Israel

Wo bleibt die Demokratie?

Der Herausgeber der jüdischen Zeitschrift »Semit«, Abraham Melzer, richtete am 7. 5. unter Verweis auf ein Video, das auf der Website des britischen »Guardian« zu sehen ist, einen Brief an den Botschafter Israels in Deutschland:
 
Sehr geehrter Herr Botschafter,
wie weit soll die israelische Gesellschaft noch in ihrer Ethik und Moral sinken und dem Beispiel der schlimmsten Diktaturen und faschistischen Regimes folgen. Wir sehen Bilder von israelischen Soldaten, wie sie Palästinenser aus ihren Behausungen vertreiben und diese vor den Augen der verzweifelten Bewohner zerstören. Man möchte weinen, wenn man sieht, wie die israelischen Soldaten dabei lachen. Hat denn Israel versäumt, diesen jungen Menschen die Bilder vom Holocaust zu zeigen, wie SS-Soldaten bei der Mißhandlung jüdischer Menschen lachen? Jetzt lachen israelische Soldaten bei der Mißhandlung arabischer Menschen. Sie werden mir sicherlich sagen wollen, daß man nicht vergleichen kann. Ihr Präsident hat soeben bei einer Rede in den USA das Regime im Iran mit dem Dritten Reich verglichen. Er darf es? Nur weil er Jude ist, oder weil er Präsident der einzigen Demokratie im Nahen Osten ist, die sich wie eine faschistische Diktatur benimmt. »Vergleichen heißt nicht Gleichsetzen. Aber es hilft beim Verstehen. Der Vergleich kann zeigen, daß die Unterschiede größer sind als die Gemeinsamkeiten.« Das stammt vom Philosophen Karl Jaspers. In diesem Fall zeigt aber der Vergleich, daß es keine Unterschiede gibt. Es tut mir leid, nur so kann ich die Bilder interpretieren.
 
Was gewesen ist, kann man nicht ungeschehen machen. Aber zumindest könnten Sie dafür sorgen, daß Ezra Nawi, der Menschenrechtsaktivist, der verhaftet wurde, umgehend freigelassen wird. Oder ist das zuviel verlangt? Darf man in Israel gegen die Zerstörung arabischer Blechhütten nicht mehr protestieren? Und wo bleibt die Demokratie? Als Jude, Israeli und Mensch protestiere ich gegen diese Aktion, Verhaftung und das schäbige und rassistische Verhalten der israelischen Soldaten. Wenn ich bedenke, daß ich einmal in dieser Armee gedient habe, dann kann ich mich nur noch schämen.
 
Quelle: http://www.jungewelt.de/2009/05-13/028.php  13. 5. 09 Seite 8 resp.
www.guardian.co.uk/commentisfree/2009/may/06/israel-human-rights-police