Wie man einen Finanzplatz stärkt - Von Doris Auerbach

Wie berichtet, hat die Allianz die Dresdner Bank für 9,8 Milliarden Euro an die Commerzbank verkauft. Nun will letztere die jährlichen Kosten nach der Übernahme der Dresdner Bank um rund 1,9 Milliarden Euro drücken. Die Fusion wird nach Angaben der Commerzbank 9000 Vollzeitstellen kosten, davon 6500 im Inland, wobei der Stellenabbau, wie es heisst, »sozialverträglich« erfolgen soll. Nun ist der Kommentar des deutschen Finanzministers Peer Steinbrück eigentlich ein Beispiel dafür, wieviel »Mitgefühl« für arbeitslos Werdende auf der Ebene der finanziell gut versorgten Minister resp. Abgeordneten herrscht:

Jedenfalls begrüsste Steinbrück die Fusion der beiden Banken: »Das ist eine sehr gute Entscheidung«, liess der  SPD(!) Politiker während seiner China-Reise die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post wissen. Die Fusion stärke den Finanzplatz Deutschland. Das mag für die Bank als solche durchaus zutreffen; für den Steuerzahler resp. das Sozialsystem des Staates, die die Arbeitslosen aufzufangen haben, kann indessen nur vom Gegenteil die Rede sein. Aber die Erkenntnis von  Wechselwirkungen letzterer Art scheint unseren Volksvertretern seit langem verschlossen. Von Seiten der deutschen Regierung waren dieselben Töne zu vernehmen; deren Schwerpunkt lag ebenfalls auf der Konsolidierung des Finanzplatzes, die im Interesse des Wirtschaftsstandorts Deutschland sei. Keine der damit für den Arbeitnehmer verbundenen Konsequenzen stand zur Debatte. In einer praktisch nur noch auf Gewinn orientierten Gedankenwelt, in der die Aktien regelmässig einen Börsenhöhenflug verzeichnen, sobald sich durch die Vernichtung von Arbeitsplätzen eine gesteigerte Rendite erwarten lässt, droht auch das Hochhalten der menschlichen Werte zu verschwinden, wobei der EU selbst diese von ihr beständig ins Feld geführten Werte längst abzusprechen sind, da sie den Massakern in Afghanistan und der brutalen Besetzung des Landes nicht so entgegentritt, wie dies erforderlich wäre.     
 
Im Prinzip dürfte es eher die Ausnahme von der Regel sein, dass ein  Finanzminister eine Chinareise antritt, so dass man in der Annahme, dass sich die Mehrheit der Bundesbürger eher wünschte, dass er zu Hause bliebe, um auf Mittel zu sinnen, die kontinuierlich anwachsende, exorbitant hohe Verschuldung seines Landes abzubauen, sicherlich nicht fehlgeht. Man kann nur noch beten, dass auf dieser Reise nicht auch die Entwicklungshilfe ein Thema ist, liegen doch diesbezüglich geradezu »glänzende« Beispiele vor, wie hier vorgegangen wird. Allein 2003 hatte Deutschland China 70 Millionen € an Fördermitteln zugesagt. 2006 vergab die BRD 56,5 Millionen € Entwicklungshilfe an China. Das Geld fliesse in den Umweltschutz, in die Steigerung der Energieeffizienz und den Klimaschutz, so die Begründung. Indirekt profitieren allerdings auch deutsche Unternehmen von dieser durch Steuern gespeisten Hilfe. Noch im gleichen Jahr, in dem sich die BRD zu ihrer Millionenhilfe entschloss, durfte der Steuerzahler am 4. November 2006 der Tagespresse entnehmen, dass China in den kommenden 3 Jahren Afrika nicht nur mit 5 Milliarden $, gleich 3,475 Mrd. €, an Krediten unterstützen und die chinesische Entwicklungshilfe für Afrika in diesem Zeitraum verdoppelt werden soll, sondern dass China auch sämtliche zinslosen Darlehen, die 2005 fällig wurden, den höchst verschuldeten afrikanischen Ländern erlassen würde. Dies war auf dem China-Afrika-Gipfel, der Anfang November 2006 mit Vertretern aus mehr als 40 afrikanischen Ländern in Peking stattgefunden hatte, vereinbart worden.
 
Was die EU betrifft, so unterstützte diese China ein Jahr später laut einer Meldung vom Oktober 2007 mit 25 Millionen € Beihilfe zur Säuberung seiner Ströme. Man sollte nicht glauben, dass auf Ministerebene noch in Zusammenhängen gedacht wird. Genau besehen bedeuten diese Finanzhilfen eine Stütze für ein bekanntermassen boomendes Land. Darüber hinaus hat China ganz offensichtlich genug Geld, um selbst Entwicklungshilfe zu leisten: etwa - wie vermerkt - für Afrika, denn der afrikanische Kontinent besitzt, was auch China dringend für seinen Wirtschaft braucht: Rohstoffe in Hülle und Fülle. Nun ist das Wettrennen um den Zugang zu den afrikanischen Ressourcen in vollem Gange und bei jeder Art von Entwicklungshilfe dürfte eher mehr als nur Uneigennützigkeit mit im Spiel sein. Phantastisch ist allerdings, wie dies funktioniert: Während der EU-Steuerzahler sein nationales Budget mit den Mehrausgaben der genannten Art belastet, investiert der Empfänger, also China, seinerseits gewaltige Summen ausserhalb seines eigenen Landes. Mit anderen Worten: Eine Spitzenleistung, die erneut darlegt, wie wenig das Wohlergehen der eigenen Bevölkerung noch bedacht resp. ins Gewicht fällt, ist doch inzwischen jeder achte Deutsche arm und je nach Bundesland sind bereits die Krankenhäuser unterfinanziert. Was also mag sich der vormalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber dabei gedacht haben, als er in Passau auf der Aschermittwochkundgebung der CDU, einer immerhin christlichen Partei, die Bevölkerung im Februar 2004 dazu aufforderte, ihr Anspruchsdenken angesichts leerer Staatskassen aufzugeben?
 
Dauerthema: Wie wir »ausgebeutet« werden
Wie Anfang August feststand, hat die Ölpreisexplosion dem Irak seit 2005 Milliarden in die Kasse gespült 1, d. h., der Irak verzeichnet einen Überschuss von bis zu 79 Milliarden US-$,  wofür die USA Waffen verkaufen will. Nach Angaben des Pentagons besteht die Absicht, dem Irak US-Rüstungsgüter im Werk von mehr als als 9 Mrd. $ zu liefern. Der Kongress sei über die Pläne informiert worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Wenn man weiss, wer im Kongress an der Waffenindustrie beteiligt ist, darf man davon ausgehen, dass der Verkauf auch stattfinden wird: siehe http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=996
resp. http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=958].
 
Nun hat Bagdad bisher nur einen kleinen Teil dieser Reserven für den Wiederaufbau des Landes verwendet. Zwischen 2005 und 2007 wurden nur rund 10 % der Staatsausgaben den Wiederaufbaumassnahmen gewidmet; für den Unterhalt von amerikanischen und irakischen Investitionen, die in Strassen, Wasser- und Stromleitungen, aber auch in Waffen geflossen sind, sei lediglich 1 % aufgewendet worden. Die USA - genauer: der hochverschuldete Steuerzahler - hat indessen seit Beginn des Krieges im Frühjahr 2003 rund 48 Mrd. $  für den Wiederaufbau bewilligt; die gesamte Summe ist bis auf  6 Milliarden $ auch schon verplant oder ausgegeben: dies hat unter den Demokraten und Republikanern dann doch einmal Empörung ausgelöst. »Wir sollten keine irakischen Projekte mehr finanzieren, während sich irakische Öleinnahmen auf den Konten häufen«, sagte der demokratische Senator und Vorsitzende des Streitkräfteausschusses, Carl Levin. Wenigstens hier hiess es ausnahmsweise einmal in einer Mitteilung Levins und des republikanischen Senators John Warner: »Es ist unentschuldbar, daß amerikanische Steuerzahler weiter die Rechnung für Projekte begleichen, die die Iraker in vollem Umfang alleine zahlen können«. Die Frage, in welchem Umfang die US-Rüstungsindustrie von diesem Überschuss profitiert, wurde allerdings nicht angeschnitten. Was die EU-Bürger betrifft, so hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am 21. 8. 08 dazu aufgerufen, den Irak beim Wiederaufbau zu unterstützen, selbstredend ohne auf die irakischen Finanzreserven aus den Ölverkäufen zu sprechen zu kommen. Es besteht ja hierfür auch kein Grund, wir sind ja bereits bestens daran gewöhnt, dass uns praktisch alle finanziellen Lasten, die durch die Kriege anfallen, aufgebürdet werden.
 
So hatte die Internationale Gemeinschaft‹  - die, wie schon so oft vermerkt, aus nichts anderem als aus den Steuerzahlern dieses Globus besteht - dem Irak am 23. 9. 07 in New York versprochen - richtiger: versprechen müssen - ihn künftig noch stärker beim nationalen Versöhnungsprozess, dem Wiederaufbau und der wirtschaftlichen Entwicklung zu helfen. Auch hier keinerlei Einbezug der Eigenreserven des Iraks. Damit die Extra-Kosten auch ja nicht abreissen, hat UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon eine grössere UNO-Rolle im Irak zugesagt. Man erwäge unter anderem ein zusätzliches UNO-Büro zur Koordinierung von Hilfsmassnahmen in Bagdad sowie einen neuen UNO-Stützpunkt in Basra, was erwartungsgemäss den Beifall von Condoleezza Rice fand: Sie lobte dies als »echtes Bekenntnis der Weltgemeinschaft und von Iraks Nachbarn«, dem Land zu Frieden und nationaler Einheit zu verhelfen. Man kann ihr nur beipflichten: An vorderster Front für diesen »Frieden« stehen natürlich die Waffenlieferungen ihres Landes! Es ist erstaunlich, das Zynismen dieser Art keinerlei Aufsehen erregen, geschweige denn die uns  Regierenden, die die von der Internationalen Gemeinschaft aufzubringenden Summen in der Regel aushandeln, in irgendeiner Form zum Nachdenken anregen würden.
 
Was die Irakflüchtlinge angeht, so sind seit Beginn des Irakkriegs nahezu 2,8 Millionen Iraker  innerhalb des Landes als Flüchtlinge registriert. Anfang April wurden 300'000 neue erfasst. Mehr als eine Million Flüchtlinge seien unzureichend untergebracht und nicht ausreichend mit Lebensmitteln versorgt, lässt uns die Internationale Organisation für Migration wissen. Eine ähnlich hohe Zahl habe kein regelmässiges Einkommen oder sei arbeitslos. Bei der Art, wie die Öleinnahmen des Landes verwendet werden, stellt dies keinerlei Überraschung dar. So hält auch die Fluchtwelle aus dem Irak an, wobei schon etwa 2 Millionen Iraker als Flüchtlinge im Ausland leben. Der Kolumnist des englischen Guardian, Simon Jenkins, schrieb am 25. 10. 2006 zum Irak 2, dass dieser »von den beiden mächtigsten Nationen der Welt zum schlimmsten Platz, in eine Hölle auf Erden verwandelt worden sei. Die ausländischen Truppen hätten statt Demokratie und Fortschritt im Zweistromland nur Blutvergießen und Elend ins Land gebracht. Die Situation dort sei heute schlimmer als zu Diktaturzeiten«, was praktisch Tag für Tag aufs neue zu konstatieren ist.
 
Am 9. 1. 07 erging der Aufruf vom UNHCR, natürlich auch wieder an die Internationale Gemeinschaft, den Irakern den Flüchtlingsstatus oder eine Art temporärer Aufnahme zu gewähren, denn mit einer Verbesserung der Lage im Irak sei nicht zu rechnen. Täglich sei die Zivilbevölkerung der Gewalt von Bewaffneten ausgesetzt. Was er nicht erwähnt, ist der Umstand, dass diese sozusagen ohne Unterbruch durch die Rüstungsindustrie des Westens mit Waffen versorgt werden, gleich ob direkt oder indirekt. Am 17. 4. 07 fand in Genf eine weitere Konferenz zur Mobilisierung weltweiter Unterstützung für die Millionen irakischer Flüchtlinge und Binnenvertriebene statt. Antonio Gutteres, der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, wies mit Nachdruck darauf hin, »dass die humanitäre Dimension des Problems nicht länger ignoriert werden könne«. Neben finanzieller, wirtschaftlicher und technischer Hilfe müsse zudem die Bereitschaft zur Aufnahme besonders verletzlicher irakischer Flüchtlinge erhöht werden. Moon richtete von New York aus einen Appell an die 500 Teilnehmenden aus 60 Ländern - wobei es interessant wäre, genau darzulegen, wer hiervon aus Ländern kam, in denen die massenhaft Flüchtlinge verursachenden ethnischen Konflikte brutalster Natur ungehemmt ausgefochten werden. »Die Nachbarstaaten müssen ihre Grenzen offen halten, andere müssen weiterhin Asyl und andere Formen des Schutzes gewähren«, sagte er. Bequemer kann man es sich gar nicht mehr machen. Die grundlegenden Bedürfnisse der 4 Millionen geflohener Iraker, so Guterres ferner, dürften nicht ignoriert werden. Er übergeht offensichtlich ohne Hemmungen, dass diese zweifelsfrei in erster Linie in die Verantwortung der eigenen Regierung fallen und daher von dieser wahrzunehmen wären. Darüber hinaus sprach er von einem  »moralischen Imperativ«, der alle zur Hilfe für Iraks Flüchtlinge und Vertriebene anhalte. Wann würde je ausgesprochen, dass der erste moralische Imperativ darin besteht, die Kriege zu beenden und Marionettenregismes, wie gerade im Irak, zu entmachten? Diese Forderung greift niemand auf, an ihrer Stelle stehen die sich nahtlos aneinander reihenden Aufrufe für Geld und Aufnahme von Flüchtlingen, ungeachtet der enormen finanziellen Lasten, die dies für die Länder mit sich bringt. Mit anderen Worten: das Verursacherprinzip wird von der UNO standhaft ignoriert.
 
Die BRD stockte am 24. 8. 07 die UNO-Hilfsgelder um 1 Million € auf; diese gingen an das UNHCR für humanitäre Hilfe für die Irakflüchtlinge in Syrien und Jordanien sowie für die Binnenvertriebene im US-besetzten Zweistromland. Am 8. 1. 08 erging bereits ein erneuter Aufruf des UNHCR, das dringend 261 Millionen $ benötige, um den irakischen Flüchtlingen zu helfen. Die Glanzleistung aller Regierenden - nimmt man die neben den Infernos im Irak und in Afghanistan anhaltenden, fast immer bewusst hervorgerufenen weltweiten Krisen hinzu  - besteht heute in der Zahl von weltweit 26 Millionen Flüchtlingen, die im eigenen Land Vertriebenen mit eingeschlossen. Welchen Anteil hieran die immer stärker prosperierende Rüstungsindustrie hat, mag sich jeder ausrechnen. Die Sinnlosigkeit dieses Kreislaufs stellt praktisch alles in den Schatten.
 
Für mich ergibt sich die Frage, wozu wir unter diesen Umständen, die den ganzen Irrsinn offenlegen, der auf der politischen Ebene herrscht, auch noch ein weiteres Instrument, das Humanitäre Weltforum, brauchen, wie es im vergangenen Jahr in Genf gegründet wurde. Dieses kostete die Schweiz 2007 1 Million Franken und 300'000 Fr. als Starthilfe. Für 2008 bis 2010 habe der Bundesrat Beiträge in Höhe von 500'000 Franken pro Jahr vorgesehen. Das Jahresbudget des Forums beläuft sich jedoch auf  4 bis 4,5 Millionen Franken, wobei die Schweiz bereit ist, 10 % der Betriebskosten zu decken. Darüber hinaus verläuft, wie es heisst, die Sponsorensuche für das Jahresbudget »harzig«. Zwar sagten Luxemburg, Liechtenstein, Deutschland und Frankreich einen Beitrag zu. Schweden, Norwegen und die Niederlande zeigten sich hingegen befremdet, dass »die Schweiz lediglich 10 % der Betriebskosten ihrer eigenen Stiftung zu decken bereit sei.« Der Stiftungsrat hat nun den Bundesrat gebeten, über die Bücher zu gehen und ein Viertel bis ein Drittel der Betriebskosten des Forums zu decken. »Die klimatische Gerechtigkeit ist eine Priorität des Humanitären Forums«, liess Kofi Annan verlauten. Ziel sei eine die Welt umspannende Allianz. Gefordert seien die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft, die Medien und die Regierungen. Die Anstrengungen müssten primär auf das Wasser, die Energie sowie die Landwirtschaft konzentriert werden, rät er. Umweltfreundliche Techniken müssten auch für die Ärmsten erschwinglich sein. Soweit, so gut. Auch dieses Forum wird nicht viel ausrichten, solange die USA und ihre Verbündeten die Macht haben, ihre Kriege, in deren Verlauf irreparable Zerstörungen angerichtet werden, ungehindert fortzuführen. Zweitens dürften die ins Feld geführten Neuerungen absolut machbar sein, ohne dass uns deswegen schon wieder ein zu finanzierendes Sonderinstitut aufgeladen wird, zumal bereits mehr als genügend Umweltkonferenzen stattfanden und auch weiterhin stattfinden werden - jedes Mal mit einer weder zu rechtfertigenden, noch wirklich überblickbaren Teilnehmerzahl, die ihrerseits immense Mittel verschlingt. Man fragt sich zum Schluss, ob neu gegründete Institutionen dieser Art nicht etwa vor allem dazu dienen, Posten auf Kosten des Steuerzahlers zu sichern und ob unsere Regierenden überhaupt noch eine Vorstellung davon haben, was allein eine Million Franken, die wir zu erarbeiten haben, bedeutet!
 
Und damit ja kein Unterbruch eintritt, oder wir uns möglicherweise der Dauerzahlungen entwöhnen könnten, steht bereits der nächste Patient auf der Bühne. Auch hier derselbe Vorläufer: Der über mehr als 15 Jahre aufrechterhaltene fragile Waffenstillstand, der Ossetien eine provisorische Eigenstaatlichkeit ohne internationale Anerkennung ermöglichte und die Perspektive einer friedlichen Lösung offenhielt, wurde von Tbilissi am 7. August durch dessen militärische Grossaktion gebrochen. Über den Verlauf der Auseinandersetzung mit all ihren zerstörerischen Folgen hat die Tagespresse hinlänglich berichtet. Und schon leistet die EU humanitäre Hilfe, über deren genaue Höhe keine Angaben vorliegen. Gemäss der Ankündigung des EU-Erweiterungskommissars Olli Rehn darf der EU-Steuerzahler jedoch damit rechnen, »weitere 3 Millionen € für die Zivilbevölkerung zur Verfügung zu stellen, später sogar 10 Millionen«. Deutschland allein gibt 1 Million €. Die USA hat am 3. 9. eine Hilfe von 1 Milliarde $ für den Wiederaufbau von Häusern und Infrastruktur versprochen. Georgien seinerseits hat von der Internationalen Gemeinschaft 2 Milliarden Dollar angefordert! Man darf also auf die nächste Geberkonferenz gespannt sein. Darüber hinaus soll Georgien laut BBC vom 3. 9. einen Kredit in Höhe von 750 Millionen $ aus dem ebenfalls mit Steuergeldern gespeisten Fonds des IWF erhalten.
 
Und damit die US-Rüstungsindustrie ihrerseits nicht aus dem Rhythmus kommt, ist das Thema Waffen auch für Georgien bereits wieder hochaktuell: Laut einer Ende August veröffentlichten Meldung der jungen Welt 3 sprachen sich die US-Senatoren Joe Lieberman und Lindsey Graham dafür aus, Georgien sehr schnell für einen Revanchekrieg aufzurüsten. Die USA hätten sich bisher darauf konzentriert, Georgien mit »leichten« Waffen zur Terrorismusbekämpfung auszurüsten. Jetzt brauche das Land vor allem Luftabwehrsysteme und Waffen zur Panzerbekämpfung, sagten die beiden Senatoren. Georgien  hat seit 1994 US-Militärhilfe erhalten und leistet dafür seit 2004 mit 2500 Soldaten US-Besatzungshilfsdienste im Irak. Nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) rüstet Georgien so stark auf wie kein anderes Land. Das georgische Militärbudget wuchs von 2004 auf 2005 um 143 %. Die  USA beschloss 1999, als sie Serbien zwecks »Befreiung« der abtrünnigen Provinz Kosovo zusammen mit der EU bombardierte, »starke politische, wirtschaftliche und sicherheitspolitische Bindungen zwischen den Ländern des Südkaukasus [...] und dem Westen zu entwickeln«. Die NATO vereinbarte 2004 mit Georgien eine strategische Partnerschaft, den Individual Partnership Action Plan (IPAP) und verstärkte diese am 21. 9. 2006 in Form eines Intensive Dialogue. Georgien ist Mitglied im Europarat und gehört den EU-Programmen Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) und Transport Corridor Europe-Caucasus-Asia (TRECECA) an und unterhält mit der USA und Israel  bilaterale Militärabkommen 4.
 
Georgien ist somit das jüngste Beispiel dafür, wie die Kriege auf der Basis der durch den  Steuerzahler gewissermassen unausgesetzt gewährleisteten Finanzhilfe sozusagen nach Belieben vom Zaun gebrochen werden können, da uns die Geberzwangsjacke, nämlich die Auflage, die Mittel für die Behebung von Kriegsfolgen zu erarbeiten, unabänderlich auf den Leib geschneidert ist. Man geht sicherlich nicht fehl, wenn man hinzufügt, dass die UNO dafür sorgen wird, dass diese Situation in derselben Weise unverrückbar fortbesteht.     
 
1 http://www.baz.ch/news/index.cfm?ObjectID=96EEDE1F-1422-0CEF-7047EB46CE9C9CA6 6.8.08 http://www.faz.net/s/Rub99C3EECA60D84C08AD6B3E60C4EA807F/Doc~E51398DDD6E8C42F4A359393949E0B35C~ATpl~Ecommon~Scontent.html 21.8.08
2  http://derstandard.at/?url=/?id=2633100
3 http://www.jungewelt.de/2008/08-27/001.php 27.8.08 Waffenhilfe für Tbilissi Von Knut Mellenthin
4 http://spatzseite.de/ 17.8.08
Alle Hervorhebungen durch politonline. Was die von Kofi Annan zitierte weltumspannende Allianz betrifft, so lese man hierzu ›Zum Thema Weltsteuer‹ auf http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=879