Was ausser den sich steigernden Kriegsdrohungen gegen den Iran sonst noch gegen das Land unternommen wird, zeigt der folgende Artikel: 23.09.2007 11:04
Destabilisierungshebel
Erbil/Teheran/Köln (German Foreign Policy - Eigener Bericht) - Bewaffnete Separatisten aus dem Westiran erhalten für ihren Kampf gegen die iranische Regierung Unterstützung aus Deutschland. Trotz wiederholter Proteste Teherans setzt ein Anführer der kurdischen Sezessionsbewegung die Rekrutierung Aufständischer in der Bundesrepublik fort - unter den Augen deutscher Geheimdienste. Die Separatisten werden für die Tötung mehrerer hundert iranischer Soldaten verantwortlich gemacht. Ein Professor der Bundeswehr-Universität in München plädiert für die Unterstützung der Insurgenten: Iran soll geschwächt und »gegebenenfalls aufgelöst« werden. Die deutsche Zuarbeit für kurdische Aufständische im Iran ergänzt bisherige deutsche Kontakte zur kurdischen Autonomieregierung im Irak und stärkt die Berliner Rolle im Rahmen einer möglichen völkischen Neuordnung des gesamten Mittleren Ostens.
Entsprechende Pläne hatten US-Militärkreise
vor geraumer Zeit lanciert. Offensivster Vertreter der kurdischen Sezession ist
gegenwärtig der Präsident der irakischen »Autonomen Region Kurdistan«, Masud
Barzani - ein langjähriger Kontaktmann deutscher Außenpolitiker, der bereits
mehrfach mit Angela Merkel zusammengetroffen ist. Barzani hat eine Abspaltung
der von ihm kontrollierten Gebiete im Norden des Irak (Irakisch-Kurdistan)
bereits angekündigt und will das Sezessionsgebiet um die drei erdölreichen
Provinzen Kirkuk, Niniveh und Diyala erweitern. Dort sollen noch in diesem Jahr
Referenden über den Anschluss an die »Autonome Region Kurdistan« abgehalten
werden. In Kirkuk rufen die Sezessionspläne schwere Spannungen hervor, die
inzwischen zu völkischen Gewaltausbrüchen und Terroranschlägen führen. Masud
Barzani kündigt einen Bürgerkrieg an, sollte das Referendum Kirkuk nicht unter
seine Kontrolle bringen.
Erbil
Barzani, der Präsident der Demokratischen
Partei Kurdistans (KDP), dessen Clan die nördlichen Teile des
Sezessionsgebietes kontrolliert und der inzwischen als Präsident der kurdischen
Autonomieregierung auch die übrigen Gegenden »Irakisch-Kurdistans« beherrscht,
unterhält seit Jahrzehnten enge Kontakte in die Bundesrepublik. In den 1980er
Jahren stand er in regem Austausch mit dem CSU-Vorsitzenden Franz-Josef Strauß,
in den 1990er Jahren stellte er Verbindungen zur Regierung des Bundeslandes
Nordrhein-Westfalen her, die eine Reihe sogenannter Entwicklungsprojekte im
Nordirak finanzierte. Im Gespräch waren damals auch militärstrategisch bedeutsame
Infrastrukturvorhaben (Barzani Road). [1] Bis heute wirksam sind die damals
geknüpften Kontakte in Person des früheren nordrhein-westfälischen
Landtagsabgeordneten Siegfried Martsch (Bündnis 90/Die Grünen), der in den
Barzani-Clan aufgenommen worden ist und sich heute »Siggi Barzani« nennen darf.
Martsch leitet den deutschen Ableger der offiziellen Investitionsagentur im
Norden des Iraks (Kurdistan Development Corporation) und hat deutschen Unternehmen
bereits millionenschwere Infrastrukturaufträge vermittelt. Martsch
vertrat die deutsche Seite, als im Januar 2006 ein »Deutsches Kulturzentrum« in
Erbil, der Hauptstadt »Irakisch-Kurdistans«, eröffnet wurde. Um die Gründung
des Zentrums hatte sich bis zu ihrer Entführung wenige Wochen zuvor eine Frau
Susanne Osthoff, eine Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes und mutmaßliche
Zuträgerin der deutschen Auslandsspionage BND bemüht. [2]
Die
Kandilberge
In Barzanis Einflussbereich liegen die
Kandilberge im irakisch-iranisch-türkischen Dreiländereck. Von dort startet die
Separatistenmiliz PKK regelmäßig Angriffe auf türkisches Territorium. Ebenfalls
in den Kandilbergen befindet sich die Hauptbasis der PKK-nahen »Partei für ein freies Leben in Kurdistan «
(PEJAK), die im Westen des Irans gegen die iranische Armee kämpft. Die vom
Einflussgebiet des deutschen Kontaktmannes Barzani operierende Organisation
führt Krieg für ein ethnisch homogenes Kurdistan. Schätzungen zufolge sind
ihren militärischen Operationen bislang mehr als 300 iranische Soldaten zum
Opfer gefallen. Wie das TV-Magazin Monitor
berichtet, hat PEJAK-Chef Abdul Rahman Haji Ahmadi seinen Sitz in Köln
(Nordrhein-Westfalen) und rekrutiert dort Aufständische für den Sezessionskrieg
gegen den Iran. [3] Dem Bericht zufolge gelingt es Haji Ahmadi mit großer
Regelmäßigkeit, aus Deutschland zu seiner Miliz in den Irak zu reisen, ohne von
den deutschen Behörden daran gehindert zu werden - trotz mehrfacher Beschwerden
der irakischen Regierung. Die deutsche Auslandsspionage (BND) soll mit der
PEJAK in zwielichtigen Beziehungen stehen. [4]
Kurdistan
Berichten zufolge wird die PEJAK nicht nur
aus Deutschland, sondern auch von den Vereinigten Staaten unterstützt. [5] Das
von ihr angestrebte ethnisch homogene Kurdistan entspricht ebenso der deutschen
Volkstumspolitik wie strategischen Erwägungen Washingtons. US-Militärs ziehen eine
Neuordnung des Mittleren Ostens nach völkischem Modell in Betracht. Im
Juni 2006 wurde im Armed Forces Journal,
einer Zeitschrift der US-Armee, von dem pensionierten Soldaten Ralph Peters
eine Landkarte veröffentlicht, die fast sämtliche Grenzen in der
arabisch-islamischen Welt nach ethnischen Kriterien neu zieht
(german-foreign-policy.com Bericht [6]). Betroffen ist unter anderem der Iran,
der sich der westlichen Hegemonialpolitik am Persischen Golf nicht
bedingungslos unterordnen will. Teheran, von Wirtschaftssanktionen geschwächt
und von US-Militärschlägen bedroht [7], sieht sich im Nordwesten des Landes
einer erstarkenden Sezessionsmiliz gegenüber.
Geheimdienstlich
verdeckt
Die machtpolitische Logik der
deutsch-amerikanischen Unterstützung für die PEJAK hat bereits im Frühjahr ein
Professor der Bundeswehr-Universität in München erklärt. Michael Wolfssohn
zufolge ist der Iran »ein Vielvölkerstaat«, dessen Bevölkerung angeblich zu 49
% aus Teheran nicht geneigten »Volksgruppen« besteht. »Der Iran ist von innen
gefährdet«, behauptet Wolfssohn und nennt den kurdischen Separatismus als
Beispiel: »Der kurdische Teil des Irans würde sich lieber gestern als morgen
mit dem »Irakisch-Kurdistans« sowie am liebsten
auch den Kurden der Türkei und Syriens vereinigen.« [8] Wie der
Bundeswehr-Professor meint, sind völkische Sezessionsbewegungen der geeignete »Destabilisierungshebel«
gegenüber der missliebigen Regierung in Teheran: »Diese innenpolitische
Labilität könnte - und sollte (geheimdienstlich verdeckt, versteht sich) - der
Hebel westlicher Iran-Politik unterhalb des eigenen militärischen Eingreifens
sein«.
[1] s. dazu Feudale Sonderbeziehungen und
(Irakisch) Kurdistan
[2] s. dazu Rückzugsgebiet, Zum Verbleib
ermutigt und Lügen
[3], [4] Terrorismus: Wie die kurdische
Arbeiterpartei PKK unter den Augen von BND und Verfassungsschutz in Deutschland
Rekruten anwirbt; Monitor 21.06.2007. Die PEJAK tötete im Jahre 2005 120
Angehörige der iranischen Streitkräfte; seitdem fielen ihr bereits 200 weitere
Soldaten zum Opfer. Ihre Waffen bezieht die PKK-Schwesterorganisation zu großen
Teilen aus Europa, Berichten zufolge unter anderem auch aus Deutschland. Als
Reaktion auf die Anschläge der Separatisten marschierten iranische Einheiten
Mitte August in das irakische Rückzugsgebiet der PEJAK ein. Hierbei hat der
Iran die stillschweigende Duldung der irakischen Zentralregierung; auch der mit
Barzani rivalisierende Bagdader Staatspräsident Talabani von der Patriotischen
Union Kurdistans (PUK) soll der PEJAK abgeneigt sein.
[5] Kurdish
leader seeeks U.S. help to topple regime; The Washington Times 04.08.2007
[6] s. dazu Schmutziges Geheimnis, Neue
Staaten und Interview mit Dr. Pierre Hillard
[7] s. dazu Außendruck
[8] Die Zerrissenheit des Iran; Die Welt
07.03.2007
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57010
19.09.2007
Hervorhebungen durch politonline
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