Neues EU-Ziel: Die Privatisierung des Wassers

d.a. Dieses sorgt unter der Bevölkerung bereits für beträchtliche Unruhe.

Und: es ist nicht unser Ziel!
D
ie Wasserversorgung soll also liberalisiert werden. Zumindest in unserem Nachbarland ist dagegen bereits eine Petition lanciert worden, da etwa 82 % der Deutschen weiterhin für eine Kontrolle der Wasserversorgung durch Städte und Kommunen sind. Hierzu vermerkten die Deutschen MittelstandsNachrichten[1] Mitte Januar: »Zuerst kommt der Bailout, dann der Ausverkauf der Existenzgrundlagen«. Jedenfalls treibt die EU die Privatisierung der Wasserbetriebe in den Schuldenstaaten voran. »Die Troika aus EU, IWF und EZB hat die Schuldenkrise zum Anlass genommen, Griechenland und Portugal dazu zu zwingen, ihre Wasserversorger zu verkaufen. Die unter Druck geratenen Regierungen willigen gerne ein, die Bevölkerung erfährt von den Vorgängen meistens nichts. Der Westdeutsche Rundfunk Köln [WDR] hat laut obiger Zeitung über das Vorgehen der EU in Portugal ausführlicher berichtet. Dort werde die Privatisierung der Wasserbetriebe Aguas vorangetrieben. Die Lage nach der Privatisierung habe sich dramatisch verschlechtert, so dass das Wasser aus öffentlichen Brunnen in Portugal seit der Privatisierung angeblich nicht mehr trinkbar sein soll. Die Rechnungen der Bürger sind inzwischen um bis zu 400 % angestiegen, was zu Protesten gegen die hohen Preise geführt hat. In Griechenland sollen die Wasserwerke in Athen und Thessaloniki zum Verkauf stehen. Krisenländer brauchen Geld und machen mit dem Verkauf der Wasserlizenzen kurzfristig Gewinn.«

Wie es ferner heisst, ändert die EU die Richtlinien für den Wassermarkt. »EU-weit soll so eine Marktöffnung vorangetrieben werden. Ganz nebenbei wird dadurch die Privatisierung der Wasserversorgung in ganz Europa ermöglicht.« Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Michel Barnier hat zwar »beteuert, lediglich den Markt neu ordnen zu wollen«, was er in folgende Worte zu kleiden beliebte: »Jede deutsche Kommune wird weiterhin über ihr Wasser entscheiden können. Jetzt aber geben wir die Möglichkeit, das Wasser auch einem privaten Partner  anzuvertrauen«. Er scheut sich nicht einmal, hinzuzufügen, dass dies »zum Wohl des Verbrauchers« geschehe. Es ist schon unglaublich, mit welcher Dreistigkeit uns eine Erklärung dieser Art präsentiert wird, obwohl längst ersichtlich ist, dass die Kämpfe um das Wasser erst richtig einsetzen werden. Man kann nur davon ausgehen, dass uns Barnier hier gerne für unwissend halten möchte, denn bei dem in der EU herrschenden Lobbyeinfluss hat das Vertrauen in die Konzerne längst schwer gelitten. So legen auch die MittelstandsNachrichten im weiteren dar, dass »die Privatisierung des Wassermarkts ausschließlich von Industrielobbyisten vorangetrieben wird, die sich den Markt unter den Nagel reißen wollen. Dazu werden die Wasserlizenzen europaweit ausgeschrieben. Wasser ist Spekulationsobjekt und wird von großen Konzernen gehandelt. Das Volumen des Wassermarktes in der EU wird auf einen 3-stelligen Milliardenbetrag geschätzt. Das reizt private Firmen und Anleger. Die Beigabe von Chlor und anderen Zusatzstoffen wird von privaten Firmen bevorzugt, da sie den Verfall der Rohrsysteme hinauszuzögern und die Kosten gering halten.«   

Auch die Südwestfunknachrichten haben sich am 23. Januar mit diesem Thema befasst. Werner Eckert von der Redaktion Umwelt und Ernährung äusserte sich dort u.a. wie folgt: »Im Zuge der Liberalisierung sollen sich die deutschen Versorger also dem internationalen Wettbewerb stellen. Kritiker sprechen von einer Privatisierung durch die Hintertür und sammeln bereits Unterschriften für ein Menschenrecht auf Wasser. Ihre Befürchtung: Demnächst kümmern sich dann nicht mehr staatliche Versorger um unser Wasser, sondern private Konzerne.  Die Frage: Wenn die EU den Wassermarkt öffnet, ist die Wasserversorgung dann in irgendeiner Form gefährdet? beantwortete Eckert wie folgt: Sicherlich nicht! Dazu ist das deutsche System zu stabil. Aber man muß schon sehen, daß es berechtige Sorgen gibt, und daß dies auf die Dauer auch anders werden kann  - wenn man erst einmal privaten Nutzen aus der Wasserversorgung ziehen will, wenn man seine Aktionäre als Unternehmen bedienen will - und nicht in erster Linie den Wasserkunden! Was den Preis angeht, kann man davon ausgehen, daß er in Deutschland durch die Konkurrenz zunächst einmal eher etwas niedriger werden wird. Es ist aber nicht gesagt, daß das so bleibt! Stuttgart hatte z.B. vor 10 Jahren sein Wassernetz verkauft, will das jetzt aber - wegen steigender Kosten - wieder zurückkaufen. Und die Stadt wird sehr, sehr viel dafür zahlen müssen. Ein solches öffentliches Netz wird für relativ wenig Geld verkauft. Die Betreiber arbeiten mit diesem System 10 bis 20 Jahre lang und quetschen alles raus, was an Geld rauszuholen ist, investieren aber nichts in das Leitungssystem..... Nach 1-2 Jahrzehnten ist dann alles so kaputt, daß die Unternehmen dringend einen Helfer brauchen; und dann geht das Ganze wieder zurück an den Staat. Der darf es dann  sanieren und legt das Geld wieder auf die Verbraucher um. Alle sagen dann Der Staat hat mal wieder die Preise erhöht. - Nein, es waren die Privaten, die das System ausgelutscht haben. Das ist wohl die größte Gefahr, die bei einer durchgehenden Privatisierung besteht.  [2]   

Alle drei Jahre, schrieb Wolfgang Pomrehn bereits 2006 in der jungen Welt, »veranstalten die  Lobby-Organisationen der privaten Wasserkonzerne, wie etwa der World Water Council, gemeinsam mit der Weltbank und dem IWF ein Weltwasserforum. Diese Zusammenkünfte, das letzte fand Mitte März 2006 mit fast 20000 Besuchern in Mexico City statt, geben sich gern einen offiziellen Anschein, als würden sie für die internationale Staatengemeinschaft sprechen. Tatsächlich haben die Veranstaltungen jedoch keinerlei Legitimation der Vereinten Nationen. Ihr wesentlicher Inhalt ist das Werben für private Investitionen in den Wassersektor und deren Absegnung durch Entwicklungshilfeorganisationen. Dementsprechend vernichtend fiel denn auch in Mexico City die Kritik eines Alternativforums lokaler Initiativen aus Nord- und Südamerika aus: »Wir lehnen alle Formen der Privatisierung, einschließlich der sogenannten öffentlich-privaten Partnerschaften ab, da sie überall auf der Welt ihr vollständiges Versagen demonstriert haben.« Wasser dürfe weder Bestandteil der WTO-Verhandlungen noch anderer Freihandelsabkommen werden, so die Privatisierungsgegner. Die Weltbank und der IWF, legt der Autor dar, drängen im Auftrag der großen Konzerne auf die Privatisierung der Wasserversorgung. Rund 20 Milliarden US-Dollar wurden zwischen 1990 und 2002 von der Weltbank an Krediten für Wasserprojekte  vergeben. Rund ein Drittel davon war mit der Auflage verbunden, die Wasserbetriebe zu privatisieren. Der IWF hingegen vergibt zwar keine Investitionskredite, stellt jedoch Geld zur Verfügung, wenn Staaten in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Allerdings sind diese meist ebenfalls mit zahlreichen Auflagen verbunden, zu denen oft die Privatisierung öffentlicher Unternehmen gehört.  

Auch in der Europäischen Union wird das Wasser längst vor allem als Ware verstanden, für die durch Deregulierung und Privatisierung ein Markt hergestellt werden müsse. 1990 hatten weltweit nur zwölf Staaten eine private Wasserwirtschaft, im Jahre 2002 waren es bereits 56. Beispiele wie Argentinien oder Bolivien, wo den europäischen und US-amerikanischen Wasserkonzernen nach erfolgter Übernahme der Wind ins Gesicht bläst, sind bisher die große Ausnahme. Doch der Zug ist keineswegs schon abgefahren. Bisher sind weltweit erst 5 % aller Wasserwerke privatisiert. Aber unterschiedlichen Schätzungen zufolge wären mit Trinkwasser jährlich zwischen 400 Milliarden und 3 Billionen US-$ umzusetzen, wenn das lebenswichtige Gut umfassend zur Handelsware degradiert werden könnte. Das weckt Begehrlichkeiten. Die großen Profiteure der Entwicklung sind die deutsche RWE, und die französischen Großkonzerne Vivendi und Suez. RWE erzielt rund 20 %  seines Gewinns im Wassergeschäft, obwohl dieses nur etwa 4 % seiner Umsätze ausmacht. Das gibt einen Eindruck davon, welch traumhafte Renditen mit einem der elementarsten Bedürfnisse der Menschen zu erzielen sind.«  [3]  

Was sich auf dem Sektor Privatisierung sonst noch ereignet, lässt sich für meine Begriffe mit dem gesunden Menschenverstand nicht mehr nachvollziehen. Hierzu der Bericht der Deutschen MittelstandsNachrichten: »Nur einen Tag, nachdem David Cameron seine EU-Rede gehalten hat, belegt die EU Großbritannien mit einer Strafe in Höhe von 300.000 € pro Tag. Der offizielle Grund: Der britische Energiesektor sei nicht schnell genug liberalisiert worden. Der deutsche EU-Kommissar Günter Öttinger bestreitet jeden Zusammenhang mit dem Referendum. EU-Ratspräsident Van Rompuy nimmt den britischen Premier beim Wort: auf seiner EU-Grundsatzrede am 23. 1. hat Cameron nicht nur seine Ankündigung bekräftigt, er wolle den Briten die Entscheidung über einen Verbleib in der EU per Votum überlassen. Er forderte die EU auch dazu auf, den einheitlichen europäischen Binnenmarkt endlich vollständig umzusetzen. Wenn der europäische Markt bei den Dienstleistungen, im Energiesektor und im digitalen Bereich unvollständig bleibt, sei er nur halb so erfolgreich, wie er es sein könne, sagte Cameron. Die Antwort folgte nach einer Schrecksekunde: Die EU-Kommission fordert Großbritannien dazu auf, eine Strafe in Höhe von 300.000 € pro Tag zu zahlen, bis es seinen Energie-Sektor gemäß den EU-Vorgaben liberalisiert hat. Ein Sprecher von Öttinger versicherte der Financial Times London indessen, daß es sich bei der Forderung jedoch keineswegs um eine politische Entscheidung handle. Vielmehr sei der Zeitpunkt sehr unglücklich gewählt. Tatsächlich bekommen die Mitgliedstaaten der EU eine lange Vorlaufzeit und werden immer wieder gewarnt, wenn Fristen zur Umsetzung der EU-Direktiven auslaufen. Im Bereich der Energie-Gesetzgebung sind diese Fristen bereits seit Mai 2011 abgelaufen. Seitdem erhält Großbritannien immer wieder schriftliche Mahnungen aus Brüssel. Dabei haben bis auf Nordirland alle Länder Großbritanniens die EU-Vorgaben bereits umgesetzt. Bis auch Nordirland soweit ist, könnte es noch etwas dauern, so ein Sprecher der britischen Regierung. Einen genauen Zeitpunkt gibt es noch nicht. Man sei aber zuversichtlich, daß bis April 2013 alles erledigt sei. Bis dahin könnten in Brüssel 18 zusätzliche Millionen Euro an Strafgeldern aus London eingetroffen sein.«  [4]  Zum Schaden der Briten. 

Wie in dem Bericht zur Bilderberger-Konferenz des Jahres 2005 festgehalten, hatte sich das Europäische Parlament in Strassburg bis anhin nur mit knapper Mehrheit gegen die Liberalisierung des Wassersektors ausgesprochen. Kaum nachvollziehbar ist, dass von den 45 deutschen CDU/CSU-Abgeordneten damals 40 und die Abgeordneten der FDP geschlossen für eine Liberalisierung und damit für die Preisgabe der kommunal bestimmten Wasserversorgung gestimmt hatten.  [5]   

Strafen sind längst ein Bestandteil der Brüsseler Regierungsform. Auf diese Weise lassen sich Länder mittels absurd hohen Strafgebühren in die Knie zwingen. Insofern kann es kaum ausbleiben, dass Verfahren dieser Art Assoziationen zu Mittelalter und Daumenschrauben auslösen...….. Es erstaunt, dass dies im Falle Englands keinen Aufstand im britischen Parlament zeitigte; es sei denn, es wäre darüber nichts zu erfahren. Wir können uns schon einmal ausmalen, was an Strafen auf uns zukäme, sollte bei einer durch die EU erzwungenen generellen Wasserprivatisierung ein Verzögerungsfall eintreten. Wer wollte es also Cameron verdenken, wenn er ein Referendum über den Verbleib seines Landes in der EU für richtig hält.    


[1]  Quelle: http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2013/01/49591/    19. 1. 13  
Die EU treibt in den Schuldenstaaten die Privatisierung der Wasserbetriebe voran 
[2] 
http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=10900334/7thb0p/index.html 
23. 1. 13  Privatisierung der Wasserwirtschaft 
[3]  http://www.jungewelt.de/2006/08-19/009.php    19. 8. 2006  
Traumhafte Renditen locken - RWE drängt auf Privatisierung: Geschäft mit dem Wasser garantiert Rekordgewinne - Wolfgang Pomrehn 

[4]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/01/26/van-rompuys-rache-bruessel-verhaengt-strafe-ueber-london/   26. 1. 13  Van Rompuys Rache: Brüssel verhängt Strafe gegen London 
[5]  http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=144  
Die Bilderberger-Konferenz 2005