Boltons Aufstieg erweckt eine Gruppe iranischer Dissidenten zu neuem Leben - Von Rhys Dubin und Dan De Luce 13.05.2018 21:11
»Nach der Berufung des Hardliners John Bolton zum Nationalen
Sicherheitsberater des Präsidenten Donald
Trump glauben die iranischen Volksmudschahedin, die Regierung in Teheran mit
US-Hilfe doch noch stürzen zu können. Mit einem Unterstützer im Weißen Haus könnte
die MEK doch noch zu einer Stimme in der US-Außenpolitik werden. Bolton
unterstützt die iranischen Volksmudschahedin,
die Mujahideen-e-Khalq oder MEK, schon lange und ist schon bei mehreren ihrer
Veranstaltungen als Redner aufgetreten.
Die MEK wurde in den 1960er Jahren als
oppositionelle Gruppierung gegen Schah Mohammad Reza Pahlavi gegründet, und
ihre Anhänger mußten sich nach der Islamischen Revolution im Jahr 1979 ins Exil
in das von Saddam Hussein beherrschte Irak absetzen; nach dessen Sturz
zerstreuten sie sich über ganz Europa und in der USA. Die auf den Sturz des iranischen
Regimes fixierte MEK-Führung hat schon immer Beziehungen zu westlichen Parlamentariern
gesucht, insbesondere in den USA, stieß jedoch bislang im Weißen Haus auf
Ablehnung. Da jetzt Trumps Kabinett mit Falken, die schon immer Krieg gegen den
Iran führen wollten, gespickt ist und Bolton eine führende Stellung im
Nationalen Sicherheitsrat einnimmt, hat die MEK unverhofft die Chance bekommen,
doch noch zum Mitspieler in der US-Außenpolitik zu werden. ›Bolton sieht die MEK sehr positiv‹, äußerte ein außenpolitisch
versierter Kongreßmitarbeiter. ›Sie
hat jetzt einen direkten Zugang zum Weißen Haus.‹ Im Gegensatz zur geringen Wirkung anderer sich im Exil
befindlichen iranischen Oppositionsgruppen ist es der MEK
dank ihrer straffen Organisation und ihrer guten finanziellen Ausstattung gelungen, die Diskussion über einen Regimewechsel im Iran
in Washington in Gang zu halten. ›Auch weil die iranische Regierung in Washington keine Lobby hat,
fand die MEK mit ihrer Kampfansage an die Islamische Republik dort viele offene
Ohren‹, heißt es ferner.«
Bedenkt man, daß der Iran zu den 7 Kriegen
zählt, die das Pentagon unter Bush
programmierte, so stellt sich die Frage, w e r
die MEK finanziert. Diese ergibt sich auch zu der Feststellung, »daß sich die MEK mit lukrativen Angeboten auch
an Abgeordnete des Repräsentantenhauses und an Senatoren herangemacht hat, so zum
Beispiel mit einer Einladung zu einem aufwendigen Essen, das anläßlich des
Nouruz, des iranischen Neujahrsfests, von einer der MEK nahestehenden
Gruppierung im Russell Senate Office Building gegeben wurde. Die führende
MEK-Vertreterin Maryam Rajavi hatte die Gäste mit einer Video-Botschaft von
ihrem Haus in Frankreich aus begrüßt, worin sie ›offen
zu einem Regimewechsel im Iran aufgefordert hat‹.
Das US-Außenministerium und der Nationale
Sicherheitsrat ›NSC‹, legen die Autoren des weiteren
dar, haben es abgelehnt, sich zu der Frage, ob die US-Regierung die MEK für
eine ernstzunehmende Oppositionsgruppe hält, zu äußern. ›Präsident Trump hat bereits
klargemacht, daß er dem iranischen Volk für die Zukunft Freiheit und Wohlstand wünscht‹, erklärte Robert Palladino, ein Sprecher des ›NSC‹. ›Wir
meinen, daß es selbst über seine Zukunft entscheiden sollte‹. Auf einer MEK-Veranstaltung im
Juli 2017 in Paris lobte Bolton die potentielle
Rolle der MEK bei einem Regimewechsel im Iran: ›Es
gibt eine wichtige Opposition gegen das Ajatollah-Regime, und diese Opposition
befindet sich heute in diesem Raum‹;
ferner: ›Ziel
der offiziellen Politik der US-Regierung sollte der Sturz des Mullah-Regimes in
Teheran sein‹.
US-Unterstützer der MEK werden gut für ihre Dienste bezahlt, sollen bis zu
50.000 Dollar pro Rede erhalten.«
Wer diese Unterstützer sind, wird
indessen nicht offengelegt.
»Die MEK zahle für Reden
in ihrem Hauptquartier in Paris 20.000 bis 30.000 $. Auch Bolton soll bezahlt
worden sein, hat sich bisher aber immer geweigert, Angaben zu Honoraren zu
machen. Während die MEK bislang nur Unterstützer bei beiden Kongreßparteien
hatte, verfügt sie nun zum ersten Mal über einen Verbündeten in der Nähe des US-Präsidenten.
Der Nationale Widerstandsrat des Irans, der politische Flügel der MEK, hat die
Ernennung Boltons erfreut zur Kenntnis genommen.
Ob Regierungsvertreter wie Bolton die MEK
für ihre Zwecke benutzen können, ist eine noch offene Frage. Ehemalige
US-Offizielle, westliche Diplomaten und iranische Experten sind der Meinung,
die MEK habe nicht genügend Rückhalt im Iran selbst und sei ob ihrer ungewöhnliche
Ideologie eher als ›politische
Sekte‹
anzusehen. Da sie sich 1979 im Ersten Golfkrieg, dem Krieg des Iraks gegen den
Iran, mit Bagdad verbündet hatte, in der Hoffnung, die iranische Regierung nach
einem Sieg des Iraks stürzen zu können, hatte sie sich in der für den Iran schwierigsten
Zeit seiner neueren Geschichte auf die Seite des Feindes geschlagen, was ihr
die Iraner aller politischen Couleur nie verziehen haben.
Seither hat die MEK kaum noch Verbindungen
in den Iran. Da sie nach dem Krieg nicht in den Iran zurückkehren konnte,
wurden ihre Mitglieder in ein Lager in der irakischen Provinz Diyal
eingewiesen, wo sie bis 2012 blieben. Danach mußten sie in das Camp Liberty in der Nähe von Bagdad umziehen. 2016
verließen die MEK Mitglieder dieses Camp und verteilten sich, wie bereits
dargelegt, über mehrere europäische Staaten.
Daniel Benjamin, der zu jener Zeit die Terrorbekämpfung
im Außenministerium koordinierte und am Dartmouth College lehrt, erklärt
hierzu: ›Wir
siedelten viele der MEK-Leute vom Irak nach Albanien um. Nur Albanien war
bereit, sie aufzunehmen.‹
Vor der Umsiedlung mußte Washington
die MEK erst von seiner Liste der Terrororganisationen, auf die sie gesetzt
worden war, weil sie in den 1970er Jahren während der Schah-Herrschaft
im Iran US-Amerikaner umgebracht hatte, entfernen. Dies wurde nur deswegen
durchgeführt, weil die US-Regierung wollte, daß sie den Irak
verließ.
Nachdem die MEK aus der Region entfernt war und alle Verbindungen zur
iranischen Innenpolitik gekappt waren, kam die Frage auf, ob sie
überhaupt noch von Nutzen wäre, falls die US-Regierung einen Regimewechsel im Iran anstreben
sollte. Ein konservativer Aktivist mit guten Beziehungen in Washington, der für
einen Krieg gegen den Iran eintritt, sieht die MEK sehr skeptisch. Sie sei
allenfalls als eine Art Ersatzgeheimdienst zu gebrauchen, sollte aber niemals
als Organisation angesehen werden, die in der Lage
sei, die Macht in Teheran zu übernehmen: ›Bei
der Entwicklung einer erfolgreichen Strategie für einen Regimewechsel im Iran
kann die MEK keine Rolle spielen.‹
Trotzdem könnten Bolton und andere
Mitglieder des ›NSC‹ die MEK als eines von mehreren Werkzeugen
nutzen, um die iranische Regierung unter Druck zu setzen. ›MEK-Leute könnten als Provokateure
eingesetzt werden‹,
äußerte der Kongreß-Mitarbeiter, der die MEK gut kennt. ›Damit könnte der iranischen
Regierung signalisiert werden, daß wir sie ablösen wollen.‹ Die
vielen MEK-Unterstützer im US-Kongreß könnten mithelfen, die Zustimmung des US-Kongresses zu einer schärferen Gangart der
US-Regierung gegen die iranische Regierung zu erreichen. Indessen haben sich das
US-Außen- und Verteidigungsministerium bisher gegen die Einbeziehung der MEK
gesträubt. ›Das
Außenministerium macht sich keine Illusionen über die MEK; es sieht in ihr
weder einen ernstzunehmenden Partner noch eine geheimdienstliche Quelle‹, heißt es. Hierzu Karim
Sadjadpour von der ›Carnegie
Endowment‹:
›Die US-Geheimdienste
sähen das ähnlich: Nach dem Debakel mit den irakischen Massenvernichtungswaffen
betrachten US-Geheimdienstler Informationen oppositioneller Gruppierungen sehr
skeptisch, weil sie meistens mit dubiosen Methoden gesammelt werden und aus
zweifelhaften Quellen stammen.‹
Mit Bolton als bewährtem Trickser und einem
kriegstreiberischen (CIA)-Außenminister, der sich nicht von erfahrenen
Praktikern bremsen läßt, dürfte die MEK jetzt einen viel besseren Draht zum
Weißen Haus haben«,
heißt es in dem Bericht abschliessend.
Inzwischen hat John Bolton am 11. 5. 18
offen ausgesprochen, was die USA im Iran wollen: Einen Sturz des Regimes.
Quelle: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP06018_120518.pdf 30. 4. 18; auszugsweise; Original auf
https://foreignpolicy.com/2018/04/30/bolton-iran-mek-terrorism-trump/ Bolton’s Ascent Gives Iranian Group a New
Lease on Life - By Rhys Dubin, Dan De Luce - April 30, 2018
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