Mehr als ein Polizeistaat: Ein Polizei-Empire 07.07.2013 20:47
Die weitergehenden Enthüllungen durch den ehemaligen Zuarbeiter der NSA
Edward Snowden haben
über jeden Zweifel erwiesen, was der Nachrichtenbrief ›Strategic Alert‹ seit
seiner Gründung behauptet: Die
Vereinigten Staaten sind zum Juniorpartner eines neu formierten Britischen
Empire geworden. Nicht nur überschattet der Umfang der britischen Ausspähaktivitäten
die amerikanischen Programme, Zielscheibe dieser Stasi-artigen Operationen sind
Politiker und Aktivisten, die sich dem Empire widersetzen. Das wird
offensichtlich an den Enthüllungen über den Londoner G-20-Gipfel im April 2009,
als der britische Geheimdienst die Computer von Staatschefs, Finanzministern
und ihren Mitarbeitern überwachte und ihre Telefongespräche abhörte, um an die
Informationen zu gelangen, die bei dem Treffen nützlich ›für die Erlangung des
gewünschten Resultats‹ waren. Das ›gewünschte Resultat‹ war, alle Vorstöße zur Reform des Bankensektors
durch Schließung des spekulativen Bereichs zu blockieren und der Londoner City
die Kontrolle über das weltweite System von Bankenrettungen auf Kosten von Steuerzahlern
und Bankeinlegern zu verschaffen. Dieses Resultat wurde auch erreicht,
wie in der offiziellen Abschlußerklärung des G-20-Treffens nachzulesen ist: Es
wurde beschlossen, daß das Forum für Finanzstabilität (FSF), ein Instrument der
von London kontrollierten Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die
Vorschläge zur Bankenreform zusammenfassen und voranbringen sollte. Das war der
offizielle Start der mittlerweile weltweit durchgesetzten ›Bail-in‹-Regelung. Später
wurde das Forum in das Amt für Finanzstabilität (FSB) umbenannt und mit der
Vollmacht versehen, Regierungen Reformen zu oktroyieren.
Bei jenem G-20-Treffen
wurde die Gegenseite vom italienischen Finanzminister Giulio Tremonti angeführt,
der lautstark ein ›Neues Bretton Woods‹ verlangt hatte, wodurch das Bankensystem
einem Konkursverfahren unterzogen worden und wieder Produktionskredit in die
Wirtschaft geflossen wäre. Tremontis Initiative wurde vom britischen
Finanzminister Gordon Brown übernommen und in ihr Gegenteil verkehrt. Von den
entscheidenden Verhandlungen beim Londoner Gipfel wurde Tremonti sogar
ausgeschlossen. Die ›Frankfurter Allgemeine Zeitung‹ zog am
17. 6. 13 dieselbe Verbindung: »London, am 2. April 2009. Die
Regierungschefs der G-20 treffen sich, um die Welt vor dem Finanzkollaps
zu retten. Gordon Brown will eine besonders gute Figur machen, und er hat ein
Ziel: Öffentliche Rettungsgelder für die Bankenbranche ohne nervige Auflagen,
das möchte er und das möchten zufällig auch seine Freunde, die Lobbyisten von
der Londoner City. Aber wollen die anderen Staats- und Regierungschefs das
auch? Brown brauchte Hilfe von den Agenten ihrer Majestät.« Und wie die Enthüllungen im ›Guardian‹ zeigen, halfen die Dienste dem Premier. »Es war damals gewagt, die Banken mit
öffentlichen Geldern zu stützen, ohne störende Kontrollen einzuführen. Aber er
gelang Brown und seinen Bonds. Heute sind die Staaten überschuldet, nicht mehr
die Banken.«
Die G-20-Episode ist
nur ein Beispiel von vielen. Der frühere NSA-Mann Russ Tice, einer der wichtigsten
Informanten für den ersten explosiven Bericht der ›New York Times‹ über die illegalen Ausspähprogramme der Regierung
Bush 2005, hat erklärt, die eigentlichen Ziele dieser anglo-amerikanischen
Spionage seien Regierungsleute, Richter und hohe Militärs sowie
Kongreßpolitiker und deren Mitarbeiter, bis hinunter zur Ebene der Wahlkreise.
In einem Interview mit Peter B. Collins am 19. 6. 13 sagte Tice: »Ich könnte Ihnen
Namen einer ganzen Menge unterschiedlicher Leute nennen, hinter denen sie her
waren; die Namen und Telefonnummern von Mitgliedern des Kongresses. Nicht nur
diese Namen, sondern offenbar auch Mitarbeiter, und nicht nur Mitarbeiter ihrer
Büros in Washington, sondern auch ihrer Büros in den Wahlkreisen ihrer
Heimatstaaten und ähnliches. Das ist unglaublich, was die NSA gemacht hat.
Meiner Ansicht nach wurde daraus einfach eine Schurkenbehörde mit denselben
Möglichkeiten wie die des FBI-Chefs J. Edgar Hoover, aber in monströsem Ausmaß,
wie mit Doping.« Es läßt sich nicht länger verheimlichen, daß das Empire der Globalisierung
Polizeistaatsmethoden benutzt, nicht um Terrorismus zu bekämpfen, sondern
um politische Opposition auszuschalten. So gelang es ihm 2008-09,
ernsthafte Vorstöße für Wirtschaftsreformen zu vereiteln, und die Macht der
Londoner City über geschwächte Regierungen nahm massiv zu. Die gleichen
Methoden werden benutzt, um Widerstand gegen militärische Abenteuer in
Nordafrika und Südwestasien zu unterdrücken.
Quelle: Strartegic
Alert, Jahrgang 26, Nr. 26 vom 26. Juni 2013
|