Ein neues Paradigma für das Überleben der Zivilisation 16.12.2012 18:08
Zu diesem Thema veranstaltete das Schiller-Institut in Flörsheim bei Frankfurt am Main am 24. und 25. November
eine kurzfristig anberaumte zweitägige internationale Konferenz, die von etwa 300 Teilnehmern aus Europa, Nahost und der USA besucht wurde; diskutiert wurde über Lösungen für die derzeitigen Hauptkrisen. Im Mittelpunkt standen zunächst die sich verschärfenden globalen Spannungen, vor allem in Südwestasien, die zu einem Weltkrieg eskalieren könnten, der mit dem totalen Einsatz atomarer Waffen einhergehen und die menschliche Zivilisation in einem globalen Feuersturm auslöschen würde. Die zweite Krise ist der sich beschleunigende, mit mörderischen Kürzungen im Sozialbereich einhergehende Zusammenbruch des westlichen Finanzsystems resp. der Eurozone.Als
Alternative zu dieser monetaristisch ausgerichteten Politik wurden große Infrastruktur-
und Raumfahrtprojekte herausgestellt. Es wurde allerdings klar, daß solche
Projekte nur dann verwirklicht werden können, wenn es einen klaren Bruch mit
dem ›grünen‹ Wertewandel gibt, der in der Bevölkerung der westlichen Länder einen
tiefsitzenden Kulturpessimismus sowie eine Indifferenz gegenüber der wirtschaftlichen
Fortentwicklung des Rests der Welt verursacht. Helga Zepp-LaRouche betonte in
ihrer Eröffnungsrede die Wichtigkeit der Entwicklung der gesamten Nahostregion
über alle religiösen und ethnischen Konflikte hinweg. Nur die sofortige Perspektive
eines Marshallplans für die gesamte Region von Zentralasien bis zum Persischen
Golf und von Afghanistan bis zum Mittelmeer könne eine höhere Ebene der
Vernunft erschließen, die ein gemeinsames
Überleben und eine Zukunft für alle ermöglicht. Nichts weniger als ein neuer
Westfälischer Frieden sei jetzt notwendig. Man müsse der globalen Kriegsgefahr
dadurch
begegnen,
fuhr Zepp-LaRouche fort, daß man sich auf die gemeinsamen Ziele der Menschheit
konzentriert - wie den Vorschlag des russischen Vizepremierministers Rogosin
für eine gemeinsame russisch-amerikanische
Strategische Verteidigung der Erde [SDE] gegen Raketen und globale Bedrohungen
wie z.B. den Einschlag großer Asteroiden. Zepp-LaRouche forderte darüber hinaus
die Entwicklung und Errichtung wirksamer Frühwarnsysteme gegen Erdbeben, Vulkanausbrüche
und extreme Wettersituationen wie jüngst den Jahrhundertsturm ›Sandy‹ an
der US-Ostküste. Der Botschafter der Islamischen Republik Iran in Deutschland,
Ali Rheza Sheikh Attar, ging in seinem anschließenden Beitrag auf die
Nahostregion als geographische und kulturelle Verbindung zwischen den drei
Kontinenten Asien, Europa und Afrika ein. Von der Zusammenarbeit der Völker und
Menschen in dieser Schlüsselregion hänge das Wohlergehen aller in diesen drei Kontinenten
Beheimateten ab, sagte der Botschafter. Er stellte einige der wichtigsten
großen Infrastrukturprojekte des Irans mit grenzüberschreitendem Nutzen vor,
wie die
Iran-Wasser-Route vom Kaspischen Meer zum Persischen Golf, die Eisenbahnverbindung
vom nordöstlichen Iran über die Stadt Maschhad nach Zentralasien und eine
Pipeline, die von Tadschikistan kommend durch Afghanistan in den Nordosten
Irans mündet. Iran wende erhebliche Mittel auf, um diese Projekte zu
verwirklichen. Über die Krisenherde sprach ferner der syrische Professor Bassam
Tahhan, der derzeit am Arabischen Institut für Zivilisation in Paris lehrt;
dieser zeigte Zweideutigkeiten in der Berichterstattung der Presse über Syrien
auf sowie die Struktur der sogenannten Opposition. Tatsache sei, daß Syrien der
erste Schritt hin zu einer totalen Konfrontation mit dem Iran sei. Die iranische
Wissenschaftlerin Ghoncheh Tazmini, die am Institut für Strategische Studien in
Lissabon tätig ist, legte in ihrer Rede Wert darauf, den Iran neu zu betrachten,
und zwar ›mehr als Freund denn als
Gegner‹. Die iranische politische
Führung handle - anders als viele westliche
Kräfte - rational, wenn es z.B. darum
gehe, für den Frieden und gegen Krieg und Terrorismus zu kämpfen. Schriftliche
Beiträge kamen vom Leiter der Dänischen Friedensakademie, John Scales Avery,
dem ehemaligen amerikanischen Botschafter Chas W. Freeman und dem Präsidenten
der Weltvereinigung der Wissenschaftler, Prof. Antonio Zichichi aus Italien. Die
Berichte aus dem Nahen Osten, u.a. auch aus Ägypten, machten über die beiden
Konferenztage hinweg deutlich, daß die Berichterstattung der Massenmedien in
Europa und Amerika voller Verfälschungen und sogar Lügen ist.
Ein
Programm zur Überwindung der gegenwärtigen Konflikte und der wirtschaftlichen
Zusammenbruchskrise durch zukunftsweisende, grenzüberschreitende Großprojekte zur
Entwicklung der Infrastruktur, insbesondere für den Nahen Osten, Nordafrika,
Zentralasien und den europäischen Mittelmeerraum, präsentierte der aus dem Irak
stammende Hussein Askary, Vorsitzender der EAP-Partei in Schweden. Askary
forderte statt der derzeitigen Politik der Kriege und der Regimewechsel ›einen anderen Krieg, einen Krieg gegen
die Wüste‹, mit dem Ziel, sie Stück
für Stück für die Vegetation zurückzuerobern und nutzbar zu machen; er beschrieb
dann eine ganze Reihe von Projekten, die zum Teil schon länger in den
Schubladen liegen und verwirklicht werden könnten. Durch derartige Projekte würden
den Menschen der Länder im Wüstengürtel zwischen der nordafrikanischen
Atlantikküste und der Saudischen Halbinsel bis nach Zentralasien aussichtsreiche
Lebensumstände geboten, was das beste Mittel gegen die ständige Fortsetzung und
Eskalation der derzeitigen Konflikte sei.
Um einen anderen Raum, den es zu ›erobern‹ gilt, ging es im anschließenden
Konferenzabschnitt, der sich mit der bemannten und unbemannten Raumfahrt befaßte.
Die Raumfahrtexperten Didier Schmitt (Paris) und Antonio Güell (Toulouse)
zeigten am Beispiel des europäisch-russischen Projekts ›ExoMars‹ sowie der Anwendung
von Satellitentechnologien für die medizinische
Versorgung, welche technischen Zukunftsperspektiven für die Menschheit
existieren.
Der
frühere französische Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade eröffnete am 25. 11. den zweiten Tag der Konferenz. Er verwies auf die sich beschleunigende
Krise des westlichen Finanzsystems, insbesondere des Euro-Raums, mit den bedrohlichen politischen und sozialen Folgen.
Er betonte die Notwendigkeit eines neuen politischen Paradigmas zur Beendigung
der geopolitischen Tradition, die sich bis heute in der britisch-imperialen
Rolle des Finanzplatzes London bei der Globalisierung und im monetaristischen Konstrukt der Euro-Politik findet. Der
Versuch, den Euro mit diesen Methoden zu retten, beschleunige nur den Ruin und
Zerfall Europas. Es gelte vielmehr, den Weg für eine gerechte
Weltwirtschaftsordnung, die nicht länger die fiktiven Forderungen der
spekulativen Finanziers bedient, sondern endlich dem Menschen und dem wissenschaftlichen
und wirtschaftlich-sozialen Fortschritt der Menschheit insgesamt dient, freizumachen.
Die Trennung der Bankenfunktionen nach dem amerikanischen
Glass-Steagall-Gesetz, das 1999 abgeschafft wurde, muß wieder durchgesetzt
werden. Unverzichtbare Grundbausteine einer gerechteren Weltordnung seien
weiter die Schaffung eines Systems von Produktivkrediten für die Realwirtschaft
sowie
die Ächtung von Kriegen jeder Art. Mit dieser Botschaft richtete auch der
sich im Anschluß an die Konferenz per Video zugeschaltete amerikanische
Politiker Lyndon LaRouche eindringlich an die Teilnehmer. Er warnte vor der
Gefahr eines thermonuklearen Krieges und sagte, Frieden und Entwicklung, einschließlich
der Entwicklung der Wissenschaft, seien nicht einfach eine ›Option‹, sondern ein absolutes
Muß, wenn die Menschheit überhaupt eine Zukunft haben will. Auch die weiteren
Sprecher der Konferenz am Sonntag stellten die Notwendigkeit von Entwicklung als
einzige Alternative zur Lösung der strategischen Krise ins Zentrum ihrer Reden.
Aiman Rsheed, ein Ingenieur aus Kairo, präsentierte das bahnbrechende Infrastrukturgroßprojekt
›Africa Pass‹, dessen Grundidee es ist, von Sidi Barrani an der westägyptischen
Mittelmeerküste ausgehend Entwicklungskorridore nach Mogadischu/Somalia und
Burundi/Zentralafrika sowie entlang der Mittelmeerküste nach Spanien und über
das Rote Meer nach Saudi-Arabien zu schaffen, die einen erheblichen Teil der
Warenströme aufnehmen könnten, die jetzt um das Kap der Guten Hoffnung transportiert
werden. Entlang dieser Korridore sollen Siedlungsgebiete entstehen, die den
größten Teil des zu erwartenden Bevölkerungszuwachses der kommenden Jahrzehnte
- mindestens 200 Millionen Menschen – aufnehmen können. Entlang dieser
Korridore sollen nicht nur Eisenbahn-, Straßen- und Kommunikationsverbindungen
entstehen, sondern auch ein Kanal, der Wasser aus dem wasserreichen Hochland im
Osten des Kongos nach Norden in die Kattarasenke leitet, um die zu schaffenden
neuen Städte mit Wasser und Strom zu versorgen und insbesondere in der Region
um die Kattarasenke eine intensive Landwirtschaft zu ermöglichen. Anschließend
sprach der äthiopische Generalkonsul in
Frankfurt, Mulugeta Zewdie Michael, über die Bedeutung des ›Millenium-Damm-Projekts‹
in Äthiopien, das die Kapazität haben wird, 6000 MW Strom für Äthiopien und die
Region zu erzeugen. Dieses Programm ist auch für die stromabwärts liegenden
Staaten Sudan und Ägypten von Bedeutung, um den regelmäßigen Überschwemmungen
ein Ende zu setzen und eine
Verschlammung der dortigen Stauseen zu vermeiden. Michael Billington,
Asienberater LaRouches, der auch eine Grußbotschaft des früheren IWF-Direktors für
Japan, Daisuke Kotegawa, verlas, ging auf die historische Entwicklung Asiens
vom Standpunkt der Eurasischen Landbrücke ein und beschrieb, wie die imperialen
Kräfte [insbesondere Venedig und Großbritannien] seit Jahrhunderten versuchen,
den wirtschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen Europa und Asien, in
dem sie eine Bedrohung ihrer imperialen Vorherrschaft sehen, durch politische Manipulationen
und Kriege zu verhindern.
Der
nächste Themenschwerpunkt befaßte sich mit dem Scheitern der EU/Europolitik.
Redner aus Italien, Griechenland und Spanien sowie aus Deutschland berichteten
über die sozialen Verheerungen, die die ›Euro-Rettungspolitik‹ der EU anrichtet, und begründeten,
warum aus der Sicht ihres Landes die Rückkehr zur nationalen Währung notwendig
ist. Zu diesem Thema sprachen Prof. Wilhelm Hankel, einer der Hauptkläger gegen
den Euro, den EFSF und den ESM vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, ferner
Prof. Theodore Katsavenas, Ökonom und Autor eines neuen Bestsellers über die
Rückkehr Griechenlands zur Drachme, George Tsobanoglou von der Universität der Ägäis
und der Internationalen Vereinigung der Soziologen aus Griechenland sowie
Lorella Presotto von der italienischen ›Confederazione
Civica Nazionale‹ und der Journalist Daniel Estulin aus Spanien. Es wurde auch eine
Grußbotschaft von Alfheidur Ingadottir, Abgeordnete im isländischen
Nationalparlament, die sich für eine strikte Bankentrennung einsetzt, verlesen.
Eine Diskussionsrunde zur Notwendigkeit einer kulturellen Renaissance, die von
klassischen Musikpräsentationen begleitet wurde, beschloß die Konferenz. http://schiller-institut.de/index.html
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