Initiative »Staatsverträge vors Volk«

Gegen die Aushöhlung der direkten Demokratie.

Wir brauchen dringend ein Gegengewicht zur Tendenz, die direkte Demokratie einzuschränken. Die vorliegende Initiative schafft ein solches Gegengewicht: die Mitsprache unserer Bevölkerung wird bezüglich der Aussenpolitik ausgedehnt. Es wird zum Beispiel verunmöglicht, über den Kopf der Bevölkerung hinweg Doppelbesteuerungsabkommen abzuschliessen.

Verheerende Tendenz: Aushöhlung der direkten Demokratie

Allen, die die Schweiz in ein grösseres Gebilde einbinden wollen, ist die typisch schweizerische direkte Demokratie ein Dorn im Auge, denn sie verhindert, dass die Politik international gleichgeschaltet werden kann. Eine direkte Demokratie, in welcher die Bevölkerung über jedes Thema an der Urne abstimmen kann, ist für ein übergeordnetes Gebilde wie zum Beispiel die EU wie eine Faust aufs Auge. Die tägliche Schweizer Politik ist voll von aktuellen Beispielen, die zeigen, dass unsere politische Elite die direkte Demokratie einschränken oder gar abschaffen will: Bei der Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien hat das Parlament absichtlich zwei Vorlagen verknüpft  - die Personenfreizügigkeit als Ganzes sowie die Erweiterung, so dass der Stimmbürger nicht mehr frei entscheiden konnte. Soeben hat der Nationalrat der Parlamentarischen Initiative Vischer zugestimmt, mit der die Verfassungsgerichtsbarkeit eingeführt werden soll; das Bundesgericht soll damit über die Volksentscheide gestellt werden. Und im Hinblick auf das anstehende Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland hat der Bundesrat offen zugegeben, dass verhindert werden müsse, das Abkommen dem Volk vorzulegen, weil sonst ein Nein drohe. Die Liste dieser Beispiele liesse sich beliebig verlängern.

Die Mitsprache der Volkes an der Urne bringt Wohlstand

Wer die direkte Demokratie als altmodische, ineffiziente oder gar nationalistische Konstruktion betrachtet, ist auf dem Holzweg. Wer meint, die Lösung unserer Probleme würden von einer internationalen politischen Elite mit Leuten wie Obama, Sarkozy, Berlusconi, Merkel / Steinbrück oder von wem auch immer gelöst, täuscht sich. Die Schweiz ist mit ihrem System der direkten Demokratie innerhalb von nur einem Jahrhundert vom Armenhaus zu einem der reichsten Länder der Welt geworden; ohne Rohstoffe! Dies bewog den vielleicht berühmtesten noch lebenden Ökonomen, John Kenneth Galbraight, gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu folgender Erklärung: »Für das nächste Jahrtausend wünsche ich mir, dass die ganze Welt wie die Schweiz wird.« [1]. Die direkte Demokratie ist wirtschaftlich und staatspolitisch ein Zukunftsmodell. Der Buchtitel der drei Ökonomen Gebhard Kirchgässner, Lars Feld und Marcel Savioz von der Hochschule St. Gallen spricht für sich: Die direkte Demokratie: Modern, erfolgreich, entwicklungs- und exportfähig. Der Zürcher Ökonomieprofessor Bruno S. Frey schreibt: »Unser System ist das System der Zukunft«. Es gibt weltweit unzählige Völker und Regionen, die nach Freiheit streben und ausserhalb von Machtblöcken ihre Selbstbestimmung bewahren und Wohlstand gewinnen wollen. Es gibt keinen Grund, das Modell Schweiz abzuschaffen.

Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik

Unsere Bürger sind nicht die besseren und nicht die schlechteren Menschen als unsere Nachbarn, aber sie sind die besseren - weil aktiveren - Staatsbürger, da sie alle paar Monate an der Urne über politische Fragen abzustimmen müssen. Es ist ein Vorteil, wenn dieses System der direkten Demokratie auf die Aussenpolitik ausgedehnt und internationale Verträge automatisch an die Urne gebracht werden. Wir brauchen keine gleich langen Spiesse wie das Ausland, sondern längere. Wir brauchen nicht die gleichen Rahmenbedingungen wie das Ausland, sondern bessere. Nur mit Hilfe der Volksrechte wird es uns gelingen, bessere Bedingungen zu schaffen und zu erhalten als anderswo. Es widerspricht jeder Erfahrung, dass die Politiker die besseren Entscheide fällen als die Gesamtheit der Bevölkerung.

Nationalrat Luzi Stamm, Vizepräsident der AUNS, Mitglied der APK-NR
 
[1]  Schweizer Familie 26/99