Das Selbstbestimmungsrecht ist zwingendes Völkerrecht - Von Peter Aebersold 16.05.2015 20:46
Die Selbstbestimmungs-Initiative der SVP richtet sich lediglich gegen
das ausufernde, willkürliche »nicht zwingende« Völkerrecht, steht aber voll und ganz hinter dem »zwingenden« Völkerrecht [ius cogens], ja stützt sich sogar darauf. Das zwingende Völkerrecht besteht aus Rechtssätzen, die weder durch völkerrechtlichen Vertrag noch durch Völkergewohnheitsrecht beseitigt werden können. Eines der wichtigsten Rechte des »zwingenden« Völkerrechts ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das heute gerne von mächtigen Staaten mit Füssen getreten wird, ohne dass es einen Aufschrei in den Medien gibt.Das
»zwingende« Völkerrecht mit seinen fundamentalen
Rechtsgrundsätzen stützt sich auf das Naturrecht und ist auch in unserer
Bundesverfassung verankert. Im Gegensatz dazu wird das »nicht zwingende« Völkerrecht willkürlich ohne
demokratische Legitimation nach dem gerade wehenden einseitig-moralischen oder
parteiisch-politischen Zeitgeist von einer kleinen Kommission im Brüsseler
Elfenbeinturm den Völkern oktroyiert. Wir dürfen uns nicht von Diskussionen
blenden lassen, die diesen fundamentalen Unterschied (bewusst?) unterschlagen.
Schweizer
Recht statt fremde Richter Unabhängigkeit
und Selbstbestimmung, hält das »Komitee Schweizer Recht
statt fremde Richter« fest, ist ein kostbares Gut.
Diese Werte bilden auch die Grundlage für die Erfolgsgeschichte der Schweiz. Jedoch
sind beide, die Selbständigkeit und die Unabhängigkeit bereits bedroht.
Politiker, Beamte und Professoren arbeiten daran, dass das Schweizer Volk nicht
mehr das letzte Wort hat und wollen daher die Volksrechte unseres Landes
einschränken. So hat das Bundesgericht beschlossen, dass fremdes Recht, fremde
Richter und Gerichte mehr zählen als das von Volk und den Ständen bestimmte
Schweizer Recht. Die
Schweiz soll in Zukunft laufend und zwingend das Recht der EU übernehmen. Der
Gerichtshof in Luxemburg würde so zum höchsten Gericht und das Schweizer Volk
hätte nichts mehr zu sagen.
Die
Folgen sind schon sichtbar: Volk und Stände haben der eigenständigen Steuerung
der Zuwanderung und auch der Ausweisung
krimineller Ausländer zwar zugestimmt, indessen verweigern die Politiker die
Umsetzung unter Berufung auf fremdes Recht und internationale Verträge. Was die
Zuwanderung als solche angeht, so wandern jährlich weiterhin 80'000 Menschen
zusätzlich in die Schweiz ein.
Die
Initiative ist am 10. 3. 2015 im Bundesblatt veröffentlicht worden.
Ablauf der Sammelfrist: 10. 9. 2016
http://stimmvereinigung.org//?p=preferences&uid=a373378e7bc7af3549c43f9d2273058e
Unterschriftenbogen können beim Komitee Schweizer Recht statt fremde
Richter Postfach 54, 8416 Flaach - Tel. 031 300 5858 - oder per e-mail bestellt werden: info@selbstbestimmungsinitiative.ch Die Unterschriftenbögen können auch selbst ausgedruckt werden: www.selbstbestimmungsinitiative.ch
Zu
diesem Thema haben wir bereits 2 Artikel eingestellt: Diskreditierungsversuche
gegen die neue SVP-Selbstbestimmungs-Initiative - Von Olivier Kessler Denkfehler
der Völkerrechtsadvokaten - Von Olivier Kessler
Nachfolgend
veröffentlichen wir ein Interview, das Roger Köppel mit den Professoren Hans-Ueli
Vogt und Daniel Jositsch führte, und das in der in der Ausgabe der ›Weltwoche‹ vom 11. 5. 2015
erschienen war.
«Die
Schweiz braucht das Völkerrecht» Steht
die Bundesverfassung über internationalem Recht? Der Zürcher Rechtsprofessor
Hans-Ueli Vogt (SVP) will mit der Selbstbestimmungsinitiative Klarheit
schaffen. Eine Scheinlösung für ein erfundenes Problem, widerspricht
Professorenkollege Daniel Jositsch (SP).
Wer
entscheidet am Ende in der Schweiz über die Gesetze? Sind es nach wie vor die
verfassungsmässigen Verfassungsgeber, nämlich Volk und Stände? Oder trifft die
Diagnose der SVP zu, wonach zusehends Richter, vor allem Richter europäischer
Instanzen, in der Schweiz bestimmen? Der Zürcher Rechtsprofessor und
SVP-Ständeratskandidat Hans-Ueli Vogt ist entschieden dieser Meinung. Er ist
der führende Kopf hinter der Selbstbestimmungs-Initiative seiner Partei, die
den klaren Vorrang des «Schweizer Rechts» vor «fremden Richtern» fordert.
Ihm
widerspricht heftig sein Zürcher Professorenkollege Daniel Jositsch, der im
Herbst für die SP als Ständerat kandidiert. SVP-Kantonsrat Vogt kritisiert die
aus seiner Sicht heimliche Aushebelung der Volksrechte durch
demokratisch nicht legitimierte Gerichte. SP-Nationalrat Jositsch
hingegen bewertet die Initiative als gefährlichen Angriff auf bürgerliche
Freiheitsrechte. Das erstmalige Streitgespräch fand auf der Redaktion der ›Weltwoche‹ statt.
Die
Selbstbestimmungsinitiative der SVP, «Schweizer Recht statt fremde Richter»,
rollt an. Herr Vogt, am liebsten in einem Satz: Wozu braucht es diese Vorlage?
Vogt:
Weil es in den letzten Jahren häufig vorkam, dass Entscheidungen von Volk und
Ständen nicht umgesetzt wurden, obwohl sie in der Verfassung stehen. Das Argument
war jeweils, übergeordnetes Recht stehe dem entgegen. Darum müssen wir jetzt
klarstellen: Unsere Verfassung steht über diesem vermeintlich übergeordneten
Recht. In der Schweiz bestimmen Volk und Stände.
Herr Jositsch, warum
sind Sie gegen eine Initiative, die doch eigentlich nur den
selbstverständlichen Vorrang der Bundesverfassung klären und festschreiben
will?
Jositsch:
Diese Initiative ist sehr gefährlich. Sie nimmt dem Bürger die Möglichkeit,
seine Grundrechte durchzusetzen. In einem Rechtsstaat ist es zentral, dass die
Menschenrechte gewährleistet sind, wie die Meinungsäusserungs- und
Versammlungsfreiheit. Eine Gutheissung der Initiative würde diesen Schutz
abbauen. Dazu kommt noch, dass die Schweiz internationale Verträge, die sie
freiwillig und ohne Zwang von aussen eingeht, unter Umständen nicht mehr
einhalten könnte und damit zu einem unzuverlässigen Partner würde.
Sägen Sie an den
Menschenrechten?
Vogt:
Nein. Der Schutz der Menschenrechte in der Schweiz hängt nicht von einem
ausländischen Gericht ab. Die Menschenrechte sind in unserer Verfassung bereits
geschützt. Wenn jemand findet, das reiche nicht, dann soll er sich für eine
Verfassungsgerichtsbarkeit in der Schweiz einsetzen. Allerdings hat das
Parlament wiederholt entschieden, dass es das nicht will, und beim Volk hätte
eine Verfassungsgerichtsbarkeit kaum Chancen. Dieser Entscheid wird
beiseitegeschoben, indem der Gerichtshof in Strassburg als schweizerisches
Verfassungsgericht amtet, ohne dass es jemals eine Volksabstimmung darüber gab.
Das Gericht in Strassburg ist eigentlich ein Super-Verfassungsgericht, weil es
am Volk vorbei sogar über unsere Verfassung gestellt wird.
Jositsch:
Sie liegen falsch. Wie Sie richtig sagen, haben wir in der Schweiz keine
Verfassungsgerichtsbarkeit und sind somit nicht in der Lage, die Bürgerrechte
umfassend zu schützen. Das wissen viele Leute nicht. Unser aus 246 Parlamentariern
bestehendes Parlament, also ausgerechnet die von der SVP mit Häme beworfene
Classe politique, kann entscheiden, was sie will. Niemand kann überprüfen, ob
das mit der Verfassung im Einklang steht. Wir wollten das vor einem oder zwei
Jahren ändern, aber unter anderem war die SVP dagegen.
Aber es stimmt doch,
dass die Menschenrechte bereits in der Bundesverfassung geschützt sind.
Jositsch:
Es geht nicht in erster Linie darum, welche Rechte genau in der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert sind. Es sind tatsächlich weitgehend
die gleichen wie in
der Bundesverfassung. Zuverlässig geschützt sind sie aber nur durch den überstaatlichen
Mechanismus. Da ist die EMRK zentral. Ich erinnere daran, dass sie vor dem
historischen Hintergrund des Zweiten Weltkriegs geschaffen wurde und auf die
berühmte Rede von Winston Churchill 1946 an der Universität Zürich zurückgeht.
Der Grundgedanke ist: Man will nicht mehr, dass die Menschen alleingelassen
werden, dass eine Diktatur schrankenlos über sie entscheidet. Stattdessen soll
ein Schutz bestehen, indem sich der Einzelne notfalls gegen den eigenen Staat
wehren kann. Ich setze mich für den Erhalt dieses rechtsstaatlichen
Rettungsrings ein.
Ist die Schweiz eine
Diktatur? Die Geschichte zeigt, dass die Menschenrechte in unserer direkten
Demokratie bisher sehr gut aufgehoben waren. Volk und Stände beweisen in
Abstimmungen eine grosse demokratische Reife.
Jositsch:
Mit dieser Haltung könnten Sie bei sich zu Hause den Feuerlöscher verkaufen,
mit dem Argument, es habe ja in den letzten zehn Jahren nicht gebrannt. Es ist
beileibe nicht so, dass in der Schweiz noch nie gegen Menschenrechte verstossen
worden wäre. Ich erinnere an die Verdingkinder und daran, dass das
Frauenstimmrecht auf Druck der EMRK eingeführt wurde. Auch in der Schweiz kann
man nicht sicher sein, dass nicht irgendwann wieder einmal etwas entschieden
wird, was gegen die Menschenrechte verstösst. Daher müssen wir den Feuerlöscher
behalten!
Vogt:
Es ist momentan in Mode, die Menschenrechte mit dem Ziel hochzustilisieren,
eine kritische Diskussion zu verbieten.
Die Menschenrechtsentwicklung muss man aber kritisch betrachten. Das moderne
Menschenrechtsprogramm ist ein Programm der politischen Linken. Statt mit
Freiheitsrechten die Bürger vor dem Staat zu schützen, werden mit
Menschenrechten Ansprüche an den Staat und damit an die Steuerzahler begründet:
Recht auf Arbeit, auf Wohnung, auf Familiennachzug, auf unentgeltlichen
Hochschulunterricht und so weiter. Das muss man kritisieren, und das ist auch
kein Angriff auf die Zivilisation. Dürfen kriminelle Ausländer ausgewiesen
werden? Dürfen staatliche Medien verdeckt recherchieren, wie jüngst im
«Kassensturz»-Fall? Das sind wichtige politische Fragen. Es ist falsch, dass
bei solchen Fragen die Grenzen von Richtern gezogen werden. Und es ist doppelt
falsch, dass sie von ausländischen Richtern gezogen werden. Diese Fragen soll
das Parlament und allenfalls das Volk entscheiden.
Sind Sie bereit, die
Europäische Menschenrechtskonvention zu kündigen? Was wären die Folgen?
Vogt:
Wenn das Gericht in Strassburg aus der EMRK Dinge herausliest, die unserer
Verfassung widersprechen, wird eine Kündigung unvermeidbar. Die EMRK von 2015
ist eben nicht mehr die EMRK von 1974, die die Schweiz unterzeichnet hat. Es
gibt aber ohnehin keinen Grund zu befürchten, dass die Schweizer
Stimmbevölkerung Grundrechte verletzt. Die Stimmbürger entscheiden massvoll,
und sie nehmen auf Minderheiten Rücksicht. Sehen Sie doch, wie differenziert
die Bevölkerung über Sachfragen abstimmt: Ja zur Abzockerinitiative, nein zu 1 : 12; ja zur Masseneinwanderungs-Initiative, nein zu Ecopop. Das
Schweizervolk ist viel ausgewogener und differenzierter als Experten,
Rechtsprofessoren, Richter, Politiker und Parteien. Es gibt in der jüngeren
Geschichte keinen Hinweis darauf, dass unsere Demokratie auf menschenrechtsfeindliche
Pfade abdriften könnte.
Verdingkinder und
Frauenstimmrecht?
Vogt:
Es ist immer einfach, im Nachhinein die Verfehlungen der Alten zu tadeln. Spätere
Generationen werden uns vielleicht dafür kritisieren, was wir heute im Bereich
der Menschenrechte für richtig ansehen, indem wir etwa schwer straffällige
Ausländer nicht mehr ausweisen oder eine schrankenlose Zuwanderung zulassen.
Man darf nicht einfach mit heutigen Massstäben die Vergangenheit kritisieren.
Herr Jositsch, warum
misstrauen Sie der menschenrechtlichen Reife und demokratischen Kompetenz des
Schweizervolks?
Jositsch:
Ich stehe voll hinter unserer direkten Demokratie! Aber zuerst: Ich bin
schockiert, wenn Hans-Ueli Vogt sagt, die Menschenrechte seien relativ. Wie
erklärt er das einem ehemaligen Verdingkind, dessen Grundrechte mit Füssen
getreten wurden, das man aus seinem Umfeld weggenommen und irgendwohin
verschachert hat? Die Menschenrechte gelten für mich absolut! Die sozialen
Rechte, die Sie aufgezählt haben, stehen gar nicht in der EMRK. In dieser geht
es um das Recht der persönlichen Freiheit. Dass man mich nicht einfach einsperren
kann. Das Recht, dass ich meine Meinung frei äussern und meine Religion ausüben
kann. Es ist doch paradox, dass ausgerechnet die SVP, die sonst immer für
Volksrechte eintritt, dem Parlament mehr Macht geben will und dem einzelnen
Bürger das Recht streitig macht, sich zu wehren. Es ist kein Zufall, dass
Churchill den Grundstein für die EMRK in der Schweiz gelegt hat. Seine Rede war
ein Plädoyer für «let Europe arise» auf den Fundamenten des Schweizer
Beispiels, wo der Bürger sich wehren kann. Das wollen Sie zerstören, und das
ist schade.
Vogt:
Ich danke Ihnen für den Hinweis auf den Zweiten Weltkrieg. Wir waren damals
noch nicht Vertragsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention, weil es diese
damals noch gar nicht gab. Der Schutz der Grundrechte war gewährleistet, lange
bevor 1950 die Konvention unterzeichnet wurde. Herr Jositsch hat recht, wenn er
sagt, die sozialen Rechte stünden gar nicht in der EMRK. Aber es geht ja in der
Initiative auch nicht nur um die EMRK, sondern um das Verhältnis der Verfassung
zum Völkerrecht insgesamt. Auf der Ebene der UNO wird ein umfassender
Sozialrechtsschutz vorangetrieben, ohne dass man sich dort dafür interessiert,
wer das zahlt.
Nochmals, Herr
Jositsch, warum sind Sie so misstrauisch gegenüber dem Volk? Warum sollen
übergeordnete Gerichtsinstanzen am Ende das Sagen haben? Um nur ein Beispiel zu
nehmen: Kürzlich wurde in der Romandie ein Verein gerichtlich aufgelöst, dessen
einziger Zweck die illegale Hausbesetzung war. Europäische Richter setzten
dieses Schweizer Urteil im Namen übergeordneten Rechts ausser Kraft. Das ist
doch absurd.
Jositsch:
Wir entscheiden immer noch selber, welches Völkerrecht wir einhalten und
welches nicht, wir werden von niemandem gezwungen. Der von Ihnen angesprochene
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist gar nicht in der Lage, ein
schweizerisches Urteil aufzuheben. Er stellt lediglich fest, dass ein Gesetz
gegen die EMRK verstösst. Es ist dann an uns, das Gesetz aufzuheben. Es
entscheidet kein fremder Richter über uns. Jedes Gericht auf der Welt fällt
einmal einen Entscheid, den die einen gut und die anderen schlecht finden. Das
liegt in der Natur der Sache.
Ich verstehe immer noch
nicht, weshalb Sie so misstrauisch gegenüber dem Volk als Hüter der Menschenrechte
sind.
Jositsch:
Wir haben in der Schweiz tatsächlich keine gröberen Menschenrechtsprobleme. Das
ist aber nicht der Punkt. Im Rechtsstaat geht es um checks and balances. Wenn
Sie auf dem Zürichsee ein Schiff besteigen, dann fragt Sie der Kapitän auch
nicht: «Misstrauen Sie dem Schiff, dass Sie einen Rettungsring dabeihaben
wollen?» Darum geht es doch gar nicht, sondern um die grundsätzliche
Entscheidung: Wenn ein Schiff in See sticht, dann muss ein Rettungsring an Bord
sein. Dasselbe gilt für die EMRK. Sie ist auch als Versicherung für die Zukunft
gedacht. Herr Vogt redet Konflikte herbei, die es gar nicht gibt: Gegen die
Schweiz gab es zwischen 1974 und 2013 insgesamt 5940 Beschwerden. Über 98 %
davon waren nicht erfolgreich. Von allen Beschwerden wurden nur 1,6 % angenommen.
Sie sehen also, dass das ganz selten passiert. Das Wichtige ist, dass sich
Schweizer Bürger – nicht irgendjemand! – gegen den Staat wehren können.
Herr Vogt, übertreibt
die SVP das Problem der fremden Richter?
Vogt:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kann zwar kein Schweizer Urteil
aufheben. Aber jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, einem Urteil auf nationalstaatlicher
Ebene Wirkung zu verschaffen. Zudem sind für die Schweiz alle Urteile
des Gerichtshofs massgeblich, nicht nur die, die gegen die Schweiz ergehen.
Unser Bundesgericht und unsere Behörden halten sich an die gesamte
Rechtsprechung des Gerichtshofs, und sie stellen diese ganze Rechtsprechung
über unsere Verfassung. Es ist ziemlich belanglos, ob ein Urteil gegen die
Schweiz oder einen anderen Staat ergangen ist.
Jositsch:
Freiwillig! Das hat uns niemand aufgezwungen.
Vogt:
Nicht wirklich freiwillig. Über dieses ausländische Verfassungsgericht konnten
wir in der Schweiz nie abstimmen. Man hat es auf kaltem Weg eingeführt. Richtig
wäre, dazu im Nachhinein eine Volksabstimmung durchzuführen. Tatsache
ist weiter, dass das aus vielen Quellen sprudelnde internationale Recht heute
über die Bundesverfassung gestellt wird, und auch dies, ohne dass die
Stimmbürger jemals darüber abstimmen konnten. Im Bundesgerichtsurteil 139 I 16 ff. betreffend Ausschaffungsinitiative halten die Lausanner Richter an
die Adresse des Gesetzgebers fest, er müsse bei der Umsetzung der Initiative
die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beachten.
Zu sagen, die EMRK habe keinen Einfluss auf die Gesetzgebung, ist also
unzutreffend. Auch im politischen Prozess, in der Tätigkeit der Verwaltung und
in den Parlamentsdiskussionen, spielt die EMRK eine Rolle.
Völkerrecht bricht
Landesrecht, internationale Gerichte stehen über dem Schweizer Souverän: Wollen
Sie das, Herr Jositsch?
Jositsch:
Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht ist tatsächlich nicht
geklärt. Das spielt aber auch keine Rolle. Es gibt nämlich keine systematischen
Konflikte zwischen der Schweizer Verfassung und dem Völkerrecht. Herr Vogt stört
sich an einem einzigen Bundesgerichtsentscheid zu einer Ausschaffung! Diesen
kann man ja diskutieren. Doch die für das Leben wesentlichen Fragen werden in
Bundesgesetzen geregelt. Herr Vogt will, dass wir wegen eines einzigen
Bundesgerichtsentscheids das ganze Menschenrechtssystem der EMRK und die
vertragliche Verflechtung der Schweiz über den Haufen werfen. Da ist sein
zentraler Fehler. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass gerade wir als
Kleinstaat auf das Völkerrecht angewiesen sind. Die grossen Staaten können ihr
Recht selbständig durchsetzen; wir aber sind auf das Rechtssystem angewiesen,
um unsere Interessen zu schützen.
Vogt:
Es geht nicht um den Einzelfall des Ausschaffungsurteils. Es geht darum, dass
das Bundesgericht in diesem Urteil eine allgemeine Aussage über den Vorrang der
EMRK gegenüber unserer Verfassung gemacht hat. Dieser Vorrang hatte und hat
Auswirkungen auch auf die Umsetzung von anderen Verfassungsbestimmungen. Ich
erinnere daran, dass eine Alpeninitiative, die Verwahrungsinitiative, die
Masseneinwanderungsinitiative…….
Jositsch: Hat die EMRK
da irgendwas entschieden?
Vogt:
Das Wort EMRK kommt in der Initiative gar nicht vor. Es gibt eine Reihe von
Entscheiden des obersten Schweizer Souveräns, die nicht oder nur verzögert nach
langem Hin und Her umgesetzt worden sind. Im politischen Prozess hält man
ständig dagegen, die Initiativen könnten wegen angeblich übergeordneten Rechts
nicht umgesetzt werden. Es geht bei der Initiative also nicht nur um die
Umsetzung von Urteilen aus Strassburg. Die Initiative ist viel wichtiger für
den politischen Prozess. Es darf nicht sein, dass sich die Politik weigert, den
Entscheid von fünf Millionen Stimmbürgern umzusetzen, weil es 47 Richter in
Strassburg eventuell anders sehen.
Jositsch:
Moment, die Initiative heisst «Schweizer Recht statt fremde Richter». Offenbar
ist Herr Vogt jetzt der Meinung, es gehe gar nicht um internationale Richter,
sondern um unser Parlament, das offenbar nicht gewillt ist, dies oder jenes
umzusetzen.
Vogt:
Unter Berufung auf fremde Richter und internationale Organisationen!
Jositsch:
Da muss ich Ihnen einfach sagen: Die grösste Fraktion im Bundeshaus ist meines
Wissens die SVP, die beispielsweise bei der Zweitwohnungsinitiative gewisse
Mühe bekundet hat, den Text umzusetzen. Ich war bei allen Initiativen immer für
eine wortwörtliche Umsetzung und habe mich etwa bei der Verwahrungsinitiative
höchstpersönlich für eine korrekte Umsetzung eingesetzt. Früher oder später
wurden alle Initiativen umgesetzt, von der Verjährungsinitiative über die
Ausschaffungsinitiative bis zur Zweitwohnungsinitiative.
Vogt:
Nach jahrelangem Hin und Her und nur mit Abstrichen! Die Stimmbürger gehen zu
Recht davon aus, dass das, was sie beschlossen haben, möglichst schnell umgesetzt
wird, und zwar so, wie sie es beschlossen haben.
Jositsch:
Wenn Sie dann im Parlament sind, werden Sie sehen, dass ein Milizparlament, das
sich viermal im Jahr trifft, nicht in der Lage ist, alles von heute auf morgen
umzusetzen. Als es darum ging, die Mutterschaftsinitiative jahrelang nicht
umzusetzen, hat sich aus der SVP niemand sonderlich aufgeregt. Sie vertrauen
offenbar dem Parlament nicht, Ihre Initiativen umzusetzen.
Vogt:
Das ist leider so. Weil es sich immer mehr am internationalen Recht statt an
unserer Verfassung orientiert. Und das übrigens ganz allgemein, nicht nur wenn
es um die Umsetzung von Volksinitiativen geht.
Jositsch:
Jetzt sind Wahlen im Herbst. Dann kann der Souverän entscheiden, dem Sie so
vertrauen. Ich habe auch Vertrauen, dass er Politiker wählen wird, die
Volksinitiativen umsetzen.
Herr Vogt, Sie sind das
juristische Hirn hinter der SVP-Initiative. Wie wollen Sie die Leute von der
Notwendigkeit einer Klärung dieser Frage überzeugen, wenn die Gegner von einer
Scheinlösung für ein erfundenes Problem sprechen?
Vogt:
Nehmen wir das Beispiel Ausschaffungsinitiative. Sie ist auch bald fünf Jahre
nach ihrer Annahme noch immer nicht umgesetzt. Inzwischen haben über 150 000 Stimmbürger die Durchsetzungsinitiative unterschrieben, weil
sie sich gesagt haben: «Bundesrat und Parlament machen etwas anderes, als wir
beschlossen haben.» Sagen Sie diesen 150 000 Stimmbürgern, das sei ein
erfundenes Problem! Dass das Parlament das Prinzip der Verhältnismässigkeit
gegen die Initiative in Stellung gebracht hat, war ein juristischer
Zaubertrick, denn nach allen Grundsätzen der Auslegung handelt es sich bei dieser
Initiative um eine konkretisierte, spezifizierte Regelung der
Verhältnismässigkeit. Das Volk hat in der Abstimmung entschieden,
was es für verhältnismässig hält: Wer als Gast, also ohne
aufenthaltsrechtlichen Status zu haben, straffällig wird, muss wieder gehen.
Dass dagegen die Verhältnismässigkeit ins Feld geführt wird, zeigt, dass die
politischen Gegner mit allen Mitteln die Entscheidungen des Souveräns
bekämpfen.
Jositsch:
Sie behaupten, was ich in Abrede stelle, dass das Parlament die Initiativen
nicht umsetzt. Überprüfbar ist das aber nicht, weil in der Schweiz niemand die
Verfassungsmässigkeit beurteilt. Wie man sieht, braucht es Möglichkeiten, mit
denen der Bürger sich gegen Entscheide wehren kann, die er als Widerspruch zu
den Grundrechten empfindet. Es kann ja nicht sein, dass man sich trotz direkter
Demokratie und Rechtsstaat nicht gegen Entscheidungen der 246 Parlamentarier
zur Wehr setzen kann. Die Ausschaffungsinitiative ist in der letzten Session
umgesetzt worden.
Vogt:
Man kann, wie Sie, der Ansicht sein, dass die Einhaltung der Verfassung in unserem
System nicht genügend gewährleistet ist. Dann müsste man aber dafür sorgen,
dass wir selbst in der Schweiz die Kontrolle verbessern. Es ist unredlich, ausländische
Richter als Verfassungsrichter herbeizurufen, nur weil bei uns ein Verfassungsgericht
nicht mehrheitsfähig ist. Ausländische Richter, die nicht von uns gewählt sind,
die dem Volk keine Rechenschaft schuldig sind und unseren demokratischen
Entscheidungen nicht Rechnung tragen.
Herr Vogt, gesetzt den
Fall, Sie erleiden mit der Initiative Schiffbruch. Dann werden Ihre Gegner
sagen, das Volk habe sich klar für einen Vorrang des internationalen Rechts
entschieden. Heute ist die Lage verschwommen, dann wäre sie klar zugunsten der
internationalen Richter entschieden. Droht die SVP zur Steigbügelhalterin der
Internationalisten zu werden?
Vogt:
Aus der blossen Angst heraus, zu verlieren, sollte man nicht darauf verzichten,
das zu tun, was man für richtig hält. Es ist klar, dass der Schuss auch nach
hinten losgehen kann und dass die Gegner der direkten Demokratie kein Argument
und keine Gelegenheit ungenutzt lassen werden, den umfassenden und
undifferenzierten Vorrang des Völkerrechts voranzutreiben und mit seiner Hilfe
unliebsame Entscheide des Souveräns zu umgehen. Ein Nein zur Selbstbestimmungsinitiative
würde bestimmt als ein Argument genutzt werden. Leider Gottes.
Herr Jositsch, das
Bundesgericht stellte in einem bemerkenswerten Urteil Ende 2012 fest, dass sich
die Schweiz nicht einfach nur wie zuvor am zwingenden Völkerrecht, also am Folterverbot
und am Verbot von Angriffskriegen, orientieren müsse, sondern neu ganz generell
am Völkerrecht. Alt Bundesrat Blocher nannte diesen auch im Bundesgericht
umstrittenen Entscheid einen «stillen Staatsstreich», der Volk und Stände
ausheble.
Jositsch:
Es war sicher ein umstrittenes Urteil, aber man muss den Menschenrechtsschutz
ins Verhältnis dazu setzen. Man kann in jedem
rechtlichen Streitfall unterschiedlicher Meinung sein. Es gibt Urteile, die wir
vielleicht schlecht finden. Deswegen haben wir aber das Bezirksgericht noch
nicht abgeschafft. Auch das Bundesgericht hat hier etwas entschieden, was man
gut oder schlecht finden darf. Man muss aber sehen, was alles daran hängt. Es
ist die Frage: Wie kann die Schweiz in der Welt auftreten, wie kann sie die
Verbindlichkeit des Völkerrechts weiterhin einfordern, die sie seit 1815 als
neutraler Staat selbst gewährleistet? Das Urteil stammt nicht von fremden
Richtern, sondern von unseren eigenen!
Vogt:
Nochmals: Die Aussage in diesem Urteil gilt allgemein, es ging nicht nur um den
Einzelfall. Das Bundesgericht hat ganz bewusst die Diskussion über das
Verhältnis von Verfassung und nicht zwingendem Völkerrecht in eine bestimmte
Richtung gelenkt. Der relevante Passus lautet, das Bundesgericht könne «der vom
Verfassungsgeber zum Ausdruck gebrachten Wertung insoweit Rechnung tragen, als
dies zu keinem Widerspruch zu übergeordnetem Recht» führe. Damit wird der Vorrang des
Völkerrechts gegenüber der Verfassung festgehalten. Ein solches Urteil
ist auf jeden Fall ein Anlass, dem Schweizer Stimmvolk die Frage vorzulegen:
«Findet ihr das richtig?»
Jositsch:
Wissen Sie, Herr Vogt, was mit dem Entscheid passiert ist? Das Parlament hat
sich letztlich nicht darum gekümmert. Es hat vielmehr die
Ausschaffungsinitiative wortwörtlich umgesetzt, die Härtefallklausel
hineingenommen und sich dabei auf das Verhältnismässigkeitsprinzip
in der Bundesverfassung berufen, nicht auf die EMRK. Der Entscheid hatte
praktisch überhaupt keine Bedeutung.
Vogt:
Es mag zwar sein, dass das Parlament in der Diskussion über die Umsetzung der
Ausschaffungsinitiative nicht darauf Bezug genommen hat. In der
verwaltungsinternen und politischen Diskussion über die Umsetzung der
Masseneinwanderungsinitiative hat man aber bereits unter Bezugnahme auf das Urteil
die Umsetzung gebremst. Das Urteil entfaltet also seine Wirkung, wie
hoffentlich jedes Urteil, und wird von der Verwaltung ernst genommen.
Daniel
Jositsch ist ordentlicher Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und
strafrechtliche Hilfswissenschaften an der Universität Zürich und
SP-Nationalrat. Im kommenden Herbst kandidiert er für den Ständerat.
Hans-Ueli
Vogt ist ordentlicher Professor für Privat- und Wirtschaftsrecht an der
Universität Zürich und seit 2011 Zürcher Kantonsrat für die SVP. Er ist der
lenkende Kopf hinter der anrollenden Volksinitiative «Schweizer Recht statt
fremde Richter (Selbstbestimmungs-Initiative)». Im kommenden Herbst kandidiert
er ebenfalls für den Ständerat.
Protokoll:
Florian Schwab Hervorhebungen
durch politonline
Anmerkung politonline d.a. Sehr
viel nachdenklicher stimmt die Erklärung
Churchills, die er am 14. Mai 1947 in der Londoner Royal Albert Hall aussprach:
»Wir geben uns natürlich nicht der Täuschung hin, dass das
Vereinigte Europa die letzte und vollständige Lösung aller Probleme internationaler
Beziehungen darstellt. Die Schaffung einer autoritativen,
allmächtigen Weltordnung ist das Endziel, das wir anzustreben haben.
Wenn nicht eine wirksame Welt-Superregierung errichtet und rasch handlungsfähig
werden kann, bleiben die Aussichten auf Frieden und menschlichen Fortschritt
düster und zweifelhaft. Doch wollen wir uns in Bezug auf den Hauptpunkt keiner
Illusion hingeben: Ohne ein Vereinigtes Europa keine sichere Aussicht auf eine
Weltregierung.«
[1]
Um die Vereinigten
Staaten von Europa zu erreichen, wird von Brüssel längst unter Wahrnehmung
aller hierzu geeigneten Möglichkeiten daran gearbeitet, die Souveränität der
einzelnen EU-Staaten auszuhöhlen und zu aneantieren. Von daher gesehen wird
auch jeder Regung, die sich als national charakterisiert, der Kampf angesagt
und in den Medien meist als ›braun‹ gebrandmarkt. Und niemand wird sich
der Illusion hingeben wollen, dass eine globale Superregierung für Frieden
sorgen wird, denn erstens leiden wir bereits unter einer Hegemonialmacht in
Form der USA, die uns unentwegt Kriege,
Auseinandersetzungen und den Aufbau terroristischer Gruppierungen, wie zuletzt
den grauenerregenden ›Islamischen
Staat in Syrien‹ aufbürdet - dies, obwohl Washington angeblich den Terror
bekämpft - und zweitens hat sich die uns
oktroyierte, dem Machtstreben anheimgebene UNO noch nie mstande gezeigt, Krieg
und Krisen zu verhindern, wenn man nicht davon ausgehen will, dass dies durch
die im Hintergrund stattfindende Beeinflussung dieser Institution gar nicht
beabsichtigt ist. Chruchill unterlässt, dieses ›wir‹ näher zu
definieren: Indessen kann es sich hier
lediglich um Institutionen wie die Trilaterale Kommission, das Council on
Foreign Relations mit seinem europäischen Ableger ECFR, das Londoner Chatham
House, die global agierenden, finanzstarken und steuerbefreiten Stiftungen
sowie die einflussreichen Logen, die Dieter Rüggeberg in seinem Buch ›Geheimpolitik-Logen-Politik‹, Rüggeberg-Verlag Wuppertal 1993, ISBN
3-921338-16-6, aufgezeichnet hat, handeln.
[1]
»Speeches of Winston Churchill« , New
York 1974
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