Sozialhilfe - Dübendorfs Austritt aus der SKOS

Die Organisation SKOS, die Abkürzung steht für »Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe«,

vermittelt normierte, wenn auch als Empfehlungen etikettierte Sozialhilfe-Ansätze, die in der Schweiz nahezu flächendeckend als verbindlich durchgesetzt worden sind. Sie bürden dem   Steuerzahler alljährlich Finanzlasten in der Höhe von vielen Milliarden auf. Die SKOS ist ein Verein, dessen Mitglieder einerseits in der Sozialhilfe engagierte Organisationen und Funktionäre sind, andererseits Gemeinden. Die von vielen Kantonen als verbindlich erklärten SKOS-Empfehlungen bewirken schwer nachvollziehbare, hohe Zahlungen an Fürsorgeabhängige. Die durch die SKOS begründeten Monatsleistungen an vierköpfige Familien übersteigen beispielsweise sehr rasch 5.000.- Franken. Viele, die SKOS-normierte Sozialhilfe beziehen, verlieren jeden Ehrgeiz, je wieder ernsthaft einen Arbeitsplatz erlangen zu wollen – es lebt sich mit der SKOS-Sozialhilfe allzu komfortabel. Da ein arbeitsfreies Leben nach SKOS-Normen für viele ausgesprochen verlockend ist, werden auch immer wieder schwere Missbrauchsfälle zu Lasten der Sozialhilfe ruchbar. Diese lösen in der Öffentlichkeit meistens deutliche Unwillensbekundungen aus, werden aber von den SKOS-Funktionären regelmässig als Einzelfälle von nebensächlicher Bedeutung‹  heruntergespielt. Die Häufung solcher Missbrauchsfälle hat jedoch in jüngerer Vergangenheit mehrere teils grössere Gemeinden dazu bewogen, den Austritt aus der SKOS zu erklären. 

Die Stadt Dübendorf in der Agglomeration Zürich gehört zu diesen Austrittsgemeinden. Dübendorfs Grün-Rot-Juso-Exponenten gerieten darob allerdings in Rage. Dies war vorauszusehen, rekrutiert sich doch mehr als nur ein bedeutender Teil der Gefolgschaft dieser drei Politströmungen aus den in der jährlich weiter auswuchernden Sozialindustrie bequem Beschäftigten. Begründet wird der Angriff der Linken mit dem Argument, der Austritt Dübendorfs aus der SKOS sei eigenmächtig von der Sozialbehörde verfügt worden. Gemeindeparlament und Stadtrat seien übergangen worden. Insbesondere der Vorsteher der Sozialbehörde, Kurt Spillmann (SVP), geriet unter scharfen Beschuss. Die linken Kräfte im Dübendorfer Parlament veranlassten sogar die Erstellung eines Gutachtens. Ermutigt wurden sie zu diesem Schritt, weil auch Dübendorfs Stadtrat in einer ersten Erklärung dem Präsidenten der Fürsorgebehörde unzulässige Eigenmächtigkeit vorgeworfen hatte.

Das Rechtsgutachten
Dieses weist zwei Besonderheiten auf: Erstens soll sein Inhalt geheim bleiben. Man muss also aus den Stellungnahmen zu dem Gutachten ableiten, wie der Gutachter seine Schlussfolgerungen begründet. Das Gutachten kommt nämlich zu dem Schluss, dass es einer Sozialbehörde – selbst wenn ihr, wie das in Dübendorf der Fall ist, eine selbständige Verwaltungsbefugnis in der Gemeindeordnung ausdrücklich zugestanden ist –  grundsätzlich untersagt sei, über eine Vereinszugehörigkeit, die der Gemeinde finanzielle Belastungen, nämlich die Zahlung der jährlichen Mitgliederbeiträge, auferlegt, zu entscheiden. Die zweite Besonderheit des Gutachtens: Es geht von diesem, trotz klarer Schlussfolgerung mit angeblich einwandfreier Begründung, keinerlei Rechtswirkung aus. Dübendorfs Stadtrat hat nämlich  - eigentlich in Widerspruch zu seiner ersten Erklärung -  inzwischen klargestellt, dass er den SKOS-Austrittsentscheid der Dübendorfer Sozialbehörde nicht rückgängig machen werde. Es scheint dem Stadtrat offenbar zu dämmern, dass hinsichtlich der Dübendorfer Mitgliedschaft bei der SKOS Zusammenhänge bestehen, die in der von der ersten Erregung ausgelösten Spontanerklärung kurz nach dem SKOS-Austritt unberücksichtigt geblieben sind. So hat der Stadtrat inzwischen offensichtlich erkannt, dass der Beitritt zur SKOS weder vom Dübendorfer Parlament, noch vom Dübendorfer Stadtrat beschlossen wurde. Dübendorf gehört zwar seit 16 Jahren der SKOS an, indessen hatte vor sechzehn Jahren allein die Dübendorfer Sozialbehörde den Beitritt zur SKOS beschlossen und auch durchgesetzt. Also hatte genau jene Behörde, die vor kurzem den Austritt aus der SKOS erklärt hat, seinerzeit auch den Beitritt Dübendorfs zur SKOS allein beschlossen. Und keine Rechnungsprüfungskommission, keine Geschäftsprüfungskommission des Dübendorfer Parlaments hat je beanstandet, dass Dübendorf jährlich den SKOS-Mitgliederbeitrag bezahlt, obwohl der Beitritt zur SKOS allein durch die Dübendorfer Sozialbehörde beschlossen worden war. Auch der Bezirksrat, der über die korrekte Geschäftsführung in Dübendorf wacht, hat solches nie kritisiert oder in Frage gestellt. 

Die Statuten der SKOS 
Das Ausbleiben der Kritik von Seiten der Aufsichtsorgane hat seine guten Gründe, es hängt mit den Statuten der SKOS zusammen; dort steht im Artikel 4 wörtlich: »Die Mitgliedschaft bei der SKOS steht offen für: a) Organe und Institutionen der öffentlichen Sozialhilfe von Gemeinden.« Es war, vielleicht weil man Diskussionen zur SKOS in Gemeinde-Legislativen und -Exekutiven verhindern wollte, das erklärte Ziel der SKOS, vor allem die Fachorgane der Fürsorge- und Sozialhilfe aus den Gemeinden als Mitglieder zu gewinnen, nicht die politischen Autoritäten. Nicht nur, dass damit alle Polemik gegen den Vorsteher der Dübendorfer Sozialbehörde als Hornberger Schiessen entlarvt wird. Angesichts des Wortlauts der SKOS-Statuten gewinnt das von Dübendorfs linken Parteien veranlasste Gutachten plötzlich eine sehr brisante, von seinen Auftraggebern alles andere als gewollte Aussagekraft: Trifft tatsächlich zu, dass eine Sozialinstanz der Gemeinde nicht dazu berechtigt ist, die Mitgliedschaft bei der SKOS zu beschliessen oder zu widerrufen, dann fusst die gesamte Aktivität der SKOS zu einem bedeutenden Teil auf illegaler Trägerschaft. Denn es sind offenbar Hunderte von Gemeinden bei der SKOS als Mitglieder registriert, von denen lediglich die Sozialbehörden – den Statuten der SKOS glaubend – die Mitgliedschaft bei der SKOS beschlossen haben. Stimmt das Dübendorfer Gutachten, dann fusst die SKOS auf Statuten, die hinsichtlich eines sehr wichtigen Teils, nämlich der Trägerschaft, der Rechtmässigkeit entbehren. Das würde bedeuten, dass in der Schweiz alljährlich Milliarden an Fürsorgegeldern zu Lasten der Steuerzahler gesprochen werden, die auf Normen einer Institution fussen, deren Trägerschaft zu einem bedeutenden Teil der Legalität entbehrt.   

Rücktritt des Präsidenten 
Während es aufgrund des sich unterdessen als äusserst brisant erweisenden Dübendorfer  Gutachtens hinter den Kulissen der Fürsorgeindustrie im Land heftig zu brodeln beginnt, hat der Präsident der SKOS, Walter Schmid, in diesen Tagen überraschend seinen Rücktritt erklärt. Schmid ist keineswegs bloss Präsident der SKOS: Er ist im wahren Sinn des Wortes der Chefideologe der Schweizer Sozialhilfe schlechthin. Er war es, der den SKOS-Empfehlungen in vielen Kantonen den Durchbruch zur uneingeschränkten Verbindlichkeit erkämpft hat. Er hat die SKOS zu einem Staat im Staat, zu einer faktisch unangreifbaren, Milliarden bewegenden Umverteilungsmaschine gemacht. Dies nicht zuletzt aufgrund einer vorsätzlichen, massive Summen verschlingenden Abweichung von einer anderen Rechtsnorm, die Walter Schmid – zurückhaltend gesagt – äusserst eigenwillig auszulegen beliebt: Die SKOS-Ansätze zur Sozialhilfe gehen von einem Grundbedarf aus, der jedem Menschen das Existenzminimum zu sichern habe. Das Existenzminimum ist in der Schweiz allerdings vom Bundesgericht längst einwandfrei definiert worden. Es besteht – wie es das Bundesgericht festlegt – aus täglich ausreichender Nahrung sowie einem Dach über dem Kopf. Wobei beides, ausreichende Mahlzeiten sowie ein Dach über dem Kopf, auch von einem Hilfswerk wie der Heilsarmee in einer Kollektiv-Unterkunft angeboten werden darf. 

Zweierlei Existenzminimum 
Von einer solchen Definition des Existenzminimums, obwohl vom höchsten Gericht der Schweiz formuliert, will die SKOS nichts wissen. Sie hat vielmehr eigenmächtig auch die sogenannte Teilhabe am gesellschaftlichen Lebenzum Existenzminimum geschlagen. Während das Bundesgericht das Existenzminimum bei rund Fr. 8.– pro Tag und Person veranschlagt, fixieren die SKOS-Richtlinien den täglichen Grundbedarf auf Fr. 30.– pro fürsorgeberechtigter Person, den Bundesgerichtsansatz damit nahezu vervierfachend. Dies, weil zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gemäss SKOS auch ein Privatfahrzeug zwecks Gewährleistung der persönlichen Mobilität erforderlich sein könne, oder weil dazu auch Ferien – gegebenenfalls sogar im Ausland – gehören. Auch dafür hat nach SKOS-Vorgaben die Öffentlichkeit aufzukommen. Und genau daraus resultieren die ausserordentlich hohen Sozialhilfe-Zahlungen an Begünstigte, die, wie bereits dargelegt, in der Folge jegliche Motivation verlieren, durch eigene Arbeit nochmals zu einem persönlichen Einkommen zu gelangen: weil das selbsterarbeitete Einkommen kaum je die Höhe des allmonatlichen SKOS-Segens erreichen dürfte.  

War das alles illegal? 
Tatsache ist also: Die weit über die gerichtlich festgelegten Erfordernisse hinaus gehenden SKOS-Normen haben in der Schweiz jährlich Milliarden unter dem Titel Sozialhilfe umverteilt. Doch die Legitimität der SKOS, welche die bundesgerichtlich festgelegte Definition des Existenzminimums eigenmächtig überging, wird jetzt durch das Dübendorfer Gutachten grundlegend in Frage gestellt. Die gesamte, Tausenden von Funktionären ein grosszügiges Einkommen sichernde Schweizer Sozialindustrie steht somit auf bestenfalls tönernen Füssen. Wenn sich herausstellt, dass all die durch die SKOS-Ansätze ausgelösten Milliarden-Zahlungen von einem Verein ausgehen, dessen Trägerschaft zu einem grossen Teil aus Körperschaften besteht, die dem Verein rechtens gar nicht angehören dürften, dann dürfte in der Schweizer Sozialhilfe einiges in Bewegung geraten. Ist der Präsident der SKOS somit zurückgetreten, weil er als einer der ersten erkannt hat, was von dem von linken Parteien in Auftrag gegebenen Dübendorfer Gutachten auf ihn als SKOS-Präsidenten zukommen könnte? Fürchtet er hohe Rückzahlungsforderungen?  Ob Zufall oder Berechnung: Der Rücktritt von Walter Schmid erfolgt zu einem Zeitpunkt, da das ganze sündenteure SKOS-Gebäude in seinen Grundfesten erschüttert wird.  


Quelle:
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Duebendorfs_SKOSAustritt-1406 
Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 1. 11. 2013 von Ulrich Schlüer, Chefredaktor