Die »Snowden-Affäre« und der Niedergang der Präsidentschaft Obamas 14.07.2013 23:37
Während die sogenannte »Snowden-Affäre« die Medienberichte auf beiden Seiten
des
Atlantiks noch immer füllt, sind die Behauptungen des 30jährigen Edward Snowden
über massive illegale Ausspähprogramme der Nationalen Sicherheitsbehörde [NSA]
der USA nur im Kontext des zunehmenden Niedergangs der Präsidentschaft Obamas
zu verstehen. Snowdens Bekanntmachen der Ausspähaktivitäten der amerikanischen
Geheimdienste innerhalb der Vereinigten Staaten sowie gegen die ›Verbündeten‹ der USA in Europa und Asien sind nur die letzten in einer ganzen
Serie zeitlich aufeinander abgestimmter Enthüllungen über illegale und verfassungswidrige
Programme, die unmittelbar nach den Anschlägen des 11. 9. 2001 in Gang gesetzt
wurden und unter Präsident Obama sogar noch massiv ausgeweitet wurden. Gut informierte
patriotische Kreise im Sicherheits- und Militär-Establishment der USA haben
gegenüber EIR [Executive Intelligence Review] darauf hingewiesen, daß die
innerhalb kurzer Zeit nacheinander bekannt gewordenen Skandale die Regierung
erschüttert haben. Die Enthüllungen kommen von Regierungsbeamten, die zu dem
Schluß gekommen sind, daß dem Machtmißbrauch der Exekutive in den
letzten 12 Jahren ein Ende gesetzt werden muß, bevor auch noch die
letzten Reste einer verfassungskonformen Regierung in der USA beseitigt sind. Weder
der US-Kongreß noch die Bundesgerichte, die eigentlich ein bedeutendes Gegengewicht
gegen die Mißbräuche der Exekutive sein sollten, haben ihre Aufgaben erfüllt,
und dies hat verschiedene Individuen in den betreffenden Bundesbehörden und
Ministerien zu dem mutigen Schritt veranlaßt, die Mißbräuche anzuprangern.
Die
Enthüllungen begannen vor zwei Monaten mit Anhörungen über den Anschlag vom 11.
9. 2012 in Bengasi, bei dem der US-Botschafter Christopher Stevens und 3
weitere Botschaftsmitarbeiter getötet wurden. Mitarbeiter des US-Außenministeriums
und der CIA enthüllten dabei Aspekte der Vertuschung der wahren Ereignisse in Bengasi,
und ein libyscher Waffenhändler gab Interviews, in denen er bestätigte, daß
Präsident Obama spätestens seit April 2012 verdeckt Waffen aus Libyen an die
syrischen Rebellen liefern ließ. In beiden Punkten hatte Präsident Obama die Öffentlichkeit
belogen. Dann kamen, wie wir berichteten, Enthüllungen über die Nutzung der
Steuerfahndung, um gegen konservative und progressive Gruppen, die die
Regierung Obama kritisierten, vorzugehen, gefolgt von Enthüllungen, daß das FBI
und die NSA Reporter der ›Associated
Press‹ und von ›Fox News‹ ausgespäht
hatten. Erst dann machten Snowdens Enthüllungen über das massive Inlandsausspähprogramm
der NSA Schlagzeilen. Was immer der Ausgang der »Snowden-Affäre« sein
wird: die kumulierte Wirkung dieser Enthüllungen war gewaltig. Die
amerikanisch-britische ›Sonderbeziehung‹, die unter Obama einen historischen
Höhepunkt erreichte, ist jetzt in ganz Europa Gegenstand intensiver Ermittlungen;
dies angesichts der Tatsache, daß England kürzlich eine formelle, von Seiten
der EU beabsichtigte Untersuchung der NSA-Ausspähprogramme, die in enger
geheimer Partnerschaft mit Großbritanniens eigenem riesigen Ausspähprogramm des
Kommunikations-Hauptquartiers der Regierung (GCHQ) im englischen Cheltemham
durchgeführt wurden, blockiert hat. Das Ausmaß dieser Ausspäh-Operationen, bei
denen sämtliche E-Mails und Mobiltelefongespräche überwacht, neun große
Internetanbieter ›angezapft‹, die EU-Büros in Washington und
Brüssel abgehört, sämtliche in der USA transportierte Briefkuverts fotografiert
und der weltweite finanzielle Datenverkehr überwacht werden - macht deutlich,
daß der eigentliche Zweck dieser Aktivitäten gar nicht darin besteht, ›Terroristen‹, die die nationale Sicherheit bedrohen, zu finden. Vielmehr
geht es darum, der Regierung im Kontext des immer mehr anwachsenden
Polizeistaats Handhaben gegen potentielle wirtschaftliche und politische Gegner
zu verschaffen. [1]
Der bekannte amerikanische Militäranalytiker Daniel Ellsberg, der 1971
die klassifizierten ›Pentagon papers‹ über den Vietnamkrieg verbreitete und in einem
Gerichtsprozeß angeklagt worden war, hat Edward Snowden jetzt am 8. Juli in der
›Washington Post‹ erneut
unterstützt. Das Verfahren gegen Ellsberg war 1973 eingestellt worden, nachdem u.a.
illegale Abhörmethoden der Regierung nachgewiesen werden konnten. Ellsberg sagt
in seinem Beitrag, daß diejenigen, die Snowden dafür angriffen, weil er
sich nicht den US-Justizbehörden stelle, wie er das damals nach der
Veröffentlichung der ›Pentagon papers‹ selbst getan hatte, unrecht hätten: »Das Land, in dem ich lebte, war ein anderes
Amerika, das war vor langer Zeit.« Er
erinnert daran, daß er seinerzeit auf Kaution freigelassen wurde und während
seiner zweijährigen Anklage mit Zeitungen sprechen sowie Reden bei
Demonstrationen und öffentlichen Veranstaltungen halten konnte. »Ich gehörte schließlich zu einer Bewegung, die den
Krieg beenden wollte. Diesen Krieg zu beenden, darum ging es mir vor allem. Das
hätte ich nicht außerhalb des Landes tun können und deshalb dachte ich nie
daran, die USA zu verlassen. Diese Erfahrung könnte man heute nicht
wiederholen. Schon gar nicht würde ein Gerichtsverfahren [wie damals das seine,
ed.] wegen Handlungen des Weißen Hauses gegen den Angeklagten, die in der Ära von
Präsident Nixon ganz klar kriminell waren, beendet werden. Das spielte angesichts
eines drohenden Amtsenthebungsverfahrens auch eine Rolle bei Nixons Rücktritt.
Heute werden die damaligen Maßnahmen gegen einen Angeklagten [einschließlich
eines Versuches, mich ›völlig kampfunfähig zu
machen‹], als legal betrachtet.«
Ellsberg sagte ferner, er hoffe, daß Snowden eine Bewegung zur Rettung
der Demokratie in Amerika bewirken könne. Solches würde jedoch mit Sicherheit
nicht möglich sein, »wäre er hiergeblieben. In
letzterem Fall würde er mit größter Wahrscheinlichkeit in totaler Isolierung
gehalten, und das noch länger als die acht Monate, die Brian Manning während
seiner 3jährigen Inhaftierung durchmachen mußte, bevor kürzlich sein
Gerichtsprozeß begann.« »Wenn wir
auf seine Informationen und seine Herausforderung eingehen, nämlich uns selbst
aus einer Überwachung zu retten, die außer Kontrolle geraten ist und die alle
praktische Macht an die Exekutive und ihre Geheimdienste übergibt - eine Vereinigte Stasi der USA [a United
Stasi of America] - dann hat Snowden
Amerika seine beste Chance gegeben.« Ellsberg
hatte schon am 5. Juni gesagt, er sei sicher, daß Präsident Obama in seinem
Fall heute versuchen würde, ihn zu lebenslanger Haft zu verurteilen.
Es wäre sicher verfehlt, die Enthüllungen über die
NSA-Überwachungsprogramme und den Widerstand dagegen als isolierte Ereignisse
zu betrachten. Immer mehr prominente Stimmen, und zwar aus dem liberalen Lager
wie auch aus führenden Militärkreisen in der USA, beziehen gegen die
britisch-imperial dominierte Politik Präsident Obamas Stellung. Daß die
kontrollierten Medien in Deutschland nicht darüber berichten, ändert nichts an
dieser Tatsache. Die europäischen Regierungen befinden sich zunehmend in der
peinlichen Lage, über ihre eigene Kollaboration Rechenschaft ablegen zu müssen.
Vor allem aber kommt der führenden Rolle Großbritanniens in der ganzen Affäre eine
besondere Bedeutung zu. Es ist also höchste Zeit, die Macht eines ›Empires‹ in Europa, das offenbar
mit allen Mitteln versucht, eine Glass-Steagall-Reorganisation seines
bankrotten Finanzsystems sowie die Rückgewinnung der Souveränität der Nationen
und die Verpflichtung zum Gemeinwohl zu verhindern, zu beenden. Der Kampf in
der USA um eine nicht-imperiale Verfassung und für die Menschenrechte ist dabei
ein wesentlicher Bezugspunkt für alle freiheitsliebenden Bürger in den
europäischen Nationen. [2]
Mehr als ein Polizeistaat: Ein Polizei-EmpireDie weitergehenden
Enthüllungen durch den ehemaligen Zuarbeiter der NSA Edward Snowden haben über jeden
Zweifel erwiesen, was der Nachrichtenbrief ›Strategic Alert‹ seit seiner Gründung behauptet: Die Vereinigten Staaten
sind zum Juniorpartner eines neu formierten Britischen Empires geworden. Nicht
nur überschattet der Umfang der britischen Ausspähaktivitäten die
amerikanischen Programme, Zielscheibe dieser Stasi-artigen Operationen sind Politiker
und Aktivisten, die sich dem Empire widersetzen. Das wird offensichtlich an den
Enthüllungen über den Londoner G-20-Gipfel im April 2009, als der britische
Geheimdienst die Computer von Staatschefs, Finanzministern und ihren
Mitarbeitern überwachte und ihre Telefongespräche abhörte, um an die
Informationen zu gelangen, die bei dem Treffen nützlich ›für die Erlangung des
gewünschten Resultats‹ waren. Das ›gewünschte Resultat‹ war, alle Vorstöße zur Reform des Bankensektors durch
Schließung des spekulativen Bereichs zu blockieren und der Londoner City die Kontrolle
über das weltweite System von Bankenrettungen auf Kosten von Steuerzahlern und
Bankeinlegern zu verschaffen. Dieses Resultat wurde auch erreicht,
wie in der offiziellen Abschlußerklärung des G-20-Treffens nachzulesen ist: Es
wurde beschlossen, daß das Forum für Finanzstabilität (FSF), ein Instrument der
von London kontrollierten Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die
Vorschläge zur Bankenreform zusammenfassen und voranbringen sollte. Das war der
offizielle Start der mittlerweile weltweit durchgesetzten ›Bail-in‹-Regelung. Später
wurde das Forum in das Amt für Finanzstabilität (FSB) umbenannt und mit der
Vollmacht versehen, Regierungen Reformen zu oktroyieren.
Bei jenem
G-20-Treffen wurde die Gegenseite vom italienischen Finanzminister Giulio
Tremonti angeführt, der lautstark ein ›Neues Bretton Woods‹ verlangt hatte,
wodurch das Bankensystem einem Konkursverfahren unterzogen worden und wieder
Produktionskredit in die Wirtschaft geflossen wäre. Tremontis Initiative wurde
vom britischen Finanzminister Gordon Brown übernommen und in ihr Gegenteil
verkehrt. Von den entscheidenden Verhandlungen beim Londoner Gipfel wurde
Tremonti sogar ausgeschlossen. Die ›Frankfurter Allgemeine Zeitung‹ zog
am 17. 6. 13 dieselbe Verbindung: »London, am 2. April 2009. Die Regierungschefs der G-20 treffen sich, um die
Welt vor dem Finanzkollaps zu retten. Gordon Brown will eine besonders gute
Figur machen, und er hat ein Ziel: Öffentliche Rettungsgelder für die
Bankenbranche ohne nervige Auflagen, das möchte er und das möchten
zufällig auch seine Freunde, die Lobbyisten von der Londoner City. Aber wollen
die anderen Staats- und Regierungschefs das auch? Brown brauchte Hilfe von den
Agenten ihrer Majestät.«
Und wie die Enthüllungen im ›Guardian‹ zeigen, halfen
die Dienste dem Premier. »Es
war damals gewagt, die Banken mit öffentlichen Geldern zu stützen, ohne
störende Kontrollen einzuführen. Aber er gelang Brown und seinen Bonds. Heute
sind die Staaten überschuldet, und nicht mehr die Banken.«
Die G-20-Episode ist
nur ein Beispiel von vielen. Der frühere NSA-Mann Russ Tice, einer der wichtigsten
Informanten für den ersten explosiven Bericht der ›New York Times‹ über die illegalen Ausspähprogramme der
Regierung Bush 2005, hat erklärt, die eigentlichen Ziele dieser anglo-amerikanischen
Spionage seien Regierungsleute, Richter und hohe Militärs sowie
Kongreßpolitiker und deren Mitarbeiter, bis hinunter zur Ebene der Wahlkreise.
In einem Interview mit Peter B. Collins am 19. 6. 13 sagte Tice: »Ich könnte Ihnen
Namen einer ganzen Menge unterschiedlicher Leute nennen, hinter denen sie her
waren; die Namen und Telefonnummern von Mitgliedern des Kongresses. Nicht nur
diese Namen, sondern offenbar auch Mitarbeiter, und nicht nur Mitarbeiter ihrer
Büros in Washington, sondern auch ihrer Büros in den Wahlkreisen ihrer
Heimatstaaten und ähnliches. Es ist unglaublich, was die NSA gemacht hat.
Meiner Ansicht nach wurde daraus einfach eine Schurkenbehörde mit denselben
Möglichkeiten wie die des FBI-Chefs J. Edgar Hoover, aber in monströsem Ausmaß,
wie mit Doping.«
Es läßt sich nicht
länger verheimlichen, daß das Empire der Globalisierung Polizeistaatsmethoden
benutzt, nicht um Terrorismus zu bekämpfen, sondern um politische Opposition
auszuschalten. So gelang es ihm 2008-09, ernsthafte Vorstöße für
Wirtschaftsreformen zu vereiteln, und die Macht der Londoner City über
geschwächte Regierungen nahm massiv zu. Die gleichen Methoden werden benutzt, um
Widerstand gegen militärische Abenteuer in Nordafrika und Südwestasien zu
unterdrücken. [3]
Quellen: [1]
Strategic Alert Jahrgang 26 Nr. 28 vom 10. Juli 13 [2] http://www.bueso.de/node/6569 9. 7. 13 http://www.washingtonpost.com/opinions/daniel-ellsberg-nsa-leaker-snowde... http://www.washingtonpost.com/blogs/wonkblog/wp/2013/06/05/daniel-ellsbe... [3] Strartegic Alert, Jahrgang 26, Nr. 26 vom 26.
Juni 2013
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