Was westliche Medien über das Kiewer Regime gerne verschweigen 27.04.2014 21:54
»Mitglieder des Europaparlaments, die kürzlich die Ukraine besuchten, berichteten
über schreckliche
politische, rechtliche und soziale Zustände im Land. Abweichler und Gegner des
EU-NATO-freundlichen Kurses würden von der Kiewer Regierung systematisch
verfolgt. Am 7. April führte die ›Executive
Intelligence Review‹ EIR mit dem
Fraktionschef der Sozialistischen Partei im holländischen Senat, Tiny Cox - dieser war gerade von einer Reise in die
Ukraine im Rahmen des Präsidentschaftskomitees des Europarats zurückgekehrt - ein Interview. »Das Land ist in Trümmern«, sagte
Cox. »Keiner
traut der Regierung und das Parlament besteht aus Leuten, die von Oligarchen handverlesen
wurden. Es wird viel über die Rechtmäßigkeit der Regierung diskutiert.
Als alter Revolutionär dachte ich: Das ist eine Revolution. Aber eine
Revolution in einem demokratischen Land macht keinen Sinn. Man macht eine
Revolution gegen Diktatoren und nicht gegen den eigenen gewählten Präsidenten.
Und will man ihn loswerden, dann muß man für Neuwahlen oder für ein
Absetzungsverfahren sorgen.« Faktisch regiere die profaschistische
Swoboda-Partei die westlichen Landesteile, und in Kiew stünden immer noch 6000
Bewaffnete des Rechten Sektors. Deutsche Politiker hätten zwar erklärt, die Regierung
müsse diese Faschisten loswerden, um sich für die Finanzhilfe zu qualifizieren,
aber in dieser Beziehung sei nichts passiert, erklärte Cox. Seine Äußerungen
stimmen mit dem überein, was die Ökonomin Natalja Witrenko, die Vorsitzende der
›Progressiven Sozialistischen Partei
der Ukraine‹ PSPU, veröffentlichte.
Am 5. 4. hatte sie einen weiteren Appell an die von ihr als ›Schutzmächte des neuen ukrainischen
Regimes‹ bezeichneten politischen Führungen
von USA und der EU gerichtet. Witrenko beklagt, daß »Bürger,
die den Nazismus nicht akzeptieren und nicht in einen Krieg gegen Rußland
ziehen wollen«, von der Putschistenregierung und den Medien zu Unrecht
als ›Separatisten‹ und als ›fünfte Kolonne‹ verunglimpft
werden. Politische Aktivisten würden auf der Grundlage ungeprüfter Behauptungen
inhaftiert oder unter Hausarrest gestellt, darunter der Vorsitzende der PSPU in
der Region Charkow, Alexander Charitonow. Am Tag zuvor hatten Witrenko und die
Führung der Nationalen Widerstandsfront gegen die Eurokolonisierung der Ukraine
einen Aufruf veröffentlicht, die für den 25. Mai angesetzte Präsidentschaftswahl
zu boykottieren, da die neue Führung keine Legitimität habe, die Wahl illegal
sei und nur deshalb inszeniert werde, um den im Februar erfolgten Neonaziputsch
nachträglich zu legitimieren. Am 8. April verabschiedete das ukrainische
Parlament neue, drakonische Strafen, die sich gegen die Demonstranten im
Südosten des Landes richten. Als der Chef der Kommunistischen Partei, Petro Symonenko,
eine Rede gegen den ›bewaffneten Angriff
auf friedliche Demonstrationen‹
halten wollte, wurde er von zwei Swoboda-Abgeordneten angegriffen, die ihn
daran hinderten, seine Rede zu halten und ihn vom Rednerpult wegzerrten. In dem
nachfolgenden Tumult verließen die meisten Abgeordneten der KP und der Partei
der Regionen aus Protest den Saal; dennoch konnte das Regime eine knappe
Mehrheit von 231 Stimmen für die Gesetze erringen, wovon eines bei ›Handlungen mit dem Ziel, die territoriale
Einheit der Ukraine zu gefährden‹, 9
bis 12 Jahre Gefängnis vorsieht; auf ›Subversion
und Spionage‹ stehen bis zu 15 Jahre
Gefängnis, auf ›Verrat‹ lebenslänglich. Auf ›Handlungen mit dem Ziel, die Arbeit
der ukrainischen Streitkräfte zu behindern‹,
stehen 5 bis 8 Jahre Gefängnis, im Falle ›schwerwiegender
Konsequenzen‹ sogar 8 bis 15 Jahre.« [1]
Man sollte
es nicht für möglich halten, dass sich heute noch Befürworter für derart
drakonische Strafmassnahmen finden.
Bereits Anfang Februar hatte Hermann van Rompuy mit Entschiedenheit
erklärt: »Die Zukunft der Ukraine gehört der EU«,
eine Aussage, der sich durchaus ein gewaltige Portion an Selbstherrlichkeit
zubilligen lässt und die denn auch ›Strategic Alert‹ zu der
absolut berechtigten Frage veranlasste, seit wann ein EU-Präsident über die
Zukunft eines souveränen Landes entscheide. Die Zugehörigkeit zur EU, so
van Rompuy, würde die Demokratie garantieren. »Aber«, fragt ›Strategic Alert‹ weiter, »wie
demokratisch ist die EU selbst, mit ihren Entscheidungen hinter verschlossenen Türen,
ihren wiederholten Verletzungen der nationalen Verfassungen oder angesichts der
Rechtsimmunität für die Vertreter ihrer Institutionen?«
Die Klagen über den Demokratiemangel der Europäischen Union sind gewissermassen
›Legion‹; sie finden jedoch kaum Gehör
und zeitigen nicht einmal eine Wirkung. Auch Kerry hatte nach einem Treffen mit
der ukrainischen Opposition in München behauptet, die Demonstranten seien
Kämpfer für die Demokratie, indem er die ultranationalistischen und
neofaschistischen Elemente ganz einfach ignorierte, was Sergej Lawrow zu der
Gegenfrage veranlasst hatte, warum niemand diejenigen verurteile, die Verwaltungsgebäude
besetzten, Polizisten angriffen und rassistische sowie antisemitische Parolen
skandierten; im Gegenteil ermutigten prominente europäische Politiker noch zu
solchen Aktionen, »obwohl sie in ihren eigenen
Ländern gegen jede Verletzung des Buchstabens des Gesetzes sofort rigoros durchgreifen.« Auch dem Ende Januar von 29 ukrainischen Parteien und
Organisationen an den
UNO-Generalsekretär und an die Führungen von USA und EU gerichtete Appell ›Stoppt das Marodieren der Guerillas,
stoppt das Anstacheln von Bürgerkrieg und den Zerfall des Landes!‹, der sich gegen den
faschistischen Putschversuch in der Ukraine richtete, war nicht der geringste Erfolg
beschieden. Indessen enthielt der Appell wesentliche Informationen über den
neokolonialen und antirussischen Hintergrund des Assoziierungsabkommens mit der
EU und die an den Protesten beteiligten neofaschistischen Organisationen.
Witrenko,
die den Appell mit unterzeichnete, hatte fast ein Jahr zuvor schon vor den
Gruppen gewarnt, die mit der Rückendeckung und den Geldern von NROs aus dem
Westen die ukrainische Regierung bedrohten. Der Beginn des Appells lautete wie
folgt: »Die
politische Krise der Ukraine verschärft sich von Tag zu Tag und führt das Land
auf den Weg in einen Bruderkrieg, den Verlust seiner Souveränität und den
Zerfall des Staates. Dies ist ein ausländisches Projekt zur
Übernahme der Ukraine. Es wird gegen die Interessen und die Forderungen
unseres Volkes umgesetzt und auf verfassungswidrigem Weg unter Verletzung
internationaler Normen und Prinzipien, die auf friedlichem Handeln, freien
Wahlen, Freiheit der Rede und Achtung der Menschenrechte beruhen, durchgeführt.« In
Bezug auf die neonazistischen und neofaschistischen Ideologien und Symbole auf
dem Euromaidan wendeten sich die Unterzeichner direkt an die westlichen
Führungen: »Sie
sollten verstehen, daß Sie selbst, indem Sie das Vorgehen der Guerillas in der
Ukraine unterstützen und ihnen den Status von ›Euromaidan-Aktivisten‹,
die sich an sogenannten friedlichen Aktionen beteiligen, zuerkennen,
ukrainische Neonazis und Neofaschisten direkt schützen, aufstacheln und
antreiben.« Auch der Berater von Präsident Putin für Fragen der regionalen wirtschaftlichen
Integration, Sergej
Glasjew, hat aufgezeigt, dass sich die Protestbewegung in der Ukraine nicht
erst spontan im vergangenen November gebildet hatte, sondern dass sie - wie
dies inzwischen allgemein bekannt sein dürfte - seit langem von aussen aufgebaut und gefördert
worden war, ein Fakt, der in den auf politonline
veröffentlichten Artikeln zur Ukraine hinreichend verankert ist. Glasjew
zufolge haben die USA und ihre Partner in der NATO in den letzten 20 Jahren »allein über offizielle Kanäle des
US-Außenministeriums - was
US-Vizeaussenministerin Victoria Nuland auch eingeräumt hat - 5 Milliarden $ ausgegeben: dies in Form von
Stipendien zum Aufbau eines intellektuellen Milieus von Experten, die gegen die
Russische Föderation eingestellt und darauf ausgerichtet sind, in der
ukrainischen Gesellschaft eine rußlandfeindliche Stimmung zu erzeugen.« »Die
versuchte Destabilisierung der Ukraine ist ein wesentlicher Bestandteil der
Gesamtstrategie von USA, EU und NATO zur Einkreisung Russlands und Chinas, um
so deren nukleare Zweitschlagsfähigkeit zu neutralisieren.« [2]
Auch Pino Arlacchi, italienischer Europaparlamentarier und früherer Chef des
UNO-Antidrogen-Programmms, hatte die EU bereits Ende Januar in einem Interview
mit dem italienischen ›Radio 24‹ aufgefordert, sie solle
damit aufhören, sich in der Ukraine einzumischen: »Die Straße ist in der Hand
Nazi-freundlicher Radikaler und Swoboda-Nationalisten, die sich, glaube ich, nicht
viel um Europa scheren. ….. Für die EU zu sein, bedeutet
auch, für die Methoden und Werte in der EU zu sein. Auf die Straße zu
gehen, mit Waffen zu schießen, öffentliche Gebäude zu zerstören und dann darauf
zu dringen, daß die Regierung tut, was sie verlangen, das sieht mir
nicht sehr europäisch aus. Ich bin nicht für die ukrainische Regierung, aber
ich falle auch nicht darauf herein, zu denken, daß eine gewalttätige Straßenbewegung
das Recht hat, eine demokratisch gewählte Regierung zu stürzen. Die Wahlen
waren in Ordnung, wir haben sie beobachtet. Ich kann keinen Mob unterstützen,
der für sich in Anspruch nimmt, die demokratischen Spielregeln mit Gewalt zu ändern.« Arlacchi
betonte: »Diese europäische Intervention in die Ukraine ist
eine Katastrophe, weil sie das Land gespalten hat. Es hat den gesamten Teil,
der gegen Rußland
eingestellt ist, gegen die andere Hälfte des Landes, die Russland-freundlich
ist, aufgebracht, ohne eine genaue Zielvorstellung, außer, den
Kalten Krieg fortzuführen.« Seine Schlussfolgerung: »Ich würde sagen, wir wären gut beraten, uns viel
weniger in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen.« [3]
Und vor diesem Chaos stehen wir heute. Nicht, dass sich Brüsssel &
Co. dadurch bemüssigt fühlten, ihre Taktik zu ändern. Im Gegenteil; ungeachtet
der Tatsache, dass soeben auch der frühere Präsident Tschechiens, Vaclav Klaus,
die EU und die USA im tschechischen Fernsehen ›CT24‹ offen für Krise in der Ukraine verantwortlich
gemacht hat, richten sich die Appelle zur Beruhigung der Lage ausschliesslich an Putin,
ungeachtet des konstanten Sinnierens auf weitere Wirtschaftssanktionen, bei denen man, wie es in einer
gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs der G-7 vom 25. 4. hiess,
›zügig vorgehen‹ werde. Unbeachtet bleibt, dass die Übergangsregierung‹ in Kiew von niemandem gewählt,
sondern mit ungesetzlichen, gewalttätigen Mitteln an die Stelle der alten
Staatsführung gesetzt worden ist. Schon hat die EU mit den Putschisten den
ersten Teil des Assoziierungsabkommens, einen völkerrechtlichen Vertrag, der
sogar die ›Integration‹ der Ukraine in die militärischen
EU-Strukturen beinhaltet, abgeschlossen.
Auf der
Webseite des Vaclav-Klaus-Instituts veröffentlichte Klaus eine Erklärung, in
der er darauf hinweist, dass die Ukraine wirtschaftlich im nachsowjetischen
Block verankert, mit Russland verbunden und in vielerlei Hinsicht von Russland
abhängig sei. »Das ist eine natürliche Tatsache und es gibt keinen einfachen
Weg, daran etwas zu ändern. Für Rußland ist die Ukraine mehr als einfach der
nächste Nachbar, viel mehr als zum Beispiel Estland, Tadschikistan oder Aserbaidschan.
Es ist die historische Wiege seiner Nation und Kultur, die Heimat von zig
Millionen Russen. Es ist äußerst unverantwortlich vom Westen, die Ambitionen
und Illusionen von Radikalen aus der Westukraine zu nähren, daß es wirklich eine
Wahl zwischen Ost und West gebe, oder daß die EU und die USA nicht nur die
Ukraine als Einheit in ihrer Ausrichtung zum Westen unterstützen können,
sondern langfristig dafür garantieren könnten.« [4]
In die
Verdrehung von Tatsachen sollte auch der Umstand eingereiht werden, dass
russische Truppen auf dem eigenen souveränen Territorium an der Grenze zur
Ukraine als eine ungeheure Bedrohung bezeichnet werden, während US-Flugzeuge,
Truppen und Geheimdienste an der Grenze zur Ukraine offensichtlich als
legitimierte Aktion gesehen werden. »Die Verlogenheit des Westens«,
äusserte der bekannte Autor Gerhard Wisnewski Anfang März, »ist
wirklich kaum noch zu überbieten. Erst inszeniert man einen Putsch gegen eine
legal gewählte Regierung, dann beklagt man die daraus entstehenden Konsequenzen
und trauert über die Todesopfer. Und schließlich zeigt man sich überrascht, daß
andere sich diese Putsch-Politik nicht gefallen lassen wollen.«
[1] Strategic Alert Jahrg. 27, Nr. 16/17 vom 16.
April 2014
[2] http://pravosudovs.livejournal.com/18567.html
[3] Strategic Alert, Jahrgang
27, Nr. 6 vom 5. Februar 2014
[4] http://www.bueso.de/node/7265 24. 4.
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