Protest gegen die europäische Schuldengemeinschaft

d. a. Wie »Die Welt« vom 13. September festhält, sind inzwischen Tausende von e-mails und Briefen bei den Abgeordneten eingetroffen.

Und letztere, so die Welt [1], »wissen nicht, wie sie mit der Angst der Bürger umgehen sollen. Ein Großteil der eingehenden Post ist gleichlautenden Inhalts. Das liegt daran, daß die Bürger Aufrufen von Gruppen wie  Zivile Koalition e.V.  oder  Abgeordneten-Check.de  gefolgt sind, für die sich etwa die ehemalige CDU-Abgeordnete Vera Lengsfeld engagiert. Die Briefe sind allesamt Anfragen zutiefst besorgter Bürger, die von ihrem Wahlkreisabgeordneten nur das eine wissen wollen: Werden Sie sich als Abgeordneter des Deutschen Bundestags dafür einsetzen, daß die  Umwandlung der EU in eine Transfer- und Haftungsgemeinschaft verhindert wird?Es geht um den Euro, die europäische Schuldenkrise mit immer neuen Milliardenhilfen für Griechenland, um die demokratischen Rechte der Bürger, sprich um die Absicht von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU), die Euro-Zone in eine politische Union zu verwandeln.« Ebenso um die geplante gemeinsame Wirtschaftsregierung der Euroländer, den Rettungsschirm EFSF und den Europäischen Stabilitätsmechanismus * (ESM), der ersteren 2013 ablösen soll.

 

Sozusagen einmalig ist hier die Haltung der SPD. »Nicht nur, daß sich die Sozialdemokraten zu dem Sachverhalt trotz mehrfacher Nachfragen ausdrücklich nicht äußern mochten«, die Partei warnt vor Kommunikation mit dem Bürger. In einem Schreiben der Fraktion an die Abgeordneten heißt es dazu: Derzeit gehen Euch erneut Massenbriefe von Zivile Koalition e. V. zum Thema EU-Transferunion - pro oder contra zu. Zudem wird dazu aufgerufen, die Frage Werden Sie sich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages dafür einsetzen, daß die Umwandlung der EU in eine Transfer- und Haftungsgemeinschaft verhindert wird? zu beantworten. Schließlich kommt die Fraktionsspitze zu dem Schluß: Wir raten Euch, weder an dieser Umfrage teilzunehmen, noch auf das Schreiben zu reagieren. Warum die vom Volk gewählten Abgeordneten sich so verhalten sollen, bleibt das Geheimnis der SPD. Ihr Vorgehen und ihr Schweigen offenbaren jedoch ein zumindest fragwürdiges Demokratieverständnis«, so die Welt. Letzteres ist überaus milde ausgedrückt ist. Man kann darin viel eher eine dümmliche Arroganz erkennen, die sich nicht nur über den Bürger hinwegsetzt, sondern darüber hinaus aufzeigt, dass sich zumindest der Schreiber dieser Weisung nicht im klaren ist oder sein will, was auf die Deutschen zukommen kann.  

 

Die Einstellung von so manchem Volksvertreter kommt auch in den hier von uns wiedergegebenen Kommentaren zum Ausdruck, die im Streit um die Griechenland-Hilfe fielen und vom Oberbadischen Volksblatt  [2]  festgehalten wurden. Kanzlerin Merkel hatte erneut verlangt, »alles zu unterlassen, was die Zukunft des Euros gefährde. …. Alles zu vermeiden, was zu noch mehr Unruhe um Griechenland und den Euro führen könnte. Deutschland sei in der Pflicht und der Verantwortung, seinen Beitrag zu leisten, um die Zukunft des Euros zu sichern. Alles, was diesem Ziel dient, ist zu tun, und alles, was diesem Ziel nicht dient, ist zu unterlassen«, hatte sie bei der Eröffnung der IAA, der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt erklärt. Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) warnte wie Merkel vor leichtfertigen Debatten und wandte sich gegen Überlegungen hinsichtlich einer geordneten Insolvenz Griechenlands. Sonst könne ein unkontrollierbarer Prozess beginnen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte von Wirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler (FDP), sich den Richtlinien der Kanzlerin zu beugen. Rösler hat sich unterzuordnen, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung (Ausgabe 15. 9. 11) Dessen Äußerung sei für Deutschland zum Schaden. Rösler selbst sagte gegenüber dem Berliner Tagesspiegel mit Blick auf Merkel: Wir gehören unterschiedlichen Parteien an und bewerten die Dinge in eigener Verantwortung, mit dem Ziel gemeinsamen Handelns. So ist das in Koalitionen. Bei der schwierigen Aufgabe, Griechenland in der Eurozone zu halten und wirtschaftlich auf die Beine zu bringen, dürfe es keine Denkverbote geben. Gerade in meinem Amt muß ich offen sprechen. Die Menschen erwarteten von ihrer Regierung Ehrlichkeit. Wenn man wie er von der Notwendigkeit einer Diskussion zutiefst überzeugt sei, müsse man auch öffentlich dazu stehen.«

 

Rösler vertritt unbestreitbar die richtige Auffassung: Die Deutschen wollten wissen, wie es mit dem Euro und Europa weitergehe. Auf diese Frage müsse die Politik Antworten geben.  Man müsse ihnen sagen, was passieren könne, wenn Griechenland seine Reformzusagen nicht einhalte.Auch die Mahnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), durch unbedachte Äußerungen keine zusätzliche Unruhe zu stiften, wies Rösler zurück. Politik muß Vertrauen schaffen, sagte er. Eine Regierung muß sagen, was sie für richtig hält, und darf sich dabei nicht von Märkten treiben lassen.. Daher erklärte wohl auch der FDP-Generalsekretär Lindner in der Passauer Neuen Presse: Langfristig sind mit solchen Denkverboten Gefahren für die demokratische Akzeptanz verbunden. Ebenso sprach sich Wolfgang Gerhardt [FDP] gegen Denkverbote im Regierungsbündnis aus: Im Grunde muß eine Gesellschaft und eine Politik die Lage so diskutieren, wie sie die Menschen empfinden, sagte der Vorsitzende der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung im Deutschlandradio. 

 

Jorgo Chatzimarkakis, EP-Abgeordneter der FDP, liess sich dagegen in der Welt wie folgt vernehmen: »Die Debatte über eine Insolvenz Griechenlands muß unverzüglich beendet werden, bevor sie noch weiteren Schaden anrichtet. Man kann als deutscher Wirtschaftsminister nicht über Insolvenz reden, ohne zu wissen, wie sie sich abspielen soll. Das ist fatal.« Erstens kann sich heute im Schnitt jeder Bürger ohne Schwierigkeiten ausrechnen, was bei einem Staatsbankrott eintritt; und Rösler Unwissenheit zuzuschreiben grenzt ja fast an Rufmord!

 

»Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, meldete sich im Handelsblatt online wie folgt zu Wort: In der gegenwärtigen Situation kann Politik nicht öffentlich über alles philosophieren, was einem so einfällt. Vorschläge, die nicht zu Ende gedacht seien, und deren Wirkungen nicht bedacht und ohne überzeugende Begründung als der rettende Ausweg bewertet würden, seien kein sinnvoller Beitrag zur Debatte. Sie sind unverantwortlich.« Nun hat eine handfeste Debatte über ein derart schwergewichtiges Thema wie der Milliardenabfluss von Steuergeldern an die Griechen absolut nichts mit der obengenannten Leichtfertigkeit zu tun, noch hat sie irgendetwas mit Philosophieren gemein. Daneben sind die Wirkungen, also die direkten Folgen eines Ausstiegs Griechenlands aus dem Euro bereits derart oft dargelegt worden, dass man das weiterhin in aller Form nicht nur öffentlich debattieren muss, sondern dies auch im Sinne der Demokratie als ein reales Erfordernis zu respektieren hat, zumal gerade die vielbeschworene EU-Demokratie von den Regierenden nur allzu gerne mit Füssen getreten wird. Wenigstens »sagte Niedersachsens  Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) der dpa: Die Frage, ob die Insolvenz Griechenlands ein Weg sein kann, muß man mit einem ganz klaren Ja beantworten

 

Auch in der Stellungnahme zu Röslers Sicht der Dinge schiesst die SPD den Vogel ab. »SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Rösler Verantwortungslosigkeit in der  Griechenland-Debatte vor und sagte in der ARD: Wir sind die größte Volkswirtschaft in Europa. Alle schauen auf uns. Und da darf man nicht daherreden wie am heimischen Küchentisch. Die Entlassung Röslers dränge sich fast auf. Als Wirtschaftsminister und Vizekanzler müsse er den Kurs der Regierung entweder bestimmen oder einhalten, sagte Steinmeier mit Blick auf Röslers Äußerungen zu einer möglichen geordneten Insolvenz Griechenlands von Anfang der Woche.« Würde der werte Herr Steinmeier einmal darüber nachdenken, dass dem Bürger bei einem derartigen Urteil unmittelbar der Gegengedanke kommen muss, nämlich dass er selbst auf Grund eines solchen Angriffs von der Bevölkerung nicht länger als Kandidat betrachtet wird. Was die Grünen angeht, so sind wir von ihnen längst alles Mögliche gewöhnt, so dass man den Kommentar von Claudia Roth nur mit dem Mantel der christlichen Barmherzigkeit bedecken kann: »Die Grünen-Chefin Claudia Roth sagte dem Radiosender 104.6 RTL, Rösler schade Deutschland: Jedes Gequatsche von Herrn Rösler (...) kommt uns teuer zu stehen.« Und hier die Sicht von Martin Schulz, EP-Abgeordneter der SPD: »Dieser lobte dagegen in der Leipziger Volkszeitung den europa-politischen Kurs der Kanzlerin: Merkel legt sich inzwischen gut für Europa und den Euro ins Zeug. Die FDP fällt ihr aber aus schierer Existenzangst in den Rücken.« Herrn Schulz sei wärmstens empfohlen, die folgende Lagebeurteilung zu  verinnerlichen, die ihm eventuell zu einer veränderten Einstellung verhelfen würde: vielleicht könnte ihn gar die Angst um seine eigene Existenz packen. Im übrigen sind laut dem jüngsten ZDF-Politbarometer 76 % der Deutschen gegen die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsschirms.    

 

In einem Interview zum Thema Euro-Rettungsschirme und ihre Auswirkungen sagte der bekannte deutsche Staatsrechtler Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider dem Magazin Compact (Ausgabe Nr. 8/11) u. a. folgendes: »Aber die Regierenden nehmen das [die totale Verschuldung der Bürger] in Kauf, weil sie einen europäischen Großstaat schaffen und die Nationalstaaten auflösen wollen, vor allem Deutschland  [Merkel erklärte bereits Ende 2009, dass die Nationalstaaten mehr Kompetenzen abgeben sollen; Anmerk. politonline]. Wenn den Plänen gemäß die EU um die Türkei und die nordafrikanischen Staaten, auch Israel, erweitert sein wird, wird die Unionsbevölkerung mehr als eine Milliarde Menschen umfassen. Damit will man Großmacht neben der USA und China spielen. Vor allem aber wird die Bevölkerung aus ohnmächtigen Untertanen bestehen, denen jeder Zusammenhalt fehlt.« Auf die Frage des Interviewers, was wohl geschehe, wenn Staaten unregierbar werden, antwortete Schachtschneider: »Die Einsatzkräfte stehen bereit, die Polizei- und Gendarmerietruppen der EU. Sie werden jeden Aufstand niederschlagen. Das Tötungsverbot wurde durch den Lissabon-Vertrag ausgehebelt. Es wird auf Aufständische geschossen werden, so wie heute in Libyen und Syrien. Die EU bereitet sich auf die gewaltsame Durchsetzung der politischen Zentralregierung vor …..  Der ökonomische Zusammenbruch gibt die Möglichkeit, diktatorische Verhältnisse aufzurichten. Das Sagen haben schon lange sehr kleine Kreise … Wir erleben die faktische  Entparlamentarisierung der Entscheidungen und damit die Entmachtung der Völker.«

 

Nicht nur der politisch konservative Schachtschneider sieht das so. Auch aus eher linken  Gewerkschaftskreisen kommen kritische Äußerungen dazu. In einem Zeitschriften-Aufsatz kritisiert der IG-Metall-Vorstand Heinz Jürgen Urban den Elitenprozeß innerhalb der EU und befürchtet, daß in der EU ein autoritäres Regime entstehen könnte. Der christliche Verein Die Wende fürchtet gar eine neue Sowjetunion light in Europa und fordert eine Redemokratisierung in der EU und eine Rückkehr zum christlichen Menschen- und Gesellschaftsbild. Immer deutlicher entwickelt sich die EU zu einem furchteinflößenden Gebilde, einem Monstrum, das auf demselben Gebiet entsteht, auf dem schon einmal ein schreckliches Imperium herrschte: Rom.« [3] 

 

Da Griechenland, Irland, Portugal und Spanien in der Welt mit unfassbaren 2,2 Billionen € verschuldet sind, müssen alle europäischen Staaten, Banken und Unternehmen dieses Jahr zusammengenommen 2,4 Billionen € auftreiben  - unvorstellbare Summen - um fällige alte Schulden mit neuen abzulösen -  das sind 40 % mehr als im Jahr 2010. Deutschland allein zahlt derzeit pro Jahr 40 Milliarden € Zinsen. Selbst wenn man den Kommentar der Welt vom Februar 2010 wiederholt, so ist im voraus gewiss, dass er auf die Mehrheit der  Verantwortlichen keinen Eindruck hinterlässt: »Die schwindende Zahl unserer Kinder und Enkel wird uns verfluchen. Schon jetzt ist absehbar, daß der Schuldendienst  - allein die Zinsen  -  Gestaltungsmöglichkeiten und Zukunftsinvestitionen aller Art, mehr und mehr abwürgen. Wer sich als Einzelner so verhielte wie unsere ganze Gesellschaft, wäre längst bankrott, hätte den Offenbarungseid geleistet und säße im Schuldturm.« [4]

 

Der neuesten Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung online vom 17. 9. zufolge wird die Haftung Deutschlands für überschuldete Euro-Staaten im Ergebnis deutlich höher ausfallen als bisher angenommen: es ist von 400 Milliarden € die Rede [5]. Man kann nur noch von einem nicht mehr nachvollziehbaren Milliarden-Wahnsinn sprechen, der allein schon auf Grund des Rückgangs des EU-Wirtschaftswachstums, Olli Rehn prognostizierte am 15. 9. praktisch dessen Stillstand in der zweiten Hälfte 2011, der zunehmenden Kosten für die Sozialhilfe infolge einer steigenden Anzahl von Arbeitslosen, derzeit hat allein die BRD 900.000 Langzeitarbeitslose ohne Perspektive zu verzeichnen, und des steten Zustroms von Migranten nie mehr erarbeitet werden kann, was für uns und unsere Nachkommen die ewige Zinsknechtschaft bedeutet. Das Handelsblatt online  [6]  hält hierzu einige Fakten fest, die es zu registrieren gilt: »Die Griechenland-Rettung könnte zu einem Milliarden-Fiasko für Deutschland werden, weil Banken bei der Beteiligung an den Kosten offenbar geschont werden. Der Bund der Steuerzahler hat das Vorgehen der Bundesregierung in der Euro-Schuldenkrise scharf kritisiert. Hintergrund sind Berechnungen der Grünen, wonach die internationalen Banken womöglich weit geringer an der Rettung Griechenlands beteiligt werden sollen als erwartet. Die Regierungen in Europa spielen bei der Bewältigung der europäischen Schuldenkrise nicht mit offenen Karten. Gerade die Bundesregierung hat seit der ersten Hilfsaktion für Griechenland sämtliche Versprechungen gebrochen, sagte Verbandsvizepräsident Reiner Holznagel. Die Haftungssummen werden immer größer und die zugesagte Gläubigerbeteiligung entpuppt sich als guter Deal für die Banken, aber zu Lasten der Steuerzahler. Holznagel: Was wir jetzt brauchen, sind klare Beschlüsse für eine Beteiligungspflicht privater Gläubiger an den Verlusten, klare Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen in allen europäischen Staaten und eine Initiative für eine  Schuldenbremse in allen Verfassungen der EU-Staaten nach deutschem Vorbild   

 

Wenigstens hat Rösler in Bezug auf Griechenland inzwischen von Seiten einer Gruppe prominenter Wirtschaftsprofessoren Unterstützung erhalten  [7].  Diese stellen sich in einem Aufruf hinter dessen Überlegungen. Sie seien seit langem der Meinung, daß eine Staatsinsolvenz in Betracht gezogen werden sollte, heißt es in der vom früheren Vorsitzenden der Monopolkommission Carl Christian von Weizsäcker und von Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn verfaßten Erklärung vom 16. 9. 11, die der FAZ vorliegt. Unterzeichnet haben 16 renommierte Ökonomen«, darunter Kai Konrad, der derzeitige Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. »Ein Denkverbot über eine Insolvenz Griechenlands zu erlassen, sei ein Rückfall in obrigkeitsstaatliches Denken, kritisieren sie. Wenn Deutschland bei seiner Politik der Euro-Stabilisierung eine Staatsinsolvenz eines Mitgliedslands nicht in Erwägung zieht, ist es durch die Gläubiger beliebig erpressbar, warnen die Ökonomen. Diese Politik provoziere eine ständige Erweiterung der Rettungsschirme und lenke den Euroraum auf direktem Wege in eine Transferunion. Wenn aber Teile der Bundesregierung oder andere politische Kräfte den Übergang zu einer Transferunion wünschen sollten, so mögen sie dies offen aussprechen und mit der deutschen Wählerschaft diskutieren, fordern die Professoren. Eine derart fundamentale Veränderung der europäischen Verfassung bedürfe der Legitimation durch die Wähler. Andernfalls droht im Land des weitaus größten Nettozahlers eine populäre Bewegung zum Austritt aus der Europäischen Union, heißt es ferner in der Erklärung. Um all das zu verhindern, müsse die Politik eine alternative Euro-Politik mit einer geordneten Staatsinsolvenz von überschuldeten Euro-Mitgliedern in Betracht ziehen.«  Es bleibt zu hoffen, dass diesbezüglich sozusagen in letzter Minute der Sachverstand zur Geltung kommt.

 

Bekanntlich war US-Finanzminister Timothy Geithner zu der Versammlung der EU-Finanzminister in Wroclaw [dem früheren Breslau] vom 16. 9. gestossen; er forderte die Euro-Länder auf, mehr Geld in die Hand zu nehmen, um die Krise zu bewältigen, traf hierbei jedoch nicht auf Gegenliebe bei seiner Kollegen. Das Treffen musste indessen auf Grund einer anberaumten Massendemonstration von rund 30.000 Demonstranten gegen die Sparpolitik in Europa früher als geplant enden. Geithner »drängte die Euro-Zone dazu, ihren Rettungsfonds EFSF nicht nur auf 440 Milliarden €, sondern auf eine weit größere Summe zu erhöhen, um notfalls auch Italien vor der Pleite retten zu können. Er schlug dazu die Einbindung der Europäischen Zentralbank in den Aufkauf von Staatsschulden vor, was mit einigen finanztechnischen Tricks zu einer Erhöhung der Kapazität des EFSF führen könnte, was Schäuble offenbar ablehnte. Die amerikanische Methode führe zu einer größeren Inflationsgefahr und stelle die Unabhängigkeit der EZB vollends in Frage.«  [8]  Ähnlich wie bei einem US-Programm zum Aufkauf fauler Wertpapiere müsste danach die EZB wertgeminderte Staatsanleihen kaufen. Was die erneut vorgebrachte Forderung einer Finanztransaktionssteuer betrifft, die Banken und Spekulanten an den Kosten beteiligt, so wurde dies von Geithner unmittelbar und strikt abgelehnt. Auch Didier Reynders, der belgische Finanzminister, hatte die Absicht, zusammen mit Deutschland und Frankreich nochmals eine Initiative für eine derartige Steuer in Europa zu starten. Reynders: Eine solche sei wichtig, um die Geldflüsse an den Märkten zu stabilisieren. Bislang hat sich aber vor allem Grossbritannien gegen die Einführung einer solchen Abgabe gesperrt. Was nun Geithner selbst betrifft, so beschied Luxemburgs Premierminister, der Chef der Euro-Gruppe, kühl: »Wir diskutieren die Ausweitung des Rettungsfonds EFSF nicht mit jemanden, der nicht Mitglied der Euro-Zone ist.«

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Hierzu abschliessend einer von Michael Winklers jeweils treffenden Kommentaren [8]: »Die Finanzminister der EU haben sich im schlesischen Breslau getroffen. Das ist nichts Besonderes, da einigt man sich bestenfalls, daß keiner einen Rat weiß. Bemerkenswert ist jedoch, daß Timothy Geithner dazugestoßen ist, der Oberschuldenverwalter der Pleite-USA. Was er dort wollte? Helfen, natürlich. Denn von den USA lernen, heißt Schulden machen lernen. Die USA haben viel Erfahrung mit Schuldenobergrenzen, welche die Euro-Länder auf Betreiben von Merkel und Sarkozy einführen sollen. Damit lebt ein Schuldenstaat prächtig, solange er diese Obergrenze nur rechtzeitig vor Überschreiten derselben erhöht. Man muß nur darauf achten, daß man die Schuldenobergrenze in ein Gesetz schreibt, das man leicht ändern kann. In Merkeldeutschland hat man das Grundgesetz dafür ausgesucht. Das flößt den Bürgern Achtung ein, doch im Zweifelsfall läßt es sich sehr flexibel ändern.«

 

Gemäss einer letzten Meldung vom 17. September sind sich die SPD und die Grünen in folgendem einig: »Die FDP gehöre nicht mehr in die Regierung. Das schwarz-gelbe Bündnis sei am Ende. Neuwahlen müßten ausgerufen werden. Grund für die Krise der Koalition ist insbesondere der Streit zwischen Union und FDP über die Rettungsschirme, der sich weiter verschärft.« Es scheint, dass weder die eine noch die andere Partei den Horizont hat, bei den sie selbst bedrohenden Folgen einer Dauerrettung Griechenlands von derartigen Forderungen abzusehen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ging in seiner Stellungnahme im Berliner Tagesspiegel vom 18. 9. sogar so weit: »Wenn die Kanzlerin und ihr Finanzminister Schäuble der historischen Verantwortung für Deutschland und Europa gerecht werden wollen, dann können sie mit dieser Koalition nicht mehr weiterregieren. Gabriel bot Merkel zugleich vorübergehende Unterstützung für eine mögliche Minderheitsregierung an. Mit Blick auf die parlamentarischen Beratungen für die Rettungsschirme EFSF und ESM machte er deutlich, daß seine Partei eine solche Regierung bei den Abstimmungen im Bundestag unterstützen würde. Wir werden im Parlament ausreichend Kraft und Verantwortungsbewußtsein aufbringen, um ohne die FDP die wichtigen Entscheidungen zur Stabilisierung Europas zu treffen, um danach in einem geordneten Verfahren zu Neuwahlen zu kommen  [9]

 

Man kann nur hoffen, dass die Deutschen von Gabriels Verantwortungsbewußtsein verschont bleiben werden, zumal in Griechenland, dessen Korruption hinlänglich bekannt ist, ein neuer, keineswegs négligeabler Skandal aufgedeckt worden ist. Fakt ist, dass die Griechen längst 30 Milliarden € an Bankguthaben ausser Landes gebracht haben; was jedoch weitaus schwerer wiegt, ist das von Ulfkotte [10] festgehaltene Vorgehen der Regierung: »Die griechische Regierung hat seit einigen Monaten unter ausgewählten Regierungsmitgliedern jeden Monat tausend Feinunzen Gold in Münzform verteilt. Es ist ein Bestandteil des Gehalts, das in Krisenzeiten der Vorsorge dienen soll. Zu den Empfängern gehören auch die wichtigsten Vertreter des griechischen Geheimdienstes EYP. Doch manche  konnten offenbar den Hals nicht voll genug bekommen. Ausgerechnet einige der für die Korruptionsbekämpfung zuständigen griechischen Beamten der europäischen Anti-Betrugs-Behörde OLAF aus den Reihen des griechischen Geheimdienstes EYP haben nicht nur für OLAF und EYP, sondern auch noch für mehrere europäische Geheimdienste und für multinationale Konzerne gearbeitet. Im Klartext: Die griechischen Antikorruptionsbekämpfer waren korrupt. Ein griechischer OLAF-Mitarbeiter, der zugleich auch einer der Leiter der griechischen Spionageabwehr war, wurde wegen Landesverrats vom Dienst suspendiert. Er ist nicht der einzige. Besonders brisant: Der Kopf der griechischen Verrätergruppe hatte nicht nur Zugang zu allen Geheimdienstunterlagen. Er hatte von der Brüsseler OLAF-Behörde auch einen Spionagekoffer zum Abhören von Mobiltelefonaten und Aufzeichnen von E-Mails und Faxen bekommen, den man an jedem Ort diskret einsetzen konnte. Die Verräter belauschten damit offenbar griechische Politiker und Unternehmer und verkauften die Erkenntnisse an Unternehmen und andere Geheimdienste. Wichtigster Abnehmer soll der britische Auslandsgeheimdienst MI6 gewesen sein. Auch die Besuche ranghoher EU-Politiker sollen von korrupten griechischen Geheimdienstmitarbeitern beobachtet und belauscht worden sein. Bei einer Durchsuchung des Büros des Leiters der griechischen OLAF-Behörde soll man geheime Verschlußsachen auf seinem Rechner gefunden haben, die er an den britischen Geheimdienst verschickt haben soll. Andere EYP-Mitarbeiter sollen geheime Informationen an ausländische Konzerne verkauft haben. Der Skandal macht deutlich, daß die Korruption in Griechenland nun in höchsten Geheimdienstkreisen vorzufinden ist. In Brüssel ist man nun nicht nur in den Reihen der Anti-Korruptionsbehörde wie gelähmt. Auch die EU weiß jetzt, daß möglicherweise viele streng vertrauliche Besprechungen abgehört wurden. Und man hat den Verdacht, daß die Erkenntnisse über die Briten an die Amerikaner weitergegeben wurden.

 

Das Motto der britischen Wühlmäuse lautete offenbar: Kauf dir einen Griechen!«

 

 

 

*  Zum ESM siehe Austritt Deutschlands aus EU und Währungsunion nunmehr dringendst geboten   http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1801

1   http://www.welt.de/politik/deutschland/article13601529/Tausende-Mails-und-Briefe-gegen-Euro-Hilfen.html  13. 9. 11  Wut auf die Politiker - Tausende Mails und Briefe gegen Euro-Hilfen.    

2   Quelle: Oberbadisches Volksblatt vom 15. 9. 2011

http://www.nachrichten.com/index.php?main=nav&ort=&sparte=1&selsparte=1&selort=&expnews=1  15. 9. 11 In der schwarz-gelben Koalition eskaliert der Streit über die Griechenland-Hilfe sowie http://www.nachrichten.com/index.php?main=nav&ort=&sparte=1&selsparte=1&selort=&expnews=2   Steinmeier: Rösler-Entlassung »drängt sich auf«

http://www.nachrichten.com/index.php?main=nav&ort=&sparte=1&selsparte=1&selort=&expnews=4   15. 9. 11 Führende Ökonomen kritisieren Rösler

3   Quelle: TOPIC Nr. 9 vom September 2010 

4   http://www.welt.de/debatte/kommentare/article6423349/Staat-tritt-auf-die-Bremse.html

16. 2. 10

5  http://www.faz.net/artikel/C30770/schuldenkrise-deutschland-haftet-mit-400-milliarden-30687805.html  16. 9. 11  Deutschland haftet mit 400 Milliarden  -  Von Manfred Schäfers

6  http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/steuerzahlerbund-wirft-merkel-euro-wortbruch-vor/4617520.html   16. 9. 11  Die Griechenland-Rettung könnte zu einem Milliarden-Fiasko für Deutschland werden ……

7  http://www.faz.net/artikel/C30638/insolvenz-griechenlands-in-betracht-ziehen-oekonomen-unterstuetzen-wirtschaftsminister-roesler-30687837.html  16. 9. 11  »Insolvenz Griechenlands in Betracht ziehen « -  Ökonomen unterstützen Wirtschaftsminister Rösler - Von Philip Plickert

8 http://www.michaelwinkler.de/Kommentar.html   17. 9. 11

9  http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=8615020/125cio5/index.html

17. 9. 11  Opposition fordert Ende von Schwarz-GelbRot-grüne Hilfe für Merkel gegen die FDP

10  http://kopp-online.com/hintergruende/europa/udo-ulfkotte/kauf-dir-einen-griechen-geheimdienstskandal-erschuettert-athen.html   14. 9. 11  Kauf Dir einen Griechen: Geheimdienstskandal erschüttert Athen  -  Von Udo Ulfkotte

resp.  http://www.tovima.gr/society/article/?aid=419505

Alle Hervorhebungen durch politonline

 

Siehe auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1737   29. 5. 11

Die EU - eine einzige »Bad Bank«