Nicht nur der Terror scheint für uns programmiert zu sein: auch das Chaos 16.09.2007 11:39
politonline d.a. »Chaos als Plan« lautet der Titel eines Artikels 1 von Knut Mellenthin, aus dem wir im folgenden einige Auszüge bringen, da dieser einen äusserst guten Einblick in die von Washingtons Neokonservativen im Anschluss an den 11. 9. entwickelte Vorstellung der Notwendigkeit eines »vierten Weltkriegs«, der sich gegen die islamischen Länder des Nahen und Mittleren Ostens richten sollte, vermittelt. Ein solcher würde die gesamte Region restlos in Flammen aufgehen lassen. Gleichzeitig wird ein Mass an Zynismus offenbar, der eine beispiellose Verachtung der betroffenen Bevölkerungen erkennen lässt. Zweifelsohne wäre es erste Pflicht des Menschenrechtsrats in Genf, hier zu intervenieren, bislang jedoch war nichts dergleichen zu verzeichnen. Die Folgerung, dass die Mitglieder der von uns immer wieder zitierten Trilateralen Kommission, des Councils on Foreign Relations und der Bilderberger sowohl mit diesen »Weltkriegsplänen« als auch der jetzigen Absicht Washingtons, den Iran anzugreifen, vollumfänglich vertraut sein dürften, ist kaum von der Hand zu weisen. Auch wenn Deutschland, Frankreich und Grossbritannien letztes Jahr ein deutliches Signal an Washington gesandt hatten, dass sie eine militärische Lösung des Irankonflikts ausdrücklich ablehnen, so hat sich hier inzwischen offenbar ein Wandel in der Einstellung vollzogen, denn nichts deutet darauf hin, dass die EU etwas unternähme, was den neuerlichen, im Verbund mit der Androhung eines Krieges gegen den Iran von der Bush-Administration feilgebotenen Lügen den Boden entziehen könnte. Und schon möchte Bush gemeinsam mit dem britischen Premierminister Gordon Brown schärfere Sanktionen gegen den Iran vorantreiben. So heisst es bei Mellenthin: »Die Parole des Kriegs gegen den Terrorismus ermöglicht breiteste internationale Konsensbildung und erlaubt kaum noch einem Staat, sich davon fernzuhalten oder gar kritische Einwände, die über taktische Detailfragen der Umsetzung hinausgehen, zu erheben.« Insofern fragt man sich, wie Bundesrätin Calmy-Rey der Auffassung sein kann, dass die Schweiz »eine unabhängige und deshalb wichtige Position in der UNO einnimmt«; es erweist sich doch immer wieder gleichbleibend, dass es allein der Sicherheitsrat ist, der sich jegliche Entscheidung zu Krieg oder Frieden vorbehält. Ein wirklicher Einfluss anderer Staaten auf vom Sicherheitsrat getroffene Entscheidungen kann allenfalls dann eintreten, wenn das Ende des US-Imperialismus eingeläutet wird.
Der Krieg gegen den Terrorismus bildet sozusagen das
Modell für weltweite Militäreinsätze. »Eliot Cohen«, schreibt Mellenthin, »war vermutlich der erste, der mit seinem
Leitartikel im Wall Street Journal
vom 30. Oktober 2001 den Begriff »World War IV« ins Spiel brachte. »Vierter«
deshalb, weil die Neocons den gewonnenen Kalten Krieg gegen die Sowjetunion als
Nummer drei in der Reihe der Weltkriege mitzählen. In seinem Leitartikel
stellte Cohen klar: ‚Der Feind in diesem Krieg ist nicht der Terrorismus,
sondern der militante Islam’. Cohen empfahl nach der inzwischen erfolgten
militärischen Besetzung Afghanistans den Sturz der iranischen Regierung als
nächstes Etappenziel. Davon
versprach sich der Autor ‚entscheidende Signalwirkung’ auf die gesamte
moslemische Welt.« Alle diese Pläne sind öffentlich, von einer so gern angetönten Verschwörung
kann nicht die Rede sein. Hingegen unterliegt die Art und Weise, wie die USA
den militanten Islam je nach Erfordernis weiterhin fördert,
im Prinzip der Geheimhaltung, so dass es jeweils einiger Recherchen bedarf, um
diese aus dem Dunkel ans Licht des Tages zu befördern, worum sich insbesondere
der in Ottawa lehrende Michel Chossudovsky bemüht hat 2. Dieser
legt ferner dar, dass die
Bush-Administration zugegeben hat, dass im vergangenen Jahr Geheimaktionen mit
aggressiver Tendenz gegen den Iran und Syrien angewendet wurden. Das erklärte
Ziel war, die Wirtschafts- und Währungssysteme der Länder zu ruinieren. Dazu
gehörte, der iranischen Opposition und den Dissidenten Undercover-Hilfe
zukommen zu lassen. Regimewechsel und offener Krieg sind immer noch Bestandteil
der Planung der Bush-Administration. Einsätze, die einen festen Bestandteil der
von der USA finanzierten Militäreinsätze gegen den Iran, Syrien und Libanon
darstellen, sind mit den Kriegsplänen Israels und der NATO eng koordiniert. Im
Zusammenhang mit dem Iran haben die US-Geheimdienste die in Pakistan
angesiedelte Terrorgruppe Jundullah, Gotteskrieger, unterstützt, die innerhalb
des Irans Terroranschläge verübt hat. Diese hat für den Tod oder die Entführung
von mehr als einem Dutzend iranischer Soldaten und Beamten die Verantwortung
übernommen. Ihr Führer Abd el Malik befehligt eine Truppe von mehreren hundert
Guerillakämpfern, die Angriffe über die iranische Grenze hinweg ausführen: auf
iranische Militäroffiziere oder iranische Geheimdienstmitarbeiter, die sie
entführen und bei laufender Kamera hinrichten.
»Gleichzeitig«, so Mellenthin, »verschärfen die USA und die EU gemeinsam die
Konfrontation mit dem Iran und steuern auf einen weiteren kriegerischen
Konflikt noch während der Ende 2008 auslaufenden Amtszeit von Präsident Bush
zu.« Wie Le Monde am 31.8.07 schrieb,
erwägt Frankreich im Atomstreit mit Teheran auch ausserhalb der Vereinten Nationen Sanktionen gegen den Iran. Sarkozy
hält den Atomkonflikt mit dem Iran für den gefährlichsten Konflikt dieser Tage.
Womit er nicht Unrecht hat, dies jedoch ausschliesslich auf Grund der Tatsache,
dass die Auseinandersetzung mit diesem Land nach Massgabe angeheizt wird. Dem Iran,
so Sarkozy, müssten sich verschärfende Sanktionen auferlegt werden, wenn es
seine Verpflichtungen nicht einhalte. Sollte, so Sarkozy ferner, der Iran
einlenken, müsste die Staatengemeinschaft dagegen zur Öffnung bereit sein. Nur
so könne man einer »katastrophalen
Wahl« entgehen: »der iranischen Bombe oder der Bombardierung des
Irans«. Angesichts solcher Verhaltensweise kann sich jeder ein Bild
davon machen, wie die Mentalität dieser »Kesseltreiber« beschaffen sein muss,
die uns regieren. Sarkozy betonte: Ein
Iran mit einer Atombombe ist für mich inakzeptabel. Das sagt er öffentlich - und die Presse
wiederholt es selbstverständlich ohne
darauf einzugehen, dass es längst bekannt ist, dass es mindestens noch ein
Jahrzehnt, eher sogar 15 Jahre dauern würde, bis der Iran eine solche bauen
könnte, was selbst die CIA eingeräumt hat. Damit zielt Sarkozys Vorwurf ins
Leere. Die Bestrebungen dürften insgesamt dahin gehen, den Iran zu einer unterworfenen Nation zu machen, die
freiwillig auf die Nutzung der Kernenergie verzichtet. Selbst das iranische Regime
- das, käme es der USA und ihren Verbündeten entgegen, sicherlich höchst
willkommen wäre - kann kaum ein Grund für die Angriffsdrohungen gegen das Land
sein. Wie im Irak dürfte es auch hier ausschliesslich ums Öl gehen: immerhin besitzt
der Iran ein Zehntel der gesamten Ölreserven und ein Sechstel der
Erdgasreserven dieses Globus. Als weiterer Kriegsgrund wird seit einigen
Monaten die Behauptung aufgebaut, Irans politische Führung sei unmittelbar an
der Tötung amerikanischer Soldaten beteiligt. Die US-Regierung zieht damit die Konsequenz
aus der Tatsache, dass die angeblichen, aber gänzlich unbewiesenen
Atomwaffenpläne Irans von der Mehrheit der US-Bevölkerung nicht mehr als
glaubwürdiges Motiv für ein neues militärisches Abenteuer akzeptiert wird.
Hingegen ruft die Behauptung »Die Iraner töten unsere Jungs« starke Emotionen hervor.
Schon hat sich die
Dresdner Bank als dritte deutsche Grossbank auf direkten Druck aus Washington hin
dem Iran-Boykott der Vereinigten Staaten angeschlossen, wodurch sich die
Wirtschaftsbeziehungen der BRD mit dem Iran erneut verschlechtern. Den gleichen
Schritt vollzog die Deutsche Bank im Juli. Wie German Foreign Policy 3
am 11.9. berichtete, »droht Teheran nun, deutsche Firmen nicht länger bevorzugt
zu behandeln und stattdessen mit Beijing und südeuropäischen Konkurrenten
Berlins zu kooperieren. Deutsche Regierungsberater verlangen daher, den
Aussendruck auf Teheran nicht weiter zu steigern und stattdessen einen inneren
Machtwechsel ohne kriegerische Mittel anzustreben.« Was mit Sicherheit im Sinn
aller diesbezüglich noch normal denkender Bürger ist. Die Wirklichkeit sieht
anders aus: »Die Vereinigten Staaten haben ihren Druck auf Teheran in den
vergangenen Wochen deutlich gesteigert. Washington hat neue
Wirtschaftssanktionen beschlossen und stellt zweistellige Millionenbeträge für
subversive Tätigkeiten im Iran bereit. Demnach stehen dieses Jahr 36 Millionen $
für entsprechende US-Rundfunk- und Fernsehprogramme zur Verfügung, die in
iranischer Sprache empfangen werden können; 20 Millionen $ werden als
Unterstützung iranischer Bürgerrechtler deklariert und zur Stärkung der
Opposition ins Land geschleust. Anhaltende Sezessions-Unruhen im Südwesten (Chusistan)
und Nordwesten (Kurdistan) können Angaben der Teheraner Regierung zufolge auf
Unterstützung aus der USA bauen. Bereits im August hatte Washington
angekündigt, Saudiarabien und Ägypten, beide Staaten sind Rivalen des Irans,
mit Waffen im Wert von 30 Milliarden $ aufzurüsten. Jetzt folgte die Mitteilung, die US-Army werde
auf irakischem Territorium unmittelbar an der Grenze zum Iran einen
US-Militärstützpunkt errichten. Wie sogenannte Sicherheitsexperten an die
Medien streuen, habe die Armee Pläne zur »Ausschaltung des gesamten iranischen Militärs« entwickelt - mit massiven Luftschlägen
gegen mehr als 1.200 Ziele.« Wäre, wie die Medien dies so gerne wiederholen,
Angela Merkel in der Tat die mächtigste Frau der Welt, wäre es undenkbar, dass
die USA in Deutschland einen derartigen Druck aufbauen könnte. Somit ist auch
letztere Behauptung als nicht viel mehr als das uns vielfach gebotene
Pressegeschwätz zu werten. Und es bestätigt die Worte von Zbigniew Brzezinski:
Nicht zugelassen werden darf die Entwicklung der EU zu einer selbständigen
europäischen Weltmacht. Desgleichen: die BRD als Stütze der US-Politik in der
EU darf sich nicht in eine Weltmacht verwandeln. Wie also kommt das englische Institut für Strategische Studien (IISS)
dazu, in seinem soeben vorgelegten Strategiebericht zu Al Kaida zu vermerken,
dass sich Merkel international als «starke Führungsperson» positioniert habe?
»Ein weiterer wichtiger Theoretiker des »vierten Weltkriegs«, so
Mellenthin ferner, »ist Norman Podhoretz, ein in den sechziger
Jahren zum Propagandisten eines aggressiven Imperialismus konvertierter
ehemaliger Linker. In der Februarausgabe 2002 der von ihm jahrzehntelang geleiteten
Zeitschrift Commentary erläuterte
Podhoretz »How to Win World War IV«, wie man den vierten Weltkrieg gewinnt und
gegen wen er geführt werden muß. Wie Cohen vertrat auch Podhoretz von Anfang an
völlig offen und explizit, daß der Gegner nicht der Terrorismus, sondern die
islamische Welt sei. Noch vor dem Beginn des Überfalls auf den Irak am 2. März
2003 wurde eine neue »Dominotheorie« der Neocons in die Welt gesetzt. [...] Diese
behauptete, die »Befreiung« des Iraks würde einen riesigen Motivationsschub für
die iranische Opposition darstellen und innerhalb kürzester Zeit den Sturz der
Mullah-Diktatur herbeiführen. Danach könnte sich auch die syrische Regierung, eingekeilt zwischen Israel und prowestlichen Gesellschaften in
Jordanien, Irak und Iran,
nicht mehr lange behaupten. Als nächstes sollte dieser Theorie zufolge auch die
Herrschaft der Saudis zusammenbrechen, zumal die Besetzung des Iraks, der mit
das größte Ölvorkommen der Welt besitzt, die wirtschaftliche Bedeutung des
saudiarabischen Öls verringern würde. Ein Nebeneffekt würde sein, daß die
Palästinenser fast jede internationale Unterstützung verlieren würden. Die USA
müßte kaum mehr tun, als die Oppositionsbewegungen im arabischen Raum schnell
und großzügig zu unterstützen, behaupteten damals die Neocons.«
Immerhin ist zu verzeichnen, dass wenigstens einigen dieser
Pläne ein Misserfolg beschert wurde: Wie Mellenthin ausführt, war »die
anfangs von der US-Regierung gefeierte »Tulpenrevolution« in Kirgisien (April
2005) nicht wunschgemäß verlaufen. Einen Monat später scheiterte der von den
USA unterstützte Versuch einer »Revolution« in Usbekistan und führte zu einer
teilweisen Abkehr des autoritären usbekischen Regimes vom Westen. In Ägypten
gab die US-Regierung ihre Taktik, sich im Vorfeld der Präsidentenwahlen vom
September 2005 als Beschützerin der unterdrückten Opposition darzustellen, sehr
schnell und kläglich wieder auf. Die lautstark angekündigte
amerikanisch-europäische Kampagne, bei der Wahl im Jahre 2006 den als »letzten
Diktator Europas« beschimpften belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko
zu stürzen, endete mit einem totalen Reinfall. Ebenfalls zu Grabe getragen
werden mußte spätestens im Sommer 2005 die von Präsident George W. Bush ein
Jahr zuvor feierlich ausposaunte »Greater Middle East Initiative«, mit der die
moslemischen Völker des Nahen und Mittleren Ostens für die US-amerikanische
Eroberungspolitik korrumpiert werden sollten. Von den damals verkündeten
Parolen und Zielen ist buchstäblich kein Stück übriggeblieben. Sie gingen in
dem Abschreckungseffekt, der von der westlichen Besatzungsrealität im Irak und
zunehmend auch in Afghanistan ausgeht, unter.«
Fest steht, dass der Krieg gegen den Terrorismus dazu dient, um jedes von
Seiten Washingtons angestrebtes Eingreifen, gleich an welchem Ort der Welt, zu
legitimieren. Er erlaubt es der USA ferner, ihre Militäraktionen als
Selbstverteidigung resp. als notwendige präventive Massnahmen zu tarnen. Es
scheint, als ermögliche diese »Bandbreite«, auch die abwegigsten Vorstellungen
zu äussern. So hat der Kongressabgeordnete Thomas Tancredo, der für den Posten
des US-Präsidenten bei den kommenden Wahlen kandidieren wird (!), Anfang August
in einem Interview in Iowa hinsichtlich eines möglichen nuklearen Anschlags von
Al Kaida in der USA seinen Standpunkt bekräftigt, dass die USA zwecks
Abschreckung damit drohen müsste, im Gegenzug die dem Islam heiligen Städte Mekka
und Medina mit Atomwaffen auszulöschen. Was immer die mit Regierungsgeschäften
der USA betrauten Politiker denken mögen,
ihre Sichtweite reicht ganz offensichtlich nicht aus, um zu erkennen, dass eine
derartige Äusserung bei dem bereits jetzt vorhandenen Hass der Afghanen und
Iraker auf die Besatzer absolut kontraproduktiv wirken muss. Im übrigen ist die
praktischerweise von allen für alles
sozusagen unbesehen verantwortlich gemachte Al Kaida längst als Mythos enttarnt,
auch wenn man das auf Regierungsebene nicht wahrhaben möchte. Naturgemäss ist
daher pünktlich zum Jahrestag des 11. Septembers eine neue mutmassliche
Videobotschaft von Al Kaida-Anführer Osama Bin Laden aufgetaucht, in der die
Attentäter des Anschlags als Helden bezeichnet werden. Mit anderen Worten: so
recht zum Aufstacheln von Rachegedanken geeignet. Und natürlich auch die Gelegenheit, den Amerikanern
weiszumachen, dass Al Kaida sechs Jahre nach den Anschlägen wieder stark genug
sei, um neuerliche Attentate zu verüben, obwohl die Mehrheit der US-Bürger auch
davon nicht mehr zu überzeugen ist, da sie den 11.9. inzwischen als
‚hausgemacht’ betrachtet. Es war die auf islamistische Internetseiten
spezialisierte US-Gruppe IntelCenter, die auf das Video aufmerksam machte, wozu
Rainer Rupp von der Jungen Welt 4
absolut wissenswerte Details vermittelt: »Der amerikanische Computerexperte Neal Krawetz hat auf der
»BlackHat-Konferenz« für Computersicherheit, die bis zum 4.8. in Las Vegas
stattfand, Beweise dafür vorgelegt, daß sogenannte Al Qaida-Videos in der Regel
digital
manipuliert wurden. Urheber sei die Firma IntelCenter, die dem Pentagon
nahesteht und für die Herausgabe der Videobänder verantwortlich zeichnet. Mit
der von Krawetz vorgestellten neuen Technologie läßt sich zurückverfolgen, wann
und mit welcher Kamera ein digitales Bild aufgenommen wurde, ebenso wann und
wie es mit welchem Bildbearbeitungsprogramm geändert wurde. Seinen Coup
präsentierte Krawetz bei der Analyse eines Videos von 2006, auf dem Bin Laden-Stellvertreter
Aiman Al Zawahiri gezeigt wird. Neben anderen Manipulationen konnte Krawetz
nachweisen, daß dem Video sowohl das As-Sahab-Logo der angeblichen
Medienabteilung von Al Qaida als auch das Logo von IntelCenter zu genau der
gleichen Zeit beigefügt wurden. IntelCenter ist eine auf die Überwachung von
Videos und Bandaufnahmen mit »terroristischem« Hintergrund im Internet spezialisierte
Privatfirma für nachrichtendienstliche »Dienstleistungen«. Das Unternehmen
arbeitet dabei in engem Schulterschluß mit dem Pentagon, sein Personal besteht
vorwiegend aus ehemaligen Mitarbeitern des US-Militärgeheimdienstes, weshalb es
auch als »zivile« Frontorganisation des Pentagons betrachtet werden kann. In
der Vergangenheit trat IntelCenter immer wieder als Mittler zwischen der
angeblichen »Medienabteilung von Al Qaida« und der westlichen Presse auf. Auch
für die Veröffentlichung des jüngsten »Bin Laden-Videos« war IntelCenter
verantwortlich. Die Aufnahmen des Bandes stammten allerdings aus dem Jahr 2001
und waren mit neuem Text versehen worden. Bereits zweimal habe IntelCenter in
den letzten fünf Jahren dieses Video zurechtgeschnitten und als neue Botschaft
von Bin Laden präsentiert, belegte die US-Antikriegsgruppe »Prison Planet«, die
die Aktivitäten der Firma verfolgt, bereits im Oktober 2006. Die Tatsache aber,
daß das As-Sahab-Logo von Al Qaida zur gleichen Zeit wie das Firmenlogo von
IntelCenter dem Al-Zawahiri-Video beigefügt wurde, beweist, daß IntelCenter die
Videos zumindest manipuliert, wenn nicht sogar produziert hat.« Woraus erneut
erkenntlich wird, mit welch beispielloser Unverfrorenheit wir jeweils verdummt
werden. Was die Panikmache als solche betrifft, so hiess es in der USA Mitte
Juli hinsichtlich der Bedrohungslage des Landes, dass das Terrornetzwerk Al Kaida
nach Einschätzung der amerikanischen Geheimdienste seine Kontakte im Irak dazu
nutzen werde, die USA anzugreifen. Und Anfang
November letzten Jahres wurde uns erklärt, Al Kaida plane Anschläge zur
Hauptreisezeit um die Weihnachtsfeiertage in Europa. Generalbundesanwältin Monika Harms liess sich
damals die Gelegenheit zu dem, was man nur als Einschüchterung resp.
Angsterzeugung interpretieren kann, selbstverständlich nicht nehmen. Sie
meinte, dass sich die Deutschen bislang weitgehend sicher fühlten. Die Ruhe in
Deutschland aber könne trügerisch sein. Auch sie scheint nicht gewillt, auszusprechen,
dass der in Afghanistan und im Irak von der Besatzung verbreitete Terror
notgedrungen Terror erzeugen muss.
Der folgende Gedankengang Mellenthins zum Krieg gegen den Terrorismus beinhaltet
eine weitere erschreckende Vision: Dieser Krieg »hat für seine Betreiber
darüber hinaus den Vorteil, daß er nicht irgendwann definitiv feststellbar mit
der Niederlage des Gegners enden kann. Hier liegt der Hintergrund für die
Äußerungen führender Neokonservativer, der
»vierte Weltkrieg« werde mehrere Jahrzehnte lang dauern. In einer von
scharfen sozialen Widersprüchen bestimmten Welt kann dieser Krieg per
Definition überhaupt niemals zu Ende gehen. Mehr noch: Der Krieg gegen den
Terrorismus verschärft das Problem, das er zu bekämpfen vorgibt, und exportiert
es in jeden Winkel der Erde. Das Unternehmen funktioniert, empirisch
vorhersehbar, nach dem Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung:
Überall, wo sich amerikanische Truppen langfristig breitmachen und direkt in
die innenpolitischen Konflikte eingreifen, ist deren Radikalisierung und
Militarisierung eine fast zwangsläufige Folge.« Damit bliebe das Chaos unser ständiger Begleiter. Da die schon
lange propagierte Zerlegung des Iraks in drei Staaten, in einen kurdischen im
Norden, einen schiitischen im Süden sowie einen sunnitischen in der Mitte,
einschliesslich eines Sonderstatus für das religiös völlig zersplitterte
Bagdad, weiterhin diskutiert wird, würde eine Umsetzung dieses Plans das Chaos
im Irak ins Unendliche steigern, denn, so Mellenthin, »alle Pläne zur
Zerlegung des Iraks sehen angesichts der komplizierten Bevölkerungsstruktur des
Landes organisierte Massenumsiedlungen vor, um ethnisch und religiös relativ
»reine« Gebiete zu schaffen.«
Bezüglich des Chaos konstatiert Mellenthin ferner: »Auch
im Libanon hat die massive Einmischung der USA - gemeinsam mit Israel und den
Europäern, vor allem Frankreich - dazu geführt, daß das Land kaum noch als
einheitlicher Staat regierbar ist. Im Gegenteil, es droht nach einer rund
fünfzehnjährigen Phase innenpolitischer und wirtschaftlicher Stabilisierung in
den Bürgerkrieg der 70er Jahre zurückzufallen. Zentraler Hebel ist auch dort, ähnlich wie im Irak, das Ausnutzen
religiöser Widersprüche und ihr gezieltes Anheizen bis zur gewaltsamen
Konfrontation. Demselben Muster folgt der US-amerikanische Versuch, die
überwiegend sunnitischen Staaten der arabischen Halbinsel gegen den
schiitischen Iran in Front zu bringen - und damit zugleich den religiösen
Widerspruch in diesen Ländern anzuheizen und auszunutzen. Die Auflösung Saudiarabiens
entlang religiöser Konfliktlinien war schon 2002 ein zentrales Thema im
neokonservativen Diskurs. Verwiesen wurde dabei darauf, daß ein großer Teil der
saudischen Ölquellen in Gebieten mit mehrheitlich schiitischer Bevölkerung
liegt. Käme es dort zu Unruhen, könnten diese der USA als Vorwand für eine
militärische Besetzung der Ölquellen dienen: so wurde schon damals von
neokonservativer Seite offen argumentiert. Auch in Palästina hat die US-amerikanische
Politik mit Unterstützung der EU
erfolgreich zu einer Spaltung geführt. Die von Israel besetzten Gebiete sind in
zwei Teile mit konkurrierenden Führungen zerfallen. Die Macht von Präsident
Mahmud Abbas beruht auf kaum mehr als der engen Kooperation mit der
US-Regierung, die weiter das Ziel verfolgt, einen palästinensischen Bürgerkrieg
zwischen Fatah und Hamas zu provozieren und damit jede Chance auf einen
lebensfähigen palästinensischen Staat endgültig zu zerstören.«
Was aus dem Grauen, das
ihre Nation in die Welt trägt, entsteht, scheint in der USA von vielen noch immer
nicht begriffen zu werden. Andernfalls wäre es kaum möglich, dass die »Organisation
Family Security Matters, FSM«, eine Organisation, die für die Sicherheit
in Familienangelegenheiten steht und Verbindungen
zu Cheney, Rumsfeld und Perle besitzt, was allein schon bezeichnend ist,
Ungeheuerlichkeiten der nachfolgenden Art fordert: die Ausrufung des
Kriegsrechts, die Ernennung Bushs zum Weltdiktator und Präsidenten auf
Lebenszeit, die ethnische Säuberung des Iraks von Arabern mittels einen nuklearen Genozids und die
Wiederbevölkerung des Wüstenstaats mit Amerikanern 5. »Wenn Sie dachten«,
schreibt Paul Joseph Watson, »dass
die Neokonservativen mit Stu Bykofskys öffentlicher Herbeisehnung eines neuen 11.9.
den Tiefpunkt erreicht hätten, dann liegen Sie falsch.« Die FSM, die grossen Einfluss auf Präsident
Bushs Wiederwahl im Jahr 2004 hatte, propagiert eine neue Klasse von
Braunhemden, sogenannte »security
moms«, welche sich durch blinden
Gehorsam gegenüber den Neokonservativen und eine kritiklose Übernahme der
hysterischen Terror-Panikmache der Bush-Administration auszeichnen. Auf der
website von FSM wird u.a. für eine Invasion des Irans geworben und der Patriot
Act als ein unersetzliches Werkzeug bezeichnet, »mit dem uns unser Geheimdienst beschützt.«
Was das oben zitierte Herbeisehnen eines weiteren 11. 9. betrifft, so hat
Mellenthin diesen Gedanken in seinen abschliessenden Worten aufgegriffen: »Nimmt
man noch die schon sehr weit vorangeschrittenen Kriegspläne gegen den Iran
hinzu, so liegt auf der Hand, daß die derzeitigen militärischen Kapazitäten der
USA mit einer Ausweitung des »vierten Weltkriegs« völlig überfordert wären.
Andererseits haben die Vereinigten Staaten ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten
noch längst nicht ausgereizt und auch für eine Verstärkung ihrer Streitkräfte
große Reserven. [….] Worauf es
freilich ankäme, wäre ein neuer, dem 11. September 2001 vergleichbarer Motivationsschub.
Dieser könnte am ehesten von einem ähnlichen »terroristischen« Angriff
ausgehen. Die Versuchung für einschlägige amerikanische Stellen, nötigenfalls
nachzuhelfen oder selbst Hand anzulegen, muß riesengroß sein.« Man kann nur
hoffen, dass die Saat, die in zahlreichen hier wiedergegebenen Gedankengängen abwegigster
Natur enthalten ist, nicht auch noch aufgeht.
1 http://www.jungewelt.de/2007/09-11/013.php Knut
Mellenthin: Chaos als Plan - Sechs Jahre nach dem 11. September: Mit dem »Krieg
gegen den Terrorismus« haben die US-amerikanischen Neokonservativen ein Modell
für weltweite Militäreinsätze entwickelt
2 «Islamische Terroristen» - von Uncle Sam unterstützt:
«Black Ops» der Bush-Administration gegen den Iran, Libanon und Syrien - von
Prof. Michel Chossudovsky, Kanada 1 auf politonline
3 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56998
11.09.2007 Aussendruck
4 http://www.jungewelt.de/2007/08-04/053.php 4.8.07 Rainer Rupp: Al-Qaida-Videos made by Pentagon
- US-Computerexperte weist Manipulationen an Aufnahmen nach
5 http://infowars.wordpress.com/2007/08/19/neokonservative-macht-bush-zum-diktator-der-welt/ vom 19.8.07
Neokonservative: Macht Bush zum Diktator der Welt
6
http://www.nndb.com/org/064/000123692/
resp. http://www.familysecuritymatters.org/
Planet und http://arabesque911.blogspot.com/2007/08/group-that-advocated-bush-become.html
vom 23.8.07
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