Die neue Bedrohung 25.05.2014 21:38
d.a. NATO-Chef Anders Fogh Rasmussen hat sich am 19. 5. in Brüssel offenbar das Recht
herausgenommen,
Russland zur ständigen Bedrohung zu erklären, was nicht wenige erschreckt haben
dürfte. Indessen war von der Kommission selbst keine Stellungnahme hierzu in
Erfahrung zu bringen. Während also darauf abgezielt wird, nach Möglichkeit eine
Aufrüstung in den NATO-Staaten in die Wege zu leiten und eine neue Doktrin für
das Bündnis auszuarbeiten, hat Putin seine Kooperation mit China längst vertieft.
Nach fast
zehnjährigen Verhandlungen, schreibt die ›BüSo‹, die Bürgerrechtsbewegung Solidarität, haben Russland
und China im Rahmen des Staatsbesuchs von Putin in Shanghai ein historisches,
auf 30 Jahre angelegtes Erdgasgeschäft abgeschlossen. Die
russischen Gaslieferungen an China sollen 2018 anlaufen und jährlich 38 Mrd. m3 umfassen. Es wird
geschätzt, dass sich das Geschäftsvolumen über 400 Mrd. $ beläuft. Beide Seiten
haben vereinbart, für die notwendige Infrastrukturinvestitionen im jeweils
eigenen Land aufzukommen. Darüber hinaus hat sich China bereit erklärt, einen
Vorschuss von 25 Mrd. $ an Russland zu zahlen, um das Projekt zügig
voranzubringen. Wie Putin in einem Fernsehinterview erklärte, betrifft die
erste Stufe des Vertrags die Erschliessung des Gasfelds Kowytka in der Region
Irkutsk in Sibirien, in der Nähe des Nordendes des Baikalsees, sowie des
Tschajanda-Feldes in der weiter im Nordosten gelegenen Republik Sacha
(Jakutien). Ohne Übertreibung werde dies in den nächsten Jahren das grösste
Bauvorhaben der Welt sein. Putin betonte, die neu zu erschliessenden Felder
könnten die Versorgung für die nächsten 50 Jahre nicht nur für den Export,
sondern auch für den inländischen Verbrauch sichern. Es handelt sich darüber
hinaus um ein starkes Verteidigungsmittel gegen die gegenwärtigen
wirtschaftlichen Sanktionsdrohungen aus dem Westen. [1]
Der chinesische
Präsident Xi Jinping hat das Konzept der Neuen Seidenstrasse zur offiziellen
Politik seines Landes erklärt, ein Vorhaben, für das Putin bei seinem Besuch
jetzt auch offiziell die Unterstützung Russlands zusagte; dieses ist seit Anfang
der 90er Jahre von Vertretern der ›BüSo‹ als Idee der ›Weltlandbrücke‹ in Deutschland
und international in Umlauf gebracht worden. Konkret geht es um den von Jinping
vorangetriebenen Bau von wirtschaftlichen Entwicklungskorridoren entlang der
Neuen Seidenstrasse. Einer gemeinsamen Erklärung vom 20. Mai ist folgendes zu
entnehmen: »Russland erkennt die enorme Bedeutung der
chinesischen Initiative für den Bau des ›Seidenstrassen-Wirtschaftsgürtels‹ an und weiss die Bereitschaft der
chinesischen Seite, die russischen Interessen bei dessen Entwicklung und
Realisierung zu berücksichtigen, besonders zu schätzen. Beide Seiten suchen
weiter nach Möglichkeiten, die Perspektive des ›Seidenstrassen-Wirtschaftsgürtels‹ mit der Konzeption der ›Eurasischen
Wirtschaftsunion‹ zu verbinden. Zu diesem Zweck beabsichtigen
sie, die Zusammenarbeit der relevanten Behörden bei der Realisierung beider
Projekte zu vertiefen, insbesondere beim Ausbau von Verkehrswegen und der Infrastruktur.« Putin
betonte in seinen Ausführungen die Bedeutung der wachsenden Zusammenarbeit
beider Länder sowohl im wirtschaftlichen als auch militärischen Bereich. Diese schaffe
ein Geflecht der Stabilität für den asiatisch-pazifischen Raum. Die Beziehungen
der beiden Länder befänden sich gegenwärtig auf einem historischen Höchststand.
Xi Jinping und Putin nahmen ausserdem gemeinsam an der Eröffnungszeremonie für
die gegenwärtig stattfindenden chinesisch-russischen Seemanöver im
Ostchinesischen Meer teil. [2]
Zu dieser
sogenannten Seidenstrasse schrieb F. William Engdahl unter dem Titel › Chinesische Wirtschaftsdiplomatie gegenüber
Deutschland durchkreuzt das Kalte-Kriegs-Fieber‹ im April: »Mit einer Meisterleistung in Wirtschaftsdiplomatie durchkreuzte
Chinas Präsident Xi Jinping bei seinem Besuch in Duisburg die Pläne der
Washingtoner Neokonservativen, die eine neue Konfrontation zwischen der
NATO und Rußland anstreben. In Duisburg,
der Stadt mit dem größten Binnenhafen der Welt und einem historischen
Transport-Drehkreuz für die europäische und deutsche Stahlindustrie (mit
Zentrum Ruhrgebiet), präsentierte er den Vorschlag für den Aufbau einer neuen
»Wirtschaftlichen Seidenstraße« zwischen China und Europa. Für das
wirtschaftliche Wachstum in ganz Europa eröffnen sich damit atemberaubende
Aussichten. Flankiert von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und örtlichen
Politikern betonte Xi Jinping, Deutschland und China seien die beiden wirtschaftlichen
Lokomotiven am jeweiligen Ende dieser Straße. Durch die Kooperation an der
gemeinsamen Vision einer Eisenbahnverbindung und sonstiger Infrastruktur
könnten entlang der Route völlig neue wirtschaftliche Bereiche entstehen. Der
Begriff der Seidenstraße ist die bewußte
Wiederbelebung der Bezeichnung für die alten Handels- und Kulturwege zwischen
China, Zentral- und Südasien, Europa und dem Nahen Osten, die in der Zeit der
Han-Dynastie ungefähr 200 n.Chr. geschaffen wurden. Von der Wirtschaftlichen
Seidenstraße und einer gesonderten Maritimen Seidenstraße hatte Jinping erstmals
im November 2013 bei einer Rede während der dritten Plenarsitzung des 18. Zentralkomitees
der Kommunistischen Partei gesprochen. Jinpings jüngste diplomatische Offerte
zeigt, daß die Idee kein Hirngespinst ist, sondern strategische Realität. China
braucht neue Exportmärkte beziehungsweise muß die bestehenden sichern, um die
Gräben in der Entwicklung zwischen den hochentwickelten Küstenregionen wie
Schanghai und den weniger entwickelten Regionen im Landesinneren zu schließen
und darüber hinaus die Stabilität in China selbst und in den Nachbarländern zu
wahren. Die Provinz Xinjiang liegt an der Seidenstraße, sie ist die Basis einer
radikalislamischen Strömung unter der heimischen moslemischen uigurischen
Bevölkerung. Jinping sagte es zwar nicht, es ist aber eindeutig, daß der
Vorschlag zu einem extrem kritischen Zeitpunkt unterbreitet wird, an dem die
Frage von Krieg oder Frieden durch Fehlkalkulation über Washingtons
Manipulation der Ereignisse in der Ukraine und ihrem Umfeld wieder aktuell ist.
Der neue Infrastrukturkorridor führt durch Rußland. Eine wirtschaftliche
Alternative gibt es nicht. Deshalb dient sie gleichzeitig dazu, die
wirtschaftliche Zukunft und die Aussichten für eine friedliche Zusammenarbeit
besonders zwischen Rußland und Deutschland miteinander zu verknüpfen. Jinping
unterbreitete seinen Duisburger Vorschlag
im Rahmen eines chinesischen Wirtschaftsplans von höchster Priorität. Eine
Woche vor seinem Abflug nach Deutschland war er in Peking mit dem saudiarabischen
Kronprinzen Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud zusammengetroffen und hatte Saudi-Arabien
eingeladen, sich am Aufbau des Wirtschaftsgürtels Seidenstraße und der
Maritimen Seidenstraße zu beteiligen, um die Vernetzung des Transports und den
kulturellen Austausch zu fördern. Zwei Tage später weilte der Außenminister von
Kasachstan, ebenfalls ein wichtiges Land an der Seidenstraße, zu Gesprächen
über eine Mitarbeit an dem riesigen Projekt in Peking. Dieser signalisierte die
Bereitschaft seines Landes zur Kooperation, genauso wie der Präsident Afghanistans.
Das Projekt steht eindeutig im Zentrum der chinesischen Strategie, die
westlichen Landesteile zu entwickeln und in den Nachbarländern eine
wirtschaftliche Stabilität zu fördern, die sowohl den Nachschub von Rohstoffen
sichert als auch neue Handelsmärkte schafft. Seit seinem Amtsantritt im März
2013 haben Xi Jinping und sein Premierminister Rußland, Turkmenistan,
Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan besucht, die alle entlang der
vorgeschlagenen Route des Seidenstraßen-Projekts liegen. Gegenwärtig sind China und Deutschland durch
die internationale Eisenbahnstrecke Chongqing-Xinjiang-Europa miteinander
verbunden. 2011 hatte China die Eisenbahnverbindung Chongqing-Xinjiang-Duisburg
eröffnet. 2013 begann der Verkehr auf der direkten Eisenbahn-Transportroute
Chengdu-Lodz (Polen), die über Kasachstan, Rußland und Weißrußland führt. Der
wirtschaftliche Nutzen von Eisenbahnverbindungen gegenüber dem Seetransport von
chinesischen Häfen nach Europa oder gegenüber der Luftfracht ist enorm. Eine
Reise über die Strecke Chongqing-Xinjiang-Duisburg dauert nur 16 Tage, über die
Strecke Chengdu-Lodz 12 Tage. Der chinesisch-europäische Eisenbahntransport ist
wesentlich schneller als der Seetransport, der 40 bis 50 Tage braucht, zudem
ist er deutlich billiger als der Luftweg. Darüber hinaus ermöglicht die
Eisenbahn ein bequemeres Umladen und einen schnelleren Transport zum
Zielbahnhof.
Bei Chinas Entscheidung, sich jetzt »nach Westen« zu orientieren,
ist auch eine wesentliche Sicherheitskomponente im Spiel. Peking muß
Exportmärkte sichern und das Transportnetz diversifizieren: Xi Jinpings wichtigstes
Thema bei seiner Zentralasienreise, insbesondere angesichts der zunehmend
instabilen Seewege in Süd- und Südostasien. China ist sehr anfällig für
Attacken auf dem Seeweg durch die Straße von Malakka, wo es immer häufiger zu
Angriffen von Piraten, zu illegalem Handel und zu Streit über den Seeverkehr
kommt. Fast 85 % der Importe nach China verlaufen über diese Route, darunter 80
% der Energie-Importe. Peking ist sich indessen bewußt, daß es kein
Problem wäre, die Straße von Malakka zu blockieren, wenn sich Washington zu
einer Konfrontation mit China entschiede.« [3]
Quellen: [1] http://www.bueso.de/node/7371 22. 5. 2014 [2] http://www.bueso.de/node/7364 21. 5. 14 [3] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/f-william-engdahl/chinesische-wirtschaftsdiplomatie-gegenueber-deutschland-durchkreuzt-das-kalte-kriegs-fieber.html 1. 4. 14 Chinesische
Wirtschaftsdiplomatie gegenüber Deutschland durchkreuzt das Kalte-Kriegs-Fieber - Von F.
William Engdahl - auszugsweise - Siehe hierzu auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2212 19. 1. 14 Europa am Scheideweg: Aufbau mit
Eurasien oder Untergang mit dem Europa der Troika? - Von Alexander Hartmann
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2171 20. 10. 13 Chinas
Präsident setzt die Neue Seidenstrasse wieder auf die Tagesordnung
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