Drogen - phantastische Zahlen 11.04.2010 21:48
Am 24. März hatte der Vorsitzende der russischen Drogenbekämpfungsbehörde (FDCS), Viktor Iwanow, beim Treffen des NATO-Rußland-Rats in Brüssel
den NATO-Staaten die Zusammenarbeit seines Landes bezüglich der Bekämpfung des Drogenanbaus in Afghanistan angeboten. Die Weigerung der westlichen Staaten, sich aktiv an der Zerstörung der Opiumfelder zu beteiligen, veranlaßte dann das russische Außenministerium am folgenden Tag zu einer Erklärung, die der USA vorwirft, mit den Drogenbossen Afghanistans gemeinsame Sache zu machen. Die nachfolgenden [gekürzten] Auszüge sind der Rede Iwanows vom 24. 3. 10 entnommen: Lassen Sie mich daher einige Worte zu den offiziellen Schätzungen bezüglich der Drogenherstellung in Afghanistan, die eine gemeinsame Herausforderung für unsere 29 Länder darstellt, sagen: Laut UNO sterben jedes Jahr 100.000 Menschen an afghanischem Heroin. Inzwischen sind etwa 1 Million Menschen an Drogen aus Afghanistan gestorben, während 16 Millionen gesundheitlich geschädigt wurden. Der Anteil afghanischen Heroins am internationalen Konsum betrug 2008 21 % in Rußland (70 Tonnen), 26 % in Europa ohne Rußland und Türkei (88 Tonnen), 6 % in der USA und in Kanada (22 Tonnen). Demzufolge machen die heute hier an diesem Ort vertretenen Staaten mehr als die Hälfte der weltweit Heroin konsumierenden Länder aus. Unsere Länder stellen den größten Anteil am Weltmarkt für Opiate dar: etwa 20 Milliarden von insgesamt 65 Mrd. US-$ in Europa; 13 Mrd. $ in der russischen Föderation; 8 Mrd. $ in der USA und in Kanada. Das heißt, unsere Länder machen 59 % des Weltmarktes für Opiate aus. Wenn man von Bedrohungen und Herausforderungen spricht, denen sich unsere Länder ausgesetzt sehen, dann sollte man die Zahlen der Verluste an Menschenleben durch Vorgänge in Zentralasien miteinander vergleichen. So ist es erschreckend, daß in NATO-Länder jährlich 50mal so viele Zivilisten an Heroin-Überdosen sterben als Soldaten in Afghanistan. Dies wird durch Daten vom Leiter des UNODC, Antonio Costa, bestätigt: 10.000 Bürger aus Ländern des Nordatlantischen Bündnisses sterben jedes Jahr an Drogen aus Afghanistan. Man sollte ferner insbesondere die Tatsache betonen, daß die Drogenherstellung in Afghanistan außer dem unmittelbaren Schaden am Leben und der Gesundheit unserer Bürger, sowohl die transnationale organisierte Kriminalität schafft und stärkt, aber auch - und das ist höchst gefährlich - massive finanzielle und menschliche Ressourcen für terroristische und extremistische Organisationen verfügbar macht: zur Beschaffung von Waffen, Sprengstoff und Kommunikationseinrichtungen, die dann in Operationen gegen die friedliche Bevölkerung zum Einsatz kommen. Indessen zeugt der Mangel an Erfolgen bei internationalen Anti-Drogen-Einsätzen in der Region über lange Zeit, genauer gesagt in den letzten 8,5 Jahren, von der Unzulänglichkeit der angewendeten Sicherheitsmethoden. Zusammengefaßt kann allgemein gesagt werden, daß die bestehende Ordnung nicht nur ineffizient ist, sondern sogar negative Ergebnisse liefert. 1998 wurden politische Maßnahmen zur Bekämpfung der Drogengefahr festgelegt. Als Resultat sank das produzierte Opium in Afghanistan um den Faktor 12. Wurden 1998 noch 2693 Tonnen Opium hergestellt, so waren es 2001 nur 185 Tonnen. In der gegenwärtigen Lage möchte ich dem NATO-Rußland-Rat die Hauptbestandteile des russischen Plans zur Eliminierung der afghanischen Drogenproduktion als praktische Grundlage für die Zusammenführung der Bemühungen Rußlands und der NATO-Staaten vorlegen: - Anhebung der Einstufung der afghanischen Drogenproduktion auf die einer Bedrohung für den globalen Frieden und die globale Sicherheit durch den UNO-Sicherheitsrat. - Ausweitung und Umsetzung eines Programms zur wirtschaftlichen Entwicklung Afghanistans durch den Ausbau der Infrastruktur, vor allem der Energie- und Stromerzeugung, sowie die Schaffung einer ausreichenden Zahl von Arbeitsplätzen für afghanische Bürger (mindestens 2 Millionen). - Eliminierung des Schlafmohnanbaus durch bewährte Methoden, wobei die Effizienz von 3% auf mindestens 25 % gesteigert werden sollte. - Eintragung aller Landbesitzer, die auf ihrem Land Mohnanbau zulassen, in die UNO- Sanktionsliste. Zu diesem Zweck ist die Einführung einer besonderen Kataster-Registrierung des Gebiets der südlichen Provinzen Afghanistans erforderlich. - Aufnahme der Befugnis und Verpflichtung zur Zerstörung des Schlafmohnanbaus in Afghanistan in das ISAF-Mandat. Wenn dieser Plan unterstützt und angenommen wird, bin ich sicher, daß eine solche Anti-Drogen-Koalition ein effektives Instrumentarium für den Erfolg bildet. Der heute von unserem Kollegen, Herrn Rasmussen, gepriesene Erfolg der Moshtarak-Operation, der die Provinz Helmand von Aufständischen befreit hat, fand zufällig gerade in der Region statt, in der 75 % des afghanischen Opiums produziert werden. So können wir bereits heute große Möglichkeiten zur Realisierung von Punkt 3 unseres Planes sehen, nämlich der Ausrottung von 60 % der Weltdrogenproduktion. Kooperation Rußland - Indien Die NATO dürfte den tieferen Dialog, der sich zwischen Rußland und Indien angebahnt hat, argwöhnisch verfolgen, da Indien, das mit einem Entwicklungsprogramm von 1,5 Mrd.$ in Afghanistan engagiert ist, dem Wunsch der USA und weiterer westlichen Mächte zufolge auf die NATO-Politik ausgerichtet bleiben soll. Sie fürchten jeden Schritt, der zum Wiederentstehen der früheren Nordallianz führen könnte, jener militärisch-politischen Koalition aus Usbeken, Tadschiken und den Hazara, die seit Ende der 90er Jahre mit Unterstützung regionaler Verbündeter gegen die Taliban kämpfte. Auch von China kommen jetzt Signale. Beijing, das starke Vorbehalte gegen das amerikanisch-indische Nukleargeschäft vom Oktober 2009 geäußert hatte, weil es darin einen Schachzug Washingtons sah, Neu-Delhi zum strategischen Partner gegen ein wachstumsorientiertes China zu machen, hat nun aber die nukleare Zusammenarbeit Rußlands mit Indien gutgeheißen. Und das trotz der Tatsache, daß das russisch-indische Nuklearabkommen für das indische Wirtschaftswachstum ungleich vorteilhafter ist, als es der angestrebte amerikanisch-indische Nuklearvertrag je sein können hätte. Der eintägige Arbeitsbesuch des russischen Ministerpräsidenten Putin in Neu-Delhi am 12. März führte nicht nur zur Unterzeichnung von 19 wichtigen Abkommen, sondern auch zu einer vertieften Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten in den Bereichen der Hochtechnologie: nukleare Stromerzeugung, Raumforschung und Wehrtechnik. Die am 12. März geschlossenen Abkommen werden Rußland und Indien gleichermaßen nützen. Die für Indien lohnendste, aber auch für Rußland vorteilhafte Entwicklung besteht jedoch in den Abkommen zur nuklearen Stromerzeugung. Indien verfügt seit langem über einen geschlossenen Brennstoffkreislauf und bemüht sich derzeit darum, eine neue Generation von Kernreaktoren auf Grundlage des in Indien reichlich vorhandenen Thorium-232 einzuführen, um daraus spaltbaren Kernbrennstoff zu erzeugen. Rußland und Indien werden in einem Gemeinschaftsunternehmen die Erkundung und Förderung von Uran betreiben, teilte Sergej Kirijenko, Chef des russischen Nuklearkonzerns Rosatom, mit. Außerdem ermöglicht das Abkommen Rosatom, bis zu 16 Reaktoreinheiten an 3 indischen Standorten zu bauen. Schon zuvor hatte Kirijenko bekanntgegeben, daß sich 12 dieser Reaktorblöcke, darunter die ersten zwei mit 1000 MW Kapazität, bereits am südindischen Kernkraftwerk Koodankulam im Bau befinden; zwei weitere, welche jetzt entsprechend dem Abkommen vom 12. 3. 10 gebaut werden. sind am gleichen Standort in Auftrag gegeben worden, Mindestens 6 der nächsten 12 von Rosatom gelieferten Reaktoren werden russische Leichtwasserreaktoren der nächsten Generation mit jeweils 1250 MW Stromerzeugungskapazität sein. Indien hat für 2010/11 feste Zusagen über 510 t Natururan aus Kasachstan und Rußland erhalten. Im laufenden Jahr bezog Indien 478 t aus Frankreich und Rußland. Darüber hinaus entwickelt Indien im Rahmen eines Joint Ventures zwischen der Nuclear Power Corporation of India Ltd. (NPCIL) und dem indischen Maschinenbauunternehmen Larsen & Touro (L&T) eine Schwerschmiedeanlage für zukünftige Kernkraftwerke. Es besteht ferner ein Angebot Beijings, Indien an dem chinesischen Plan des Baus einer Schnellbahnstrecke von der südwestchinesischen Stadt Kunming bis nach Neu Delhi und Lahore zu beteiligen, welche Teil eines durch 17 Länder führenden transkontinentalen Bahnprojekts wäre, wie die indische Tageszeitung The Hindu berichtete. Nach Darstellung von Wang Mengshu, Mitglied der Chinesischen Ingenieurakademie und einem der führenden Eisenbahnexperten des Landes, könnte die Strecke von Kunming in der südwestlichen Provinz Yünnan über Neu-Delhi und Lahore bis nach Teheran verlaufen. »Indien ist ein relativ kleines Land mit einer riesigen Bevölkerung«, sagte er in einem Interview mit The Hindu. »Es wäre für Indien zu kostspielig, Autobahnen zu bauen, deswegen wird unser Schnellbahnprojekt die Verkehrseffizienz verbessern. Ich bin zuversichtlich, daß wir zu einer Übereinkunft gelangen, die es Indien erheblich erleichtern wird, seine Exporte in Richtung des Indischen Ozeans zu transportieren.« Quelle: Strategic Alert, Jahrgang 24, Nr. 14 vom 7. April 2010
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