Initiative »Staatsverträge vors Volk« 06.05.2012 22:13
Gegen die Aushöhlung der direkten Demokratie.
Wir
brauchen dringend ein Gegengewicht zur Tendenz, die direkte Demokratie
einzuschränken. Die vorliegende Initiative schafft ein solches
Gegengewicht: die Mitsprache unserer Bevölkerung wird bezüglich der
Aussenpolitik ausgedehnt. Es wird zum Beispiel verunmöglicht, über den Kopf der
Bevölkerung hinweg Doppelbesteuerungsabkommen abzuschliessen.
Verheerende Tendenz:
Aushöhlung der direkten Demokratie
Allen, die
die Schweiz in ein grösseres Gebilde einbinden wollen, ist die typisch
schweizerische direkte Demokratie ein Dorn im Auge, denn sie verhindert, dass
die Politik international gleichgeschaltet werden kann. Eine direkte
Demokratie, in welcher die Bevölkerung über jedes Thema an der Urne abstimmen
kann, ist für ein übergeordnetes Gebilde wie zum Beispiel die EU wie eine Faust
aufs Auge. Die tägliche Schweizer Politik ist voll von aktuellen Beispielen,
die zeigen, dass unsere politische Elite die direkte Demokratie einschränken
oder gar abschaffen will: Bei der Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien
und Bulgarien hat das Parlament absichtlich zwei Vorlagen
verknüpft - die Personenfreizügigkeit als
Ganzes sowie die Erweiterung, so dass der Stimmbürger nicht mehr frei
entscheiden konnte. Soeben hat der Nationalrat der ›Parlamentarischen Initiative Vischer‹ zugestimmt, mit der die Verfassungsgerichtsbarkeit eingeführt
werden soll; das Bundesgericht soll damit über die Volksentscheide gestellt werden.
Und im Hinblick auf das anstehende Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland
hat der Bundesrat offen zugegeben, dass verhindert werden müsse, das Abkommen
dem Volk vorzulegen, weil sonst ein Nein drohe. Die Liste dieser
Beispiele liesse sich beliebig verlängern.
Die Mitsprache der
Volkes an der Urne bringt Wohlstand
Wer die
direkte Demokratie als altmodische, ineffiziente oder gar nationalistische
Konstruktion betrachtet, ist auf dem Holzweg. Wer meint, die Lösung unserer
Probleme würden von einer internationalen politischen Elite mit Leuten wie
Obama, Sarkozy, Berlusconi, Merkel / Steinbrück oder von wem auch immer gelöst,
täuscht sich. Die Schweiz ist mit ihrem System der direkten Demokratie
innerhalb von nur einem Jahrhundert vom Armenhaus zu einem der reichsten Länder
der Welt geworden; ohne Rohstoffe! Dies bewog den vielleicht berühmtesten noch
lebenden Ökonomen, John Kenneth Galbraight, gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu folgender
Erklärung: »Für
das nächste Jahrtausend wünsche ich mir, dass die ganze Welt wie die Schweiz
wird.«
[1]. Die direkte Demokratie ist wirtschaftlich und staatspolitisch ein
Zukunftsmodell. Der Buchtitel der drei Ökonomen Gebhard Kirchgässner, Lars Feld
und Marcel Savioz von der Hochschule St. Gallen spricht für sich: ›Die direkte Demokratie: Modern,
erfolgreich, entwicklungs- und exportfähig‹.
Der Zürcher Ökonomieprofessor Bruno S. Frey schreibt: »Unser
System ist das System der Zukunft«. Es gibt weltweit unzählige Völker
und Regionen, die nach Freiheit streben und ausserhalb von Machtblöcken ihre
Selbstbestimmung bewahren und Wohlstand gewinnen wollen. Es gibt keinen Grund,
das ›Modell Schweiz‹ abzuschaffen. Stärkung der
Volksrechte in der Aussenpolitik
Unsere Bürger
sind nicht die besseren und nicht die schlechteren Menschen als unsere
Nachbarn, aber sie sind die besseren - weil aktiveren - Staatsbürger, da sie
alle paar Monate an der Urne über politische Fragen abzustimmen müssen. Es ist
ein Vorteil, wenn dieses System der direkten Demokratie auf die Aussenpolitik
ausgedehnt und internationale Verträge automatisch an die Urne gebracht werden.
Wir brauchen keine gleich langen Spiesse wie das Ausland, sondern längere.
Wir brauchen nicht die gleichen Rahmenbedingungen wie das Ausland, sondern
bessere. Nur mit Hilfe der Volksrechte wird es uns gelingen, bessere
Bedingungen zu schaffen und zu erhalten als anderswo. Es widerspricht jeder
Erfahrung, dass die Politiker die besseren Entscheide fällen als die Gesamtheit
der Bevölkerung.
Nationalrat
Luzi Stamm, Vizepräsident der AUNS, Mitglied der APK-NR
[1] Schweizer Familie 26/99
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