem französischen Nationalfeiertag,
Staatspräsident Macron und sein amerikanischer
Amtskollege Trump die Militärparade auf den berühmten Champs Elysées in Paris
ab. Die beiden Präsidenten gedachten auch des Eintritts der USA am 6. April
1917 in den Ersten Weltkrieg auf Seiten der Entente, um dieses monumentale
historische Ereignis mit in die Feierlichkeiten einbeziehen. [1]
Fast genau vor hundert Jahren, am 13. Juni 1917, war US-General
Pershing mit seinem Stab in Paris eingezogen; Anfang Juli standen bereits die
ersten 14.000 US-Soldaten in Frankreich.
[2] Bis Kriegsende sollten es 2
Millionen werden. Nach hundert Jahren wäre es eigentlich an der Zeit, den
Kriegseintritt der USA unvoreingenommen zu reflektieren und die Motive für den
Kriegseintritt aufzudecken. Militarismus und fehlgeleiteter Heroismus haben bei
Gedenkfeiern nichts mehr zu suchen!
Da eine wahrhaftige historische Aufarbeitung nicht zu erwarten
ist, soll hier an ein paar wichtige Hintergründe und Motive erinnert werden.
Während seines Europabesuchs hatte der amerikanische
Präsidentenberater Colonel House am 29. Mai 1914 aus der US-Botschaft Berlin an
Wilson geschrieben: »… das wird eines Tages noch zu einer Katastrophe kommen..…
da gibt es zuviel Haß, zu viele Eifersüchteleien. Sobald
England einverstanden ist, werden Frankreich und Rußland Deutschland und Österreich in die Zange nehmen.« [3] Da
lag er nicht falsch. Ihm, wie den meisten seiner Zeitgenossen, war jedoch
entgangen, daß einige Männer mit den Vorbereitungen für den großen Krieg bereits
ab 1904 in und hinter der britischen Regierung - an Premier und Kabinett vorbei - begonnen hatten. [4]
Das Heer war dabei, für Frankreich ein Expeditionskorps
aufzustellen, und in einer abgeschotteten Marineabteilung arbeitete Lord Hankey
an einer tödlichen Blockade gegen Deutschland. Der offizielle Historiker der
Royal Navy, Sir Julian Corbett, schreibt später, der Erste Weltkrieg sei von
Lord Hankey, dem Planer der Blockade, und seinen Mitarbeitern innerhalb der
britischen Regierung mit »einer geordneten Vollständigkeit im Detail, die keine
Parallele in unserer Geschichte hat«
[5)], vorbereitet worden. Die Namen Hankey und Corbett sucht man leider
in herkömmlichen Geschichtswerken, so auch bei Christopher Clark, vergeblich. Wenige
Tage vor Kriegsbeginn - am Tag seiner
Ermordung, dem 31. Juli 1914 - warnte
der französische Historiker und Sozialist, Jean Jaurès: »Hier in Frankreich arbeiten wir mit allen Gewaltmitteln für einen
Krieg, der ausgefochten werden muß, um ekelhafte Begierden zu befriedigen, und
weil die Pariser und Londoner Börsen in Petersburg spekuliert haben ….. man
sucht den Krieg, den man schon lange schürt.«
Bis Kriegsbeginn Anfang 1914 hatte Amerika wichtige Grundlagen für
seinen Aufstieg gelegt: Es hatte Spanien aus Kuba und von den Philippinen
verdrängt, beherrschte die Karibik, stellte gerade den Panama-Kanal fertig und
besaß in Ostasien Anlaufstellen für seine Flotte. Die Rüstungsausgaben stiegen
ständig – zur Freude der Rüstungskonzerne.
Rüstungsbudgets 1913 in Millionen US-$ [6] Deutschland: ca. 205, Rußland: 400,
Frankreich ca. 340, England: 350,
USA: ca. 310
Interessant sind auch die Ausgaben der Flottenmächte in den 10 Jahren vor dem Ersten Weltkrieg - von 1904 bis 1914 - in Millionen US-$: [7] Deutschland: ca. 980, USA ca. 1250, England ca. 1980
Anfang 1909 hatte Lord Kitchener, der Held von Karthum, gegenüber
dem bayerischen Hauptmann im Generalstab Karl Haushofer ganz unbefangen von der
Unvermeidlichkeit eines großen Krieges gesprochen, »der wahrscheinlich England
wie Deutschland ihre Herrenstellung am Pazifik ..… kosten müsse und für die
Amerikaner und Japaner geführt werden würde.«
[8]
Am 15. August 1914, keine 2 Wochen nach Kriegsbeginn, erfolgte die
erste Schleusung im Panamakanal. Damit konnten die pazifische und die
atlantische Flotte schnell und schlagkräftig vereint werden. Vier Tage später
erklärten die USA ihre Neutralität. Und nur einen Tag später, am 20. August,
löste Großbritannien die völkerrechtswidrige Blockade gegen Deutschland aus - ohne
jegliche Kritik seitens der USA! Sie traf vor allem die Bevölkerung und dauerte
bis zum 28. Juni 1919. Für das Deutsche Reich kam die Blockade überraschend. Man brauchte fast 6 Monate für eine Reaktion,
die kam dann am 4. Februar 1915 mit dem Einsatz der U-Boote.
Die Haltung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und in den
USA ›The American
Israelite‹ protestierte dagegen, daß englisches Blut
und englische Macht verwendet wird, um einen barbarischen Zaren auf seinem
schwankenden Thron zu stützen: »Wir haben kein Interesse an der Erhaltung Rußlands und noch weniger an der Erniedrigung Deutschlands. Für
England ist es ebenso schlimm, an der Seite Rußlands zu kämpfen als gegen Deutschland, mit dem es gar keinen
Streit hat. Die Einmischung Englands in einen Kampf, dessen Hauptzweck die
Erhaltung der Kosakenherrschaft ist, mit ihrer Beugung jedes menschlichen
Fortschritts, wäre eine solche furchtbare Schmach für die Menschheit wie für
die englischen Interessen, daß wir kaum daran zu denken
wagen.« [9] Einen aufschlußreichen Stimmungsbericht der ›Vossischen Zeitung‹ über die Verhältnisse in New York mit seinen großen jüdischen,
deutschen und irischen Bevölkerungsanteilen wollte die ›Allgemeine Zeitung
des Judentums‹ ihren Lesern nicht vorenthalten. In dieser Metropole brachte der
Krieg den unter sich zerstrittenen Deutschen und Juden die Einigkeit. ›Jiddisch‹ war die Sprache
des ganzen russischen und damit des New Yorker Judentums. Daraus wurde
abgeleitet, daß der Jude dem Deutschen viel näher steht als dem Yankee. Geeint
wurden sie nun aber erst durch den Haß gegen Rußland und gegen England! »Die jüdischen Massen empfinden stark, daß sie ihre heutige Kultur dem Deutschtum verdanken, und sie tragen
diesem Deutschtum einen großen Dank ab durch ihre jetzige Haltung, die das
deutsche Judentum stets den Trägern deutscher Kunst und Kultur gegenüber
zeigte.« [10] So wundert es nicht, daß der Aufruf des englischen Schriftstellers Israel Zangwill, die
Entente im Kampf gegen Deutschland zu unterstützen, heftigsten Widerstand
hervorrief.
In der ›Allgemeinen Jüdischen Zeitung ‹ fragte man sich unwillkürlich, »wie es möglich ist, daß dieser Krieg solche Verwirrungen in den Köpfen anrichtet. England als Befreier der Schwachen? Hat es
sich diese Lorbeeren verdient in Indien, Persien oder in Ägypten, oder als es
seinem feierlichen Wort entgegen die Selbständigkeit der Burenstaaten
vernichtete? Als es China durch einen blutigen Krieg zwang, den Opiumhandel zu
dulden, der das Land ruinierte? Oder vielleicht, als es durch seine endlosen
Unterdrückungen jenes Amerikas zum Freiheitskampfe trieb, in dem dieselben
Juden eine Zufluchtsstätte finden, an die Herr Zangwill seine Worte
richtet?« [11]
Mitten im Krieg, im Mai 1916, verständigten sich die Regierungen
von Großbritannien und Frankreich im geheimen Sykes-Picot-Abkommen auf
gemeinsame koloniale Ziele in Nahost. Ohne Rücksicht auf ethnische und
kulturelle Strukturen wurden Grenzen gezogen. Großbritannien erhielt das
heutige Jordanien, den Irak und Teile Palästinas. Mit ein paar Federstrichen
zerstörten damals die Briten und Franzosen die Konfliktsicherungsmechanismen
der Osmanen im Nahen Osten. Das bedeutete das Ende des Friedens und war für die
meisten Araber eine Katastrophe. In diesem Abkommen liegen die Wurzeln der
heutigen Kriege und des heutigen Terrorismus im muslimisch-arabischen
Spannungsbogen.
Kriegsvorbereitungen in den USA Obwohl Wilson immer wieder betonte, er wolle die USA aus dem
europäischen Krieg heraushalten, wurde zielstrebig auf den Kriegseintritt
hingearbeitet. Am 3. Juni 1916 wurde im US-Kongreß der ›National Defense Act of 1916‹ [12] verabschiedet. Für die ›National Guard‹ definiert er im Hinblick auf Schlagkraft, Struktur und
Mobilisation einen signifikanten Wechsel. Für die nächsten fünf Jahre sollte
eine Stärke von 425.000 Mann aufrechterhalten werden. Nun begann die Zeit der
Propaganda und der Preparedness-Umzüge. Karnevalesk marschierten in den
Großstädten an die 50.000 Kriegsbegeisterte durch die Straßen, von Dutzenden
Musikkapellen begleitet, um für den Kriegseinsatz auf dem Kontinent zu werben. 12
Tage nach dem ›National Defense Act‹ führt Präsident Wilson sogar die Parade in Washington an. [13]
Die Weichen für den Krieg waren gestellt. Die
Präsidentschaftskandidaten, die einen Kriegseintritt verhindern wollten, wie
z.B. der Abgeordnete Bob LaFollette, waren schon aussortiert. Dafür nominierten
die Republikaner den anglophilen Charles E. Hughes, der zu dem Demokraten
Wilson keine Alternative darstellte. »Für die frustrierten amerikanischen Wähler, die das korrupte
Nominierungs-System der Parteikonvente, das nach Gutdünken ..… die Auswahl der
Präsidentschaftskandidaten diktierte und hernach um sie sinnlosen Lärm ..…
machte, nicht zu durchbrechen vermochten, für diese amerikanischen Wähler war
1916 nur wiederum eine typische Präsidentenwahl … zwischen den beiden
vordergründig einander bekämpfenden Kandidaten, die in Wirklichkeit mit J.P.
Morgan und J.D. Rockefeller unter einer Decke steckten. Die beiden letzteren hatten
lange vor der offiziellen Wahlkampagne ..… bereits entschieden, daß der offizielle Kriegseintritt der USA eine absolute Notwendigkeit
sei, um die Profite für die Morgan- und Rockefellerschen Anleihen an die
Alliierten sicherzustellen.« [14]
Anfang März 1917 liefen bestürzende Meldungen im Washingtoner Oval
Office ein: Meuterei im französischen Heer! Zudem zeichnete sich allmählich der
Zusammenbruch Rußlands ab. Und auf hoher See schien Deutschland mit seinen U-Booten
das Rennen zu machen. Ein Sieg Deutschlands und damit der Totalverlust
der Kriegsanleihen an die Entente mußte mit allen Mitteln verhindert werden, denn ein Zusammenbruch des
J.P. Morgan-Imperiums hätte eine Implosion der Wall Street bedeutet. Die
Kredite zum Vergleich: 27 Mio. US-$ bekam das Kaiserreich und 2.300 Mio. US-$ die
Entente.
Am 2. April 1917 forderte Wilson in einer äußerst emotional
geführten Rede den Kongreß dazu auf, ihm die
Zustimmung zur Kriegserklärung an Deutschland zu bewilligen. Als Grund nannte
er die Versenkung von US-Handelsschiffen als »Verbrechen gegen die
Menschlichkeit«. Dabei hatte Wilson am 9.
März 1917 selbst angeordnet, die Handelsschiffe zu bewaffnen - 7 Tage danach
wurden 3 US-Schiffe versenkt. Und nun 16 Tage darauf die Kriegserklärung? Es
darf davon ausgegangen werden, daß die
Weichenstellung für einen Krieg dieser Größenordnung nicht 16 Tage, sondern
schon 16 Monate vorher "angedacht" worden war. [15] Trotz
der massenpsychotischen Wirkung von Wilsons Kriegs-Botschaft verlangte während
der hitzigen Debatte der Senator Bob LaFollette die sofortige Ausschreibung
einer Volksbefragung über Frieden oder Krieg, von der er zuversichtlich
voraussagte, die USA würden sich 10:1 gegen den Krieg aussprechen. Das forderte
in den Medien natürlich eine persönliche Attacke auf LaFollette ]16] heraus, in der behauptet wurde, er sei »ein
besserer Deutscher als die Führer Deutschlands selbst.«
Senator George W. Norris wies in seiner Gegenrede die von Wilson
angeführten Kriegsgründe zurück und zeigte
- aus einem Kundenbrief der ›New York Stock Exchange‹ zitierend - die Interessen
der Wall Street auf: »Kanada und Japan sind im Krieg und prosperieren mehr denn
je. Bei Ausbruch unmittelbarer Feindseligkeiten würden die Aktien mit
erfreulichem Blick schnell, klar und hitzig reagieren. Der altmodische bull
market würde sich daran ebenso erfreuen, wie beim Ausbruch des Krieges mit
Spanien 1898. Dagegen würde der Beginn des Friedens die Warenpreise nach unten
anpassen und höchstwahrscheinlich den Unternehmungsgeist hemmen.« [17] Nach
einer nicht ohne Erbitterung geführten Debatte, Senator Bob La Follette kämpfte
in einer vierstündigen Rede gegen den beabsichtigten Krieg gegen Deutschland, erklärten
die Vereinigten Staaten am 6. April 1917 den Kriegszustand mit Deutschland. [18]
Auf die Rede Wilsons reflektierte die ›Allgemeine Zeitung des Judentums‹ mit einem entschiedenen Hinweis auf das von Wilson betriebene
Doppelspiel, »in dem er vom Anfang des Krieges an gestattete, guthieß, ja
vielleicht sogar förderte, daß die amerikanischen Fabriken unsere Gegner mit
Munition, Waffen und allerlei Kriegsgerät versorgten. Das hat außer Amerika
kein wirklich neutraler Staat getan. Schon durch diese Unterstützung unserer
Feinde haben die Vereinigten Staaten ….. sich seit fast drei Jahren trotz ihrer
angeblichen Neutralität als eine gegnerische Macht erwiesen. Also nicht wir,
sondern sie sind die Urheber dieses Krieges.«
[19]
Als Angehörige des deutschen Volkes protestierten die Redakteure
des jüdischen Blattes gegen die Suggestion, daß die Vereinigten Staaten nur mit der deutschen Regierung und nicht
mit dem deutschen Volk Krieg führten. »Wir haben keinen Krieg mit Amerika
gewollt, am wenigsten mit Herrn Wilson, wir nehmen ihn auf, da er uns
freventlich auferlegt wird, im Bewußtsein unseres guten Rechts und unserer
heiligen Sache.« [20]
1934, als in den USA die Angst vor einem neuen Krieg umging, und
die Entwicklung der ›Rainbow-Kriegspläne‹ anlief, nahm unter dem Vorsitz von Senator Gerald P. Nye ein
Untersuchungsausschuß im US-Kongreß (›The Special Committee on Investigation of the Munitions Industry‹) die Arbeit über
die Gründe für den Kriegseintritt 1917
auf. Nach sorgfältigen zweijährigen Ermittlungen konnte das sogenannte
Nye-Komitee überzeugend darstellen, daß Banker und
Rüstungsindustrielle neben Preisabsprachen vor und während des Krieges starken
Einfluß auf die US-Außenpolitik genommen und so das Land in den Krieg ›getrickst‹ hatten. [21]
Die Netto-Gewinne mancher Rüstungshersteller konnten exorbitante
Zuwächse verzeichnen: Bei DuPont steigerten sich die Nettogewinne während des
Krieges um fast 1000 %! Im US-Wahlkampf von 2008 tauchte übrigens unter Obamas
größten Geldgebern der Name Morgan auf, gleich hinter Goldman Sachs und noch
vor der Citigroup. [22]
1935 setzte die amerikanische Künstlerin Mabel Dwight den
Profiteuren von Krieg und Krisen mit ihrer Lithografie ›The Merchants of
Death‹ ein Denkmal. »Die Händler des Todes sind zäh und langlebig … ihr
alleiniges Interesse ist das Eigeninteresse, ihr alleiniger Gott ist der
Profit. … Als Politiker richtet sich ihr Interesse auf eine starke
Herrscherklasse und die Bündelung der Privilegien … Was sie jedoch nur selten
begreifen, ist, daß der Tod ihr Anführer ist. Er liebt
sie, denn er weiß, daß sie früher oder später seine Taschen
füllen werden. Er weiß, daß sie Kriege und Revolutionen
ausbrüten … ihre Hartnäckigkeit und ihre althergebrachte Dummheit übersteigen
jedes verständliche Maß. Wir sprechen hier über Wesen, die ausgesprochen
scharfsichtig, dabei aber unheilbar kurzsichtig sind. In diesem Land hassen sie
das Ideal der Demokratie, doch sind sie froh über die lockeren Zügel und den
Freiraum, den sie ihnen läßt.« [23]
Der erste Weltkrieg konnte in diesem Umfang nur stattfinden, weil
die Banker rechtzeitig die Weichen gestellt hatten, um Unmengen von Geld zu
schöpfen. Bei Wilsons Amtsantritt steckten die USA in einer wirtschaftlichen
Rezession. Schon Ende April 1913 hatte Wilson auf Drängen einflußreicher Banker die erste Zusammenfassung der noch geheimen
Gesetzesvorlage für ein Zentralbankengesetz befürwortet. Es wurde weitgehend
unbemerkt von der amerikanischen Öffentlichkeit am 22. Dezember 1913 als ›Federal Reserve Act‹ vom Repräsentantenhaus verabschiedet, und am
Tag darauf stimmte der Senat zu; ein Teil der Abgeordneten und Senatoren hatte
schon die Heimreise für das Weihnachtsfest angetreten. Nur Stunden später
unterschrieb Wilson das umstrittene Gesetz
[24], für viele ein Freibrief zur privaten Geldschöpfung. Damit verzichtete der Kongreß auf das Vorrecht, Geld zu drucken, und übertrug diese Aufgabe
internationalen Bankiers, die für dieses Gesetz reichlich Lobbyisten-Gelder
fließen lassen hatten. Die öffentliche Meinung war gegen ein solches Gesetz,
nicht zuletzt weil Thomas Jefferson wieder und wieder gewarnt hatte, daß durch einen derartigen Akt zuerst die Inflation beschleunigt und den
Bürgern durch die nachfolgende Deflation dann ihr Vermögen geraubt würde. Damit
hatte Jefferson erstaunlichen Weitblick bewiesen! Die Fed führte ein neues
Geldsystem ein und wurde schon bald von ihren Gründungsvätern für den Krieg
mißbraucht, um ungedecktes ›Fiat money‹ bereitzustellen, nach Edelmetallexperte Reinhard Deutsch ›Legales Falschgeld‹ [25], also Geld mit einem imaginären Gegenwert. Seither achten die Herren des Papiergeldes und Hüter der privaten
Landesbanken darauf, daß Ländern mit staatlichen Landesbanken
der Kampf angesagt wird.
Bereits Goethe beschrieb in ›Faust II‹ die »Wirtschaft mit ihrer Papiergeldschöpfung als eine
Fortsetzung der Alchemie mit anderen Mitteln.«
[26] »Während die klassischen
Alchemisten versuchten, aus Blei Gold zu machen, wird in der modernen
Wirtschaft Papier zu Geld gemacht«, sagte Jens Weidmann als Präsident der
Deutschen Bundesbank in seiner originellen Begrüßungsrede am 18. 9. 2012. Der
auch in Wirtschaftsfragen bewanderte Goethe war der für den Bereich Wirtschaft
zuständige Minister am Weimarer Hof und erlebte hautnah die industrielle
Revolution. Er selbst riet Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach von
der Papiergeld-Einführung ab. »Jeder Münzfuß, er sey welcher er wolle, muß fest
seyn« [27), schrieb Goethe in einem
Gutachten.
Um ungehindert global ausplündern zu können, müssen auch nationale
Strukturen verschwinden. 1914 ging es zunächst darum, die drei großen Dynastien
auf dem europäischen Kontinent zu vernichten. Dazu führte Kardinal John Murphy
Farley, Erzbischof von New York, auf dem Eucharistischen Weltkongreß in Lourdes (22. - 26. 7.1914) folgendes aus: »Der Krieg, der in
Vorbereitung ist, wird ein Kampf zwischen dem internationalen Kapital und den
regierenden Dynastien sein. Das Kapital wünscht niemanden über sich zu haben,
kennt keinen Gott oder Herrn und möchte alle Staaten als großes Bankgeschäft
regieren lassen. Ihr Gewinn soll zur alleinigen Richtschnur der Regierenden
werden …Business … einzig und allein.« [28]
Nun feierte man dieses historische Ereignis im Juli in Paris mit
viel monumentalem Pomp und wenig
Wahrhaftigkeit gefeiert. Nietzsche, der in seiner ›Zweiten unzeitgemäßen Betrachtung‹ zwischen einem monumentalischen, einem antiquarischen und einem
kritischen Umgang mit der Geschichte unterscheidet, warnte: Regiert der monumentalische, so leidet die Vergangenheit selbst
Schaden; große Teile werden vergessen, verachtet oder fließen einfach fort. »Die
monumentale Historie täuscht durch Analogien: Sie reizt mit verführerischen Ähnlichkeiten den Mutigen zur
Verwegenheit, den Begeisterten zum Fanatismus; und denkt man sich gar diese
Historie in den Händen und Köpfen der begabten Egoisten und der schwärmerischen
Bösewichter, so werden Reiche zerstört, Fürsten ermordet, Kriege und
Revolutionen angestiftet und die Zahl der geschichtlichen ›Effekte an sich‹, das heißt der
Wirkungen ohne zureichende Ursachen, von neuem vermehrt.«
Diese negativen Effekte könnte eine
kritische Historienbetrachtung minimieren. Leider werden hierzu selten die
Chancen genutzt. Am Samstag, dem 7. Juli 2017, erschien im Feuilleton der ›Süddeutschen
Zeitung‹ unter dem Titel ›Echo des Krieges‹ ein dreiseitiges Gespräch mit dem jungen Historiker Robert
Gerwarth. Man muß ihm zustimmen, wenn er sagt, daß sich die Geschichte zwar nicht wiederholt, es aber tatsächliche
Parallelen zur Welt vor 100 Jahren gibt: »Man hört Echos von damals«. Deshalb
müssen wir die historischen Wurzeln jener Konflikte, die wir heute erleben, verstehen.
Auf die Ursprünge der ›Echos‹ geht er dann aber nicht ein. Mit der Behauptung: »Europas
Geschichte ist ohne die Entwicklungen
zwischen 1917 und 1923 kaum zu verstehen«
[29] umschifft er eine
gefährliche Klippe: Die Motive, die in den ersten Weltkrieg führten. So wird im
Gespräch auf den oder die Verursacher des 1. Weltkriegs nicht eingegangen,
dafür die angelsächsische Weltsicht dargeboten und natürlich an Fritz Fischers
längst überholtes Buch ›Der Griff zur Weltmacht‹ erinnert. Jeder Blick in die wirklichen Motive der ›Herren des
Papiergeldes‹ wird vermieden. So werden Kriege und Krisen im Profit- und
Machtinteresse dieser Kreise weiteres Leid über die Menschen bringen.
Der deutsche Philosoph Oswald Spengler hat nach dem 1. Weltkrieg visionär
geschrieben: »Für uns aber, die ein Schicksal in diese Kultur und diesen
Augenblick ihres Werdens gestellt hat, in welchem das Geld seine letzten Siege
feiert und sein Erbe, der Cäsarismus, leise und unaufhaltsam naht, ist damit in
einem eng umschriebenen Kreise die Richtung des Wollens und Müssens gegeben,
ohne das es sich nicht zu leben lohnt. Wir haben nicht die Freiheit, dies oder
jenes zu erreichen, aber die, das Notwendige zu tun oder nicht. Und eine
Aufgabe, welche die Notwendigkeit der Geschichte gestellt hat, wird gelöst, mit
dem einzelnen oder gegen ihn.« [30] Damit hat er genau beschrieben, was uns heute
mit der globalen Finanzblase bevorsteht: Die totale Ausplünderung und
Versklavung der Welt sowie die Entwertung von allem und jedem.
So wundert es nicht, daß heute die Krisen an den Bruchlinien
des Ersten Weltkriegs - im Nahen und Mittleren Osten, in der Ukraine
und in Nordafrika - wieder aufgebrochen
sind, weil die Problematik weder gelöst noch aufbereitet wurde. Die
Kriegstreiber von heute sind wie damals kühl kalkulierende, machtbesessene und
menschenverachtende Hasardeure. Sie finden sich unter Spekulationsbankern und
Inhabern von Rüstungsgroßkonzernen, vor allem in den transnationalen Konzernen
und dem transnationalen Kapital.
[1] http://www.handelsblatt.com/politik/international/frankreich-trump [2] Ronald D. Gerste:
»Lafayette, here we come!«, in: ZEIT Geschichte. Nr. 2/2017,
S. 48 [3] Charles Seymour: THE INTIMATE PAPERS OF
COLONEL HOUSE. Cambridge 1926, S:248 [4] Patrick Walsh:
Schlafwandler? Von wegen! Wie Großbritannien seinen Krieg gegen Deutschland
plante. In: Wolfgang Effenberger/Jim Macgregor (Hg.): ›Sie wollten den
Krieg. Wie eine kleine britische Elite den Ersten Weltkrieg vorbereitete‹ Rottenburg 2016,
Seiten 21-59 [5] Julian Corbett: Naval
Operations. London 1921, Bd. 1, S. 18 [6] Wolfgang Effenberger
(Zahlen aus Engelbrecht, H. C./ Hanighen, F.C.: Merchants
of Death, New York 1934 [7] Ebenda [8] Karl Haushofer:
Erdkunde, Geopolitik und Wehrwissenschaft, München 1934, S. 8 [9] The American
Israelite vom 20. August; zitiert in: Allgemeine Zeitung des Judentums
Nr. 38, 18. September 1914, S. 450f [10] Ewers, Hanns Heinz: Wo
stehen die Juden? Zitiert in Allgemeine Zeitung des Judentum Nr. 51. vom
18. Dezember 1914, S. 504 [11] AZJ Nr. 45 vom
6. November 1914, S. 455f [12] Federalizing the
National Guard: Preparedness, Reserve Forces and The National Defense Act of
1916 http://www.nationalguard.mil/News/Article/789220/federalizing-the-national-guard-preparedness-reserve-forces-and-the-national-de/ [13] Walter Millis: Road to
War 1914-1917. Boston and New York 1935 [14] David L. Hoggan: Das
blinde Jahrhundert. Tübingen 1979, S. 454 [15] Wolfgang
Effenberger/Willy Wimmer: ›Wiederkehr der Hasardeure‹ Höhr-Grenzhause 2014, S. 364 f [16] Vgl. Thelen, David P.:
Robert LaFollette and the Insurgent Spirit. Boston 1976 [17] Senator Norris Opposes
U.S. Entry into the War. In: Congressional Record, 65th Cong., 1st Sess., Vol.
LV, pt. I, pp. 212-13 [18] Ausführliche Darstellung
in Wolfgang Effenberger: ‹Pfeiler der US-Macht‹ Gauting 2005, S. 192ff [19] AZJ Nr. 15 vom
13. April 1917, S. 171 [20] AZJ Nr. 15 vom
13. April 1917, S. 172 [21] Report of the Special
Committee on Investigation of the Munitions Industry (The Nye Report), U.S.
Congress, Senate, 74th Congress, 2nd session, February
24, 1936,3-13 [22] https://www.opensecrets.org/pres08/contrib.php?cid=N00009638 [23] Mabel Dwight: A Catalogue Raisonné of the
Lithograhs, Smithosonians Institution Press 1997 [24] The Federal Reserve Act of 1913 - A
Legislative History
unter http://www.llsdc.org/FRA-LH [25] Reinhard Deutsch:
Falschgeld, in Dokumentation des Symposium Steyerberg 2000: Für einen
neuen Geldpluralismus, S. 62 [26] Goethes ›Faust‹: Grenzenloses
Gelddrucken anno 1832 http://diepresse.com/home/wirtschaft/hobbyoekonom/1293632/Goethes [27] http://diepresse.com/home/wirtschaft/hobbyoekonom/1293632/Goethes-Faust_Grenzenloses-Gelddrucken-anno-1832 [28] Michael von Taube: ›Der großen
Katastrophe entgegen‹ Leipzig 1937, S.37£ [29] Echo des Krieges:
Süddeutsche Zeitung Nr. 155 8./9. Juli 2017, Seite 11 [30] Oswald Spengler: ›Der Untergang des
Abendlandes. Umriss einer Morphologie der Weltgeschichte‹ München 1972, Sp.
1194/1195
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