Mehr als ein Polizeistaat: Ein Polizei-Empire

Die weitergehenden Enthüllungen durch den ehemaligen Zuarbeiter der NSA

Edward Snowden haben über jeden Zweifel erwiesen, was der Nachrichtenbrief Strategic Alert seit seiner  Gründung behauptet: Die Vereinigten Staaten sind zum Juniorpartner eines neu formierten Britischen Empire geworden. Nicht nur überschattet der Umfang der britischen Ausspähaktivitäten die amerikanischen Programme, Zielscheibe dieser Stasi-artigen Operationen sind Politiker und Aktivisten, die sich dem Empire widersetzen. Das wird offensichtlich an den Enthüllungen über den Londoner G-20-Gipfel im April 2009, als der britische Geheimdienst die Computer von Staatschefs, Finanzministern und ihren Mitarbeitern überwachte und ihre Telefongespräche abhörte, um an die Informationen zu gelangen, die bei dem Treffen nützlich für die Erlangung des gewünschten Resultats waren. Das gewünschte Resultat war, alle Vorstöße zur Reform des Bankensektors durch Schließung des spekulativen Bereichs zu blockieren und der Londoner City die Kontrolle über das weltweite System von Bankenrettungen auf Kosten von Steuerzahlern und Bankeinlegern zu verschaffen. Dieses Resultat wurde auch erreicht, wie in der offiziellen Abschlußerklärung des G-20-Treffens nachzulesen ist: Es wurde beschlossen, daß das Forum für Finanzstabilität (FSF), ein Instrument der von London kontrollierten Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Vorschläge zur Bankenreform zusammenfassen und voranbringen sollte. Das war der offizielle Start der mittlerweile weltweit durchgesetzten Bail-in-Regelung. Später wurde das Forum in das Amt für Finanzstabilität (FSB) umbenannt und mit der Vollmacht versehen, Regierungen Reformen zu oktroyieren.

Bei jenem G-20-Treffen wurde die Gegenseite vom italienischen Finanzminister Giulio Tremonti angeführt, der lautstark ein Neues Bretton Woods verlangt hatte, wodurch das Bankensystem einem Konkursverfahren unterzogen worden und wieder Produktionskredit in die Wirtschaft geflossen wäre. Tremontis Initiative wurde vom britischen Finanzminister Gordon Brown übernommen und in ihr Gegenteil verkehrt. Von den entscheidenden Verhandlungen beim Londoner Gipfel wurde Tremonti sogar ausgeschlossen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zog  am 17. 6. 13 dieselbe Verbindung: »London, am 2. April 2009. Die  Regierungschefs der G-20 treffen sich, um die Welt vor dem Finanzkollaps zu retten. Gordon Brown will eine besonders gute Figur machen, und er hat ein Ziel: Öffentliche Rettungsgelder für die Bankenbranche ohne nervige Auflagen, das möchte er und das möchten zufällig auch seine Freunde, die Lobbyisten von der Londoner City. Aber wollen die anderen Staats- und Regierungschefs das auch? Brown brauchte Hilfe von den Agenten ihrer Majestät.« Und wie die Enthüllungen im Guardian zeigen,   halfen die Dienste dem Premier. »Es war damals gewagt, die Banken mit öffentlichen Geldern zu stützen, ohne störende Kontrollen einzuführen. Aber er gelang Brown und seinen Bonds. Heute sind die Staaten überschuldet, nicht mehr die Banken.« 

Die G-20-Episode ist nur ein Beispiel von vielen. Der frühere NSA-Mann Russ Tice, einer der wichtigsten Informanten für den ersten explosiven Bericht der New York Times über die illegalen Ausspähprogramme der Regierung Bush 2005, hat erklärt, die eigentlichen Ziele dieser anglo-amerikanischen Spionage seien Regierungsleute, Richter und hohe Militärs sowie Kongreßpolitiker und deren Mitarbeiter, bis hinunter zur Ebene der Wahlkreise. In einem Interview mit Peter B. Collins am 19. 6. 13 sagte Tice: »Ich könnte Ihnen Namen einer ganzen Menge unterschiedlicher Leute nennen, hinter denen sie her waren; die Namen und Telefonnummern von Mitgliedern des Kongresses. Nicht nur diese Namen, sondern offenbar auch Mitarbeiter, und nicht nur Mitarbeiter ihrer Büros in Washington, sondern auch ihrer Büros in den Wahlkreisen ihrer Heimatstaaten und ähnliches. Das ist unglaublich, was die NSA gemacht hat. Meiner Ansicht nach wurde daraus einfach eine Schurkenbehörde mit denselben Möglichkeiten wie die des FBI-Chefs J. Edgar Hoover, aber in monströsem Ausmaß, wie mit Doping.« Es läßt sich nicht länger verheimlichen, daß das Empire der Globalisierung Polizeistaatsmethoden benutzt, nicht um Terrorismus zu bekämpfen, sondern um politische Opposition auszuschalten. So gelang es ihm 2008-09, ernsthafte Vorstöße für Wirtschaftsreformen zu vereiteln, und die Macht der Londoner City über geschwächte Regierungen nahm massiv zu. Die gleichen Methoden werden benutzt, um Widerstand gegen militärische Abenteuer in Nordafrika und Südwestasien zu unterdrücken. 

Quelle: Strartegic Alert, Jahrgang 26, Nr. 26 vom 26. Juni 2013