Die Schweiz hat keinen Grund, sich weiterhin von der USA und der EU erpressen zu lassen - Von Dieter Sprock 27.01.2013 15:41
In der Schweiz stehen in diesem Jahr einige wichtige Themen zur Diskussion und zur Abstimmung an,
unter
anderem die Frage: »Wie weiter mit der EU?«; ebenso die Abstimmung über die
»Armeeabschaffungsinitiative«. Dabei werden entscheidende Weichen für die
Zukunft gestellt. Es ist deshalb umso wichtiger, dass sich die Diskussion an
den realen Gegebenheiten der EU, insbesondere Deutschlands, und an der
politischen Grosswetterlage orientiert und nicht an Propaganda. Die ›EU als Friedensstifter‹ gehört in den Bereich der
Propaganda. Die EU ist kein Friedensprojekt. Daran ändert auch die skandalöse
Verleihung des Friedensnobelpreises nichts. [1] Nur wenige Tage nach der Verleihung
des Preises lobte der Präsident der EU-Kommission, Barroso, die Waffen- und
Munitionsproduktion als grössten Wachstumsfaktor in den EU-Mitgliedsstaaten. Diese
fordere die technologische Kreativität der Menschen heraus und sei der
Sektor, in dem höchste berufliche Qualitäten zum Tragen kämen und der Hort für
Arbeitsplatzsicherung..…
EU-Länder
waren an der Zerschlagung Jugoslawiens beteiligt, allen voran Deutschland, und
stehen seit 11 Jahren in einem sinnlosen und mörderischen Krieg in Afghanistan
im Einsatz. Sie haben sich als ›Koalition
der Willigen‹ am
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA gegen den Irak beteiligt und sind
militärisch in Libyen und Syrien verwickelt, begierig, auf jedem Krisenplatz
der Welt ›dabei‹ zu sein. Aber auch innereuropäisch stiftet die EU keinen Frieden.
Das Vorgehen gegen Österreich, als dieses in freier und demokratischer Wahl
eine Regierung gewählt hatte, die der Kommission nicht genehm war, ist nicht
vergessen. In den wenigen Ländern, in denen die Bevölkerung über den
Lissabon-Vertrag abstimmen durfte, musste so lange abgestimmt werden, bis die
Zustimmung erzwungen war. Und jetzt, da die unredliche Finanzwirtschaft
zusammenbricht und die Folgen der Betrügereien offen zutage treten, werden
jenen Ländern Daumenschrauben angelegt, die am stärksten betroffen sind.
Die EU, ein
Satelliten-Projekt der USA -
Die
NATO der militärische Arm Auch von
ihrer Konzeption her war die EU nie ein Friedensprojekt. Nach dem Zweiten
Weltkrieg war die USA bestrebt, ihren neu errungenen Einfluss auf Europa
auszubauen und zu festigen. Europa sollte der USA als Brückenkopf für den Kampf
um die globale Vorherrschaft mit der Sowjetunion dienen und den europäischen
Markt für amerikanische Waren und Finanzen öffnen. Mit der NATO wurde das
militärische Potential Europas aufgebaut und in den Dienst der amerikanischen
Hegemonie gestellt. In seinem Buch ›Die
einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft‹ wird Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater des US-Präsidenten
Carter und heutiger Berater der Obama-Administration, nicht müde, die ›Funktion‹ eines geeinten supranationalen Europas als ›Sprungbrett‹ für die
Ausdehnung der amerikanischen Macht in den eurasischen Kontinent zu betonen. [2]
Die alte Welt sei für die USA von
enormer geostrategischer Bedeutung. Mit jeder Ausdehnung des europäischen
Geltungsbereichs, schreibt er, erweitere sich automatisch auch die direkte
Einflusssphäre der Vereinigten Staaten. Die NATO binde »die
produktivsten und einflussreichsten Staaten Europas an Amerika und verleihe den
Vereinigten Staaten selbst in innereuropäischen Angelegenheiten eine wichtige
Stimme«.
Als Teil des amerikanischen Systems müsse »ausserdem das weltweite Netz von
Sonderorganisationen, allen voran die internationalen Finanzinstitutionen,
betrachtet werden«. Offiziell verträten der Internationale Währungsfond
(IWF) und die Weltbank globale Interessen. In Wirklichkeit würden sie jedoch »von der
USA dominiert«, schreibt Brzezinski. [3] Anzufügen wären weitere internationale
Organisationen, wie etwas die OECD und die WHO, deren Arbeit ebenfalls von der USA
dominiert wird: Die OECD für die Gleichschaltung der Bildungspolitik, dies an
den demokratischen Strukturen der Länder vorbei
[4] und die WHO für die Privatisierung des nationalen
Gesundheitswesens und deren Öffnung für weltweit operierende Investoren. Vor
diesem Hintergrund wird deutlich, dass die EU mit einem ›von der USA unterstützten‹
[Brzezinski] Deutschland, das die Führung übernommen hat, ein Projekt der
amerikanischen Hochfinanz ist, ein Baustein in einer von der USA geplanten
neuen Weltordnung, weit entfernt von jedem Friedensgedanken. Länder, die sich
der globalen Finanzdiktatur nicht unterziehen, werden mit Sanktionen und Krieg
belegt, wie die Beispiele Jugoslawiens, Afghanistans, des Iraks, Libyens und
Syriens exemplarisch zeigen.
Das entscheidende
Nein der Schweizer zum EWR Die
Angriffe gegen die Schweiz begannen nach dem Nein des Schweizervolks zum EWR.
Seither löst eine Attacke die andere ab: Angefangen mit den absurden
Behauptungen aus der USA über nachrichtenlose Vermögen auf Schweizer Banken [deren
Suche hat mehr Geld verschlungen, als gefunden wurde], dem haltlosen Vorwurf
der Kooperation mit Hitler-Deutschland und einer daraus abgeleiteten
Mitverantwortung für die Kriegsverbrechen Deutschlands, über die von einer
wahren Hetzkampagne gegen die Schweiz begleiteten Attacken gegen das Schweizer Bankgeheimnis
in deutschen Medien - Peer Steinbrück! - bis hin zu den neuesten Vorwürfen nach
dem Auffliegen des Weltfinanzbetrugs, die letztlich darauf hinauslaufen, die
Schweiz für das Versagen der angloamerikanisch geprägten Finanzideologie
verantwortlich zu machen.
Nach
diesem von Schweizer Medien, insbesondere Radio und Fernsehen unterstützten und
verstärkten Sperrfeuer, glaubt die EU offenbar, sie könne bei der Schweiz den
Wegelagerer spielen. Die Verschuldung der europäischen Länder [inklusive
Deutschlands] hat solche Ausmasse erreicht, dass nur noch eine grundlegende
Sanierung in Frage kommt. Und ein ehrliches Eingeständnis des Bankrotts!
Geschichtlicher
Exkurs ›Anpassung oder Widerstand‹ ist der Titel eines Buches von Alice Meyer, ›Die Schweiz zur Zeit des deutschen Nationalsozialismus‹ der Untertitel. Es wurde 2010 mit
einem Geleitwort von Marthe Gosteli neu herausgegeben. [5] Das
Buch erhält gerade heute in der Diskussion um die Rolle der neutralen Schweiz
im internationalen Machtgefüge grosse Bedeutung. Es stützt sich auf Zeitzeugen
und eine Fülle von Akten und Dokumenten, die in der Bergier-Geschichtsverfälschung
nicht berücksichtigt wurden. Mit der Machtergreifung Hitlers änderte sich die
Situation für die neutrale Schweiz in Europa dramatisch. Das
nationalsozialistische Deutschland bedeutete für die Schweiz nicht nur eine
militärische Gefahr. »Es hat sie seit dem Jahr 1933 auch geistig-politisch
bedroht, indem es die Schweiz mit den Methoden der ›erweiterten Strategie‹
[sprich Propaganda] bearbeitete«, schreibt Alice Meyer. Bis zum Zusammenbruch
Frankreichs im Jahr 1940 ging es vor allem darum, gegen das Eindringen
nationalsozialistischen Gedankenguts und gegen die Wühlarbeit der Nationalsozialisten
wachsam zu sein. »Seit Juni 1940, als die Existenz der Schweiz unmittelbar
bedroht schien und die Nationalsozialisten glaubten, die Schweiz sei für die Anpassung
an das ›Neue Europa‹ reif, galt es, den unbedingten Willen
zum Durchhalten und zum Widerstand zu wecken und wachzuhalten«, fährt
sie fort. Ganze Wagenladungen von Propagandamaterial gelangten in die Schweiz.
Radio und Presse, Filme, die gesamte Kultur und Wochenschauen standen im
Dienste der nationalsozialistischen Propaganda. Unter der »Oberfläche korrekter
diplomatischer Beziehungen und einschläfernder offizieller Versicherungen
bearbeiten die Nationalsozialisten die Schweiz wie einen Feind, demgegenüber
man sich eine möglichst günstige Ausgangsstellung verschaffen will«.
Beteuerungen von tiefer und dauernder Freundschaft wie »man könne sich Europa
nicht mehr ohne die Schweiz vorstellen« oder »kein ernsthafter Mensch in
Deutschland denke daran, die Unabhängigkeit anderer Staaten auch nur anzutasten«,
kontrastierten mit Aussagen, dass die Zeit der kleinen Staaten vorbei sei. »Es
wird künftig keine Neutralität mehr geben. Die Neutralen werden in die
Kraftfelder der Grossen geraten. Sie werden aufgesaugt werden«. [Hitler
gegenüber Rauschning, 1933] Der Freiheitswille der Schweizer wurde als ›bäuerliche Eigenbrötelei‹, ›Geldgier
und engstirniges Streben nach Freiheit‹
verunglimpft. Gleichzeitig wurden in nationalsozialistischen Schulungslagern
Propagandisten für die Schweiz ausgebildet und mit Hilfe einer ›fünften Kolonne‹ Gauleiter in der Schweiz installiert.
Deutschlands
Aufrüstung hinter Friedenspropaganda versteckt Hitler
versuchte, die gewaltige wirtschaftliche und militärische Aufrüstung Deutschlands
nach aussen mit ›Friedenspropaganda
und Antibolschewismus‹ abzuschirmen
und die Welt und die Schweiz zu beruhigen. »Nach dem Ersten Weltkrieg«,
schreibt Alice Meyer, »hatte bei uns, wie bei allen westlichen Demokratien, der
Glaube an eine im Völkerbund verkörperte kollektive Sicherheit und später die
grosse Wirtschaftskrise zur Folge gehabt, dass das Wehrwesen vernachlässigt
wurde«.
Als sich die Hoffnung auf eine internationale kollektive Sicherheit zerschlug
und das Schweizervolk erkannte, dass Deutschland auf Krieg zusteuerte, setzte
es wieder ganz auf die Politik der bewaffneten Neutralität«. »Im
Laufe von 8 Jahren bewilligte das Schweizervolk für Rüstungsausgaben rund 1 Milliarde
Schweizer Franken. Die Wehranleihe des Jahres 1936, zum niedrigen Zinssatz von 3
%, überzeichnete es innerhalb von wenigen Monaten um 100 Millionen«. Die
Sozialdemokratische Partei, welche die militärische Landesverteidigung seit
1917 abgelehnt hatte, bekannte sich 1937 wieder dazu. Diese politische
Versöhnung schuf die Voraussetzung für ein bedeutsames Ereignis auf sozialem
Gebiet. »Im Sommer 1937 schlossen die Verbände der Arbeitgeber und der
Arbeitnehmer der grössten Wirtschaftsgruppe der Schweiz, der Metall- und Uhrenindustrie,
ein Abkommen über den Arbeitsfrieden, in welchem unter anderem die Arbeitgeber
auf die Aussperrung, die Arbeitnehmer auf den Streik als Kampfmittel
verzichteten«,
schreibt Alice Meyer. Nach dem Zusammenbruch Frankreichs stand die Schweiz im
Sommer 1940 vor der Frage: ›Anpassung
oder Widerstand?‹ Natürlich gab es
damals auch solche, die für Anpassung eintraten. Sie glaubten, dass Deutschland
die Schweiz in sein ›neues Europa‹ als gleichberechtigten Partner aufnehmen
würde, wenn sie sich »kleinmache« und Deutschland »seine Wünsche von den Lippen abläse.«
»Sie kannten das Wesen des Nationalsozialismus nicht.« Dann gab es auch jene,
die aus Überzeugung dem ›neuen
Europa‹ beitreten wollten. Sie
sprachen von der ›letzten
Gelegenheit‹, sich ›mitgestaltend und mitkämpfend‹ einzusetzen. Aber die Mehrheit des Schweizervolkes
stand geschlossen hinter der militärischen und politischen Führung, für eine
Politik des unbedingten Widerstands. »Die Schweizer«, so Alice Meyer, »die nach
dem Zusammenbruch Frankreichs für die Weiterführung dieser Politik eintraten,
waren keine weltfremden Schwärmer. Sie verschlossen die Augen nicht vor der
Tatsache, dass gewisse Konzessionen auf wirtschaftlichem Gebiet für uns eine
unvermeidliche und tragische Notwendigkeit waren, wenn wir weiterbestehen
wollten. Aber sie wussten auch, dass Nachgiebigkeit in Fragen, bei denen es um
die Grundlagen unserer Unabhängigkeit ging, nicht geduldet werden durften«. [6]
Auf dem Weg zu einer
multipolaren Welt Die Welt
befindet sich im Umbruch. Amerika ist nicht mehr ›Die einzige Weltmacht‹,
auch wenn es für die verengte europäische Sichtweise noch immer so scheinen
mag. [7] Inzwischen haben andere Akteure die
Weltbühne betreten, allen voran China, Indien, Russland, die
Asean-Mitgliedsstaaten und eine Reihe lateinamerikanischer Staaten. Sie gestalten
ihre Politik unabhängig von jener der USA. Amerika steht vor der schwierigen
Aufgabe, sich als Gleicher unter Gleichen in die sich neu entwickelnde
multipolare Welt einzureihen und sein gewaltiges Potential für die Lösung der
Probleme im eigenen Land einzusetzen. Es ist nicht mehr in der Lage, in der
ganzen Welt Krieg zu führen, und fordert, dass die NATO die amerikanischen Interessen
im Nahen Osten und in Afrika wahrt, während sich die USA selbst auf den
pazifischen Raum konzentriert. Europa soll sich stärker an den Kriegskosten
beteiligen und mehr Truppen zur Verfügung stellen. Die EU ist dem
amerikanischen Weg gefolgt und steht vor dem wirtschaftlichen und politischen
Bankrott. Die Arbeitslosigkeit war in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg noch
nie so gross wie heute. Die angloamerikanische Ideologie des ›freien Marktes‹, der angeblich mit unsichtbarer Hand alles zum Wohle aller
regelt, ist gescheitert. Die Preise der meisten lebenswichtigen Güter werden
nicht durch Angebot und Nachfrage geregelt, sondern durch Spekulation. Die
Menschen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks, aber auch in den südlichen
Ländern Europas, die einen EU-Beitritt mit grossen Hoffnungen auf ein besseres
Leben verbanden, merken immer mehr, dass sie betrogen wurden. Ihre Länder wurden
buchstäblich aufgekauft und werden heute fremdbestimmt.
Die Schweiz - ein
weltoffenes Land, das sich keine Erpressung gefallen lassen
muss Die
Schweiz hat keinen Grund, sich weiterhin von der USA und der EU erpressen zu
lassen. Sie ist ein weltoffenes Land, das mit der ganzen Welt im kulturellen
Austausch steht und Handel treibt. Ohne EU-Zwangsjacke steht ihr dieser Weg
heute mehr denn je offen. Mit einer weiteren Annäherung an die EU und der
Übernahme von weiterem EU-Recht würde sie unweigerlich auch in die
Kriegspolitik der EU-NATO eingebunden und ihre Souveränität verlieren. Sie
hätte mit noch höheren finanziellen und womöglich auch mit Truppenforderungen
zu rechnen. Mögliche kurzfristige Handelsvorteile der Exportindustrie und
einiger grosser Finanzinstitute rechtfertigen dieses Risiko nicht. Die ideellen
und materiellen Kosten hätten das Volk und letztlich auch die Wirtschaft selbst
zu tragen. Wie wäre es mit einem vereinten Europa ohne EU, in dem die
Länder in friedlichem Wettstreit wieder ihre eigene Politik machen können?
Handelsverträge brauchen keine politischen Daumenschrauben. Und die Behauptung,
dass die Länder Europas sich ohne EU bekriegen würden, ist eine amerikanische
Erfindung. Sie dient dazu, Europa zu beherrschen.
Es sind
die Vereinigten Staaten, die bis heute eine saubere Aufarbeitung des Zweiten
Weltkriegs verhindern, indem sie ihre Dokumente unter Verschluss halten. Warum
eigentlich?
[1] Zeit-Fragen Nr. 45 vom 22. 10. 2012 ›Die
EU - eine Friedensstifterin im Sinne Nobels?‹ und Nr. 51 vom 3. 12. 2012 ›Der
Friedenspreis 2012 ist rechtswidrig und darf nicht an die EU ausbezahlt werden‹ [2] Zbigniew Brzezinski ›Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft‹ Frankfurt
1999, ISBN 3-596-14358-6 [3] ebd. S. 48f [4] vgl. Zeit-Fragen Nr. 25 vom 11. 6. 2012 ›Ein
Kick gegen Schrott‹ [5] Alice Meyer ›Anpassung oder Widerstand. Die Schweiz zur Zeit des deutschen
Nationalsozialismus‹ Frauenfeld
2010, ISBN 978-3-7193-1542-9 [6] ebd. S. 134f [7] vgl. Zeit-Fragen Nr. 53 vom 19. 12. 2012 ›Das Denken erweitern‹ und ›Nach-US-Welt, geboren in Phnom Penh‹
Quelle: http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1299 Zeit-Fragen >
2013 >
Nr.4 vom 21.1.2013
> Anpassung oder
Widerstand?
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