Zum Schengen-Abkommen

d.a. Auch wenn der ungarische Premier Viktor Orbán bei seiner Rede vor dem EU-Parlament am 19. Januar in Strassburg erklärte, den EU-Beitritt Kroatiens

bis zum Sommer in, wie er sich ausdrückte, »trockenen Tüchern« haben zu wollen, sowie den Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien zu erreichen, so erteilten Frankreich und Deutschland letzterem Ziel inzwischen eine klare Absage. Der Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum grenzkontrollfreien Schengen-Raum verschiebt sich damit auf unbestimmte Zeit. Grund hierfür sind Sicherheitsbedenken, da die beiden ehemaligen Ostblockstaaten noch Schwachstellen bei der Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität. Mit Schwachstellen ist dies allerdings extrem milde ausgedrückt 1.
 
So vermerkt Manfed Bleskin, »Frankreich und Deutschland haben recht mit ihrer Forderung, Bulgarien und Rumänien den Beitritt zum Schengener Abkommen zu verweigern. In beiden Ländern agiert die organisierte Kriminalität vielfach als eigentliche Macht. Bulgarien und Rumänien waren bei ihrer Aufnahme in die Europäische Union weit davon entfernt, auch nur die Kriterien für den Beitritt, geschweige denn für eine Mitgliedschaft im Schengenraum zu erfüllen. Auf Dauer lässt sich der Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum Vertrag von Schengen [jedoch] nicht verhindern. Dann werden wir uns an die dortige Mafia gewöhnen müssen. So wie wir uns an die italienische gewöhnt haben.« 2
 
Am 5. Januar wurde BBC online zufolge der 30 Jahre alte Boris Tsankov, ein bekannter Journalist Bulgariens, der über die dortige Mafia berichtete, in einer dichtbegangenen Strasse in der Stadtmitte Sofias erschossen. Die beiden Männer, die ihn begleiteten, wurden schwer verwundet. Die Angreifer flüchteten zu Fuss. Georgi Stoev, der Autor mehrerer Bücher über Bulgariens organisierte Kriminalität, wurde bei einer ähnlichen Attacke 2008 tödlich getroffen. Seit dem Erscheinen von Tsankovs Buch The Secrets of the Mobsters im November 2010, das Verbindungen aufzeigt, die zwischen Mafiosi und Geschäftsleuten bestehen sollen, hatte dieser zahlreiche Todesdrohungen erhalten. So rügt ein in Dilema Vechefestgehaltener Kommentar von Raluca Bara, einer Mitarbeiterin der rumänischen Ausgabe von Forbes, die fast diktatorische Einstellung der Wirtschaftsmogule des Landes. Sie sei Ausdruck einer Grundhaltung, die noch aus kommunistischer Zeit stamme. Die in ihren Diensten stehenden Manager genössen nicht annähernd jene Handlungsfreiheiten, über die ihre Kollegen im Westen verfügten. Sie seien deshalb dazu verdammt, Träger eines Halbkapitalismus zu bleiben, in dem sie bei grundlegenden finanziellen Entscheidungen nicht das letzte Wort hätten. 4
 
Seit der Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in die EU vor drei Jahren wird z.B. beobachtet, dass sehr viele osteuropäische Frauen zur Prostitution in Deutschland genötigt werden. Aus Osteuropa stammten knapp die Hälfte aller erfassten Opfer. Die britische Polizei hatte, wie Ende Januar 2008 gemeldet, bei Razzien in London aus Rumänien eingeschleuste und als Diebe missbrauchte Kinder befreit. Laut der Daily Mail vom 25. 1. 08 seien die Kinder unter erbärmlichen Verhältnissen in heruntergekommenen Häusern am westlichen Stadtrand von London untergebracht gewesen. Experten schätzen, dass seit der EU-Erweiterung Hunderte osteuropäischer Kinder nach Grossbritannien und in andere Industriestaaten geschleust wurden, um als Diebe oder Helfer bei Diebstählen zu dienen. Die jetzt in der Ortschaft Slough aufgegriffenen Kinder seien von ihren Ausbeutern jeden Tag nach London gebracht worden, wo sie als Taschendiebe tätig werden mussten oder potentielle Opfer von Diebstählen durch aggressives Betteln ablenken mussten. Noch eine kurze Anmerkung zu Bulgarien: Dort haben Steuerfahnder Ende Oktober letzten Jahres etwa 140 nicht gemeldete Luxusanwesen ausgemacht. Ein Protz im Geheimen, der für die grössten Probleme Bulgariens steht: Steuerhinterziehung, Korruption, illegales Bauen. Im Kampf dagegen zeigt nun die konservative Regierung, die seit eineinhalb Jahren an der Macht ist, immer mehr Härte und Kreativität. 5
 
In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass Bundesrätin Doris Leuthard Anfang September 2008 zu dem Schluss gekommen war, »dass die Roma kein Interesse daran hätten, in die Schweiz zu kommen.« »Die zweitägige Reise«, hatte ein Sprecher Leuthards erklärt, »habe diese davon überzeugt, dass viele Leute ein veraltetes Bild von Rumänien hätten. Das Land habe sich in den letzten 15 Jahren verändert. Es entstehe eine moderne Gesellschaft, auch wenn es noch viel zu tun gebe.« Wer hier ganz offensichtlich ein veraltetes Bild sein eigen  nennt, dürfte klar sein. Der Schweizer Rom Kemal Sadulov, Präsident des Vereins Romano Dialog, erklärte im Mai 2008, obwohl die Korruption sowohl in Bulgarien als auch in Rumänien längst Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen war, dass die SVP Schweiz im Kampf gegen die Ausweitung der Personenfreizügigkeit Brandstiftung betreibe. Wie hier die Wirklichkeit und das, was man als Wunschdenken bezeichnen könnte, auseinanderklafft, das hat nicht nur die Schweiz, sondern auch die EU insgesamt unausgesetzt erlebt. 
 
Zu diesem Thema schreibt Nationalrat Ulrich Schlüer in seinem Freitagskommentar 7 in der Schweizerzeit folgendes:
 
Soeben wird für Zürich ein Weltrekord gemeldet. Ein Rekord, der allerdings Beklemmung auslöst. In Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde im Jahr 2009 durchschnittlich in jede 157. bewohnte Wohnung eingebrochen; also rund sieben von tausend bewohnten Wohnungen waren innert eines einzigen Jahres Ziel eines Einbruchs. Die Zunahme ist erschreckend: Sie betrug gegenüber 2008 volle 7,4 %. Auffallend ist auch der rapide steigende Anteil der weiblichen Täterschaft. 2009 wurden rund 22 % aller Einbrüche in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich von Frauen begangen.
 
Spitzenplatz für Zürich
Für insgesamt 93 Städte aus den drei untersuchten Ländern mit einer Einwohnerzahl von je über 100'000 wurde eine spezielle Rangliste erstellt. Dabei steht die Stadt Zürich, wenn auch nur mit geringem Vorsprung vor Genf, Basel, Wien, Bremen, Hannover, Bochum, Essen, Bonn und Hamburg, auf dem unrühmlichen Spitzenplatz: In Zürich wurde im Jahr 2009 tatsächlich jede 27. bewohnte Wohnung von einem Einbruch betroffen und war somit Ziel einer Plünderung, eines Raubzugs mit dazugehöriger Verwüstung. Erstellt wurde diese Einbruchsrangliste für alle Städte in Deutschland, Österreich und der Schweiz vom deutschen Verbraucherportal geld.de. Es nutzte dazu öffentlich zugängliche Kriminalitäts-Statistiken aus den drei Ländern.
 
Schengen öffnete alle Tore
Das Verbraucherportal geld.de erkundigte sich bei den Polizeistellen in allen drei Ländern nach den Gründen für die alarmierende Zunahme der Einbruchskriminalität. Die Antworten fielen ebenso übereinstimmend wie drastisch aus: Als Einbrecher träten immer weniger Einzeltäter in Erscheinung. Die westeuropäischen Städte seien, weil als besonders wohlhabend eingeschätzt, zunehmend Ziel eigentlicher Beutezüge osteuropäischer Einbrecherbanden, die, straff organisiert, hochprofessionell operierten. Seit der EU-Osterweiterung habe diese Bandenkriminalität, vom Verbraucherportal geld.de als Raubritter-System osteuropäischer Banden bezeichnet, massivst zugenommen. Aber nicht bloss das Ausmass dieser bandenmässigen Einbruchskriminalität nehme drastisch zu, auch die Gewalttätigkeit dieser zumeist bewaffneten Banden nehme immer alarmierendere Formen an. Die drastisch zunehmende Gewaltkriminalität stehe, sagt geld.de, in engem Zusammenhang mit dem Schengen-System. Allen Versprechungen zum Trotz müsse die mit dem Schengen-Vertrag EU-weit eingeführte Grenzöffnung, die Grenzkontrollen nur noch an den EU-Aussengrenzen zulasse, aus der Sicherheitsperspektive heraus schlicht als lausig bezeichnet werden, was, nicht weniger alarmierend, von der Politik mit achselzuckender Tatenlosigkeit hingenommen werde. Die Täter der gewalttätigen osteuropäischen Bandenkriminalität stammen innerhalb der EU vor allem aus Rumänien, Bulgarien, Tschechien und Polen sowie ausserhalb der EU aus Georgien und Russland. Hervorstechend sei die kriminelle Bandentätigkeit von Roma-Sippen, die Westeuropa zwecks krimineller Beutezüge  infiltrierten.
 
Das Versagen der Schweiz
Ein persönliches Erlebnis illustriert, weshalb die Schweiz besonders massiv von der osteuropäischen Bandenkriminalität heimgesucht wird. Im Oktober 2009 besuchte die damalige Nationalratspräsidentin, begleitet von je einem Vertreter der vier Bundesrats-Fraktionen, die EU in Brüssel. Der Autor dieses Bulletins war als SVP-Fraktionsmitglied Teilnehmer an dieser Informationsreise. Sie führte die Schweizer Delegation auch mit dem für die Umsetzung des Schengen-Vertrags verantwortlichen EU-Kommissar zusammen. Dieser orientierte die Schweizer Delegation in bemerkenswerter Offenheit, dass in Griechenland die Kontrolle der Aussengrenze  sowohl an der Landgrenze gegenüber der Türkei als auch an der Mittelmeergrenze gegenüber Nordafrika faktisch zusammengebrochen sei. Das damals dem Staatsbankrott erst entgegentaumelnde Griechenland habe sämtliche Sicherheitskräfte von der Grenze abgezogen. Angesichts wachsender Arbeitslosigkeit bei gleichzeitigem Abbau der Sozialleistungen hätten sie nahezu täglich Demonstrationen in den griechischen Städten in Schach zu halten, damit diese nicht in offene Unruhen ausarteten. Zurück in der Schweiz erfolgte meinerseits eine Kontaktaufnahme mit der Flughafenpolizei in Zürich-Kloten. Deren Auskünfte waren unmissverständlich: Längst hätten sie registriert, dass sozusagen mit allen aus Athen in Zürich eintreffenden Flugzeugen zwielichtige Gestalten in beträchtlicher Zahl die Schweiz erreichen würden, wo ihnen gemäss Schengen-Vertrag kontrollfreier Eintritt sicher sei. Vor Wochen habe man Bern bereits auf die bedrohliche Entwicklung aufmerksam gemacht und beantragt, aus Griechenland eintreffende Passagiere in Zürich-Kloten so kontrollieren zu können, wie Passagiere von Ländern ausserhalb des Schengenraums kontrolliert würden. Das angefragte EJPD, damals noch von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf geleitet,  erteilte eine abschlägige Antwort: Solange aus Griechenland keine offizielle Stellungnahme zur Lage an den griechischen Aussengrenzen des Schengenraums vorliege, sei das Schengen-Regime auch gegenüber Ankömmlingen aus Griechenland strikte einzuhalten. Eine Zusätzliche Kontrolle aller aus Athen eintreffenden Passagiere sei ausdrücklich verboten.
 
Doppelter Nachteil für die Schweiz
Diese unsinnige Vertragstreue der für die Sicherheit der Schweiz verantwortlichen Behörden hätten, führte die Klotener Flughafenpolizei mit drastischen Worten aus, längst auch die wohlorganisierten Gangster aus Osteuropa durchschaut. Jede osteuropäische Verbrecherbande wisse: Ist der (kaum kontrollierte) Zutritt nach Griechenland geschafft, dann steht dank Schengen-Regime den professionellen Banditen jedes Schengen-Land offen. Insbesondere die Schweiz, wo keinerlei Kontrolle von aus Schengen-Ländern einreisenden Passagieren stattfinde, biete sich als besonders attraktive Eingangsschleuse nach Westeuropa regelrecht an. Erst im Oktober 2010, genau ein Jahr nach den vom zuständigen EU-Kommissar erhaltenen Informationen, notifizierte Griechenland der EU offiziell sein Unvermögen, hinreichende Kontrolle der EU-Aussengrenze weiterhin zu garantieren. Die Schweiz hat darauf reagiert; allerdings nicht durch verschärfte Kontrolle der aus Griechenland einreisenden Flugzeugpassagiere, sondern vielmehr mit dem Entscheid, Asylsuchende, die Griechenland als ihr Erstasylland im Schengenraum bezeichnen, nicht mehr - wie es der Dublin-Vertrag gestatten würde - nach Griechenland zurückzuweisen. Angesichts der Verhältnisse im faktisch bankrotten Griechenland sei solche Rückweisung der griechischen Regierung nicht mehr zuzumuten. So dass die Schweiz, nachdem sie aus Griechenland anreisende Verbrecher monatelang in Maximalzahl infiltrieren lassen hatte, nun auch all jene Asylbetrüger hierbehält, welche Griechenland als ihr Erstasylland im Schengenraum bezeichnen…..
 
Waffenmonopol für Verbrecher
In 14 Tagen stimmt die Schweiz über die Entwaffnungs-Initiative ab. Sollte diese angenommen werden, hätte das zur Folge, dass alle Schweizer, die ihren  verantwortungsbewussten Umgang mit den ihnen anvertrauten persönlichen Waffen während Jahrzehnten aufs vorbildlichste bewiesen haben, rigoros entwaffnet würden. Sportschützen und Jäger hätten auf Grund des neu einzuführenden Bedürfnisnachweises ausufernde bürokratische Auflagen über sich ergehen zu lassen. Völlig unbehelligt aber blieben die Besitzer illegaler Waffen - also auch alle gewalttätigen kriminellen Banden aus Osteuropa, die dank Schengen die Schweiz mit Zürich an der Spitze zu ihrem Hauptoperationsgebiet erklärt haben. Das Verbraucherportal geld.de vermittelt zu den von ihm erhobenen Zahlen über die Zunahme der Einbruchskriminalität in den europäischen Städten auch einen Kommentar. Ein Auszug daraus sei hier als Zitat wiedergegeben: »Wir (damit ist Europa gemeint) befinden uns in einer Phase der weiteren militärischen Abrüstung, selbst die Ausstattung der Soldaten ist häufig nicht mehr auf dem modernsten Stand. Das Gleiche gilt im Hinblick auf den zivilen Schutz der Bevölkerung. Immer stärker werden Polizeieinheiten abgebaut. ..…«. Waffenmonopol für ausländische Verbrecher: Die Realität holt die Schweiz weit rascher ein, als temporäre Schönredner das je für möglich gehalten hätten.
 
 
1http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/schengenraum_rumaenien_bulgarien_1.9219738.html  25. 1. 11
2http://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Schengen-Mafia-ante-portas-article2213881.html    22. 12. 10   Zwischenruf Schengen: Mafia ante portas? - ein Kommentar von Manfred Bleskin
3 http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/8441956.stm   5. 1. 10
F.A.Z., 30.08.2010, Nr. 200 / Seite 26 Der Kapitalismus hat seine Tücken - In Rumänien öffnet der Neoliberalismus der Korruption Tür und Tor und Taschen
5 http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=7075012/1r016bi/index.html
27. 10. 10 Mit der 'Operation Hubschrauber' will die bulgarische Regierung gegen Korruption, Steuerhinterziehung und illegales Bauen vorgehen
6 http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/leuthard_roma_1.827627.html 9.9.08
Bundesrätin Doris Leuthard hat in der rumänischen Hauptstadt Bukarest Nichtregierungsorganisationen (NGO) der Roma getroffen
7 http://polizeibericht.ch/ger_details_31916/Zuerich_erringt_einen_Weltmeister-Titel_-_Schengen_laesst_gruessen.html  29. 1. 11 »Zürich erringt einen Weltmeister-Titel - Schengen lässt grüssen« - Von Ulrich Schlüer
Siehe auch www.politonline.ch  http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1105  21.12.08 Bulgarien: Im Würgegriff der Mafia - Von Renate Flottau