Irland - Wie man eine Abstimmung zurechtdrechselt

politonline d.a. »Demokratie«, hatte Sahra Wagenknecht, die bis Juli 2009 Mitglied des EP war, einmal erklärt, »kann nicht bedeuten, dass man so oft über dieselbe Sache abstimmen lässt,

bis einem das Ergebnis in den Kram passt«. Das gilt ganz offensichtlich nicht für die EU, zieht man die jetzt in Irland über die Bühne gegangene zweite Abstimmung zur selben Frage in Betracht. Am 16. September hatte Joe Higgins, Europaparlamentarier der Sozialistischen Partei Irlands, auf einer Pressekonferenz beim EP in Strassburg der EU-Kommission vorgeworfen, »sie verwende unsere Steuergelder für eine »Angst und Schrecken«-Kampagne [1]. Seit Wochen schicke die Kommission Mitarbeiter, bis hin zum Generalsekretär der Kommission, in Irlands Schulen, als »ein zynisches Mittel, um den Eltern die Botschaft zu übermitteln, dass sie für den Lissabon-Vertrag stimmen sollten.« Dieser war bekanntlich im Juni 2008 mit 53,4 % : 46,6 % der Stimmen zu Fall gebracht worden, wobei die Nein-Stimmen vor allem aus der Arbeiterschicht und von jungen Wählern kamen, da diese in der neoliberalen Politik der EU eine Bedrohung ihrer Existenz sahen. Die irische Regierung und die Organisationen des Establishments«, so Higgins, »spielten mit der Angst der Bevölkerung vor der Wirtschaftskrise mit der Behauptung, ein Nein werde die  Wirtschaftskatastrophe noch weiter verschlimmern. Das sei umso zynischer, als ja gerade die neoliberale  Wirtschaftspolitik der Kommission selbst für die Krise verantwortlich sei.« Higgins warf Kommissionspräsident Barroso unverhohlene Einmischung in die Debatte in Irland vor: »Die Linke in Irland ist für eine breitestmögliche öffentliche Debatte über den Lissabon-Vertrag, und wir sind voll und ganz bereit dazu, mit jeder politischen Gruppe in Europa darüber zu debattieren. Aber es ist ein krasser Missbrauch von Steuergeldern und demokratischen Prozeduren, wenn die Kommission in einseitiger Weise so interveniert, wie es die Kommission in Irland getan hat.« Nach der Wiederwahl Barrosos zum Kommissionspräsidenten würden die Gegner des Vertrages ihre Bemühungen verdoppeln. »Europa hat von der neoliberalen Agenda des Herrn Barroso genug.« Higgins hatte bei der Pressekonferenz auch erklärt, das Ja-Lager könne zehnmal mehr Geld für die Kampagne ausgeben als das Nein-Lager.
 
Im übrigen hatte das Ja-Lager die volle Unterstützung der hoffnungslos bankrotten irischen Banken. Am 16. 9. 09 hatte die irische Regierung die Gründung einer Bad Bank angekündigt: die Nationale Werteverwaltungsbehörde (NAMA) soll 54 Mrd. € an Regierungsanleihen bezahlen (das entspricht mehr als einem Drittel des irischen BIP), um von den Banken Müllpapiere im Wert von 77 Mrd. € zu übernehmen. Es handelt sich u.a. um die Bank of Ireland, die Allied Irish Bank, die EBS Building Society, Irish Nationwide, Irish Life and Permanent und die inzwischen verstaatlichte Anglo-Irish Bank. Das grösste finanzielle Rettungspaket der irischen Geschichte kam auf direkte Anordnung [!] des Weltwährungsfonds und der Europäischen Zentralbank zustande.
 
Die Unterstützung des Vertrags durch die katholische Kirche Irlands hatte Rev. Noel Treanor, der Bischof von Down und Connor, am 16. 9. 09 vor einem Ausschuss des irischen Parlaments wie folgt begründet: Die Katholiken könnten für den Vertrag stimmen, da dieser, so behauptete er, die irische Position zur Abtreibung nicht ändere. Treanor, der die irische Bischofskonferenz 20 Jahre lang in Brüssel vertreten hatte, sagte, diese Erklärung werde vom katholischen Primas, Kardinal Sean Bready, unterstützt.
 
Die EU-Währungsunion kommt Irland teuer zu stehen
People’s Movement, eine Organisation der linken Gegner des Lissabon-Vertrages, veröffentlichte im Rahmen der Kampagne für ein Nein das Dokument »Lissabon und die Wirtschaft«, aus dem die junge Welt 2 soeben nachfolgende Argumente veröffentlicht hat:

Für Irland und andere Länder der Peripherie war die Wirtschaftskrise besonders hart. 1979 brach Irland mit dem englischen Pfund. Bis 2001, als wir der Wirtschafts- und Währungsunion der EU beitraten, genoss die irische Währung innerhalb des Wechselkursmechanismus Flexibilität. Diese Flexibilität erlaubte uns, den Finanzkrisen von 1986 und 1993 durch Abwertung unserer Währung um 10 % wirkungsvoll zu begegnen. Viele Ökonomen verbinden mit dieser Massnahme den Anfangsschub für den »Keltischen Tiger«. Mit der Übernahme des Euros übergaben wir die Kontrolle der Zinssätze an die  Europäische Zentralbank (EZB), in dem naiven Glauben, dass sie Sätze festlegen würde (oder könne), die für alle Ökonomien in der 16-Mitglieder-Eurozone passen würden. Bei einer Gesamtbevölkerung von 325 Millionen Menschen wird die Eurozone von den grössten Ländern Kontinentaleuropas dominiert - Deutschland und Frankreich, die eine Bevölkerung von 82 Millionen Menschen bzw. 65 Millionen haben. Laut der Aufstellung des IWF von 2008 liegen Deutschland und Frankreich nach Grösse des jährlichen Bruttoinlandsprodukts an 4. und 5. Stelle in der Welt. Zusammen betrug es in beiden Ländern umgerechnet 6,533 Billionen US-$, das Irlands 270 Milliarden US-$. Nach der »Dot.com-Blase« von 1995 bis 2001 lernten wir die harte Politik der EZB kennen, mit der sie die Interessen der ökonomischen Schwergewichte durchsetzte. (…) Wenn der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt, sieht er enorme Befugnisse der EZB für ein Diktat in der Wirtschafts- und Finanzpolitik vor. (…) Zur Zementierung des ungleichen Gewichts kleinerer Staaten gegenüber Frankreich und Deutschland heisst es: »die Stimmen im Gouverneursrat werden entsprechend den Anteilen der nationalen Zentralbanken im Einlagenkapital der EZB gewichtet«.
 
Die Frage, wie man die Iren dazu bringen könnte, die neoliberalen Regeln des Lissaboner Vertrags für ein Paneuropa anzunehmen, war auch eines der Themen der diesjährigen Bilderberger-Konferenz [siehe Weltregierung, Weltpolizei und die Bilderbergervom 23. 5. 2009 auf http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1225] Diese Regeln beinhalten immerhin eine gesteigerte Privatisierung, weniger Rechte für die Arbeiter, weniger Sozialhilfe, einen die Schwellenländer favorisierenden, über offene Grenzen hinweg erfolgenden Handel, sowie eine verstärkte Militarisierung, um die bürgerlichen Freiheiten und Rechte zu unterdrücken. »Für das Europa der Multis«, las man bereits 2005 im Europa-Magazin [3/05], »wird die demokratische Kontrolle systematisch ausgehebelt. Mit der EU-Verfassung wollen die europäischen Regierungen eine grössere Legitimität erhalten, um ihre Politik des umfassenden Sozialabbaus und der Zerstörung sozialer Errungenschaften auf dem ganzen Kontinent verstärkt fortsetzen zu können.« Aus dem folgenden, von Raoul Rigault mit Aengus O’Snodaigh, dem irischen Parlamentsabgeordneten und Europaverantwortlicher von Sinn Féin, geführten Gespräch geht hervor, dass Irland nach seinem Ja zum Lissabon-Vertrag in die Militärpolitik der EU eingebunden wird 3.
 
Das ist das Ende der Neutralität von Irland
»Nach einem Nein im Juni 2008 haben die Iren dem Lissabon-Vertrag nun im zweiten Anlauf doch noch zugestimmt. Was bedeutet das?
Dieser Vertrag verhilft einer Europa-Idee zum Durchbruch, die wir nicht wollen, die die Macht von den normalen Menschen entfernt und sie in die Hand einer Elite von Lobbyisten und Politikern der Europäischen Union in Brüssel legt.
 
Ist das Thema Lissabon-Vertrag damit ein für allemal durch?
Nein. Die Auseinandersetzung über das Schicksal Europas ist damit keineswegs zu Ende. Es wird weitere Verträge und weitere Kämpfe dagegen geben. Auf die müssen wir uns ab heute schon vorbereiten, wenn wir irgendwann die herrschende Vorstellung von einem Europa im Dienste des Marktes kippen wollen.
 
Ihre Partei hatte darauf gebaut, dass auch dieses Referendum mit einem Nein ausgehen würde. Ist das gegenteilige Ergebnis für die Gegner dieses Vertrages eine schmerzhafte Niederlage?
Dies ist keine Niederlage für Sinn Féin alleine. Die Befürworter des Vertrages hatten die Bevölkerung in einer wirksamen Kampagne eingeschüchtert, die Abstimmung ist somit eine Niederlage für ganz Irland. Das ist das Ende unserer Neutralität, die für unser Land einen sehr hohen Stellenwert hat! Durch den Beitritt zum Lissaboner Vertrag wird Irland gezwungen sein, einen Beitrag zur gemeinsamen Verteidigungspolitik zu leisten. Es muss also seine Streitkräfte verstärken, was aber Gelder aus Bereichen abzieht, in denen sie dringend gebraucht werden. Das heisst: aus der Sozialpolitik, dem Gesundheitssektor und dem Bildungswesen. Ausserdem wird nach den neuen Regeln Irlands Stimmenanteil bei den Entscheidungen auf nur noch 0,8 % reduziert. Deutschland kommt hingegen auf 17 %. Irland wird infolgedessen bei den EU-Beschlüssen nur noch ein sehr geringes Gewicht besitzen.
 
Die Mehrheit der Iren hat bei der Abstimmung vielen Kommentatoren zufolge mehr an die Wirtschaftskrise als an die Verteidigung der Souveränität und Neutralität gedacht. Sie sah in der EU offenkundig eine Hilfe bei der Bewältigung der Krise.
Ob diese Hoffnung in Erfüllung geht, hängt davon ab, welcher Weg auf europäischer Ebene eingeschlagen wird, um aus der ökonomischen Krise herauszukommen. Der Weg, den dieser Vertrag empfiehlt, ist der der Verteidigung des Marktes und der multinationalen Konzerne bis zum äussersten, und zwar auf Kosten einer Aushöhlung der Arbeiterrechte. Die EU wird von einer Ideologie dominiert, die im Markt und in der Privatisierung weiterhin die Lösung aller Probleme sieht. Wir müssen uns stattdessen dem Projekt eines sozialen Europas zuwenden, von dem vor vielen Jahren einmal die Rede war. Um es klarzustellen: Wir sind für Europa, solange das keine Zentralisierung der Macht bedeutet.
 
Innenpolitisch hatten viele Mitglieder von Sinn Féin und andere Parteien der radikalen Linken darauf gehofft, dass das Referendum zu einem Sturz der unpopulären Regierung von Fianna-Fáil-Parteichef Brian Cowen führen würde. Sitzt die jetzt fester im Sattel?
Ich glaube, dass sich diejenigen, die dachten, man könne die Regierung mit Hilfe dieses Referendums loswerden, getäuscht haben, weil es dabei nicht um die Exekutive ging. Aber egal wie man das sieht, meiner Einschätzung nach wird die Regierung sehr bald vor unüberwindlichen Hindernissen stehen, wenn sie weiter den verrückten Versuch unternimmt, die normalen Menschen für die Fehler der Bankiers bezahlen zu lassen. Die Gewerkschaften haben bereits Streiks und Proteste gegen die Kürzungspolitik angekündigt.«
 
Was die Arbeiterrechte betrifft, so zeichnen sich in der BRD bereits erste Bestrebungen hierzu ab: Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger sprach am 8. 10. 09 von den Kernforderungen des Wahlprogramms der CDU, auf die zu bestehen seien, wobei er insbesondere die Lockerung des Kündigungsschutzes und der betrieblichen Bündnisse für Arbeit nannte. Ferner erklärte er: »Wir werden um eine Senkung der Standards bei den Sozial- und Arbeitsmarktleistungen nicht herumkommen.« Es fragt sich, ob den Wählern diese Kernforderungen auch wirklich ins Bewusstsein gedrungen waren, obwohl diese im Prinzip nichts wirklich Neues darstellen, denn schon Mitte März 2005 hatten die Arbeitgeber auf einem Job-Gipfel im Kanzleramt Berlin radikale Einschnitte bei Kündigungsschutz und Renten gefordert. Vielleicht fallen Vorhaben resp. Massnahmen dieser Art auch nicht unmittelbar auf, da ihre Umsetzung meist schleichend, aber dennoch unerbittlich in die Wege geleitet wird. Der IWF seinerseits hatte sich schon so früh wie Juli  2000 für den Abbau der Arbeitsschutzgesetze in der EU sowie für bescheidenere Löhne in Europa ausgesprochen. Es ist die gleiche Institution, die von uns unaufhörlich verlangt, Milliarden für die immer gleichbleibend armen Länder zu erarbeiten, ungeachtet des Fakts, dass diese ihrerseits bereits Milliarden unserer Steuergelder mehr oder weniger ergebnislos geschluckt haben. Wie dies auf die Dauer angesichts sinkender Steuereinnahmen erfolgen soll, darüber scheint man sich keine tieferen Gedanken zu machen. Somit kann man nur noch feststellen, dass der Modus der wachsenden Verschuldung der Geberländer inzwischen fester Bestandteil der hinsichtlich der Entwicklungshilfe praktizierten Politik geworden ist.
 
Das letzte verbleibendes Hindernis für die Inkraftsetzung des Vertrags ist nun die Ratifizierung durch Tschechien, die vom Urteil des Verfassungsgerichts abhängt. Der tschechische Senatsabgeordnete Jiri Oberfalzer hatte am 29. September 2009 eine Verfassungsbeschwerde gegen die Unterzeichnung des Lissabon-Vertrags eingebracht. Auch er spricht eine längst bekannte, aber von den Entscheidungsträgern mehrheitlich beharrlich ignorierte Tatsache aus: »Mit dem Abkommen droht Europa ein Superstaat zu werden, bei dem einzelne Länder an Souveränität verlieren.« Streitpunkt ist das Begleitgesetz, was von Oberfalzer angezweifelt wird. Darin sei vorgesehen, dass die Übertragung von nationalen Kompetenzen an die EU nur an eine einfache Parlamentsmehrheit gekoppelt ist. Der Abgeordnete ist der Meinung, für solche Entscheidungen sei eine verfassungsgebende Mehrheit nötig. Mit der Klage verbunden ist Oberfalzers stattgegebener Forderung, dass Präsident Václav Klaus  mit seiner Unterschrift unter den Vertrag bis nach einem Urteil warten soll.
 
Klaus warnte schon Ende März dieses Jahres vor der Sowjetisierung Europas [siehe auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=679 Wie Gorbatschow, Giscard d'Estaing und andere die EU neu erfanden - von Wladimir Bukowski: in dem Aufsatz die EU-Verfassung]. Die Gefahr liege darin, dass die EU alle Aspekte der Gesellschaft mit Gesetzen regulieren wolle und einen völligen Mangel an Demokratie und Transparenz zeigte. In einem Interview mit der britischen Sunday Times (22. 3. 09) verglich Klaus das Regime in Brüssel mit den untergegangenen kommunistischen Diktaturen Osteuropas: »Meine Kritik basiert auf meiner Empfindlichkeit gegenüber allen Versuchen, die Freiheit und Demokratie einzuschränken; dies hat damit zu tun, dass ich die meiste Zeit meines Lebens in einem politischen, sozialen und ökonomischen System gelebt habe, welches weder frei noch demokratisch war. Die [EU-]Mitgliedländer werden bereits von Brüssel durch nicht gewählte Kommissare geführt. ..… Der Vertrag beinhaltet Massnahmen, welche den Bürokraten in Brüssel noch mehr Macht geben.« 4 Dazu gehört, dass ungefähr 75 % aller Gesetze in der EU von nicht gewählten Bürokraten gemacht werden. Auch das ist von EU-Gegnern unzählige Male vorgetragen worden, ohne Wirkung. Das Machtstreben des gesamten EU-Apparats kann nur in die Strategie einer Weltregierung eingebettet sein, andernfalls liesse sich diese im Grunde genommen unverantwortliche Einstellung - die den über Jahre hinweg lauthals propagierten Werten der EU in keiner Weise entspricht - nicht erklären. Somit dürfte auch die von Klaus vorgeschlagene Deregulierung, Liberalisierung, Entfernung von Schranken und unnötigen Gesetzen auf europäischer Ebene keine Chance haben. »Klaus Anti-Europa-Politik ist berühmt«, schrieb die Welt Ende Juli, »und seine  Sprüche sind gefürchtet« 5. Auch wenn die Tagespresse nicht müde wird, uns Bundeskanzlerin Angela Merkel als mächtigste Frau der Welt darzustellen - in der steten Erwartung, dass wir auch das noch unreflektiert schlucken sollen - so hat sich Klaus dennoch wenig schmeichelhaft über sie geäussert. Er wirft ihr vor, den Kommunismus nicht richtig durchlebt und kein Thatcher-Niveau zu haben. Er habe versucht, sie davon zu überzeugen, wie schlecht eine europäische Verfassung für Europa sei. »Wir müssten uns doch verstehen. Immerhin haben wir beide den Kommunismus durchlebt. Wir müssten fühlen, wie falsch dieses Europäertum ist. Aber sie hat nicht angebissen«, sagte  Klaus. Auch führende Politiker der EU ging der Präsident hart an und warf ihnen Phrasendrescherei vor - worin ihm rückhaltlos zuzustimmen ist, auch wenn dies unseren Parlamentariern in der Regel nicht weiter auffällt. Klaus erklärte, dass ihn die EU-Politiker beim Gipfeltreffen unter tschechischem EU-Vorsitz im ersten Halbjahr 2009 enttäuscht hätten: »Wenn ich da neben Herrn Barroso, Solana und anderen Gentlemen sitze, macht es mich wahnsinnig, was sie sagen
 
Auch in England zeichnet sich offenbar anhaltender Widerstand gegen den Lissabon-Vertrag ab. Der konservative britische Oppositionsführer David Cameron liess Klaus ein Schreiben zugehen, das die Daily Mail veröffentlichte und das in Brüssel und Berlin sowie in diversen europäischen Hauptstädten eine Art Alarmstimmung erzeugt haben muss. In diesem wird ein Plan entwickelt, wie man dem Vertrag und der darin enthaltenen EU-Reform den endgültigen Todesstoss versetzen könnte. In dem Brief schlägt Cameron dem tschechischen Präsidenten vor, den Lissabon-Vertrag gemeinsam zu Fall zu bringen 6. »Tatsächlich eröffnet der von Cameron aufgezeigte Weg auch nach dem irischen Referendum vom 2. Oktober, das bisher als Wendemarke galt, die konkrete Möglichkeit, das jahrelang umkämpfte Vertragswerk definitiv zu Fall zu bringen. In dessen Ablehnung sind sich die britischen Konservativen mit  Václav Klaus und anderen tschechischen Euroskeptikern seit langem einig. Sie befürchten eine Einschränkung der nationalen Souveränität ihrer Länder, wenn die EU die Entscheidungsmechanismen strafft und sich wie vorgesehen einen Präsidenten und eine Art Aussenminister gibt. Cameron hatte schon vor einiger Zeit angekündigt, im Falle seines [durchaus wahrscheinlichen] Sieges bei der Unterhauswahl im Mai oder Juni 2010 die vom Parlament bereits gegebene Zustimmung zum Lissabon-Vertrag ausser Kraft zu setzen und eine Volksabstimmung abzuhalten, wobei eine Mehrheit gegen die EU-Reform zu erwarten wäre. Damit wäre das Projekt gescheitert, auch wenn alle anderen EU-Länder es gebilligt haben.« Jedenfalls beharrt Václav Klaus beim Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags auf Ausnahmeregelungen für sein Land. Wie die junge Welt am 10. 10. 09 berichtete 7, erklärte der polnische EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek nach einem Gespräch mit Klaus in Prag, Klaus strebe ähnliche Vereinbarungen an, wie sie Polen und Grossbritannien bei der Annahme des Vertrags erwirkt hatten. Nach Informationen der polnischen Zeitung Rzeczpospolita stehen die geforderten Sonderregelungen im Zusammenhang mit der EU-Grundrechtecharta. Klaus befürchte, dass diese neue Rückgabeforderungen von infolge des Zweiten Weltkriegs enteigneten Sudetendeutschen hervorrufen könnte. Was Tschechiens Premier Jan Fischer betrifft, so liess dieser laut BBC online vom 7. 10. 09 die Brüsseler EU-Spitzen wissen, dass er mit Sicherheit erwarte, dass der Vertrag bis Ende Jahr ratifiziert  würde.
 
Polens Präsident Kaczysnski hat den Vertrag soeben am 7. 10. 09 nach langem Zögern unterzeichnet. Die Billigung des Vertrags durch das polnische Parlament war bereits vor eineinhalb Jahren erfolgt. Wenig Beachtung in der Presse fand eine neuerliche Beschwerde, die jetzt in Deutschland gegen den Lissabon-Vertrag eingereicht wurde: Prof. Dr. jur. Dr. Ing. e. h. Dieter Spethmann hat angesichts der fahrlässig-oberflächlichen Behandlung der Lissabon?Begleitgesetze im Deutschen Bundestag nach sorgfältigem Abwägen am 18. 9. 09 gegen das Zustimmungsgesetz zum Lissabon?Vertrag sowie gegen sämtliche Begleitgesetze Verfassungsbeschwerde erhoben 8.
 
Es bleibt immer wieder dieselbe Frage zurück: Wieso ist es möglich, dass all die negativen Punkte von Brüssel und dessen Stützen ganz einfach ignoriert werden können?
 
 
1 Quelle: Strategic Alert, Jahrg. 23, Nr. 39 vom 23. September 2009 Einschüchterungskampagne der EU gegen Irland
2 http://www.jungewelt.de/2009/10-01/058.php  1. 10. 09
3 http://www.jungewelt.de/2009/10-06/049.php Nach dem Ja zum Lissabon-Vertrag wird die Inselrepublik in die Militärpolitik der EU eingebunden
4http://infowars.wordpress.com/2009/03/24/vaclav-klaus-warnt-vor-der-sowjetisierung-europas/
5 http://www.welt.de/politik/article4196333/Vaclav-Klaus-attackiert-Angela-Merkel-scharf.html 
26. 7. 09  Tschechiens Präsident Václav Klaus attackiert Angela Merkel scharf
6http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/486513  24. 9. 09 Schreiben mit teuflischem Inhalt
7 http://www.jungewelt.de/2009/10-10/050.php Klaus beharrt auf Sonderregelung
8 http://www.europolis-online.org/index.php?id=35&tx_ttnews[tt_news]=17&tx_ttnews[backPid]=2&cHash=eedd15a975
18. 9. 09
 
Siehe auch
http://www.countercurrents.org/lendman010609.htm  1. 6. 09
Daniel Estulin's True Story of The Bilderberg Group And What They May Be Planning Nowby Stephen Lendman
http://sjlendman.blogspot.com/2009/06/daniel-estulins-true-story-of.html