Der Herr der Welt und die »Herren der Mauer« - Von Evelyn Hecht-Galinski

Die Grundsatzrede des US-Präsidenten und »Friedensnobelpreisbombers« Obama

vor der US-Rekruten-Schinderei-Abrichtung und berüchtigten Militär-Akademie West Point schien mir bestens angemessen ausgesucht. West Point ist ein militärisches Schutzgebiet nördlich von Highland Falls in Orange County, New York. Bis dato kannte ich nur Agent Orange, das chemische Entlaubungsmittel, das die USA in Vietnam im Rahmen der Operation Ranch Hand 1965 großflächig einsetzten, um die Wälder, die Nutzpflanzen und den Dschungel zu zerstören, auch damals schon im Kampf gegen Terroristen, die damals Vietkong hießen. Noch heute spürt man die Folgen dieses Giftes in Vietnam. Die über eine Million Geschädigten wurden bis heute vom US-Staat nicht entschädigt, da der Einsatz von Agent Orange keine chemische Kriegsführung und deshalb kein Verstoß gegen internationales Recht gewesen sei. 

Passend dazu war der Rücktritt des US-Veteranenministers, Eric K. Shinseki, einem US-Japaner, ebenso wie Obama in Hawaii geboren, Absolvent von West Point und von 1956 bis 1966 Vietnamkriegsteilnehmer. Shinseki trat nach dem Tod von mehr als 40 US-Veteranen zurück. Dieser Skandal um die Gesundheitsversorgung ehemaliger Soldaten und kriminelle Vergehen in Veteranen-Hospitälern war schon seit längerer Zeit in den Medien und bekannt, aber Obama, dem diese Vorfälle angeblich erst jetzt zu Ohren kamen, wollte das Problem nun lösen. Immerhin seien diese Mißstände für Veteranen nichts Neues, sondern schon seit Jahrzehnten ein Problem. Theatralisch meinte Obama: Unsere Veteranen verdienen das Beste. Mußte doch schon im April diesen Jahres Obamas US-Gesundheitsministerin Kathleen Sibelius nach zahlreichen Pannen bei der Einführung der Gesundheitsreform zurücktreten. Dieses zaudernde und heiße Luft-Image von Obama braucht also dringend Hollywood Bilder. Dazu fällt mir natürlich direkt die US-Militär-Glorifizierungs-Schnulze mit Richard Gere aus dem Jahr 2007 Ein Offizier und Gentleman ein. Diese schneidige Rekruten-Soap spielte nämlich auf West-Point! Zurück zu Obama, dem Herrn der Welt, der in West Point vor einem Abschlußlehrgang den Führungsanspruch der USA in seinem Sinn definierte! Zur Einstimmung ein paar Originalzitate aus seiner Rede:

Amerika muß auf der Weltbühne immer führen. 

Wenn wir es nicht tun, tut es kein Anderer. 

Amerika wird auch künftig allein in den Krieg ziehen, wenn Kerninteressen, wie die Sicherheit der USA bedroht sind. 

Liegen keine direkten Probleme der Bedrohung für die USA vor, müssen die Schwellen für  Militäroptionen höhergelegt werden und mehr mit Diplomatie, Entwicklungshilfe (!) und Sanktionen gearbeitet werden. 

Multilaterale Militärschläge müssen notwendig, berechtigt und effektiv sein. 

Das US-Militär habe keinen ebenbürtigen Gegner.

Zu diesen Originalzitaten folgende Anmerkungen:
Obama kündigte auch noch mehr Unterstützung für syrische Oppositionsgruppen im Kampf gegen den syrischen Präsidenten Assad an, außerdem Unterstützung für Jordanien und die Türkei (!) im Kampf gegen den Terror! Allerdings kam der wichtigste Verbündete, Israel, in dieser Grundsatzrede nicht vor, warum wohl? Besonders zynisch vom großen Energieverschwender USA ist die vollmundige Ankündigung des Kampfes gegen den Klimawandel, den Obama als eine Bedrohung für die nationale Sicherheit bezeichnete. Er kündigte an, in einer multilateralen Kooperation ab 2015 an der Spitze der Bewegung zu stehen, um ein globales Abkommen zur Rettung des Planeten auszuhandeln. Tatsächlich zeigt mir diese Rede von Obama, wie seine Grundsätze sind, nämlich nicht wesentlich anders als die von George W. Bush! Die Zukunft liegt weiter in Unterwanderungen und Angriffskriegen, für die Soldaten jetzt aber wesentlich durch die immer stärker werdende Technologie der Drohnen-Angriffe erleichtert. Diese finden in Somalia, im Jemen, in Pakistan und sonstwo statt, who knows? Alles im Namen von US-Werten gegen Terroristen auf der ganzen Welt. Militärinterventionen und Stellvertreterkriege, darin sind die USA ein Master of the Universe. US-Außenminister Kerry und sein Milliarden-Fonds, mit dem die USA beim Kampf gegen den Terror helfen wollen, läßt schon das Schlimmste für die Zukunft befürchten! Schließlich subventionieren die USA schon jetzt mehr als 40 Länder bei der Aufrüstung und der Ausbildung von Militär und Polizeikräften, alles im Namen des Kampfes gegen Terrorbekämpfung. In Wirklichkeit ist das eigentliche Ziel, die eigene Macht auszuweiten und Regierungen nach eigenen Wünschen einzusetzen! Nach dem Motto: Was Terror ist, bestimmen wir! Der Friedensobomba Obama, dessen Drohneneinsätze und Militärmassaker bereits mehr Kollateralschäden und Tote verursachten als dies unter Bush der Fall war  [es werden mehr als 5000 Tote geschätzt!]  legitimiert mit dieser inhaltlich mehr als schwachen aber rhetorisch aufgepäppelten Rede erneut seinen Anspruch, als Herr der Welt alle Angriffe und Intrigen im Sinne von amerikanischen Interessen zu rechtfertigen. Erneut drängt Obama seine Verbündeten in die Koalition der Willigen. So sieht die altbekannte amerikanische Unterstützung für Menschenrechte und demokratische westliche Werte aus.

Ganz anders ist es, wenn sich die USA mit nicht Verbündeten, oder mit kreierten Feindbildern befassen. Nach dem Feindbild Rußland und Putin ist jetzt China an der Reihe. So nutzte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel den Shangri-La-Dialog auf der Sicherheitskonferenz in Singapur, um China erstmals offen anzugreifen. Hagel warf China Nötigung, Einschüchterung und eine Destabilisierung der Region vor. Er drohte sogar China mit Gegenmaßnahmen. Da gab es Führungsanspruch-Töne, wie z.B. Die USA werden nicht wegschauen, wenn jemand die fundamentalen Prinzipien der internationalen Ordnung herausfordert. Dabei geht es um die Territorialstreitigkeiten zwischen China und Japan, um Auseinandersetzungen um Inseln im Südchinesischen Meer, die auch Vietnam und die Philippinen betreffen. Hat da nicht der chinesische Staatspräsident Xi Jinping vollkommen recht, wenn er diesen Konflikt als eine asiatische Angelegenheit bezeichnet? Aber was machen die USA? Sie wollen auf einen Eskalationskurs mit China hinaus und arbeiten hinter den Kulissen schon seit längerem an der Verschärfung des Konflikts, um ein Bündnis gegen China zu schmieden: zusammen mit Vietnam, den Philippinen, Taiwan, Südkorea und Japan. Wieder einmal eine schreckliche Entwicklung, die an die in der Ukraine erinnert. Nach Rußland jetzt auch China als Feindbild. Eine gefährliche Definition des amerikanischen Führungsanspruchs, von der Ukraine, bis nach China, ein gefährliches Spiel der Hegemonie-Ansprüche des Herrn der Welt!

Das ist ganz im Sinne des noch immer nicht gewählten, aber wieder als ukrainischer Ministerpräsident eingesetzten Arsenij Jazenjuk, der in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung folgende Friedenssprüche losließ: »Moskau wird immer falsch spielen« und »Rußland nicht abzuschrecken hätte desaströse Folgen". Wer hier falsch spielt, lassen wir einmal dahingestellt sein, aber ich meine, eine von Oligarchen geführte ehemalige Putschregierung ist bestimmt kein glaubwürdiger Repräsentant eines Landes. Zumal Bürgermeister Klitschko erneut zu Spenden für die ukrainische Armee aufruft, damit der Bürgerkrieg im Land weiter gehen kann. Auch sollen ukrainische Söldner z.B. aus der Elfenbeinküste zurückgeholt werden, um in der Bürgerwehr in der Ost-Ukraine gegen Separatisten zu kämpfen. Auch das von Dimitri Jarosch vom Rechten Sektor gebildete Sonderbataillon Donbass wirbt ständig neue Kämpfer gegen die Separatisten an. Wie müssen sich die aufrechten Menschen fühlen, die auf dem Maidan für Demokratie und gegen Faschisten und Oligarchen, also für eine saubere Ukraine kämpften? Faschisten und Oligarchen sind die eigentlichen Wahlsieger, aber wer spricht noch über diese Tatsachen, oder über die US-Söldner in Kiew? Rußland hingegen verfaßte eine UNO-Resolution für ein Ende der Gewalt; mit dieser sollen Verhandlungen in die Wege geleitet werden, um ein Ende der Anti-Terror-Operation der Ukraine zu erreichen. Ein mehr als vernünftiger russischer Vorschlag zur Beendigung des Gemetzels in der Ost-Ukraine! Und was macht derweil unser SPD-Außenminister? Er besucht den Libanon und syrische Flüchtlinge, von denen sich allein dort über eine Million befinden! Um danach die Scheichs in Katar zu besuchen, die u.a. die Bürgerkriegsparteien gegen Assad in Syrien finanzieren und dazu beigetragen haben, daß diese Flüchtlinge existieren! Was treibt die USA zu all dem an? Ist es vielleicht eine Identitätskrise als Supermacht-Versager? Geht es Amerika, wie auch Geistesbruder Israel, immer nur um die eigene Sicherheit? Wie steht es um die Sicherheitsbedürfnisse anderer Staaten? Amerika und Israel denken ohne Gefühl nur an sich und ihre unguten Interessen, die Machtgier ist so groß, daß sie sich nicht scheuen, die Welt zu spalten, um sie ihren Sicherheits- und Machtvorstellungen anzupassen! 

Jetzt noch kurz zu den Herren der Mauer‹ 
Den Besuch von Papst Franziskus, dem Stellvertreter Christi auf Erden im (Un)Heiligen Land Israel möchte ich nur kurz streifen. Es gab nur ein schönes Bild von dieser Reise, als der Papst ausstieg, um vor der 8 m hohen israelischen Apartheidmauer, die Bethlehem von Jerusalem trennt,  im stillen Gebet zu verharren. Natürlich waren die Herren der Mauer über diesen Stopp und die Bilder mit Papst und Apartheidmauer not amused…... Ferner stattete Franziskus Palästinenser-Präsident Abbas einen Höflichkeitsbesuch ab; immerhin erkennt der Vatikanstaat Palästina seit 2012 als Staat an. Und Franziskus hatte in Bethlehem lieber am Tisch der Familie Halabi gesessen, die einen Sohn hat, der eine lebenslange Strafe in israelischer Haft verbüßen muß, statt mit den Patriarchen und Bischöfen zu speisen. Auch besuchte er das Jugendzentrum im Lager Daheische für palästinensische Flüchtlingskinder. Hier hatten verschiedene Stellen schon massive Bedenken gehabt, wegen der Bilder die dort ausgestellt sind und die traurige Realität der jüdischen Besatzung zeigen, aber natürlich nicht in Verbindung mit einem Papstfoto instrumentalisiert werden sollten. Merke: Die Instrumentalisierung der Bilder und Besuche von wichtigen Persönlichkeiten ist die Spezialität der Herren der Mauer Netanjahu und Peres mit allem Pomp  empfingen, um ja die richtigen Bilder zu bekommen. Dann flog Franziskus mit einem israelischen Hubschrauber nach Jerusalem. Denn merke, nicht einmal der Stellvertreter Christi auf Erden erhält von den Herren der Mauer die Erlaubnis, direkt von Bethlehem nach Jerusalem zu fliegen! Hatte man doch schon 10 Stunden vor dem Eintreffen von Franziskus die Jerusalemer Altstadt total abgeriegelt. Dieser Ausnahmezustand betraf wahrscheinlich mehr die Nervosität vor den jüdischen Extremisten, die christliche und muslimische Stätten schänden und beschmieren. Auch gegen den Papst stießen diese Drohungen aus. Als der Papst im jüdischen Staat gelandet war, ging es im jüdischen Sinne Schlag auf Schlag propagandistisch weiter. Eigentlich gab es nur einen wichtigen anderen Akzent, nämlich das Treffen mit dem muslimischen Großmufti bei der Moschee am Tempelberg. Dann natürlich die Klagemauer und Yad Vaschem. Aber daß ›die Herren der Mauer‹ auch noch einen Besuch des Papstes an einem Mahnmal für jüdische Opfer der Intifada ins Programm genommen hatten und dazu noch einen Besuch mit Kranzniederlegung am Grab des Zionismusgründers Theodor Herzl  [Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land]  - was (glücklicherweise!) kein Papst zuvor getan hatte -  das halte ich für mehr als grenzwertig! Gerade zur selben Zeit schämte sich Israel nicht, das Tent of Nations" zu zerstören, auch palästinensische Bäume wurden zerstört, während der Jüdische Nationalfonds, jüdische Bäume pflanzte! Nichts wurde darüber in deutschen Medien berichtet. Im Westjordanland wurden neue Außenposten für israelische Zwecke legalisiert; Arabisch sollte als offizielle Sprache in Israel verboten werden, was israelische Politiker in Gesetzesform bringen wollen. Die vielen Christen im Heiligen Land waren, wie zu hören war, von diesem Papst-Besuch mehr als enttäuscht. Mehr als verständlich, oder nicht, bei dem Leben, das sie im jüdischen Staat führen.

Auch die Ankündigung Netanjahus, die neue Palästinenserregierung nicht anzuerkennen und sogar die Welt zum Boykott gegen diese Regierung, auf die sich Fatah und Hamas geeinigt haben, aufzurufen, sagt doch alles! Aber weder die USA noch die EU wollen, wie zu hören ist, diese am 9. 6. von Palästinenserpräsident Abbas vereidigte Regierung des nationalen Konsenses, die nur aus unabhängigen Fachleuten unter der Führung von Rami Hamdallah, dem derzeitig amtierenden Ministerpräsidenten im Westjordanland, besteht, boykottieren. Das israelische Regime zeigte auch erneut, wie sehr es diese Regierung und deren Einheit fürchtet. Drei Hamas-Ministern, die zu Vereidigung aus dem Gazastreifen einreisen wollten, verweigerte man die Anreise, sie mußten per Videokonferenz vereidigt werden! Wie wird es erst werden, wenn die Palästinenser Ende diesen Jahres das gleiche Recht wie die Ukrainer für sich beanspruchen werden, nämlich frei zu wählen?

Wann hat der Kotau, das Katzbuckeln der Weltgemeinschaft, endlich ein Ende? Wann hört das ewige Zulassen des Unrechts durch das israelische Regime zu Lasten der Palästinenser endlich auf? Wo bleibt Obama mit seiner Definition des Führungsanspruchs als Weltpolizei? Wo bleibt die Weltgemeinschaft, die Sanktionen gegen Rußland ausspricht, aber bei Sanktionen für Israel als Besatzerstaat sofort zurückschreckt, bloß um nicht als Antisemiten zu gelten? 

 

Quelle:  http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20417   11. 6. 2014 
Leicht gekürzte Fassung. Alle Hervorhebungen durch politonline

Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die Neue Rheinische Zeitung schreibt sie regelmäßig vom Hochblauen, dem 1165 m hohen Hausberg im Badischen, wo sie mit ihrem Mann Benjamin Hecht lebt. 2012 erschien ihr Buch Das elfte Gebot: Israel darf alles heraus: tz-Verlag ISBN 978-3940456-51-9, Preis 17,89 Euro