Der »Supergipfel« der G-20 13.11.2011 21:25
vom 3. bis 4. November in Cannes, schreibt »Strategic Alert«, war ein Fehlschlag im doppelten Sinn:
Erstens
sind die beteiligten Nationen unfähig, wirkliche Alternativen (wie ein
Trennbankensystem) zu dem kollabierenden alten Finanzsystem zu beschliessen. Zweitens
kann das System selbst die für die schlecht durchdachten Rettungsaktionen nötigen
Mittel nicht mehr aufbringen, da die massgeblichen Regierungen zerstritten
sind. Lyndon LaRouche bezeichnet sie als bankrott und ohne Reserven: »Ihre
einzige Politik dagegen ist ein dritter Weltkrieg und ein von Barack Obama ausgehender hitlerartiger Putsch in Amerika.« Die
Bemühungen des Geldimperiums der Londoner City, sich von den europäischen
Regierungen, der Federal Reserve und den BRIC-Staaten (Brasilien, Rußland,
Indien, China) Milliarden an Dollars und Euros zu holen, sind damit schon zum
dritten Mal innerhalb kurzer Zeit gescheitert: Das erste Mal, als der zuvor
abgehaltene Gipfel von EU-Rat und Eurozone am 27. 10. trotz des Geredes über
die notwendige zukünftige Struktur des Euro-Rettungsfonds EFSF ohne finanzielle
Zusagen endete; zum zweiten Mal, als bei der Sitzung des Offenmarktausschusses
der Fed (FOMC) vom 1. bis 2.11. in der USA nicht ein Dollar bewilligt wurde und
zum dritten Mal jetzt in Cannes, wo man weder über eine grössere Unterstützung
für den EFSF, noch hinsichtlich einer Erhöhung der IWF-Mittel um 250 Mrd. $ als
›Munition‹ für neue Rettungspakete, oder über eine finanzielle Beteiligung
der BRIC-Staaten eine Einigung erzielte. Die Entscheidungen sind vielmehr auf
Februar vertagt. Und der neue EZB-Präsident Mario Draghi hat angekündigt, dass
die EZB (zumindest vorerst) nicht als Kreditgeber letzter Instanz für die
Banken dienen wird. Der britische Finanzminister George Osborne hatte den
Gipfel enttäuscht verlassen und angekündigt, sein Ministerium werde nun
Notpläne für den Fall eines Scheiterns der Eurozone ausarbeiten. [1]
In Cannes
hatte Obama den Iran angegriffen und auf den zu jenem
Zeitpunkt erwarteten Bericht der IAEA über das iranische Nuklearprogramm
hingewiesen, der dem Vernehmen nach Vorwürfe gegen den Iran enthalten sollte.
Dieser Bericht wurde nun am 8.11. vorgelegt; die angeblich ›neuen Details‹ erinnern an
die berüchtigten Schwindel über angebliche Urankäufe und mobile Waffenlabors,
die ausgekocht wurden, um den Krieg gegen den Irak zu rechtfertigen. Tatsächlich
wird in der nationalen Geheimdienst-Einschätzung des Nationalen Geheimdienst-Rats,
der die Bewertung der 16 amerikanischen Geheimdienste zusammenfasst, bestritten, dass der Iran
eine Bedrohung darstellt. Trotzdem wurden vermutlich zwischen den gleichen
Staats- und Regierungschefs, die schon den illegalen Krieg gegen Libyen und die
Hinrichtung Gaddafis vereinbart haben, neben Wirtschaftssanktionen auch Pläne
für Militäraktionen gegen Teheran abgesprochen. Grossbritannien, das schon eine
entscheidende Rolle als Anstifter zum Krieg gegen den Irak gespielt hat, steht
jedenfalls wieder an vorderster Front. Nach einem Artikel, der am 2. 11.
auf der Internetseite des Guardian
erschien, glaubt das britische Verteidigungsministerium, »dass die USA beschliessen könnte, die Pläne
für gezielte Raketenangriffe auf wichtige iranische Einrichtungen
voranzutreiben. Britische Vertreter sagen, wenn Washington voranpresche, werde
es den militärischen Beistand des britischen Militärs für solche Missionen
anfordern und erhalten, trotz einiger grosser Vorbehalte in der
Koalitionsregierung.« Aber London scheint eine zentrale Rolle bei
der Planung zu spielen. So machte der Chef des britischen Verteidigungsrates,
General Sir David Richards, Anfang November einen Geheimbesuch in Israel, um
sich dort mit hochrangigen Kommandeuren zu treffen, und Verteidigungsminister
Ehud Barak traf am 3. 11. zu Gesprächen mit Aussenminister William Hague,
Verteidigungsminister Philip Hamond und dem Nationalen Sicherheitsberater Sir
Peter Rickets in London ein. Während Baraks Besuch veröffentlichte das Büro des
Premierministers eine Erklärung, der Iran werde schon in 12 Monaten alle
Komponenten für den Bau einer Atombombe besitzen. Tony Blair, schon immer ein
entschiedener Befürworter von Angriffskriegen, traf sich am 1. 11. im Weissen
Haus zu vertraulichen Gesprächen mit Präsident Obama. Der aussenpolitische
Ausschuss des Repräsentantenhauses unterstützt diese Kriegsvorbereitungen,
indem er am 2. 11. einstimmig für umfassende neue Sanktionen gegen Teheran
stimmte. Eine der beschlossenen Massnahmen würde die amerikanischen Häfen für
alle Schiffe sperren, die in den letzten beiden Jahren den Iran, Syrien oder
Nordkorea angesteuert haben. Eine weitere würde es US-Diplomaten oder US-Militärs
untersagen, irgendwelche Kontakte
mit iranischen Vertretern oder Agenten zu haben, wenn der Präsident den
Kongress nicht mindestens 15 Tage im voraus darüber informierte, was praktisch
jede diplomatische Arbeit unmöglich machen würde. Der republikanische Präsidentschaftskandidat
Ron Paul verurteilte diese Vorschriften als einen ›definitiven Schritt hin
zu einem amerikanischen Angriff auf den Iran.‹ Gleichzeitig
betreibt Obama selbst einen gewaltigen Militäraufmarsch im Nahen Osten und im
Indischen Ozean. Neben der Verstärkung der US-Truppenpräsenz von derzeit 23.000
Soldaten in Kuwait plant er eine grössere Präsenz der US-Marine im Persischen
Golf, weitere Stütz- und Anlaufpunkte für die Luftwaffe und die Marine und eine
verstärkte militärische Koordination mit den sechs Staaten des
Golfkooperationsrates. Vertreter des Irans machten deutlich, dass jeder Angriff
auf den Iran Vergeltungsmassnahmen gegen die amerikanischen, britischen und
israelischen Militäreinrichtungen in der Region nach sich ziehen würde. Die USA
hat derzeit etwa 100.000 Soldaten in Afghanistan, 30.000 im Irak und 27.000 in
den Golfstaaten. [2]
Was
Syrien betrifft, so wird dort die Gefahr einer westlichen Militärintervention
für einen Regimewechsel oder eine Teilung des Landes sehr ernst genommen. Ein
einsichtsreicher Kommentar kam vom syrischen Professor Imad Fawzi Shueibi am 6.
0. auf der Webseite des von ihm geleiteten ›Syrischen Zentrums für Daten
und Strategische Studien‹ in Damaskus. Hinter dem Veto Russlands
und Chinas gegen weitere Sanktionen gegen Syrien im UN-Sicherheitsrat stehe der
Machtkampf um die Gestaltung der Weltpolitik in der nahen Zukunft, so Shueibi.
Europa und die USA, beide bankrott, sähen neidisch das Anwachsen der
wirtschaftlichen und politischen Macht Asiens unter der Führung von Russland,
China und Indien. Die Konfrontation im Sicherheitsrat erinnere an die
Kubakrise; sie habe wenig mit Syrien zu tun, dafür umso mehr mit Weltpolitik. In
diesem Kampf gehe es um eine post-bipolare Weltordnung, wobei die USA, Grossbritannien
und Frankreich das Ziel verfolgten, erstens das Prinzip der nationalen
Souveränität abzuschaffen und zweitens dieses durch ein Prinzip der sogenannten
›humanitären Intervention‹ zu ersetzen, als
Deckmantel für ein neokoloniales System mit ›Regimewechseln‹ im Interesse der ehemaligen Kolonialmächte. So hätten nicht
zufällig England und Frankreich diese UNO-Resolution beantragt, weil sie immer
noch der imperialen Illusion des Sykes-Picot-Abkommens anhingen, gemäss dem Südwestasien
ihre Einflusszone sei. Shueibi verweist besonders auf Ex-Premier Tony Blair als
Architekt der britisch-französischen Allianz gegen die nationale Souveränität
und wirft dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vor, er verrate das
republikanische Frankreich von Charles de Gaulle. [3]
[1] Quelle: Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 45
vom 9. November 2011
G20-Gipfel:
schlechte Nachrichten für Londons monetaristisches Europa
[2] Quelle: Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 45 vom 9. November 2011
Trommeln
für einen Krieg gegen den Iran
[3] Quelle: Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 45 vom 9. November 2011
Syrien:
USA-England-Frankreich gegen Russland-China-Indien
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