Palästina

politonline d.a. Die beiden nachfolgend veröffentlichten Beiträge zeigen erneut auf, mit welch unverminderter Leichtigkeit Kriege inszeniert werden können - wodurch die UNO und der gesamte Menschenrechtsrat weiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Im Gegenzug wird der sattsam bekannte Geber, der Steuerzahler dieses Globus, mit kaum verhohlener Geringschätzung von seiner Regierung dazu gezwungen, seine Arbeitskraft dafür einzusetzen, dass die dadurch entstehenden katastrophalen menschlichen und materiellen Folgen begradigt werden können. Schon schickt die EU wieder Finanzhilfe in Millionenhöhe an die Palästinenser, wozu Beiträge weiterer Länder kommen. Es ist geradezu ungeheuerlich, dass dieser inzwischen über die UNO festgemauerte Mechanismus, welcher einerseits der Zerstörung freie Bahn lässt, andererseits unter Einsatz jeweils gekonnt dargebotener mitleidheischender Töne unsere Steuergelder einkassiert, bei unseren Volksvertretern ganz offensichtlich keinerlei Gegenreaktion erzeugt, auch wenn die eigene Bevölkerung dadurch finanziell mehr und mehr belastet wird, ganz so, als sei deren Niedergang implizit. Durch diesen nur noch als Missbrauch zu betrachtenden Modus sehe ich meine Menschenrechte aufs Äusserste beeinträchtigt.

Cheneys Netzwerke hinter der Palästinakrise ist der Titel einer Mitteilung von Strategic Alert, Jahrg. 21, Nr. 25 vom 21.6.07
Die Erklärung des Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas vom 14. 6. 07, er habe Pemierminister Ismail Hanija von der Hamas entlassen, eine neue Regierung berufen und den Notstand erklärt, signalisiert eine dramatische Verschlimmerung der Lage in dem Bruderkrieg zwischen den beiden Palästinenserlagern. Die Hamas, die inzwischen die völlige Kontrolle über den Gazastreifen an sich gerissen hat, wies diese Entscheidung zurück. Hamas-Sprecher Sami Abu Zuhri erklärte, Hanija »bleibt der Kopf der Regierung, auch wenn sie vom Präsidenten aufgelöst wurde.« Man muß zwei Faktoren kennen, um die blutige Wende zu verstehen. Erstens, daß US-Vizepräsident Dick Cheney und sein enger Verbündeter im Nationalen Sicherheitsrat, Elliot Abrams, schon länger einen Bürgerkrieg wollen. Bereits am 17.5. berichtete EIR, daß Abrams heimlich einen bewaffneten Konflikt zwischen Hamas und Fatah schüre. Gutinformierten Quellen in Washington und Ägypten zufolge verwalte Abrams einen Geheimfonds, der unter dem Deckmantel der »Förderung der Demokratie«
Waffen für Palästinenserfraktionen finanziert, um Kämpfe zwischen Hamas und Fatah zu provozieren. Das Ziel sei, vorgezogene Neuwahlen zu erzwingen, weil Abrams hoffe, daß dadurch der Hamas-Faktor reduziert werden könne.
 
Der zweite wichtige Faktor der Krise ist die Rolle des »Quartetts« SA, UN, EU und Rußland bei der Schaffung der Bedingungen, unter denen der dramatische Bruderkampf ausbrechen konnte. Am 13. 6. veröffentlichte der Guardian den vertraulichen Bericht eines prominenten UN-Vertreters, worin präzise dokumentiert ist, wie diese Kräfte den Weg zum Krieg freigemacht haben, indem sie die Anerkennung der Einheitsregierung verweigerten und der Fatah Geld zuleiteten, um sie gegenüber der Hamas zu stärken. Solange sich in Washington nichts ändert, ist mit dem Schlimmsten zu rechnen. Wie die Sunday Times am 17. 6. berichtete, plant Israels neuer Verteidigungsminister Ehud Barak »innerhalb weniger Wochen« einen Angriff auf den Gaza-Streifen, »um die Hamas-Kämpfer, die dort die Macht an sich gerissen haben, zu vernichten«. Barak plant dem Vernehmen nach den Einsatz von 20.000 israelischen Soldaten, darunter zwei Panzerdivisionen und eine Infanteriedivision, unterstützt von Angriffsdrohnen und F-16-Jets. Am 17.6. traf Abbas den amerikanischen Konsul Jacob Walles, der versprach, daß die internationalen Finanzhilfen nach der Vertreibung der Hamas wieder aufgenommen würden. Das Quartett begrüßte am selben Tag in einer Erklärung die von Abbas angeordneten Änderungen in der palästinensischen Regierung und sagte finanzielle Unterstützung zu.
 
Die Spur führt in die USA - Washington zieht im palästinensischen Bürgerkrieg die Fäden
Von Wolf Reinhardt
Die Zuspitzung der Gewalt im Gaza-Streifen, die von der sogenannten »Meutererströmung« innerhalb der Fatah-Organisation ausgeht und sich gegen die mit großer Mehrheit gewählte Hamas richtet, war in Washington offensichtlich von langer Hand geplant. Das geht aus einer Anhörung im US-amerikanischen Kongreß Ende Mai 07 hervor, in welcher der in Israel stationierte US-General Keith Dayton eingestand, daß die USA auf Seiten der Fatah im innerpalästinensischen Konflikt kräftig mitmischen. Als hätte er die Eskalation der Gewalt »vorausgeahnt« sagte Dayton: »Jetzt wird (in Gaza) eine rauhe Phase beginnen«, um zugleich den von dem Demokraten Gary Ackerman geleiteten Mittelostausschuß des US-Kongresses zu beruhigen, daß »noch nicht alles verloren« sei, denn die CIA und das Pentagon unterstützten die US- und Israel-freundlichen Kräfte innerhalb der Fatah im Kampf gegen Hamas. Es sei daher von »äußerster Bedeutung, daß alle jene, die die legitime Autorität und die Sicherheitskräfte von Präsident Abbas unterstützen, auch die Hilfe bekommen, die sie brauchen«.
 
Obwohl die CIA seit 1996 die palästinensische Präsidentengarde (der Fatah) in Lagern in Ägypten und Jordanien bewaffnet und ausbildet, hatte das US-Außenministerium seit der Regierungsübernahme durch Hamas vor zwei Jahren die Fortdauer des Trainingsprogramms kategorisch abgestritten. Bei dem Hearing im Kongreß hob General Dayton jedoch hervor, wie sehr derzeit Washington der Präsidentengarde von Fatah-Chef Mahmud Abbas im Kleinkrieg gegen Hamas unter die Arme greift. Zu diesem Zweck hatte der US-Kongreß unlängst 59 Millionen $ bewilligt. Allerdings forderte General Dayton noch mehr Geld für die US-Marionetten in der Präsidentengarde der Fatah, denn, so der General, trotz der Anstrengung vieler Monate habe die bisherige Hilfe wenig Wirkung gegen die sehr disziplinierte und gut ausgerüstete Hamas gezeigt. Was die CIA-und Mossad-Marionetten der Fatah nicht im offenen Kampf gegen Hamas schaffen, versuchen sie seit Monaten nach dem Vorbild der »El-Salvador Option« der USA mit einer gezielten Mordkampagne gegen führende Persönlichkeiten der Hamas im Gaza-Streifen durchzusetzen. Die Spur dieser Todesschwadronen führt immer wieder zu der Präsidentengarde der Fatah, aus der sich auch das Gros der sogenannten »Meutererströmung« rekrutiert. Deren Chef ist das Parlamentsmitglied und ehemalige Fatah-Innenminister Mohammed Dahlan. Laut der Politologin und Nahostspezialistin Prof. Dr. Helga Baumgarten, die viele Jahre in Israel/Palästina, u.a. an der Bir-Zeit-Universität gearbeitet hat, steht Dahlan für eine Option, die versucht, sämtliches Widerstandpotential auf der palästinensischen Seite mit Gewalt niederzuschlagen. Dazu bekomme Dahlan »die Unterstützung der Amerikaner und der CIA«, so die Politologin am 22. April 2003 in einem Interview im Deutschlandfunk. Nach dem fehlgeschlagenen Mordanschlag auf den von Hamas gestellten palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Hanija am Abend des 12.6. erstürmten etwa 200 Kämpfer der Hamas in einer koordinierten Operation das Hauptquartier der Fatah im nördlichen Teil des Gaza-Streifen. Auch die meisten Polizeistationen in Gaza sind seither unter der Kontrolle der Hamas. Die Fatah steht nun vor der Entscheidung, sich entweder von der »Meutererströmung« Dahlans zu trennen oder einen Bürgerkrieg zu riskieren.
 
Quelle: http://www.jungewelt.de/2007/06-14/020.php  14.6.07