Le Monde: Goldman Sachs »Bindeglied zwischen Draghi, Monti und Papademos«

In einem aufschlußreichen Artikel vom 14. November in »Le Monde« beschrieb der Londoner Korrespondent der Zeitung, Marc Roche,

wichtige Aspekte der neuen EU-Bankendiktatur. Es folgen Auszüge: »Was haben Mario Draghi, Mario Monti und Lucas Papademos gemeinsam? Der neue Präsident der EZB, der zukünftige Chef des italienischen Kabinetts und der neue griechische Ministerpräsident gehören zu verschiedenen Graden zur europäischen Regierung Sachs. Die amerikanische Investmentbank hat sich in Europa ein einzigartiges Einflußnetz geschaffen, das seit Jahren in einer engmaschigen, sowohl sichtbaren als auch nicht sichtbaren Struktur aufgebaut wurde.«

»Jeder Wettbewerb bedarf einer Hierarchie. Dabei geht der erste Preis sicherlich an Mario Draghi, der zwischen 2002 und 2005 Vizechef von Goldman Sachs für Europa war. Als sogenannter Teilhaber sind Unternehmen und souveräne   Staaten sein Aufgabengebiet. Unter dieser Bezeichnung kümmert er sich um den Verkauf von Swaps, die es erlauben, einen Teil der Staatsschulden zu verschleiern. So wurden die griechischen Bilanzen frisiert. Danach kommt Mario Monti, seit 2005 internationaler Berater [von Goldman Sachs]. Dritter ist Lucas Papademos, der gerade griechischer Ministerpräsident wurde. Er war zwischen 1994 und 2002 Chef der griechischen Zentralbank und in dieser Eigenschaft an der von Goldman Sachs begangenen Bilanzfälschung beteiligt. Verwalter der griechischen Staatsschulden ist übrigens ein gewisser Petros Christodoulos, ein ehemaliger Börsenmakler der Firma.«

»Der Ire Peter Sutherland, Ex-Präsident von Goldman Sachs International und mittlerweile im Aufsichtsrat des Unternehmens, hat eine Schlüsselrolle bei der Rettung Irlands gespielt. Schließlich ist da noch Paul Deighton, seit 22 Jahren bei Goldman Sachs, der Generaldirektor des Organisationskomittees der Olympischen Spiele von London 2012. Er hält die rote Laterne, denn jeder weiß, daß Sport und Freundschaft außer Konkurrenz teilnehmen.«

"Die Bank bevorzugt es, ihre Mitarbeiter in Stellung zu bringen, ohne sich erkennen zu geben. Deshalb verbergen ihre Gefolgsleute diese Verbindung bei Interviews oder offiziellen Aufträgen [wie Monti den Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso 2010 mit einer Studie über den gemeinsamen europäischen Markt beauftragte].«

»Mario Draghi beteuert, daß er – er übernahm die Funktion [bei Goldman Sachs] im Jahr 2002 - mit dem Frisieren der griechischen Bilanzen, das schon zwei Jahre früher stattgefunden hatte, nichts zu tun gehabt hätte. Er trat 2005 zurück, ein Jahr bevor Goldman Sachs einen Teil der infrage stehenden Swaps an die National Bank of Greece verkaufen konnte, die führende Geschäftsbank des Landes, deren Chef damals Petros Christodoulos, ein ehemaliger Mitarbeiter von Goldman Sachs, war. Heute ist dieser für die Institution, die die griechischen Staatsschulden verwaltet, verantwortlich.«  [1]

»Mit Mario Monti«, schreiben die Deutschen MittelstandsNachrichten, »ist erstmals ein hochrangiger Vertreter der Finanzindustrie zum Regierungschef eines europäischen Landes aufgestiegen. Monti ist Mitglied des Board of International Advisors bei der Investmentbank Goldman Sachs. Bisher noch wenig bekannt ist, daß Monti einen interessanten Nebenjob hat: Der aktuelle Jahresbericht der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs führt den ehemaligen EU-Kommissar als Mitglied seines Board of International Advisors. Monti ist also Berater jenes Unternehmens, welches die europäischen Regierungen und die EU bei der Bewältigung der Schuldenkrise berät. Goldman hatte Griechenland geholfen, seine Zahlen vor dem EU-Beitritt unter Täuschung der europäischen Statistikbehörde Eurostat so zu präsentieren, daß das wahre Haushaltsdefizit erst nach der Aufnahme in die EU zum Augenschein kam. Natürlich versteht sich Goldman auch darauf, das bei den umfangreichen Konsultationen erworbene Wissen auch andernorts gewinnbringend einzusetzen: So bietet die Investmentbank seit Ausbruch der Eurokrise ihren Kunden ein attraktives Produkt an: Wetten gegen Europa, ein Modell, welches  schon bei der amerikanischen Subprime-Krise erfolgreich eingeführt wurde. Für dieses Geschäftsmodell war Goldman bei den Hearings vor dem amerikanischen Kongreß hart gerügt worden – Konsequenzen gab es keine. Goldman hält Italien für einen integralen Bestandteil der Europäischen Währungsunion, wie zum Wochenende der Chef von Goldman Sachs Asset Management betonte. Jim O’Neill hält Italien im Grund für verloren. Einziger Ausweg: Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse unbegrenzt und im großen Stil italienische Staatsanleihen kaufen. Da trifft es sich gut, daß auch bei der EZB ein Mann sitzt, der sich bei Schrottpapieren gut  auskennt: Der seit 1. November amtierende EZB-Chef Mario Draghi war von 2002 bis 2005  Vizepräsident von Goldman Sachs in London. Es war die Zeit der Hochblüte der faulen US-Immobilienkredite. Draghi hatte selbstverständlich nichts von der tickenden Zeitbombe gemerkt. Rechtzeitig vor dem Platzen der Blase wechselte Draghi auf den Posten des italienischen Zentralbankchefs. Natürlich ohne wirtschaftlichen Vorteil: Er verkaufte seine Anteile an Goldman und übertrug diese an einen sogenannten Blind Trust, einen Treuhänder, von dem natürlich nicht angenommen werden kann, daß er nur auf einem Auge blind ist. So richtete der Chefredakteur der zum Berlusconi-Imperium gehörenden Zeitung Il Giornale eine wenig freundliche Willkommens-Botschaft an Mario Monti. Bezugnehmend auf seine Goldman-Vergangenheit schreibt Alessandro Sallusti: Dies ist jene Bande von Kriminellen, die uns das dieses finanzielle Desaster gebracht haben. Es ist, als wenn man Brandstifter bitten würde, das Feuer zu löschen.«  [2] 

»Mario Draghi als europäischer Notenbankpräsident gepaart mit Mario Monti als Italiens neuem Regierungschef sind der sichere Garant der vollkommenen Barbarei am Vermögen der Bürger«, schreibt Artur P. Schmidt. »Mit Monti wurde zudem ein hochrangiger Bankster zum Regierungschef eines europäischen Landes ernannt. In Anlehnung an Albert Bartlett können wir  sagen, daß Bankster das Phänomen des exponentiellen Wachstums komplett verstanden haben, während die meisten Politiker wegen ihrer groben mathematischen Unkenntnis hier ihre entscheidende Schwachstelle haben. Sie haben über Jahrzehnte die Gesetze der Nachhaltigkeit an den Finanzmärkten durch das Zulassen der Barbarei der Bankster verhindert. Das Wachstum der Zinsen war überproportional größer als das Wachstum der Wirtschaft, was weltweit zu immer mehr Schulden geführt hat. Bei einer Wachstumsrate der Zinsen um 7 % wie aktuell in Italien verdoppeln sich die Schulden alle 10 Jahre. Eines dürfte sicher sein, daß Menschen, die keine Arbeit mehr haben und ums Überleben kämpfen müssen, sich nicht mehr für den Inhalt der Demokratie interessieren. Es muß deshalb das höchste Anliegen der Politik sein, endlich für  Lösungen zu sorgen, die nicht mehr die Symptome, sondern die Ursachen der heutigen Krise angehen. Doch damit dies nicht geschieht, werden immer mehr Handlanger der Bankster in  führende Positionen der Wirtschaft transferiert. Die Goldmann Fraktion wird jetzt das tun, was Sie  immer schon getan hat, noch mehr Gelddrucken einfordern und so die Inflationierung der Märkte vorantreiben, denn wie könnte Kapitalismus besser funktionieren als durch die permanente Enteignung der Bürger durch die schleichende Geldentwertung. …… Mit dem von der Bankster-Mafia geplanten Entzug des Bargeldes und der damit verbundenen Virtualisierung der Geldes wird es für den Einzelnen keine finanzielle Freiheit mehr geben. Denn eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche, daß Mafiosi-Banker, angeführt von Ben Bernanke, ihre utopischen Wirtschaftsstrategien zum Endsieg über die Freiheit und die Abschaffung des Wohlstandes für alle fortsetzen werden.«  [3]

Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte in einem Interview am 9. 11. die Initiative für ein Referendum in Griechenland, obwohl diese schon wieder fallengelassen worden war. Besonders  bemerkenswert ist ihre Begründung: »Was sich in den letzten Monaten immer deutlicher zeigt: Unsere Staaten sind im Europäischen politisch so miteinander verknüpft, daß man kaum noch von vollkommen unabhängigen Entscheidungen sprechen kann. Denn jeder muß wissen, daß seine nationale Entscheidung schwerwiegende Auswirkungen in Europa und darüber hinaus haben kann. Wir haben es immer mehr mit einer europäischen Innenpolitik zu tun. Die Frage zum Beispiel, ob Griechenland ein Referendum über Spar- und Reformmaßnahmen ohne Abstimmung mit seinen europäischen Partnern ankündigt, betraf alle europäischen Partner Griechenlands. Denn  die Verläßlichkeit der Beschlüsse des Euro-Gipfels vom 27.10. wurde [danach] sofort weltweit in Zweifel gezogen. Dieses wachsende Aufeinander-Angewiesensein macht unsere europäischen  Diskussionen durchaus intensiver, uns allen ist aber klar, daß es immer um Stabilität und  Wohlstand aller 27 gemeinsam geht.« Merkel verkündet also das Ende der nationalen Souveränität und des Rechts auf demokratische Volksentscheide. Sie ist natürlich nicht die einzige, zahlreiche Vertreter von EU-Regierungen und Institutionen äußerten sich ähnlich. Allerdings ist schockierend, auf wie wenig Widerstand diese Erklärungen stoßen. Eine Ausnahme bildete ein Seminar zur Rolle der EZB in der Krise am 11.11. in Frankfurt Main mit Prof. Markus C. Kerber. Er ist einer der Kläger gegen die Euro-Rettungspakete in Deutschland, der 50 mittelständische Unternehmen vertritt. Nach seiner Auflistung der vielen Verstöße der EZB gegen bestehende Regeln der EU-Verträge seit dem Mai 2010 kam Kerber darauf zu sprechen,  daß der immer wieder zur schockierenden Rechtfertigung der Bailouts herangezogene Begriff Ausnahmesituation auf Carl Schmitt, den juristischen Wegbereiter der Nazis, zurückgehe. Dieser habe das Konzept entworfen, daß die Ausnahme, der Notstand, wichtiger als alle traditionellen Regeln sei. Letztendlich entscheide die Ausnahme darüber, wer aus der Krise als Gewinner  hervorgehe. Kerber fuhr fort, er wolle natürlich nicht die EZB mit den Nazis gleichsetzen, müsse aber wirklich sagen, daß die Methoden die gleichen seien. Ein anwesender EIR-Vertreter bat  Kerber, diesen Aspekt noch weiter auszuführen, da mit der jetzigen Politik das Europa, das wir bisher gekannt haben, zusammen mit der Demokratie zerstört werde. Kerber sagte, in der Tat führe diese Methode der ständigen Hinweise auf Ausnahme- und Notsituationen zu der Verletzung  sämtlicher vertraglich niedergelegter Regeln, bis am Ende nichts mehr davon übrigbleibe. Man müsse sich schon die berechtigte Frage stellen, ob man auf Kosten der Demokratie den Euro retten wolle.  [4]

 

[1]  http://www.bueso.de/node/5093   16. 11. 11 http://www.lemonde.fr/imprimer/article/2011/11/14/1603675.html   14. 11. 11  Goldman Sachs, le trait d'union entre Mario Draghi, Mario Monti et Lucas Papadémos - Qu'ont en commun Mario Draghi, Mario Monti et Lucas Papadémos?

[2]  http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2011/11/31904/   14. 11. 11  Italien: Monti ist im Nebenjob Berater bei Goldman Sachs  -  auszugsweise

[3]  http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/8884-eu-die-vereinigten-staaten-von-goldman-sachs   17. 11. 11   EU: Die vereinigten Staaten von Goldman Sachs - von Artur P. Schmidt

[4]  Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 46 vom 16. November 2011 -  Währungsraum wirtschaftlich wie Methoden der EZB in der Tradition von Carl Schmitt

Siehe auch  http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1501   2. 5. 10  Wissenswertes aus der Welt der Banken