Klarer Rahmen für die Umsetzung des Verfassungsartikels - Von Nationalrat Toni Brunner 16.02.2014 18:00
Das Volk hat entschieden. Bundesrat und Parlament sind am 9. Februar beauftragt worden,
zu einer eigenständigen Steuerung der Zuwanderung zurückzukehren. Der
Rahmen für die nächsten politischen Schritte ist damit abgesteckt: Der
Bundesrat hat mit der EU Neuverhandlungen über das
Personenfreizügigkeitsabkommen aufzunehmen. Innenpolitisch sind
Gesetzesanpassungen, welche eine Steuerung von Höchstzahlen und Kontingenten
ermöglichen, einen Inländervorrang auf dem Arbeitsmarkt statuieren und
Ansprüche im Bereich des Aufenthalts, des Familiennachzugs sowie der
Sozialleistungen sinnvoll beschränken, rasch an die Hand zu nehmen. Die
Initiative setzt klare Leitplanken für die Steuerung der Zuwanderung; diese
lassen dem Gesetzgeber jedoch einen genügend grossen Handlungsspielraum bei der
detaillierten Umsetzung. Genau dies war die Absicht der Initianten.
Was bleibt vom zurückliegenden Abstimmungskampf? Viele seit längerem existierende und sich zuspitzende Probleme im
Zusammenhang mit der ausser Kontrolle geratenen Zuwanderung wurden thematisiert
und mussten letztlich vom Bundesrat, von der Politik, aber auch von
Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften als solche anerkannt werden. Hier
rächte sich die teilweise irrationale Züge annehmende Überhöhung der
Personenfreizügigkeit, wie sie in den vergangenen Jahren durch Wirtschaft und
Behörden ermöglicht wurde. Eine weitere Erkenntnis: Die Stimmbürgerinnen und
Stimmbürger, aber auch die Medien, liessen sich von einer massiven gegnerischen
Kampagne nicht auf argumentative Nebengeleise führen. Es ging weder um die
Abschottung der Schweiz noch um ein Plebiszit für oder gegen die SVP. Das
gestrige Ergebnis zeigt auch eindrücklich einmal mehr, dass selbst fast
unbegrenzte finanzielle Mittel keinen Abstimmungserfolg garantieren. Das
Stimmvolk lässt sich nicht kaufen. Die Argumente sind wichtiger als das Geld.
Runter vom hohen Ross An der Nase nehmen muss sich nach dem gestrigen Entscheid der Bundesrat,
aber auch kantonale und kommunale Exekutiven. Ihr Engagement, direkt in eine
orchestrierte PR-Kampagne eingebunden, schoss massiv übers Ziel hinaus und
wurde von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern nicht goutiert. Hier ist in Zukunft
Masshalten angesagt, will der Bundesrat nicht weitere Glaubwürdigkeit
verspielen. Völlig an den Realitäten vorbei zielen jetzt Kommentare, welche die
Schweiz an neuen Bruchlinien auseinanderdividieren wollen: da die ländlichen
Hinterwäldler, dort die urbanen Aufgeschlossenen. Gerade solche Einschätzungen
sind Ausdruck eines bei den politischen und wirtschaftlichen Eliten weit
verbreiteten Dünkels, der den Blick auf real existierende Probleme verstellt
und damit zur unausweichlichen Reaktion durch eine Mehrheit der Bevölkerung
geführt hat.
Wie weiter? Mit dem gestrigen Entscheid haben Volk und Stände die Verfassung
geändert. Sie haben den Bundesrat und das Parlament als Exekutive und
Legislative beauftragt, diesen Verfassungsauftrag umzusetzen. Die SVP wird
ihren Beitrag zur Umsetzung der Initiative mit ihren Vertreterinnen und
Vertretern im Bundesrat und im Parlament leisten. Geradezu jämmerlich sind
Forderungen wie jene, dass nun SVP-Vertreter in Brüssel verhandeln sollten. Das
Parlament will der SVP seit Jahren im Bundesrat nicht mehr Verantwortung
zugestehen und verwehrt ihr konsequent einen zweiten Sitz in der
Landesregierung. Und nun soll es die SVP plötzlich richten? Wenn die
zuständigen Bundesräte die Neuverhandlung des Personenfreizügigkeitsabkommens
mit der EU nicht führen wollen oder können, dann sollen sie zurücktreten. Auch
hängt die innenpolitische Umsetzung des seit gestern geltenden
Verfassungsauftrags nicht von den Reaktionen der EU ab. Dass diese in einer
ersten Phase geharnischt ausfielen, hängt nicht zuletzt mit EU-internen
Befindlichkeiten zusammen. Die Ende Mai stattfindende Europawahl spielt dabei
eine nicht zu unterschätzende Rolle. Deshalb sollte sich der Bundesrat auch
keinesfalls von der EU beeindrucken und erpressen lassen. Vielmehr ist es nun
prioritär, als souveräner Staat die eigenständige Steuerung mittels
Höchstzahlen und Kontingenten rasch an die Hand zu nehmen und sicherzustellen.
Diese Weichen müssen im Inland gestellt werden. Dabei muss das Rad nicht neu
erfunden werden, denn dieses System galt bereits 2007 global und wird aktuell
immer noch für sämtliche Nicht-EU-Staaten angewendet. Die SVP hat immer betont,
dass sie für effiziente und unbürokratische Lösungen in diesem Bereich offen
ist. Gleiches gilt für die Umsetzung des Inländervorrangs, den die Schweiz im
geltenden Ausländergesetz für Drittstaaten ebenfalls schon kennt.
Wichtig ist hier, dass das Reservoir an bereits in der Schweiz lebenden
Arbeitskräften bestmöglich genutzt wird, bevor neue Ausländer ins Land geholt
werden. Die Initiative verlangt zudem eine Steuerung im Bereich der Grenzgänger.
Dies ist insbesondere für den Kanton Tessin und verschiedene andere
Grenzregionen von zentraler Bedeutung. Die SVP erwartet nun vom Bundesrat eine
rasche Ausarbeitung von Vorschlägen für die Umsetzung des Verfassungsartikels.
Gemäss Übergangsbestimmungen müssen die entsprechenden Arbeiten in spätestens
drei Jahren abgeschlossen und umgesetzt sein. Maximal drei Jahre Zeit hat der
Bundesrat auch für die Neuverhandlung des Personenfreizügigkeitsabkommens.
Vorhandenen Spielraum ab sofort nutzen Die SVP pocht schliesslich auch darauf, dass der vorhandene Spielraum in
laufenden ausländerpolitischen Gesetzgebungsprozessen konsequent für eine
Verschärfung der Regeln genutzt wird. So werden die SVP-Vertreter in der
staatspolitischen Kommission des Nationalrats bereits in dieser Woche Anträge
in Bezug auf die laufende Revision des Ausländergesetzes [Integrationsvorlage 13.030] einbringen. Die
vom Bundesrat und vom Ständerat bisher verfolgte Stossrichtung ist vor dem
Hintergrund des gestrigen Volksentscheids nicht haltbar. Die SVP wird ihre
Anträge zuhanden der Kommissionsberatungen am 11. 2. veröffentlichen. Keine
Grundlage mehr hat seit gestern auch die Ausweitung der
Personenfreizügigkeit auf Kroatien. Diese widerspricht Absatz 4 des neuen Art.
121a der Bundesverfassung, führt sie doch zu einer zusätzlichen
unkontrollierten Zuwanderung. Der Ratifizierungsprozess darf deshalb nicht
fortgesetzt werden.
Votum für die Unabhängigkeit Das gestrige JA zur Masseneinwanderungsinitiative muss auch als klares
Votum für die Unabhängigkeit und Souveränität verstanden werden. Das Schweizer
Volk will einen eigenständigen Handlungsspielraum bewahren - auch gegenüber der
EU. Vor diesem Hintergrund sind auch künftige Abkommen mit der EU und anderen
Partnern zu bewerten. Der Bundesrat hat der EU - so wie er hierzu von der aussenpolitischen
Kommission des Nationalrats beauftragt ist - endlich mitzuteilen, dass die
Schweiz nicht Mitglied des europäischen Binnenmarktes ist und auch nicht die
Absicht hegt, dies zu werden. Der Entscheid von gestern ist auch ein klares
Votum gegen eine weitere institutionelle Einbindung in die EU mit fremden
Richtern und dynamischer Rechtsübernahme.
Gerade jene Branchen, hat Nationalrat Adrian Amstutz
festgehalten, in denen mit der Personenfreizügigkeit die meisten Arbeitskräfte aus
dem Ausland geholt werden, weisen in der Schweiz die höchste Zahl der
Arbeitslosen aus. Ein Vergleich der Einwanderung nach Berufsgruppen aus
der EU mit den Arbeitslosenzahlen (Schweizer und bereits anwesende Ausländer)
gibt zu denken. Die Statistik zeigt, dass es für jede Stelle, die mit einem
Zuwanderer aus der EU besetzt wurde, zwei Arbeitslose aus der gleichen Branche
gegeben hätte. Selbst in den Ingenieurberufen, bei welchen der
Arbeitgeberverband am meisten Mangel an inländischem Personal beklagt, sind
derzeit 1920 Personen arbeitslos. Diese Fakten zeigen die Absurdität der
aktuellen Zuwanderungspolitik. Es besteht offenbar keinerlei Druck, die
Bedürfnisse auf dem inländischen Arbeitsmarkt zu decken. Offenbar holt
man lieber günstige Arbeitskräfte aus dem Ausland oder ausländische Chefs
ziehen ihre Landsleute nach. Das Nachsehen haben Schweizer und bereits seit
längerem in der Schweiz lebende Ausländer, welche keine Stelle finden, obwohl
sie teilweise bestens qualifiziert wären. Selbst bei der öffentlichen Hand
zeigt sich dieses Bild, nicht nur im Gesundheitswesen, sondern beispielsweise
auch im Bildungs- und Erziehungsbereich, in den 2500 Personen aus der EU
zugewandert und gleichzeitig über 4000 als Arbeitslose registriert sind. Die
Gesamtzahl der Arbeitslosen per Ende 2013 lag übrigens bei 149.437 (2001, also
im Jahr vor der schrittweisen Einführung der Personenfreizügigkeit, waren es 67.000
Arbeitslose, also in etwa die Hälfte). Dies entspricht ziemlich genau der
Bruttozahl der Zuwanderer im vergangenen Jahr. Bedenklich ist, dass sich
Behörden und Verbände nie zu diesen unbequemen Tatsachen äussern mussten und
diese Situation selber natürlich tunlichst verschweigen oder schönreden. Diese
verantwortungslose Politik, welche letztlich auch einen Betrug an unseren
Sozialwerken darstellt, ist mit einer Steuerung der Zuwanderung und mit einem
Vorrang der bereits anwesenden Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt zu
korrigieren. [1]
Anmerkung politonline d.a. Die ›Palette‹ der Kommentare zum Abstimmungsergebnis reicht von
haltlosen Beschuldigungen, unfundierten Anklagen bis hin zu regelrechte
Drohungen; daneben waren aber auch zahlreiche Stellungnahmen zu vernehmen, die
rückhaltlos anerkennen, dass hier der Bürger gesprochen hat; gerade letzteres
ist der Brüsseler crew nicht nur suspekt, sondern steht in direktem Gegensatz
zu ihren Plänen, die Souveränität der EU-Mitgliedstaaten nach Möglichkeit immer
stärker auszuhöhlen.
Zustimmung Beginnt man bei den Zustimmungen, so ist das Schweizer Votum sowohl in
Frankreich als auch in Belgien, den Niederlanden und in Norwegen begrüsst
worden. Was Frankreich angeht, so wird Hollandes statement, »wir werden die
Beziehungen zur Schweiz überdenken« nichts
ausrichten. Ersichtlich ist bereits jetzt, dass die Entscheidung der Schweiz dazu
angeregt, Gleiches für das eigene Land zu fordern, um sich der
Masseneinwanderung widersetzen zu können. Insofern ist schon jetzt vielfach die
Rede davon, es der Schweiz gleichzutun. Geert Wilders legte in seiner Reaktion
auf das Schweizer Votum dar: »Was die Schweizer können, das können wir auch:
Zuwanderung beschränken und raus aus der EU! Eine Quote für Zuwanderer:
Phantastisch.« Der vormalige
Premierminister Frankreichs, François Fillon, erklärte: »Es ist normal, dass
die Schweizer die Zahl der Ausländer auf ihrem Staatsgebiet verringern wollen.«
Es sei höchste Zeit, dass die EU eine seriöse Einwanderungspolitik betreibe und
Quoten einführe: »Ich fordere schon seit Monaten, dass Frankreich und Europa
das gleiche Quotensystem einführen«, so Fillon. Der UMP-Vorsitzende
Jean-François Copé meinte, die Entscheidung der Schweizer schockiere ihn nicht.
Gegen Quoten sei nichts einzuwenden. Die meisten Franzosen hätten den Wunsch,
dass auch bei ihnen die Zuwanderung stärker reguliert werde. Zustimmung kam auch
von Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestags;
dieser wertete das Abstimmungsergebnis
als Argument für strengere Regeln gegen die Armutsmigration: »Wir müssen die anhaltende
Zuwanderung in die Sozialsysteme deutlich begrenzen, sonst wird uns diese Debatte
immer wieder begegnen«, ein Standpunkt, der die völlige Zustimmung des AfD-Chefs,
Prof. Bernd Lucke, fand. Mit Blick auf die Schweiz mahnte Lucke, das Votum
ernst zu nehmen: »Volksabstimmungen zeigen, wo dem Volk der Schuh drückt und
welche Probleme von der Regierung sträflich vernachlässigt wurden. Diese
Probleme müssen gelöst werden, anstatt abfällig über die Partei zu reden, die
die Volksabstimmung durchsetzte.« Unabhängig vom Inhalt des Schweizer Referendums plädierte
Lucke dafür, auch in Deutschland ein Zuwanderungsrecht zu schaffen, das auf
Qualifikation und Integrationsfähigkeit der Zuwanderer abstelle und eine
Einwanderung in die Sozialsysteme ›wirksam‹ unterbinde: »Auch dafür sollten gegebenenfalls
Volksabstimmungen ermöglicht werden, wenn die Altparteien das Problem weiter
ignorieren.«
Vorwürfe und
Drohungen Der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner hatte sich gar dazu
verstiegen, die Schweizer auf Grund des Abstimmungsresultats der
Unzurechnungsfähigkeit zu zeihen. »Ihr drohe ›Verblödung‹, weil sie anders
abgestimmt habe, als die Regierung empfohlen habe.« Ausfälligkeiten solcher Art
sind wir inzwischen gewöhnt; das Schlimme hierbei ist, dass eine Entgleisung
dieser Art womöglich darauf hinweist, dass Stegner bei Entscheidungen im
Bundestag nicht nach seinem Gewissen urteilt, wozu er verpflichtet ist, sondern
gemäss der Parteilinie resp. den Vorgaben von Frau Merkel. Stegners Reaktion
zeigt zudem, dass zahlreiche Politiker längst vergessen haben, wem sie zu
dienen haben, nämlich ihrer Bevölkerung. Was nun die ›Verblödung‹ anbelangt, so
sei ihm dringend ans Herz gelegt, sich gelegentlich das Buch von Dr. Gustav
Sichelschmidt ›Deutschland verblödet - Wem nutzt der dumme Deutsche?‹ vorzunehmen;
dieses haben wir in aller Ausführlichkeit auf politonline vorgestellt haben.
[2] Direkt nach Bekanntwerden der
Zustimmung der Schweizer hatte Stegner geschrieben: »Die spinnen, die
Schweizer!« Wenig später folgte dann seine Präzisierung: »Geistige Abschottung
kann leicht zur Verblödung führen.« Man muss sich einmal vorstellen, dass das
die Leute sind, die uns regieren!
Ein
düsteres Bild hat der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im
Europaparlament, Elmar Brok, zu zeichnen beliebt. »Das ist
schon ein Schlag. …. Verständlich ist es
nicht. Denn die Schweiz hat große Vorteile, weil sie ein Stückchen in die
Europäische Union integriert ist. Und sie braucht auch qualifizierte
Arbeitskräfte.« Erstens wissen wir letzteres auch ohne Herrn Brok;
zweitens vermengt er hier ganz einfach zwei Fakten, nämlich die ungebremste
Zuwanderung, vor allem in die Sozialsysteme, und den Bedarf an Fachkräften. Mit
anderen Worten: Er kann gar nicht begriffen haben, dass es hier um die
Masseneinwanderung geht, denn er selbst hat doch wiederholt klargestellt, dass
die Armutseinwanderung in die EU laut Richtlinie 2004/38/EG des Lissabon-Vertrags
verboten ist; und er war es, der Anfang Januar zur Verhinderung mehrfacher
Einreisen in die EU die Registrierung von Fingerabdrücken ins Gespräch gebracht
hat. Natürlich bedient auch er sich des inzwischen recht abgenutzten Begriffs ›Rosinenpickerei‹, die sich bei uns nicht durchsetzen dürfe. Darüber hinaus
befürchtet er jetzt, dass das Schweizer Votum chauvinistischen Kräften in ganz
Europa Auftrieb gibt: »Die Gefahr ist groß, daß das im Europawahlkampf eine Rolle
spielt.« Das
wollen wir doch hoffen, Herr Brok; aus seiner Aussage wird gleichzeitig
erkenntlich, dass er zu denjenigen gehört, die eine nationale Gesinnung sowie
das Bestehen auf Souveränitätsrechten als Chauvinismus abtun. Die ›Drohungen‹ der EU,
die Verträge mit der Schweiz nachzuverhandeln, hat Marine Le Pen als lächerlich
bezeichnet. Die EU sei hilflos, da sich die Schweizer gegen das ›Dogma der Freizügigkeit‹ aufgebäumt hätten. »Will
die EU jetzt etwa Panzer schicken, um die Schweizer Grenzen zu öffnen?«, spottete sie. Sie hat auch den Einwand zurückgewiesen,
ihre Partei wolle Frankreich abschotten und hat sehr richtig erklärt, dass es
nicht darum geht, eine Mauer zu errichten: »Es
geht um eine Tür, die man öffnen und schließen kann, je nach seinen Interessen.
Das nennt man Souveränität.« Auch Marine Le
Pen klagt, dass die EU die Souveränität Frankreichs ausgehöhlt hat.
Dicht bei den Drohungen liegen auch regelrechte Strafmassnahmen, die mit
einer Dreistigkeit vorgetragen werden, dass man sich fragt, ob die Idee eines
friedlichen Zusammenlebens, die jeden Staat atmen lässt, noch gegeben ist. So
glaubt der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, nicht nur, dass das Referendum ein schwerer Fehler
gewesen sei, nein, er
fordert darüber hinaus ›deutliche
Maßnahmen‹ und brachte tatsächlich
die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen ins Spiel: »Wenn die Schweiz bei ihrem Kurs
bleibt, dann muß die EU eine deutliche Antwort geben. Wenn die Schweiz ihre Grenze für
Menschen schließt, dann ist es nur gerecht, wenn auch das Geld draußen bleibt«, sagte der Linksparteichef.
Jedenfalls wird hieraus ersichtlich, dass Riexinger den Mangel an Demokratie,
der diese EU charakterisiert, noch nie ausgelotet hat, auch wenn sie in zahlreichen Schriften, Kommentaren und Analysen
offengelegt ist. Bei dieser Einstellung
kann es nicht überraschen, wenn Riexinger auch Prof. Lucke seiner Kritik unterzieht und sich nicht
entblödet, diesen als ›Lügner und
Brandstifter‹ zu bezeichnen: »Er weiß
ganz genau, daß Deutschland ohne Zuwanderer zumachen müßte.« [3] Damit gibt er des
weiteren zu erkennen, dass er über die offiziellen Zahlen nicht im Bilde
sein kann: Der Anteil der Migranten ohne Berufsabschluss beträgt 44 %,
derjenige der Migranten im Alter zwischen 22
und 24 Jahren ohne Berufsabschluss 54 %, und der türkischer Migranten ohne Berufsabschluss 72 %. Und
ohne diese sollten die Deutschen zumachen müssen? Darüber hinaus lassen auch Riexingers Worte eine völlig entstellte Realität erkennen: Es geht in erster Linie um
die Armutseinwanderung und keineswegs um eine Abwehr von qualifizierten
Kräften. Hinzu kommt, dass Deutschland einen Ausländeranteil von weniger als 9 % hat, im
Gegensatz zur Schweiz mit über 23 %.
Brüssel Es ist geradezu unglaublich, was sich die Kommission in Brüssel
gegenüber einem Staat, der nicht einmal EU-Mitglied ist, herausnimmt. Allein
die Überheblichkeit, mit der man uns gegenübertritt, legt Brüssels Einstellung
den Bürgern gegenüber offen. Man sollte sich daher durchaus eingestehen, dass
die Kommissare die EU-Bevölkerung praktisch als ein Nichts betrachten, sonst
könnten sie nicht immer wieder auf dieselbe Art entgleisen. Das Land, liess
Barroso verlauten, könne nicht alle Vorteile des weltgrössten Marktes geniessen
ohne im Gegenzug den freien Zugang für EU-Bürger zu gewähren. Der Volksentscheid
habe ›ernsthafte Konsequenzen für die
Beziehungen zwischen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten, ganz so, als läge
die Entscheidung hinsichtlich möglicher Konsequenzen allein bei ihm. Er sprach
sogar von der Möglichkeit, dass Schweizer Bürger das Recht verlieren könnten,
in der EU zu leben und zu arbeiten….. »Natürlich«, schreibt Dominik Feusi in der ›Basler Zeitung‹ [4],
»geben alle vor, das Resultat zu ›respektieren‹. Diese Sprachregelung haben die vereinigten
EU-Bürokraten mittlerweile zähneknirschend akzeptiert. Sie haben aber nicht verstanden,
was direkte Demokratie ist – ausser, dass das für ihre Länder überhaupt
gar nicht geht. …. In ganz Europa gilt, dass die Bürger zu Sachthemen
nichts zu sagen haben. Das soll nach dem Willen der Mächtigen auch so bleiben.« Eine
Fehlinterpretation sondergleichen hat sich EU- Parlamentspräsident Martin Schulz
geleistet; diese zeigt einmal mehr, was im EP mitunter alles nicht begriffen
wird. So hat sich Schulz zwar gegen sofortige Massnahmen ausgesprochen, aber ›nur aus taktischen Gründen‹, denn, wie er darlegt, hat die
Regierung in Bern die Initiative klar abgelehnt und ist in dieser Frage unser
Partner. Da sind wir nicht gut beraten, wenn wir sofort losschlagen. Mit
anderen Worten: er realisiert ganz offenbar nicht, dass Bern den Volksentscheid
entsprechend umzusetzen hat: Insofern
kann also von einer Partnerschaft, wie sie Schulz vorschwebt, nicht die Rede
sein. Hierzu Dominik Feusi: »Schulz sieht in
unseren Bundesräten also die netten Kumpel der europäischen Unterwerfung der
Schweiz, die jetzt dummerweise ein störrisches Volk am Hals haben. Die Kumpel
muss man stärken, dann wird alles gut. Man könnte meinen, er rede von einem
Entwicklungsland auf dem Weg zur Demokratie.« Die absolute Masslosigkeit der
Drohungen kommt auch in der vom ›Corriere della Sera‹ festgehaltenen
Aussage des griechischen Vorsitzenden des EU-Rats, Evangelos Venizelos,
zum Ausdruck, in der ebenfalls nicht davor zurückschreckt wird, mit der Blockierung
des freien Kapitalverkehrs aufzuwarten, sollte die Schweiz in den Augen der EU
den freien Personenverkehr verletzen; wie es heisst, hätte Venizelos in der
Folge erklärt, dass über Sanktionen noch nicht gesprochen worden sei.
»Nach dem Volksentscheid in der Schweiz über eine Begrenzung der
Zuwanderung«, schreibt Gerhard Wisnewski, »lässt
die EU die Maske fallen und reagiert mit Drohungen und Erpressungsversuchen.
Ganz nebenbei erfährt man dabei, dass die Schweiz von der EU längst als
Eigentum betrachtet wird. Während die Europäische Union auf immer ungebremstere
Zuwanderung [und das daraus
resultierende Chaos] setzt, möchte die Schweiz wieder Herr im eigenen Hause
werden. Aber das geht nun gar nicht. …… Jede Grenze des Menschen steht unter
Beschuss. Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU ist
dafür ein weiteres eindrucksvolles Beispiel. Im Ergebnis haben wir es mit einem
strukturellen Krieg gegen die gesamte Menschheit zu tun.« [5]
Abschliessend ein sachlicher Kommentar der ›Deutschen
Wirtschafts Nachrichten‹: »Die
zahlreichen Drohungen von EU-Funktionären gegen die Schweiz sind reiner
Theater-Donner: Die EU exportiert Güter im Wert von 108 Milliarden € in die
Schweiz. Damit ist die Schweiz einer der besten Kunden der EU. Somit ist
die Schweiz eines der weniger Länder, mit denen die EU einen Handelsüberschuß erwirtschaftet.
Die Eidgenossen exportierten dagegen nur 90 Milliarden € in die EU, das sind 55
% aller Schweizer Exporte. Im Jahr 2000 waren es noch 63 % gewesen. Die EU hat
also das allergrößte Interesse daran, daß sich die Lage in der Schweiz weiterhin
gedeihlich entwickelt: Sollten sich die Schweizer entschließen, künftig mehr
aus Asien zu importieren als aus der EU, brächte dies bedeutende Nachteile für
die EU. Brüssel kann die Schweiz mit nichts erpressen. Die EU fürchtet
allerdings, daß die Europäer anhand des Schweizer Beispiels die Einführung der
Demokratie auf EU-Ebene fordern könnten. Das wäre eine echte Bedrohung für das
aktuelle System. Die EU hat im Streit mit der Schweiz um die Freizügigkeit des
Personenverkehrs wenig Spielraum. Denn obwohl die EU-Funktionäre im ersten
Überschwang die Schweiz attackierten und ihr schwere wirtschaftliche Nachteile
androhten, haben die EU-Staaten mehr zu verlieren als die Schweizer.« »Die
zentrale Lage der Schweiz«, so die ›DWN‹ ferner, »macht das Land in
logistischen Fragen für die EU unverzichtbar. Die Aufregung in Brüssel ist in
der Tat auch nicht wirtschaftlich, sondern ausschließlich politisch begründet:
Die EU fürchtet, daß andere europäische Staaten auf die Idee kommen könnten,
ihre Völker stärker in politische Entscheidungen einzubeziehen.« [6]
Nochmals: Die Schweizer haben nicht dafür gestimmt, dass die Grenzen
dicht gemacht werden, sondern dafür, dass die Regelung der
Personenfreizügigkeit ein Thema der nationalen Souveränität ist und nicht
eines, das an Brüssel delegiert werden kann.
[1] ›Zürcher
Bote‹ vom 7. 2. 2014 - Fakten statt Schönreden - Immer neue
Zuwanderer statt arbeitslose Fachkräfte anstellen? – Von Adrian Amstutz,
Nationalrat SVP, Fraktionspräsident SVP, Sigriswil (BE) [2] http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1934 15. 4. 12 »Politisch
korrekt« -
Intelligenz wird Mangelware [3] http://www.berliner-umschau.de/news.php?id=27344&title=Riexinger+fordert+deutliche+Ma%DFnahmen+gegen+die+Schweiz&storyid=1391971958481 9. 2. 14
[4] http://bazonline.ch/ausland/europa/Die-Angst-geht-um--die-Angst-vor-der-Demokratie/story/28085330 12. 2. 14
Dominik Feusi Bern [5] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/gerhard-wisnewski/schweiz-aufstand-gegen-die-eu-umklammerung.html;jsessionid=B10E89153E3CC1BF77CDD255CAC42DE0
12. 2. 14 Schweiz: Aufstand gegen die
EU-Umklammerung - Gerhard Wisnewski [6] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/02/11/papiertiger-in-bruessel-die-eu-braucht-die-schweiz-nicht-umgekehrt/ 11. 2. 14
Papiertiger in Brüssel: Die EU braucht die Schweiz – nicht umgekehrt
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