Das Schicksal des Mittleren Ostens hängt in der Waage - Von Shamus Cooke

Das Endspiel um Syrien naht schnell: Das Tempo der Ereignisse in Syrien hat sich

in den letzten Wochen beschleunigt. Die Regierungskräfte haben signifikante Siege über die Rebellen errungen, was eine Mischung von kriegerischen Provokationen und Friedensangeboten seitens der Vereinigten Staaten und deren Anti-Assad-Alliierten hervorgerufen hat. Mit Obamas Segen griffen israelische Kampfflugzeuge vor kurzem dreimal an. So wurden durch einen massiven Luftangriff auf eine militärische Einrichtung in Damaskus 42 syrische Soldaten getötet. Kurz danach stimmte Obama endlich einer Friedenskonferenz mit Rußland zu; Rußland hatte solche Gespräche seit Monaten gefordert. Obama geht in diese Gespräche in einer geschwächten Position: die syrische Regierung gewinnt den Krieg gegen die von der USA gestützten Rebellen, und ein Erfolg auf dem Boden ist die Trumpfkarte aller Friedensverhandlungen. 

Obama und die Rebellen sind zur Zeit nicht in einer Position, um von Syrien irgendetwas fordern zu können. Es ist möglich, daß Obama eine weitere Demütigung bei seiner Einmischung in Syrien durch eine gesichtswahrende Friedensvereinbarung in letzter Minute vermeiden möchte. Nicht weniger wahrscheinlich ist jedoch, daß diese Friedensgespräche ein raffinierter diplomatischer Trick sind, während in Wirklichkeit ein Krieg beabsichtigt ist. Es ist nicht ungewöhnlich für Friedensgespräche, daß diese abgebrochen und als Rechtfertigung für eine Intensivierung des Krieges verwendet werden, frei nach dem Motto wir haben alles versucht, um einen Frieden zu erreichen, aber es war nicht möglich. Und Obama hat viele Gründe, mit mehr Krieg fortzufahren: er würde unglaublich schwach dastehen, bliebe der syrische Präsident an der Macht, nachdem Obamas Administration bereits bekanntgegeben hat, daß die Zeit des Assad-Regimes vorbei sei und eine alternative Regierung aus syrischen Exilanten zusammengestellt werde, die die USA und ihre Alliierten als die rechtmäßige Regierung Syriens behandeln.

Über Obamas syrische Marionettenregierung berichtete die BBC: »Die politische Führung der syrischen Opposition, die in internationalen Hauptstädten umherreist, Konferenzen besucht und große Reden schwingt, wird von niemandem geführt. Sie hat kaum die Kontrolle über die im gleichen Raum befindlichen Delegierten, von den Kämpfern draußen gar nicht zu reden.« Sollte ein Friedensabkommen erreicht werden, so werden diese syrischen Exilanten, auf die in der Tat nur eine kleine Minderheit der kämpfenden Rebellen hört, diejenigen sein, die das Abkommen unterzeichnen. Viele Politiker in den Vereinigten Staaten fordern auf Grund der unbewiesenen Anschuldigung, die syrische Regierung hätte chemische Waffen gegen die Rebellen eingesetzt, noch immer lautstark Krieg gegen Syrien. Tatsächlich hat die UNO jedoch angedeutet, daß das Gegenteil stimme: Es gebe stichhältige Hinweise, daß es die von der USA gestützten Rebellen waren, die chemische Waffen gegen die syrische Regierung eingesetzt haben. Natürlich hat es letztere Tatsache nur auf die letzten Seiten der US-Medien geschafft, wenn überhaupt darüber berichtet wurde. Ähnlich schlimme Nachrichten betreffen die von den US-gestützten Rebellen begangenen groß angelegten ethnischen und religiösen Säuberungen sowie zahlreiche  Menschenrechtsverletzungen; auch diese waren nicht auf den Titelseiten zu finden. Die zahlreichen von den Rebellen begangenen terroristischen Bombenanschläge, denen Zivilisten zum Opfer fielen, wurden von den Politikern und Medien der Vereinigten Staaten gleichermaßen weitgehend ignoriert. Die Position der USA wird ferner durch die Tatsache geschwächt, daß es sich bei der Mehrheit der kämpfenden Rebellen um islamische Extremisten handelt, die für Jihad und Scharia kämpfen und nicht für Demokratie. The Guardian schrieb vor kurzem: »Syriens hauptsächliche bewaffnete Oppositionsgruppe, die Freie Syrische Armee (FSA), verliert Kämpfer und Potential an die Jabhat al-Nusra, eine islamistische Organisation mit Verbindungen zu al-Qaida; sie hat sich als die am besten ausgestattete und am besten finanzierte motivierte Kraft herausgestellt, die gegen Bashar al-Assads Regime kämpft.« Und die New York Times fügte hinzu: »Nirgends in dem von den Rebellen kontrollierten Teil Syriens gibt es eine säkulare kämpfende Kraft, die der Rede wert wäre.« 

Trotz all dieser Barrieren, die die USA daran hindern, der syrischen Regierung ihre Bedingungen zu diktieren, hält Obama dennoch eigene Trümpfe in der Hand: das Militär der Vereinigten Staaten und Israels. Es ist möglich, daß israelische Luftangriffe gegen Syrien in der vorgeschlagenen Friedenskonferenz als Verhandlungsargument benutzt werden. Nämlich für den Fall, daß Obama droht, Syrien in die Steinzeit zurückzubomben: und dafür gibt es genügend Hinweise: Afghanistan, Irak, Libyen - um die Drohung zu untermauern. Diese Art von Drohung einzusetzen wird in der Tat von vielen US-Politikern als intelligente Außenpolitik betrachtet; wenn ein Land, das nicht mit der USA verbunden ist, als Widersacher geschwächt und aufgesplittert wird, wird dadurch auch das letzte Hindernis für einen Krieg gegen den Iran abgebaut. Die US-Außenpolitik ist jetzt gänzlich auf den Einsatz einer Drohung mit Vernichtung angewiesen. Nachdem die Wirtschaftsmacht der USA im Vergleich zu China und anderen Ländern gesunken ist, wurde das wirtschaftliche Zuckerbrot zugunsten der militärischen Peitsche beiseite gelegt. Jede Menge außenpolitischer Experten in den Vereinigten Staaten fordern, daß Obama wieder die Peitsche hervorholt, um unter Beweis zu stellen, daß die Außenpolitik der USA mehr ist als nur Gespräche ohne Taten.

Das ist das Wesen der Einmischung der Vereinigten Staaten von Amerika in Syrien: sie riskiert  einen regionalen Krieg, der den Libanon, die Türkei, den Irak, Israel, den Iran, Jordanien und Saudi-Arabien mit einschließen könnte, mit dem Potential, auch die größeren Mächte, die mit diesen Ländern verbunden sind, mit hineinzuziehen, nämlich die USA und Europa auf der einen Seite und Rußland und China auf der anderen. Das Schicksal des bereits geplagten Mittleren Ostens hängt in der Waage.  [1]  

Neueste Berichte aus Syrien, schreibt hierzu Prof. Michel Chossudovsky [2], lassen vermuten, daß Amerika und seine Verbündeten dabei sind, ihren geheimen Krieg zur Unterstützung der Schabhat al-Nusra  [Jabhat al-Nusra - »Unterstützungsfront für das syrische Volk«]  zu verlieren. In den letzten Wochen mußten die von der USA geförderten und mit al-Qaida verbündeten Rebellen schwere Verluste durch die syrischen Streitkräfte hinnehmen. Mit Unterstützung Rußlands und des Irans hat die syrische Armee eine landesweite Offensive begonnen. Dabei konnten die Waffenlieferungen unterbrochen werden: »….. Die syrische Armee konzentrierte sich darauf, die ›Rebellen‹ auszuhungern und sie von den Versorgungsrouten und Waffenkorridoren, die im wesentlichen über den Norden des Libanons, die Türkei und Jordanien verliefen, abzuschneiden.« [3]  Die Schabhat al-Nusra setzt sich zum größten Teil aus Söldnern zusammen, die in der Türkei, Saudi-Arabien und Katar angeworben wurden. In die Gruppe wurden auch verdeckt operierende [westliche] Spezialeinheiten und Militärberater integriert. Diese mit al-Qaida verbundene Terrorgruppe, die direkt aus Washington finanziert wird, bildet die Stoßtruppe des westlichen Militärbündnisses. Wie der amerikanische Fernsehsender CNN bestätigte, wurden die al-Nusra-Terroristen von Spezialkräften, die für das Pentagon arbeiten, auch im Umgang mit chemischen Waffen unterwiesen: »Bei der Ausbildung für chemische Waffen, die in Jordanien und der Türkei stattfindet, wird auch vermittelt, wie man Lager überwacht und sichert, und wie man mit Waffenlagern und anderem Material umgeht, berichten Quellen. Einige der Vertragspartner des Pentagons arbeiten bei der Überwachung der Lager in Syrien mit den Rebellen vor Ort zusammen, berichtete ein Regierungsvertreter. Die Staatsangehörigkeit der Ausbilder wurde nicht preisgegeben, aber die Regierungsvertreter warnten vor dem Schluß, es handle sich ausschließlich um Amerikaner.« [CNN, 9. Dezember 2012] Und wenn dann alle al-Qaida-Rebellen im Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch vom Pentagon angeheuerte Militärausbilder unterwiesen wären, würde die syrische Regierung für den Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen die eigene Bevölkerung verantwortlich gemacht. Die amtliche syrische Nachrichtenagentur SANA berichtete am 12. Mai ausführlich über Einzelheiten des militärischen Vorgehens der syrischen Streitkräfte gegen die al-Nusra-Rebellen in verschiedenen Teilen des Landes. Es ist schon eine bittere Ironie, daß die Schabhat-al-Nusra-Terroristen einerseits direkt vom Pentagon unterstützt und finanziert werden, andererseits vom amerikanischen Außenministerium auf die Liste der Terror-Organisationen gesetzt wurden. Die jüngste Initiative des amerikanischen Außenministers John Kerry hat wesentlich dazu beigetragen, die Versorgung der Terroristen mit Waffen und Geld unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe massiv auszuweiten. Und jetzt, da die von den westlichen Geheimdiensten geschaffene und unterstützte Schabhat al-Nusra von den syrischen Streitkräften zerrieben wird, fordern die USA und ihre Verbündeten offene Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung für die eher moderaten nichtislamistischen Rebellengruppen. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius erklärte, Frankreich wolle seine Unterstützung des Syrischen Nationalrats verstärken. Er betonte, diese Organisation müsse »wachsen, auf Einigkeit hinarbeiten und eindeutig die Rechte aller Gemeinschaften im Falle eines Regimewechsels garantieren«. 

Diese Entwicklungen deuten darauf hin, daß die Rebellen der Schabhat al-Nusra lediglich als Kanonenfutter dienen. Sie werden nicht länger unterstützt und als Freiheitskämpfer gefeiert. In Absprache mit seinen westlichen Verbündeten hat Washington entschieden, seine al-Qaida nahestehenden Fußsoldaten zu opfern. Diejenigen, die den weltweiten Krieg gegen Terrorismus führen, unterstützen also Terroristen. Aber auch das dient einem guten Zweck: Die Unterstützung guter Terroristen dient der »Förderung der Demokratie«.     


[1]  Quelle: http://antikrieg.com/aktuell/2013_05_21_dasschicksal.htm  Orginal auf  http://www.counterpunch.org/2013/05/13/syria-endgame-approaching-fast/  May 13, 2013
The Fate of the Middle East in the Balance - Syria Endgame Approaching Fast - by Shamus Cook [2]  Quelle auszugsweise:  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/prof-michel-chossudovsky/amerika-verliert-seinen-verdeckten-krieg-in-syrien-die-von-den-usa-unterstuetzten-an-nusra-rebellen.html;jsessionid=D1F4721A6A9F9F94862D049E20F48FD4   20. 5. 13 Prof. Michel Chossudovsky - Amerika verliert seinen verdeckten Krieg in Syrien: Von der USA unterstützte Al-Nusra-Rebellen unterliegen den syrischen Streitkräften  
[2]  Siehe dazu: Phil Greaves, »Buying Time in Syria«, Global Research, May 11, 2013