Das vorgeschlagene Schiedsgericht ist ein
Feigenblatt und ein Ablenkungsmanöver. In Wahrheit wird die Schweiz mit dem
Abkommen dem EU-Gerichthofs EuGH unterstellt. Artikel 4 und Artikel 10 Absatz 3
des Abkommens sind diesbezüglich unmissverständlich: »Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für das Schiedsgericht
verbindlich«. Das geht sogar so weit, dass »die Bestimmungen und Rechtsakte gemäss der vor
oder nach der Unterzeichnung des betreffenden Abkommens ergangenen
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgelegt und angewendet«
werden müssen. Der EuGH ist das Gericht der Gegenpartei. Es fehlt
ihm die Unparteilichkeit. Judikativkompetenzen werden damit ausgelagert. Damit
werden auch langwierige und komplizierte Rechtsverfahren, die die Rechtssicherheit
in der Schweiz in Frage stellen, wahrscheinlich.
Sanktionen und Guillotinen
Mit dem Rahmenabkommen werden zudem neue
Sanktionen und Guillotinen installiert. Unter dem Begriff ›Ausgleichsmassnahmen‹ kann
die EU gemäss Vertragstext Sanktionen »bis
hin zur teilweisen oder vollständigen Suspendierung des betroffenen Abkommens
bzw. der betroffenen Abkommen ergreifen« [Artikel 10 Absatz 6]. Gleichzeitig
wird die bisherige Guillotineklausel [Bilaterale I] zementiert, respektive
verstärkt und mit dem Rahmenabkommen sowie mit zukünftigen Abkommen verknüpft
[Artikel 22 Absatz 2]. Diese Multiplizierung der Guillotine-Klausel sowie die Sanktionen
schmälern unseren zukünftigen Handlungsspielraum, und die Erpressbarkeit wird massiv
erhöht. Die Schweiz wäre nicht mehr frei.
Einbindung in die EU-Bürokratie
Was unter dem Titel ›Decision
shaping‹ als neue Mitsprache bei der
EU angepriesen wird, ist in Wahrheit eine weitere Einbindung in die
EU-Bürokratie und eine Aufblähung unserer eigenen Administration. Es werden
etliche neue Gremien eingerichtet. In Artikel 15 wird ein sogenannter ›Horizontaler Gemischter Ausschuss‹ aufgebaut, der über die bisherigen und gut
funktionierenden Gemischten Ausschüsse gestellt wird. In Artikel 16 kommt ein ›Gemischter parlamentarischer Ausschuss‹ ins Spiel, so dass die heute schon überlasteten Parlamentarierinnen
und Parlamentarier auch noch zusätzlich Apéros und
Sitzungen in Brüssel geniessen können. In der »Gemeinsamen
Erklärung EU–Schweiz zu den Handelsabkommen« unter
Punkt 10 wird ein neues Beratungsgremium für Handelsfragen auf politischer
Ebene eingerichtet. In Artikel 11 des Abkommens wird zudem ein ›Dialog‹
zwischen Bundesgericht und EuGH zur Förderung einer einheitlichen
Auslegung eingeführt. Die Reisetätigkeit und Bürokratie werden dadurch
nur gestärkt. Die Bundesakteure werden geschickt in die EU-Strukturen
integriert und dadurch korrumpiert.
Inzwischen wurden von verschiedenen Akteuren - auch durch Studien und Experten - konkrete Auswirkungen des Rahmenabkommens belegt
und publik gemacht. Diese Kritik muss ernst genommen werden: Einen eigenständigen
und sozialpartnerschaftlich vereinbarten Arbeitnehmerschutz müsste die Schweiz
aufgeben. Der Lohnschutz in der Schweiz wäre nicht mehr gegeben [Protokoll 1].
Mit der ›Dynamisierung‹ der Personenfreizügigkeit würde die masslose und
grenzenlose Zuwanderung in die Schweiz zementiert. Der Zuwanderung in die
Sozialwerke wären keine Grenzen mehrgesetzt. Das Unionsbürgerrecht
müsste die Schweiz früher oder später übernehmen. Ausschaffungen von
EU-Ausländern würden faktisch verunmöglicht.
- Der föderalistische
Staatsaufbau der Schweiz wäre gefährdet. Die Autonomie der Kantone und Gemeinden
würde in vielen Bereichen beschnitten.
- Das Rahmenabkommen
stellt einen einleitenden Schritt für ein Agrarfreihandelsabkommen dar. Die dynamische
Rechtsübernahme geht im Bereich Landwirtschaft viel weiter als ein Freihandelsabkommen.
- Das in
der Schweiz geltende Verbot von gentechnisch veränderten Organismen wird mit
dem Rahmenabkommen in Frage gestellt. Die EU könnte uns zu Anpassungen zwingen.
- Mit der
bereits vorgespurten und verbindlichen Integration des Freihandelsabkommens von
1972 in das Rahmenabkommen müsste sich die Schweiz den Handelsregeln und der Wirtschaftspolitik
der EU angleichen. In jeglicher Hinsicht steht die Schweiz wirtschaftspolitisch
und vom Wohlstand her besser da als die EU. Eine solche Angleichung und
Nivellierung ist daher für die Schweiz nicht ratsam. Die dynamische Übernahme von
EU-Regulierungen würde auch jegliche Bestrebungen im Bereich Deregulierung und Bürokratieabbau
in der Schweiz unterlaufen. Zudem wäre die Schweiz noch mehr als heute gezwungen,
EU-Wirtschaftssanktionen nachzuvollziehen, was der Neutralität der Schweiz
widerspricht.
- Mit der
bereits im Rahmenabkommen integrierten Angleichung an die EU im Bereich der ›staatlichen Beihilfen‹ wären
sehr viele Politik- und Lebensbereiche von der institutionellen Ankettung an
die EU ebenfalls betroffen: Steuerpolitik, Elektrizitäts- und Wasserversorgung,
Kantonalbanken, kantonale Gebäudeversicherer,
Landwirtschaft, Kultur, Sportförderung, Service Public, öffentliche Spitäler,
Standortförderung, Wirtschaftsförderung, Tourismus, Wohnbauförderung,
Öffentlicher Verkehr, etc.
- Obwohl rechtlich
nicht verpflichtend, würde sich der Bundesrat mit der Unterzeichnung des
Abkommens politisch verpflichten, ›autonome
Beiträge‹ an die EU zu zahlen [Präambel
und Gemeinsame Erklärung EU–Schweiz zur Kohäsion]. Diese Verknüpfung zwischen
Rahmenabkommen und weiteren Kohäsionszahlungen lehnen wir entschieden ab.
3. Forderungen
- Das ›EU-NO‹-Komitee
fordert deshalb den Bundesrat auf, auf eine Unterzeichnung dieses EU-Diktats zu
verzichten. Es ist der EU mitzuteilen, dass die Schweiz sehr gerne mit der EU
und den Ländern Europas zusammenarbeitet, jedoch keine politisch-institutionelle
Anbindung und Integration wünscht.
- Der Bundesrat
soll ökonomische Chancen und Opportunitäten einer Nicht-Anbindung
an die EU aufzeigen, insbesondere, wie der Freihandel mit Europa und der Welt
sowie die Zusammenarbeit mit Grossbritannien weiter vertieft werden kann.
Beim Rahmenabkommen müssen wir einen
Grundsatzentscheid fällen. Wollen wir unsere Unabhängigkeit und
Selbstbestimmung behalten oder nicht. Das ist keine Frage von Links oder
Rechts.
Gegenwärtig machen vor allem die
Wirtschaftsverbände und jene, die einen EU-Beitritt wünschen, Druck, um die
Schweiz dem institutionellen Diktat der EU zu unterstellen. Spätestens nach den
Wahlen im Herbst werden dann leider auch fast alle Parteien einknicken und ihre
eigenen Werte und Ansichten dem EU-Zentralismus opfern. Dem
müssen wir uns entgegenstellen und alles Erdenkliche tun, um diesen Knechtschaftsvertrag
zu verhindern.
Der Bundesrat konnte sich bisher nicht zu einer
Unterzeichnung dieses Abkommens durchringen, weil dieser Vertragsentwurf die
Gleichberechtigung der Verhandlungspartner annulliert. Solange der bilaterale
Weg beschritten wurde, verhandelten zwei Partner – die Schweiz und die EU –
gleichberechtigt auf Augenhöhe. Mit dem Rahmenabkommen erlässt die EU jedoch
einseitig Gesetze, die die Schweiz automatisch übernehmen muss. Der
EU-Gerichtshof EuGH wird als oberste Gerichtsinstanz installiert. Das Gericht
der Gegenpartei würde dann über uns bestimmen. Zudem werden Sanktionen und
Strafandrohungen im Vertrag verankert. Neue Guillotineklauseln sollen die
Schweiz noch enger an die EU fesseln. Dies würde das Ende der Beziehungen Schweiz-EU
auf Augenhöhe und zwischen gleichberechtigten, bilateralen Partnern bedeuten.
Die
Schweiz würde zu einem Vasallenstaat der EU.
Siehe auch https://eu-no.ch/nein-zur-eu-anbindung/
»Komitee Nein zum schleichenden
EU-Beitritt« ›EU-No‹ am 28. März 2019
mailto:info@eu-no.ch
Präsident: Nationalrat Roger Köppel
Geschäftsführer: UrsVögeli