Der IWF - Wie Griechenland, ein Fass ohne Boden 25.03.2012 00:15
Einmal mehr wird von der Schweiz ein namhafter Milliardenbetrag für den Internationalen Währungsfonds verbindlich erwartet.
Angesichts
der sich besonders in Europa verschärfende Überschuldungskrise gedenkt der IWF
seine
Mittel um sage und schreibe 600 Milliarden $ aufstocken. Wer hier glaubt, dass
irgendwo noch eine Vorstellung davon herrscht, was es heisst, eine Milliarde an
Steuergelder zu erarbeiten, sieht sich getäuscht. Wenigstens hat die
hochverschuldete USA bereits signalisiert, dass von ihrer Seite keine
Aufstockung zu erwarten sei. Ein Wort dieser Art würde man sich selbstredend
auch von Brüssel erhoffen. Gemäss seinen Satzungen ist es dem IWF die Rettung
von Staaten aus der Überschuldung nicht erlaubt, denn die Institution war
vielmehr dafür geschaffen worden, Staaten, die an sich noch gesund sind, aber in
eine vorübergehende Liquiditätsverknappung geraten sind, eine Zahlungsbilanzhilfe
zu gewähren. »Seit sich die Überschuldungskrise in den Industriestaaten
immer bedrohlicher ausweitet«, schreibt Ulrich Schlüer, »werden die Satzungen internationaler
Finanzierungsagenturen, nicht nur die des IWF, allerdings von Monat zu Monat grosszügiger
ausgelegt.« Indessen steht die Zusage des IWF zu einer Finanzhilfe für
die überschuldeten EU-Staaten. Fällt die USA als Beitragszahler aus, entfallen
umso höhere Beitragsquoten auf die restlichen IWF-Mitglieder, insbesondere auf überhaupt noch
zahlungsfähigen. Und dazu gehört die Schweiz. Im Dezember 2010
traf die Forderung des IWF in Höhe von rund 16 Milliarden Franken bei uns ein. Diese sollten zwar
nicht in bar zu leisten, sondern in einer durch die Nationalbank zu sprechenden
›Garantie‹.
Nach einer
äusserst knappen, unter massivem Zeitdruck erfolgten Kurzorientierung der für
die IWF-Geschäfte zuständigen Aussenpolitischen Kommissionen beider Räte wollte
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Bewilligung der 16 Milliarden an
den IWF damals im Eilverfahren durchdrücken, ohne jegliche Beratung in den
Kommissionen. Und das Prinzip, dass die beiden Räte des Eidgenössischen
Parlaments das gleiche Geschäft nie in der gleichen Session behandeln, wollte
sie ohnehin nicht respektieren. Ein Ansinnen, das die Räte immerhin abgeblockt
haben. Das Milliarden-Geschäft wurde danach nicht nur in den Kommissionen,
sondern auch in mehreren Informationsveranstaltungen am Rand von Sessions- oder
Kommissionssitzungen intensiv diskutiert. An einer dieser Veranstaltungen nahmen
nebst einer Delegation hoher Beamter aus dem Finanzministerium auch wichtige
Exponenten der Schweizer Grossbanken teil, ebenso der für seine jeglichem
Blendwerk abholde Sachlichkeit geschätzte Nationalbank-Vize Prof. Thomas Jordan
teil. Das Hauptargument, weshalb die Schweiz damals eine erneute Garantie von
16 Milliarden an den IWF leisten sollte, zielte darauf ab, unserem Land den
bisher eingenommenen Sitz im IWF-Direktorium unbedingt zu erhalten. Tatsächlich
hatte sich Bern diesen Sitz bereits kurz nach dem 1992 an der Urne vom Volk bewilligten
Beitritt zum IWF ergattert. Die Schweiz vertritt im IWF eine
Ländergruppe, die sich aus Polen, Serbien sowie Aserbaidschan, Kasachstan,
Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan zusammensetzt, und die
kurz als ›Helvetistan‹ bezeichnet wird. Die addierten
Anteile all dieser Länder am IWF-Grundkapital sichern dieser Ländergruppe einen
Sitz im IWF-Direktorium, den seit Anbeginn die Schweiz einnimmt. Das Hauptargument
für die Bewilligung der 16 Milliarden-Garantie lautete damals, dass der Sitz
der Schweiz im IWF-Direktorium gefährdet sei, verweigerte man die Erhöhung der Mittel.
Das Argument hatte Zugkraft. Mit Ausnahme der an der Entscheidfindung
beteiligten SVP-Kommissionsmitglieder wollte niemand diesen Sitz gefährden.
Die wahre Bedeutung
dieses Sitzes
löste immerhin Fragen aus: Was bringt dieser Sitz im IWF-Direktorium der
Schweiz wirklich – abgesehen von zahlreichen Sitzungsteilnahmen mit all ihren
Begleitprogrammen – was einige Fragen auslöste: Vor allem die konkrete Frage an
Prof. Jordan, ob er in der Lage sei, wenigstens einen einzigen Beschluss des
IWF-Direktoriums zu nennen, der massgeblich von der Schweiz durchgesetzt worden
sei. » Es
gebe«, so Jordan, »keinen Beschluss des IWF, der sichtbar Schweizer
Handschrift trage. Von Seiten des jeweils amtierenden Schweizer Direktors sei
nie eine Intervention ausgegangen, die einer zumeist von den grossen,
einflussreichen IWF-Mitgliedern vorbereiteten Beschlussfassung in irgend einer
Weise eine andere Richtung als die von oben vorgegebene gewiesen hätte…« Jordan
bestätigte damit eine längst gehegte Vermutung: Zwar sitzt tatsächlich ein
Schweizer im Range eines Direktors beim IWF. Er hat dort nicht zuletzt zu
beaufsichtigen, dass mit den der Schweiz gehörenden Milliarden, die dem IWF zur
Verfügung gestellt werden, nichts Satzungswidriges, nichts Halsbrecherisches,
nichts Falsches angestellt wird. Aber dieser Direktor tritt nie sichtbar in
Erscheinung. Wer nicht unmittelbar mit dem IWF zu tun hat, und das
betrifft die Finanzministerin, wenige Spitzenbeamte ihres Departements, die
Nationalbankspitze und höchstens ein paar wenige Parlamentarier, kennt denselben
überhaupt nicht, so auch nicht die
Öffentlichkeit. Was also nützt dieser Direktor unserem Land? Die Antwort ist
klar: Der Sitz im IWF-Direktorium trägt der Schweiz keinerlei sichtbaren
Nutzen ein. Dort entscheiden die Grossen, die USA, Japan, Deutschland,
England, Frankreich, in zweiter Linie auch Russland und China. Die andern
sechzehn sind anwesend – aber ohne nennenswerten Einfluss.
Es kommt
hinzu, dass die Schweiz eine Ländergruppe mit sehr unterschiedlichen, oft
geradezu gegensätzlichen Positionen zu vertreten hat. Die ›Helvetistan-Staaten‹ in
Zentralasien sehen sich vor allem als Geldnehmer-Staaten beim IWF. Die Schweiz aber
ist Geldgeberin, die für die Mittelverwendung andere Massstäbe setzen würde,
wenn sie ihre Meinung ohne Rücksichtnahme auf Geldnehmer zum Ausdruck bringen
könnte. Polen und Serbien verfolgen ebenfalls eigene, keineswegs mit der
Schweiz übereinstimmende Interessen. So sitzt ›unser‹ Direktor im
höchsten IWF-Gremium als Gelähmter, als zwar Anwesender, der allerdings kein in
sich stimmendes Konzept vertreten und mit Anträgen einbringen kann. Es mag
sein, dass dieser dank seinem Sitz einige Informationen aus der IWF-Bürokratie
früher erhält als die Schweiz diese ohne Direktoriums-Sitz erhalten würde. Die
Frage, ob ein zumeist schweigender ›untergeordneter
Direktor‹ im höchsten IWF-Gremium für
die Abermilliarden guter, dem IWF zur Verfügung gestellter Schweizer Franken einen
angemessenen Gegenwert darstellt, ist damit freilich noch nicht befriedigend
beantwortet. [1]
Der IWF
zählt wie zahlreiche andere uns oktroyierte Institutionen, auf die wir keinen
Einfluss nehmen können, zu den sogenannten Pressedauerbrennern der Finanzwelt.
So berichtete denn auch ›Strategic
Alert‹ Ende November letzten Jahres
von einem weiteren wertlosen Plan der Eurozone-Politiker. Unter dem Etikett ›IWF-Anleihe‹ und ›Neuer
Stabilitätspakt‹ zielen Pläne darauf
ab, die Europäische Zentralbank (EZB) zum Kreditgeber letzter Instanz zu machen
und
die hyperinflationäre Druckerpresse in Gang zu setzen. [2] Beim
Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs der führenden Industrie- und
Schwellenländer (G-20) Ende Februar in Mexiko hiess es, dass die höhere, durch
mehr Mittel zu erzielende Schlagkraft des IWF aber nicht nur Europa, sondern
der gesamten Welt zugute kommen soll. Dabei ist der IWF derzeit de facto ein europäischer Währungsfonds: Rund 80
% der Summe seiner gesamten Darlehen verteilen sich auf Länder des alten
Kontinents.
Im Klartext geht es dem IWF um eine zusätzliche Summe von 600 Milliarden $ - eine Summe, die man sich fast nicht vorstellen
kann - von denen 200 Milliarden aus dem
hochverschuldeten Europa kommen sollen. Derzeit befinden sich 386 Milliarden $ in
der Kriegskasse. Die eigentliche Entscheidung
des IWF über die Erhöhung steht indessen erst für diesen April an. Schon seit
April 2011 hatte sich der Internationale Währungsfonds vor dem Hintergrund der
schweren Wirtschaftskrise dafür ausgesprochen, die Zu- und Abflüsse von Geldern
in bestimmte Regionen der Welt zu beschränken oder ganz zu verhindern. Inzwischen
geht es in Brüssel hinter verschlossenen Türen um die Beschränkung des
Geldflusses der Europäer in Europa. Erst im Dezember 2011 wurde bekannt, dass
Grossbritannien an einem Notfallplan arbeitet, um im Falle des
Auseinanderbrechens der Euro-Zone die Folgen für die britische Wirtschaft
abzufedern. Zu den von der Londoner Zentralbank vorgeschlagenen Massnahmen zählen
vor allem Kapitalverkehrskontrollen, um den Geldfluss aus dem Land und in das
Land zu begrenzen. Und nun wird in EU-Kreisen über die Ausdehnung dieser Pläne
auch auf andere EU-Staaten gesprochen. Die juristischen Grundlagen dafür wurden
schon Ende 2009 in der EU geschaffen. Bei einer Zuspitzung der Finanzkrise [dem
Staatsbankrott eines angeschlagenen Euro-Landes] sollen die Einschränkungen der
Kapitalverkehrsfreiheit zunächst für 6 Monate in Kraft treten. [3]
Generell zum IWF vermerkte der bekannte Autor Webster G. Tarpley folgendes: »Die hineinpfuschenden und
stümperhaften Ökonomen des Internationalen Währungsfonds haben
auf der
ganzen Welt eine Spur der Tränen hinterlassen. Noch nie waren sie in der Lage,
eine einzige Geschichte vorzuweisen, bei der ihre Verordnungen eine
erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung bewirkt hätten. Der IWF ist der Träger
des Absurden und des diskreditierten › Washington
Consensus‹ in der
Wirtschaftspolitik, der auf Deregulierung, Privatisierung, Zerschlagung von
Gewerkschaften, Zerstörung des sozialen Netzes, Liquidierung des staatlichen
Sektors, systematische Reduzierung von Löhnen und Sozialleistungen basiert und
folglich einen allgemeinen barbarischen Wettlauf in den Abgrund. 2008 gab es
eine Revolte gegen diese drakonischen Rezepte,
aber jetzt wurden sie Griechenland, Portugal und Irland auferlegt. Europa muss
das Europa der Völker, und nicht das Europa der Banken und Kartelle werden. Die
gescheiterten neoliberale und
monetaristische Politik des IWF darf in der europäischen Entwicklungspolitik keinen
Platz haben.« Wer
sich mit dem IWF und seinen Sanktionen etwas genauer beschäftigt, erkennt
schnell, dass die Privatisierung eine konkrete Forderungen darstellt, wenn der
IWF involviert ist. Schon Mitte 2003 hatte der IWF eine Strukturreform
in Deutschland begrüsst und weitergehende Reformen bei kollektiven
Lohnverhandlungen und Produktmärkten angeregt; auch hielt er ein höheres
Renteneintrittsalter in Verbindung mit einem niedrigeren Rentenniveau für
sinnvoll und im Gesundheitssystem hatte er eine höhere Selbstbeteiligung der
Patienten für angezeigt befunden. Es ist eindeutig, dass zahlreiche Wirtschaftszweige
mit Standbein in asiatischen und anderen Ländern von den Gegebenheiten, die der
IWF dort schafft, durchaus profitieren.
[1] Quelle:
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Heiss_begehrter_DirektoriumsSitz-533
Der
aktuelle Freitags-Kommentar d
[2] Strategic Alert Jahrgang 24, Nr. 48 vom 30. November 2011
[3] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/udo-ulfkotte/schock-fuer-eu-buerger-bruesseler-geheimgespraeche-ueber-die-einfuehrung-von-devisenkontrollen.html;jsessionid=3662E6F3A9EF629273FF1B918FD04F33 24. 1. 12
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