Protest gegen die europäische Schuldengemeinschaft 18.09.2011 23:31
d. a. Wie »Die Welt« vom 13. September festhält, sind inzwischen Tausende von e-mails und Briefen bei den Abgeordneten eingetroffen.
Und
letztere, so die Welt [1], »wissen nicht, wie sie mit der Angst
der Bürger umgehen sollen. Ein Großteil der eingehenden
Post ist gleichlautenden Inhalts. Das liegt daran, daß die Bürger Aufrufen von
Gruppen wie Zivile Koalition e.V. oder Abgeordneten-Check.de gefolgt sind, für die sich etwa die ehemalige
CDU-Abgeordnete Vera Lengsfeld engagiert. Die Briefe sind allesamt Anfragen
zutiefst besorgter Bürger, die von ihrem Wahlkreisabgeordneten nur das eine
wissen wollen: ›Werden Sie sich als
Abgeordneter des Deutschen Bundestags dafür einsetzen, daß die Umwandlung der EU in eine Transfer- und
Haftungsgemeinschaft verhindert wird?‹ Es geht um den Euro, die europäische Schuldenkrise mit immer
neuen Milliardenhilfen für Griechenland, um die demokratischen Rechte der
Bürger, sprich um die Absicht von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister
Wolfgang Schäuble (beide CDU), die Euro-Zone in eine politische Union zu
verwandeln.« Ebenso um die geplante gemeinsame
Wirtschaftsregierung der Euroländer, den Rettungsschirm EFSF und den Europäischen
Stabilitätsmechanismus * (ESM), der ersteren 2013 ablösen soll.
Sozusagen einmalig
ist hier die Haltung der SPD. »Nicht nur, daß sich die Sozialdemokraten
zu dem Sachverhalt trotz mehrfacher Nachfragen ausdrücklich nicht äußern
mochten«, die Partei ›warnt vor Kommunikation mit dem
Bürger‹. In einem Schreiben der Fraktion an die Abgeordneten heißt es
dazu: ›Derzeit gehen Euch erneut
Massenbriefe von ›Zivile Koalition
e. V.‹ zum Thema ›EU-Transferunion - pro oder contra‹ zu. Zudem wird dazu aufgerufen, die
Frage ›Werden Sie sich als
Abgeordneter des Deutschen Bundestages dafür einsetzen, daß die Umwandlung der
EU in eine Transfer- und Haftungsgemeinschaft verhindert wird?‹ zu beantworten. Schließlich
kommt die Fraktionsspitze zu dem Schluß: ›Wir
raten Euch, weder an dieser Umfrage teilzunehmen, noch auf das Schreiben zu
reagieren.‹ Warum die vom Volk
gewählten Abgeordneten sich so verhalten sollen, bleibt das Geheimnis der SPD.
Ihr Vorgehen und ihr Schweigen offenbaren jedoch ein zumindest fragwürdiges
Demokratieverständnis«, so die Welt. Letzteres ist überaus milde ausgedrückt ist. Man kann
darin viel eher eine dümmliche Arroganz erkennen, die sich nicht nur über den
Bürger hinwegsetzt, sondern darüber hinaus aufzeigt, dass sich zumindest der
Schreiber dieser Weisung nicht im klaren ist oder sein will, was auf
die Deutschen zukommen kann.
Die
Einstellung von so manchem Volksvertreter kommt auch in den hier von uns
wiedergegebenen Kommentaren zum Ausdruck, die im Streit um die
Griechenland-Hilfe fielen und vom Oberbadischen
Volksblatt [2] festgehalten wurden. Kanzlerin Merkel hatte
erneut verlangt, »alles zu unterlassen, was die
Zukunft des Euros gefährde. …. Alles zu vermeiden, was zu noch mehr Unruhe um Griechenland
und den Euro führen könnte. Deutschland sei in der Pflicht und der
Verantwortung, seinen Beitrag zu leisten, um die Zukunft des Euros zu
sichern. Alles, was diesem Ziel dient, ist zu tun, und alles, was diesem Ziel
nicht dient, ist zu unterlassen«, hatte sie bei der Eröffnung der IAA, der Internationalen
Automobil-Ausstellung in Frankfurt erklärt. Unionsfraktionsvize Michael Meister
(CDU) warnte wie Merkel vor leichtfertigen Debatten und wandte
sich gegen Überlegungen hinsichtlich einer geordneten Insolvenz Griechenlands.
Sonst könne ein unkontrollierbarer Prozess beginnen. Sachsen-Anhalts
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte von Wirtschaftsminister und
Vizekanzler Philipp Rösler (FDP), sich den Richtlinien der Kanzlerin zu beugen.
›Rösler hat sich unterzuordnen‹,
sagte er der Mitteldeutschen Zeitung
(Ausgabe 15. 9. 11) Dessen Äußerung sei ›für
Deutschland zum Schaden.‹ Rösler selbst sagte gegenüber dem Berliner Tagesspiegel mit Blick auf Merkel: ›Wir
gehören unterschiedlichen Parteien an und bewerten die Dinge in eigener
Verantwortung, mit dem Ziel gemeinsamen Handelns. So ist das in Koalitionen.‹ Bei der schwierigen Aufgabe,
Griechenland in der Eurozone zu halten und wirtschaftlich auf die Beine zu
bringen, dürfe es keine Denkverbote geben. ›Gerade in meinem Amt muß ich
offen sprechen.‹ Die Menschen
erwarteten von ihrer Regierung Ehrlichkeit. Wenn man wie er von der
Notwendigkeit einer Diskussion zutiefst überzeugt sei, müsse man auch
öffentlich dazu stehen.«
Rösler
vertritt unbestreitbar die richtige Auffassung: ›Die Deutschen wollten wissen, wie
es mit dem Euro und Europa weitergehe. Auf diese Frage müsse die Politik
Antworten geben. Man müsse ihnen sagen,
was passieren könne, wenn Griechenland seine Reformzusagen nicht einhalte.‹ Auch die Mahnung von Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU), durch unbedachte Äußerungen keine zusätzliche Unruhe zu
stiften, wies Rösler zurück. ›Politik
muß Vertrauen schaffen‹, sagte er. ›Eine Regierung muß sagen, was sie für
richtig hält, und darf sich dabei nicht von Märkten treiben lassen.‹. Daher
erklärte wohl auch der FDP-Generalsekretär Lindner in der Passauer Neuen Presse: ›Langfristig
sind mit solchen Denkverboten Gefahren für die demokratische Akzeptanz
verbunden.‹
Ebenso sprach sich Wolfgang Gerhardt [FDP] gegen Denkverbote im
Regierungsbündnis aus: ›Im Grunde
muß eine Gesellschaft und eine Politik die Lage so diskutieren, wie sie die
Menschen empfinden‹, sagte der
Vorsitzende der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung im Deutschlandradio.
Jorgo
Chatzimarkakis, EP-Abgeordneter der FDP, liess sich dagegen in der Welt wie folgt vernehmen: »Die Debatte über
eine Insolvenz Griechenlands muß unverzüglich beendet werden, bevor sie noch
weiteren Schaden anrichtet. Man kann als deutscher Wirtschaftsminister nicht über
Insolvenz reden, ohne zu wissen, wie sie sich abspielen soll. Das ist fatal.«
Erstens kann sich heute im Schnitt jeder Bürger ohne Schwierigkeiten
ausrechnen, was bei einem Staatsbankrott eintritt; und Rösler Unwissenheit
zuzuschreiben grenzt ja fast an Rufmord!
»Der
Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, meldete
sich im Handelsblatt online wie folgt zu Wort: ›In der gegenwärtigen Situation kann
Politik nicht öffentlich über alles philosophieren, was einem so einfällt.‹ Vorschläge, die nicht zu Ende gedacht
seien, und deren Wirkungen nicht bedacht und ohne überzeugende Begründung als
der rettende Ausweg bewertet würden, seien kein sinnvoller Beitrag zur Debatte.
›Sie sind unverantwortlich‹.« Nun hat eine handfeste
Debatte über ein derart schwergewichtiges Thema wie der Milliardenabfluss von
Steuergeldern an die Griechen absolut nichts mit der obengenannten ›Leichtfertigkeit‹ zu tun, noch hat sie irgendetwas mit Philosophieren gemein.
Daneben sind die ›Wirkungen‹, also die direkten Folgen eines Ausstiegs Griechenlands
aus dem Euro bereits derart oft dargelegt worden, dass man das weiterhin in
aller Form nicht nur öffentlich debattieren muss,
sondern dies auch im Sinne der Demokratie als ein reales Erfordernis zu
respektieren hat, zumal gerade die vielbeschworene EU-Demokratie von den
Regierenden nur allzu gerne mit Füssen getreten wird. Wenigstens »sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) der dpa: ›Die Frage, ob die Insolvenz
Griechenlands ein Weg sein kann, muß man mit
einem ganz klaren Ja beantworten‹.«
Auch in der
Stellungnahme zu Röslers Sicht der Dinge schiesst die SPD den Vogel ab. »SPD-Fraktionschef
Frank-Walter Steinmeier warf Rösler Verantwortungslosigkeit in der Griechenland-Debatte vor und sagte in der ARD:
›Wir sind die größte Volkswirtschaft
in Europa. Alle schauen auf uns. Und da darf man nicht daherreden wie am
heimischen Küchentisch‹. Die
Entlassung Röslers dränge sich fast auf. Als Wirtschaftsminister und
Vizekanzler müsse er den Kurs der Regierung entweder bestimmen oder einhalten,
sagte Steinmeier mit Blick auf Röslers Äußerungen zu einer möglichen geordneten
Insolvenz Griechenlands von Anfang der Woche.« Würde der werte Herr Steinmeier
einmal darüber nachdenken, dass dem Bürger bei einem derartigen Urteil
unmittelbar der Gegengedanke kommen muss, nämlich dass er selbst auf Grund
eines solchen Angriffs von der Bevölkerung nicht länger als Kandidat betrachtet
wird. Was die Grünen angeht, so sind wir von ihnen längst alles Mögliche gewöhnt,
so dass man den Kommentar von Claudia Roth nur mit dem Mantel der christlichen
Barmherzigkeit bedecken kann: »Die Grünen-Chefin Claudia Roth
sagte dem Radiosender 104.6 RTL, Rösler schade Deutschland: ›Jedes Gequatsche von Herrn
Rösler (...) kommt uns teuer zu stehen‹.«
Und hier die Sicht von Martin Schulz, EP-Abgeordneter der SPD: »Dieser lobte
dagegen in der Leipziger Volkszeitung
den europa-politischen Kurs der Kanzlerin: ›Merkel
legt sich inzwischen gut für Europa und den Euro ins Zeug. Die FDP fällt ihr aber
aus schierer Existenzangst in den Rücken‹.«
Herrn Schulz sei wärmstens empfohlen, die folgende Lagebeurteilung zu verinnerlichen, die ihm eventuell zu einer
veränderten Einstellung verhelfen würde: vielleicht könnte ihn gar die Angst um
seine eigene Existenz packen. Im übrigen sind laut dem jüngsten
ZDF-Politbarometer 76 % der Deutschen gegen die geplante Ausweitung des
Euro-Rettungsschirms.
In einem
Interview zum Thema ›Euro-Rettungsschirme‹ und ihre Auswirkungen sagte der
bekannte deutsche Staatsrechtler Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider dem
Magazin Compact (Ausgabe Nr. 8/11) u. a. folgendes: »Aber die
Regierenden nehmen das [die totale Verschuldung der Bürger] in Kauf, weil sie
einen europäischen Großstaat schaffen und die Nationalstaaten auflösen wollen,
vor allem Deutschland [Merkel erklärte
bereits Ende 2009, dass die Nationalstaaten mehr Kompetenzen abgeben sollen;
Anmerk. politonline]. Wenn den Plänen gemäß die EU um die Türkei und die
nordafrikanischen Staaten, auch Israel, erweitert sein wird, wird die
Unionsbevölkerung mehr als eine Milliarde Menschen umfassen. Damit will man
Großmacht neben der USA und China spielen. Vor allem aber wird die Bevölkerung aus
ohnmächtigen Untertanen bestehen, denen jeder Zusammenhalt fehlt.« Auf die Frage des Interviewers, was wohl geschehe,
wenn Staaten unregierbar werden, antwortete Schachtschneider: »Die Einsatzkräfte
stehen bereit, die Polizei- und Gendarmerietruppen der EU. Sie werden jeden
Aufstand niederschlagen. Das Tötungsverbot wurde durch den Lissabon-Vertrag
ausgehebelt. Es wird auf Aufständische geschossen werden, so wie heute in
Libyen und Syrien. Die EU bereitet sich auf die gewaltsame Durchsetzung der politischen
Zentralregierung vor ….. Der ökonomische
Zusammenbruch gibt die Möglichkeit, diktatorische Verhältnisse
aufzurichten. Das Sagen haben schon lange sehr kleine Kreise … Wir erleben
die faktische Entparlamentarisierung der
Entscheidungen und damit die Entmachtung der Völker.«
Nicht nur
der politisch konservative Schachtschneider sieht das so. Auch aus eher
linken Gewerkschaftskreisen kommen
kritische Äußerungen dazu. In einem Zeitschriften-Aufsatz kritisiert der
IG-Metall-Vorstand Heinz Jürgen Urban den ›Elitenprozeß‹ innerhalb der EU und befürchtet, daß
in der EU ein ›autoritäres Regime‹ entstehen könnte. Der christliche
Verein ›Die Wende‹ fürchtet gar eine neue ›Sowjetunion light‹ in Europa und fordert eine Redemokratisierung in der EU und eine
Rückkehr zum christlichen Menschen- und Gesellschaftsbild. Immer deutlicher
entwickelt sich die EU zu einem furchteinflößenden Gebilde, einem Monstrum, das
auf demselben Gebiet entsteht, auf dem schon einmal ein schreckliches Imperium
herrschte: Rom.« [3]
Da Griechenland,
Irland, Portugal und Spanien in der Welt mit unfassbaren 2,2 Billionen €
verschuldet sind, müssen alle europäischen Staaten, Banken und Unternehmen dieses
Jahr zusammengenommen 2,4 Billionen € auftreiben - unvorstellbare Summen - um fällige alte
Schulden mit neuen abzulösen - das
sind 40 % mehr als im Jahr 2010. Deutschland
allein zahlt derzeit pro Jahr 40 Milliarden € Zinsen. Selbst wenn
man den Kommentar der Welt vom Februar 2010 wiederholt, so ist im voraus
gewiss, dass er auf die Mehrheit der
Verantwortlichen keinen Eindruck hinterlässt: »Die schwindende Zahl unserer Kinder
und Enkel wird uns verfluchen. Schon jetzt ist absehbar, daß der Schuldendienst - allein die Zinsen - Gestaltungsmöglichkeiten
und Zukunftsinvestitionen aller Art, mehr und mehr abwürgen. Wer sich als
Einzelner so verhielte wie unsere ganze Gesellschaft, wäre längst bankrott,
hätte den Offenbarungseid geleistet und säße im Schuldturm.« [4]
Der neuesten
Meldung der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung online vom 17. 9. zufolge wird die Haftung Deutschlands für
überschuldete Euro-Staaten im Ergebnis deutlich höher ausfallen als bisher
angenommen: es ist von 400 Milliarden € die Rede [5]. Man kann nur noch von
einem nicht mehr nachvollziehbaren Milliarden-Wahnsinn sprechen, der allein
schon auf Grund des Rückgangs des EU-Wirtschaftswachstums, Olli Rehn
prognostizierte am 15. 9. praktisch dessen Stillstand in der zweiten Hälfte
2011, der zunehmenden Kosten für die Sozialhilfe infolge einer steigenden
Anzahl von Arbeitslosen, derzeit hat allein die BRD 900.000 Langzeitarbeitslose
ohne Perspektive zu verzeichnen, und des steten Zustroms von Migranten nie
mehr erarbeitet werden kann, was für uns und unsere Nachkommen die
ewige Zinsknechtschaft bedeutet. Das Handelsblatt online [6] hält hierzu einige Fakten fest, die es zu
registrieren gilt: »Die Griechenland-Rettung könnte zu einem Milliarden-Fiasko
für Deutschland werden, weil Banken bei der Beteiligung an den
Kosten offenbar geschont werden. Der Bund der Steuerzahler hat das
Vorgehen der Bundesregierung in der Euro-Schuldenkrise scharf kritisiert. Hintergrund
sind Berechnungen der Grünen, wonach die internationalen Banken womöglich
weit geringer an der Rettung Griechenlands beteiligt werden sollen als erwartet.
›Die Regierungen in Europa spielen
bei der Bewältigung der europäischen Schuldenkrise nicht mit offenen Karten.
Gerade die Bundesregierung hat seit der ersten Hilfsaktion für Griechenland
sämtliche Versprechungen gebrochen‹,
sagte Verbandsvizepräsident Reiner Holznagel. ›Die Haftungssummen werden immer größer und die zugesagte
Gläubigerbeteiligung entpuppt sich als guter Deal für die Banken, aber zu
Lasten der Steuerzahler.‹
Holznagel: ›Was wir jetzt brauchen,
sind klare Beschlüsse für eine Beteiligungspflicht privater Gläubiger an den
Verlusten, klare Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen in allen
europäischen Staaten und eine Initiative für eine Schuldenbremse in allen Verfassungen der
EU-Staaten nach deutschem Vorbild‹.«
Wenigstens
hat Rösler in Bezug auf Griechenland inzwischen von Seiten einer Gruppe
prominenter Wirtschaftsprofessoren Unterstützung erhalten [7]. Diese
stellen sich in einem Aufruf hinter dessen Überlegungen. Sie seien ›seit langem der Meinung, daß eine Staatsinsolvenz in Betracht gezogen
werden sollte‹, heißt es in der vom
früheren Vorsitzenden der Monopolkommission Carl Christian von Weizsäcker und
von Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn verfaßten
Erklärung vom 16. 9. 11, die der FAZ vorliegt.
Unterzeichnet haben 16 renommierte Ökonomen«, darunter Kai Konrad, der
derzeitige Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats von Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble. »Ein ›Denkverbot‹ über eine Insolvenz Griechenlands zu
erlassen, sei ein Rückfall in obrigkeitsstaatliches Denken, kritisieren sie. ›Wenn Deutschland bei seiner Politik
der ›Euro-Stabilisierung‹ eine Staatsinsolvenz eines Mitgliedslands
nicht in Erwägung zieht, ist es durch die Gläubiger beliebig
erpressbar‹, warnen die Ökonomen. Diese Politik provoziere eine
ständige Erweiterung der Rettungsschirme und lenke den Euroraum auf
direktem Wege in eine Transferunion. ›Wenn
aber Teile der Bundesregierung oder andere politische Kräfte den Übergang zu
einer Transferunion wünschen sollten, so mögen sie dies offen aussprechen und
mit der deutschen Wählerschaft diskutieren‹,
fordern die Professoren. Eine derart fundamentale Veränderung der europäischen
Verfassung bedürfe der Legitimation durch die Wähler. ›Andernfalls droht im Land des weitaus größten Nettozahlers eine
populäre Bewegung zum Austritt aus der Europäischen Union‹ , heißt es ferner in der Erklärung. Um all das zu verhindern,
müsse die Politik eine alternative Euro-Politik mit einer geordneten
Staatsinsolvenz von überschuldeten Euro-Mitgliedern in Betracht ziehen.« Es bleibt zu hoffen, dass diesbezüglich
sozusagen in letzter Minute der Sachverstand zur Geltung kommt.
Bekanntlich
war US-Finanzminister Timothy Geithner zu der Versammlung der EU-Finanzminister in Wroclaw [dem
früheren Breslau] vom 16. 9. gestossen; er forderte die Euro-Länder auf, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um die Krise zu
bewältigen, traf hierbei jedoch nicht auf Gegenliebe bei seiner Kollegen. Das
Treffen musste indessen auf Grund einer anberaumten Massendemonstration von
rund 30.000 Demonstranten gegen die Sparpolitik in Europa früher als geplant
enden. Geithner »drängte die Euro-Zone dazu, ihren Rettungsfonds
EFSF nicht
nur auf 440 Milliarden €, sondern auf eine weit größere Summe zu
erhöhen, um notfalls auch Italien vor der Pleite retten zu können. Er schlug
dazu die Einbindung der Europäischen Zentralbank in den Aufkauf von
Staatsschulden vor, was
mit einigen finanztechnischen Tricks zu einer Erhöhung der Kapazität des EFSF
führen könnte, was Schäuble offenbar ablehnte. Die amerikanische Methode führe
zu einer größeren Inflationsgefahr und stelle die
Unabhängigkeit der EZB vollends in Frage.«
[8] Ähnlich wie bei einem
US-Programm zum Aufkauf fauler Wertpapiere müsste danach die EZB wertgeminderte
Staatsanleihen kaufen. Was die erneut vorgebrachte Forderung einer Finanztransaktionssteuer
betrifft, die Banken und Spekulanten an den Kosten beteiligt, so wurde
dies von Geithner unmittelbar und strikt abgelehnt. Auch Didier
Reynders, der belgische Finanzminister, hatte die Absicht, zusammen mit
Deutschland und Frankreich nochmals eine Initiative für eine derartige Steuer in
Europa zu starten. Reynders: Eine solche sei wichtig, um die Geldflüsse an den
Märkten zu stabilisieren. Bislang hat sich aber vor allem Grossbritannien gegen
die Einführung einer solchen Abgabe gesperrt. Was nun Geithner selbst
betrifft, so beschied Luxemburgs Premierminister, der Chef der Euro-Gruppe,
kühl: »Wir diskutieren die Ausweitung des Rettungsfonds EFSF nicht
mit jemanden, der nicht Mitglied der Euro-Zone ist.«
-
Hierzu
abschliessend einer von Michael Winklers jeweils treffenden Kommentaren [8]: »Die
Finanzminister der EU haben sich im schlesischen Breslau getroffen. Das ist
nichts Besonderes, da einigt man sich bestenfalls, daß keiner einen Rat weiß.
Bemerkenswert ist jedoch, daß Timothy Geithner dazugestoßen ist, der Oberschuldenverwalter
der Pleite-USA. Was er dort wollte? Helfen, natürlich. Denn von den USA
lernen, heißt Schulden machen lernen. Die USA haben viel Erfahrung mit
Schuldenobergrenzen, welche die Euro-Länder auf Betreiben von Merkel und
Sarkozy einführen sollen. Damit lebt ein Schuldenstaat prächtig, solange er
diese Obergrenze nur rechtzeitig vor Überschreiten derselben
erhöht. Man muß nur darauf achten, daß man die Schuldenobergrenze in
ein Gesetz schreibt, das man leicht ändern kann. In Merkeldeutschland hat man
das Grundgesetz dafür ausgesucht. Das flößt den Bürgern Achtung ein, doch im
Zweifelsfall läßt es sich sehr flexibel ändern.«
Gemäss
einer letzten Meldung vom 17. September sind sich die SPD und die Grünen in
folgendem einig: »Die FDP gehöre nicht mehr in die Regierung. Das schwarz-gelbe Bündnis sei am
Ende. Neuwahlen müßten ausgerufen werden.
Grund für die Krise der Koalition ist insbesondere der Streit zwischen Union
und FDP über die Rettungsschirme, der sich weiter verschärft.« Es scheint, dass
weder die eine noch die andere Partei den Horizont hat, bei den sie selbst
bedrohenden Folgen einer Dauerrettung Griechenlands von derartigen Forderungen
abzusehen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ging in seiner Stellungnahme im
Berliner Tagesspiegel vom 18. 9.
sogar so weit: »›Wenn die Kanzlerin und ihr Finanzminister Schäuble
der historischen Verantwortung für Deutschland und Europa gerecht werden
wollen, dann können sie mit dieser Koalition nicht mehr weiterregieren‹. Gabriel bot Merkel zugleich
vorübergehende Unterstützung für eine mögliche Minderheitsregierung an. Mit
Blick auf die parlamentarischen Beratungen für die Rettungsschirme EFSF und ESM
machte er deutlich, daß seine Partei eine
solche Regierung bei den Abstimmungen im Bundestag unterstützen würde. ›Wir werden im Parlament ausreichend
Kraft und Verantwortungsbewußtsein aufbringen,
um ohne die FDP die wichtigen Entscheidungen zur Stabilisierung Europas zu
treffen, um danach in einem geordneten Verfahren zu Neuwahlen zu kommen‹.«
[9]
Man kann
nur hoffen, dass die Deutschen von Gabriels ›Verantwortungsbewußtsein‹ verschont bleiben werden, zumal in
Griechenland, dessen Korruption hinlänglich bekannt ist, ein neuer, keineswegs
négligeabler Skandal aufgedeckt worden ist. Fakt ist, dass die Griechen längst
30 Milliarden € an Bankguthaben ausser Landes gebracht haben; was jedoch
weitaus schwerer wiegt, ist das von Ulfkotte [10] festgehaltene Vorgehen der
Regierung: »Die griechische Regierung hat seit einigen Monaten unter
ausgewählten Regierungsmitgliedern jeden Monat tausend Feinunzen Gold in
Münzform verteilt. Es ist ein Bestandteil des Gehalts, das in Krisenzeiten der
Vorsorge dienen soll. Zu den Empfängern gehören auch die wichtigsten Vertreter
des griechischen Geheimdienstes EYP. Doch manche konnten offenbar den Hals nicht voll genug
bekommen. Ausgerechnet einige der für die Korruptionsbekämpfung zuständigen
griechischen Beamten der europäischen Anti-Betrugs-Behörde OLAF aus den Reihen
des griechischen Geheimdienstes EYP haben nicht nur für OLAF und EYP, sondern
auch noch für mehrere europäische Geheimdienste und für multinationale Konzerne
gearbeitet. Im Klartext: Die griechischen Antikorruptionsbekämpfer waren
korrupt. Ein griechischer OLAF-Mitarbeiter, der zugleich auch einer der Leiter
der griechischen Spionageabwehr war, wurde wegen Landesverrats vom Dienst
suspendiert. Er ist nicht der einzige. Besonders brisant: Der Kopf der griechischen
Verrätergruppe hatte nicht nur Zugang zu allen Geheimdienstunterlagen. Er
hatte von der Brüsseler OLAF-Behörde auch einen Spionagekoffer zum Abhören von
Mobiltelefonaten und Aufzeichnen von E-Mails und Faxen bekommen, den man an
jedem Ort diskret einsetzen konnte. Die Verräter belauschten damit
offenbar griechische Politiker und Unternehmer und verkauften die Erkenntnisse
an Unternehmen und andere Geheimdienste. Wichtigster Abnehmer soll der
britische Auslandsgeheimdienst MI6 gewesen sein. Auch die Besuche ranghoher
EU-Politiker sollen von korrupten griechischen Geheimdienstmitarbeitern
beobachtet und belauscht worden sein. Bei einer Durchsuchung des Büros
des Leiters der griechischen OLAF-Behörde soll man geheime Verschlußsachen auf seinem Rechner gefunden haben, die er an
den britischen Geheimdienst verschickt haben soll. Andere EYP-Mitarbeiter
sollen geheime Informationen an ausländische Konzerne verkauft haben. Der
Skandal macht deutlich, daß die Korruption in
Griechenland nun in höchsten Geheimdienstkreisen vorzufinden ist. In Brüssel
ist man nun nicht nur in den Reihen der Anti-Korruptionsbehörde wie gelähmt.
Auch die EU weiß jetzt, daß möglicherweise
viele streng vertrauliche Besprechungen abgehört wurden. Und man hat den
Verdacht, daß die Erkenntnisse über die Briten
an die Amerikaner weitergegeben wurden.
Das Motto
der britischen Wühlmäuse lautete offenbar: ›Kauf
dir einen Griechen!‹«
* Zum ESM siehe ›Austritt Deutschlands aus EU und Währungsunion nunmehr dringendst
geboten‹ http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1801
1 http://www.welt.de/politik/deutschland/article13601529/Tausende-Mails-und-Briefe-gegen-Euro-Hilfen.html 13. 9. 11
Wut auf die Politiker - Tausende Mails und Briefe gegen Euro-Hilfen.
2
Quelle: Oberbadisches Volksblatt vom 15. 9. 2011
http://www.nachrichten.com/index.php?main=nav&ort=&sparte=1&selsparte=1&selort=&expnews=1 15. 9. 11 In der
schwarz-gelben Koalition eskaliert der Streit über die Griechenland-Hilfe sowie
http://www.nachrichten.com/index.php?main=nav&ort=&sparte=1&selsparte=1&selort=&expnews=2 Steinmeier:
Rösler-Entlassung »drängt sich auf«
http://www.nachrichten.com/index.php?main=nav&ort=&sparte=1&selsparte=1&selort=&expnews=4 15. 9. 11 Führende Ökonomen kritisieren
Rösler
3
Quelle: TOPIC Nr. 9 vom September 2010
4 http://www.welt.de/debatte/kommentare/article6423349/Staat-tritt-auf-die-Bremse.html
16. 2. 10
5 http://www.faz.net/artikel/C30770/schuldenkrise-deutschland-haftet-mit-400-milliarden-30687805.html 16. 9. 11
Deutschland haftet mit 400 Milliarden
- Von Manfred Schäfers
6
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/steuerzahlerbund-wirft-merkel-euro-wortbruch-vor/4617520.html 16. 9. 11
Die Griechenland-Rettung könnte zu einem Milliarden-Fiasko für
Deutschland werden ……
7
http://www.faz.net/artikel/C30638/insolvenz-griechenlands-in-betracht-ziehen-oekonomen-unterstuetzen-wirtschaftsminister-roesler-30687837.html 16. 9. 11
»Insolvenz Griechenlands in Betracht ziehen « - Ökonomen
unterstützen Wirtschaftsminister Rösler - Von Philip Plickert
8 http://www.michaelwinkler.de/Kommentar.html 17. 9. 11
9
http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=8615020/125cio5/index.html
17. 9.
11 Opposition fordert Ende von
Schwarz-GelbRot-grüne Hilfe für Merkel gegen die FDP
10
http://kopp-online.com/hintergruende/europa/udo-ulfkotte/kauf-dir-einen-griechen-geheimdienstskandal-erschuettert-athen.html 14. 9. 11
Kauf Dir einen Griechen: Geheimdienstskandal erschüttert Athen - Von
Udo Ulfkotte
resp. http://www.tovima.gr/society/article/?aid=419505
Alle Hervorhebungen durch politonline
Siehe auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1737
29. 5. 11
Die EU - eine einzige
»Bad Bank«
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