Enteignung? - Von Doris Auerbach

Die Forderungen scheinen in ihrer Dreistigkeit keinen Grenzen mehr zu unterliegen. Einer Meldung

der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zufolge soll jetzt offenbar auch noch die Unabhängigkeit der deutschen Bundesbank untergraben werden. Deren Goldreserven, heisst es, sollen dazu dienen, die Haftung Deutschlands in der Schuldenkrise um mehr als 15 Milliarden Euro zu erhöhen. Als äusserst perfide ist der damit verbundene Gedankengang zu sehen: »Unter Umgehung des Bundestages«. Gerade letzterer Schachzug, die Abgeordneten ihres Rechts auf Mitentscheidung zu berauben, deckt die in der EU immer wieder auftretende völlige Missachtung der Demokratie erneut in ihrer ganzen Schärfe auf. Trotz einer Unzahl von Bedenken haben die Euroländer nicht davon abgesehen, das gigantische Hilfspaket zu schnüren, das jetzt mit seinen uferlosen Milliarden dem Bürger die Kehle zuzuschnüren droht. Und jetzt scheint sogar danach getrachtet zu werden, sich auch noch des Eigentums der Deutschen, ihres Goldvorrats, zu bemächtigen, wozu bereits politische Vorschläge ausgearbeitet worden waren, die dann jedoch auf Grund des Widerstands der Bundesbank in Cannes vom Verhandlungstisch genommen wurden. Wie man in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung las, will die Euro-Gruppe dennoch am 7. November erneut darüber beraten. Bislang ist die Haltung von Frau Merkel bezüglich eines solchen Schrittes offenbar »uneindeutig«. [1] Dass sich eine derartige Pfändung bei der in der EU vielfach herrschenden Korruption und Verschwendung zuletzt als blanker Raub erweisen könnte, dürfte den Trägern einer derart verwerflichen Idee sicherlich bewusst sein. Um zu begreifen, wie eine solche Möglichkeit überhaupt ins Auge gefasst werden konnte, muss man sich die leider reale Angst vergegenwärtigen, dass die 440 Milliarden des Eurorettungsfonds EFSF – für den, man kann es nur immer wieder betonen, bislang nicht ein Cent vorhanden ist - im Falle des Wankens grösserer Staaten nicht ausreichen werden. Und genau hier, will man sich einmal deutlich ausdrücken, liegt der Hund begraben: Nämlich wie die Eurozone den Kollaps grösserer Länder, wie beispielsweise Italien, verhindern und die Schuldenkrise künftig von Kerneuropa fernhalten will, das können Europas Politiker offensichtlich nicht aufzeigen; es bleibt also lediglich die Erhöhung des EFSF mit immer neuen Finanztricks. [2]

 

Was die gegenwärtige Lage betrifft, so fasst sie der nachfolgende Leserbrief präzise zusammen:

»Diese ganze Euro-Rettungsmanie nimmt allmählich wirklich pathologische Züge an. Die Währungsunion ist zu einer nimmersatten Geldvernichtungsmaschine mutiert, die nebenbei gerade dabei ist, die Grundlagen von Demokratie und freier Marktwirtschaft zu zermalmen. Aber anstatt das einzig Richtige zu tun und dem toten Gaul endlich den Gnadenschuss zu verpassen, werden immer gigantischere Geldmassen aufs Spiel gesetzt, um diesen Irrsinn noch ein paar Monate fortführen zu können. Was Europa jetzt wirklich braucht, ist eine grenzüberschreitende Widerstandsbewegung zur zerstörerischen Euro-Ideologie der Brüsseler Autokraten, vielleicht nach dem Vorbild der französischen Résistance im Zweiten Weltkrieg. Denn eines ist klar: Wenn wir vor diesem völlig aus den Fugen geratenen EU-Regime widerstandslos kapitulieren, dann wird dies nahezu unausweichlich in der kompletten Vernichtung unseres in 60 Jahren aufgebauten Wohlstands enden.« [3]

 

Eine Meldung vom 5. November  [4]  macht noch einmal klar, dass die deutsche Bundesbank den Vorschlag aus der Reihe der G-20-Staaten, gemäss dem die europäischen Notenbanken ihre Währungsreserven teilweise für die Euro-Rettung verpfänden sollten, erwartungsgemäss abgelehnt hat. Im übrigen hatte auch die Welt am Sonntag berichtet, dass es auf dem G-20-Gipfel in Cannes Versuche gegeben hätte, die Bundesbank und andere europäische Zentralbanken für die Rettung klammer Euro-Länder anzuzapfen.

 

Die Hebelung

Nun war bekanntlich ausgeschlossen worden, dass das Volumen des EFSF ein weiteres Mal erhöht würde. »Deshalb werde es auch zu keiner zusätzlichen Belastung der deutschen Steuerzahler kommen«, wurde diesen versichert. Man kann durchaus rätseln, ob zu diesem Zeitpunkt die Idee der Pfändung der deutschen Goldreserven bereits ausgegoren war, um behaupten zu  können, dass der Steuerzahler einer weiteren Belastung entgehen würde. Als dem Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, nach dem Treffen der Euro-Finanzminister am 4. 10. in Luxemburg die Frage gestellt wurde, ob eine Hebellösung zusätzliche Risiken bergen könne, hatte er ganz einfach erklärt: »Wer kein Risiko eingeht, geht das grösste Risiko ein.« Man ist geradezu entwaffnet, wie einfach es sich die Verantwortlichen machen; so hatte Juncker den sogenannten Hebel vor allem auch als eine technische Angelegenheit bezeichnet. [5] Die deutsche Bundeskanzlerin hatte schon vor dem Gipfel das höhere Risiko indirekt eingeräumt: »Es wäre nicht vertretbar und nicht verantwortlich, das Risiko nicht einzugehen. Eine bessere Alternative liegt mir, nach Prüfung aller Möglichkeiten, nicht vor. Möglichen Ausfällen und Haftungsrisiken stehe der ökonomische Vorteil gegenüber, den insbesondere Deutschland mit dem Euro und innerhalb der EU habe.« Hierzu führt das Handelsblatt [6] im weiteren folgendes aus: Merkel und die anderen Euro-Retter haben sich für diese unehrliche Lösung entschieden, weil eine direkte Erhöhung des Risikos den Steuerzahlern in Deutschland, Frankreich und dem Rest Europas schlicht nicht mehr zuzumuten ist. Also greifen sie zu Finanztricks, um die Feuerkraft des Rettungsschirms EFSF zu vergrößern, ohne die Garantiesumme der Länder direkt zu erhöhen.


Die Entscheidung ist für die Politik ein Offenbarungseid: Kreditausfallversicherungen, Zweckgesellschaften, strukturierte Anleihen, Kredithebel: genau die Finanzakrobatik, die 2007 die Finanzkrise auslöste, soll nun helfen, sie zu beenden. Dies kritisiert auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann: Die in Aussicht gestellten Hebelungsinstrumente ähnelten in ihrer Ausgestaltung denen, die die Krise mit begründet haben, weil sie Risiken zeitweise kaschiert hätten, sagte Weidmann am 27. 10. 11 in München auf dem bayerischen Finanzgipfel laut  Redemanuskript. Mit der angedachten Hebelung seien eindeutig auch höhere Verlustrisiken verbunden, und die Vergemeinschaftung der Risiken nimmt zuEin Risiko liegt inzwischen vor aller Augen offen, die entgegen sämtlicher Zusicherungen am 19. 10. beschlossene, durch eine sogenannte ausgeklügelte Hebelwirkung zu erzielende Ausweitung des Rettungsschirms von 440 Milliarden auf ca. 1 Billion Euro, um auf diese Weise mehr als das Vierfache des derzeitigen Volumens zu erreichen. Auffallend ist, dass Schäuble wiederholt versicherte, dass die deutsche Haftungsobergrenze von 211 Milliarden Euro nicht steigen soll. Demnach müsste er doch, wie bereits angetönt, das Gold seines Landes in Gedanken schon verpfändet haben.

 

Ende Oktober hiess es im deutschen Bundestag anlässlich der Euro-Debatte: »Wir alle betreten Neuland.« Wie dieses aussieht, kann schon heute umrissen werden, da feststeht, dass verschuldete Länder Mitglieder bleiben müssen: Das willig eingegangene Risiko wird daher solvente EU-Staaten in Zukunft dazu zwingen, für alle Schuldner der Eurozone zu haften. Fest steht auch, dass für den damit verbundenen voraussehbaren Niedergang keiner die Verantwortung tragen wird. »Helga Zepp-LaRouche ruft nochmals in Erinnerung, dass bei der Bundestagsabstimmung über die Erweiterung des EFSF, bei der es um die Weichenstellung für die Existenz und Zukunft Deutschlands ging, zahlreiche Abgeordnete nicht einmal annähernd wußten, um welche Summen es ging  …… Für ihre sträfliche Inkompetenz werden wir bald mit der hyperinflationären Entwertung des Euros und unserer Lebensersparnisse bezahlen.« [7]

 

»Die Geschichte zeigt«, schreibt der Finanzexperte Stefan Homburg in der Süddeutschen Zeitung, »daß Regierungen, wenn es ernst wird, zu radikalen Mitteln greifen, wie Enteignungen, Vermögensabgaben und Goldbesitzverbot. Auch der normale Eigenheimbesitzer, Riester-Rentner oder Lebensversicherte wird sein Fett wegbekommen. Ist der Staatsnotstand erst erreicht, sind auch die Grundrechte außer Kraft.« [7]  Walter K. Eichelburg hält folgendes fest: »Die USA fürchtet, daß ein Kollaps des Euros auch die US-Großbanken umbringt, daher ist man an seinem Bestand interessiert. So hieß es denn auch auf der IWF-Konferenz Ende Oktober: We will never accept a failure of the Euro. Vor allem dürfen keine wichtigen Bail-out-Zahler aus dem Euro aussteigen. Der Systemkollaps kommt trotzdem. Selbst Jean-Claude Trichet sagte öffentlich, daß das Vertrauen in die Banken und viele Staaten verlorengegangen sei. Das Großkapital flüchtet schon aus Banken, die zu viele PIIGS-Staatsanleihen halten. Das ist normalerweise das Ende.  Anstatt daß der Systemkollaps schon jetzt gekommen wäre, kommt er eben einige Wochen, spätestens einige Monate später, denn die reale Situation hat sich nicht geändert. Solange müssen Obama, Geithner, Merkel, Schäuble, Sarkozy, Faymann etc. noch nicht den Mob der betrogenen Sparer fürchten. Um das geht es in Wirklichkeit. « [8]

 

  

 

1 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/schuldenkrise-euro-retter-wollen-an-goldschatz-der-bundesbank-11518707.html  5. 11. 11

2 http://www.n-tv.de/politik/Berlin-und-Paris-setzen-Hebel-an-article4558551.html   19. 10. 11

Aus 440 werden 2000 Mrd. für EFSF Berlin und Paris setzen Hebel an  

3 http://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/der-irrsinn-wird-auf-die-spitze-getrieben-eurobonds-kommentar_3714530.html  Leserzuschrift auf Focus Finanz Online vom 14. 8. 2011

4 http://bazonline.ch/wirtschaft/agenturen-ticker/Deutsche-Bundesbank-lehnt-Verpfaendungsplan-zur-EuroRettung-ab/story/16881127   5. 11. 11   Deutsche Bundesbank lehnt Verpfändungsplan zur Euro-Rettung ab

5 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/efsf-hebelung-eiertanz-der-finanzminister-11482362.html

4. 10. 11  

6 http://www.handelsblatt.com/politik/international/die-eine-billion-euro-frage/5751406.html?p5751406=all  27. 10. 11

7 http://www.bueso.de/node/4893  1. 10. 11  Bundestags-Ignoranten planen für Wochen, Rußland und China für das Jahrhundert!  -  Von Helga Zepp-LaRouche

8 http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/8600-systemkollaps-verschoben   2. 10. 11 

Systemkollaps verschoben  -  Von Walter K. Eichelburg

 

Siehe auch

http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1835   30. 10. 11 

Merkel erringt Pyrrhussieg beim Euro - Nein zum Europa der Bananenrepubliken! - Von Helga Zepp-LaRouche