Der Herr der Welt und die »Herren der Mauer« - Von Evelyn Hecht-Galinski 14.06.2014 20:31
Die Grundsatzrede des US-Präsidenten und »Friedensnobelpreisbombers« Obama
vor der ›US-Rekruten-Schinderei-Abrichtung‹ und
berüchtigten Militär-Akademie West Point schien mir bestens angemessen
ausgesucht. West Point ist ein militärisches Schutzgebiet nördlich von Highland
Falls in Orange County, New York. Bis dato kannte ich nur Agent Orange, das
chemische Entlaubungsmittel, das die USA in Vietnam im Rahmen der ›Operation Ranch Hand 1965‹ großflächig einsetzten, um die
Wälder, die Nutzpflanzen und den Dschungel zu zerstören, auch damals schon im
Kampf gegen ›Terroristen‹, die damals Vietkong hießen. Noch
heute spürt man die Folgen dieses Giftes in Vietnam. Die über eine Million Geschädigten
wurden bis heute vom US-Staat nicht entschädigt, da der Einsatz von Agent
Orange ›keine chemische
Kriegsführung‹ und deshalb kein
Verstoß gegen internationales Recht gewesen sei. Passend dazu war der Rücktritt des US-Veteranenministers,
Eric K. Shinseki, einem US-Japaner, ebenso wie Obama in Hawaii geboren,
Absolvent von West Point und von 1956 bis 1966 Vietnamkriegsteilnehmer.
Shinseki trat nach dem Tod von mehr als 40 US-Veteranen zurück. Dieser Skandal
um die Gesundheitsversorgung ehemaliger Soldaten und kriminelle Vergehen in
Veteranen-Hospitälern war schon seit längerer Zeit in den Medien und bekannt,
aber Obama, dem diese Vorfälle angeblich erst jetzt zu Ohren kamen,
wollte das Problem nun lösen. Immerhin seien diese Mißstände
für Veteranen nichts Neues, sondern schon seit Jahrzehnten ein Problem.
Theatralisch meinte Obama: ›Unsere
Veteranen verdienen das Beste.‹ Mußte doch schon im April diesen Jahres Obamas
US-Gesundheitsministerin Kathleen Sibelius nach zahlreichen Pannen bei der Einführung
der Gesundheitsreform zurücktreten. Dieses zaudernde und heiße Luft-Image von
Obama braucht also dringend ›Hollywood
Bilder‹. Dazu fällt mir natürlich
direkt die US-Militär-Glorifizierungs-Schnulze mit Richard Gere aus dem Jahr
2007 ›Ein Offizier und Gentleman‹ ein. Diese schneidige Rekruten-Soap
spielte nämlich auf West-Point! Zurück zu Obama, dem ›Herrn der Welt‹, der in
West Point vor einem Abschlußlehrgang den ›Führungsanspruch der USA‹ in seinem Sinn definierte! Zur
Einstimmung ein paar Originalzitate aus seiner Rede:
›Amerika
muß auf der Weltbühne immer führen‹.
›Wenn
wir es nicht tun, tut es kein Anderer‹.
›Amerika
wird auch künftig allein in den Krieg ziehen, wenn Kerninteressen, wie die Sicherheit
der USA bedroht sind‹.
›Liegen
keine direkten Probleme der Bedrohung für die USA vor, müssen die Schwellen für
Militäroptionen
höhergelegt werden und mehr mit Diplomatie, Entwicklungshilfe (!) und Sanktionen gearbeitet werden‹.
Multilaterale Militärschläge müssen ›notwendig, berechtigt und effektiv‹ sein.
›Das
US-Militär habe ›keinen ebenbürtigen
Gegner‹.
Zu diesen Originalzitaten folgende Anmerkungen: Obama kündigte auch noch mehr Unterstützung für syrische ›Oppositionsgruppen‹ im Kampf gegen den syrischen Präsidenten Assad an, außerdem
Unterstützung für Jordanien und die Türkei (!) im Kampf gegen den Terror!
Allerdings kam der wichtigste Verbündete, Israel, in dieser Grundsatzrede nicht
vor, warum wohl? Besonders zynisch vom großen Energieverschwender USA ist die
vollmundige Ankündigung des Kampfes gegen den Klimawandel, den Obama ›als eine Bedrohung für die nationale
Sicherheit‹ bezeichnete. Er kündigte
an, in einer multilateralen Kooperation ab 2015 ›an der Spitze der Bewegung‹
zu stehen, um ein globales Abkommen zur ›Rettung
des Planeten‹ auszuhandeln. Tatsächlich
zeigt mir diese Rede von Obama, wie seine Grundsätze sind, nämlich nicht
wesentlich anders als die von George W. Bush! Die Zukunft liegt weiter in
Unterwanderungen und Angriffskriegen, für die Soldaten jetzt aber wesentlich
durch die immer stärker werdende Technologie der Drohnen-Angriffe erleichtert.
Diese finden in Somalia, im Jemen, in Pakistan und sonstwo statt, who knows?
Alles im Namen von US-Werten gegen ›Terroristen‹ auf der ganzen Welt.
Militärinterventionen und Stellvertreterkriege, darin sind die USA ein ›Master of the Universe‹. US-Außenminister Kerry und sein Milliarden-Fonds, mit dem
die USA beim ›Kampf gegen den Terror‹ helfen wollen, läßt schon das
Schlimmste für die Zukunft befürchten! Schließlich subventionieren die USA
schon jetzt mehr als 40 Länder bei der Aufrüstung und der Ausbildung von
Militär und Polizeikräften, alles im Namen des Kampfes gegen Terrorbekämpfung.
In Wirklichkeit ist das eigentliche Ziel, die eigene Macht auszuweiten und
Regierungen nach eigenen Wünschen ›einzusetzen‹! Nach dem Motto: ›Was Terror ist, bestimmen wir‹! Der ›Friedensobomba‹ Obama, dessen Drohneneinsätze und
Militärmassaker bereits mehr ›Kollateralschäden‹ und Tote verursachten als dies unter Bush
der Fall war [es werden mehr als 5000
Tote geschätzt!] legitimiert mit dieser
inhaltlich mehr als schwachen aber rhetorisch aufgepäppelten Rede erneut seinen
Anspruch, ›als Herr der Welt‹ alle Angriffe und Intrigen im Sinne
von amerikanischen Interessen zu rechtfertigen. Erneut drängt Obama ›seine Verbündeten‹ in die ›Koalition der
Willigen‹. So sieht die altbekannte
amerikanische Unterstützung für Menschenrechte und demokratische westliche
Werte aus.
Ganz anders ist es, wenn sich die USA mit ›nicht Verbündeten‹, oder mit kreierten Feindbildern befassen. Nach dem Feindbild Rußland und Putin ist jetzt China an der Reihe. So
nutzte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel den Shangri-La-Dialog auf der
Sicherheitskonferenz in Singapur, um China erstmals offen anzugreifen. Hagel
warf China ›Nötigung,
Einschüchterung und eine Destabilisierung der Region‹ vor. Er drohte sogar China mit ›Gegenmaßnahmen‹. Da gab
es ›Führungsanspruch-Töne‹, wie z.B. ›Die USA werden nicht wegschauen, wenn jemand die fundamentalen
Prinzipien der internationalen Ordnung herausfordert‹. Dabei geht es um die Territorialstreitigkeiten zwischen China
und Japan, um Auseinandersetzungen um Inseln im Südchinesischen Meer, die auch
Vietnam und die Philippinen betreffen. Hat da nicht der chinesische
Staatspräsident Xi Jinping vollkommen recht, wenn er diesen Konflikt als eine
asiatische Angelegenheit bezeichnet? Aber was machen die USA? Sie wollen auf einen
Eskalationskurs mit China hinaus und arbeiten hinter den Kulissen schon seit
längerem an der Verschärfung des Konflikts, um ein Bündnis gegen China zu
schmieden: zusammen mit Vietnam, den Philippinen, Taiwan, Südkorea und Japan.
Wieder einmal eine schreckliche Entwicklung, die an die in der Ukraine
erinnert. Nach Rußland jetzt auch China als
Feindbild. Eine gefährliche Definition des amerikanischen Führungsanspruchs,
von der Ukraine, bis nach China, ein gefährliches Spiel der Hegemonie-Ansprüche
des ›Herrn der Welt‹!
Das ist ganz im Sinne des noch immer nicht gewählten,
aber wieder als ukrainischer Ministerpräsident eingesetzten Arsenij Jazenjuk,
der in einem Interview mit der ›Frankfurter
Allgemeinen Zeitung‹ folgende ›Friedenssprüche‹ losließ: »Moskau
wird immer falsch spielen« und »Rußland nicht
abzuschrecken hätte desaströse Folgen.«". Wer hier falsch spielt, lassen wir einmal
dahingestellt sein, aber ich meine, eine von Oligarchen geführte ehemalige
Putschregierung ist bestimmt kein glaubwürdiger Repräsentant eines Landes.
Zumal Bürgermeister Klitschko erneut zu Spenden für die ukrainische Armee
aufruft, damit der Bürgerkrieg im Land weiter gehen kann. Auch sollen
ukrainische Söldner z.B. aus der Elfenbeinküste zurückgeholt werden, um in der ›Bürgerwehr‹ in der Ost-Ukraine gegen ›Separatisten‹ zu kämpfen. Auch das von Dimitri
Jarosch vom ›Rechten Sektor‹ gebildete Sonderbataillon ›Donbass‹ wirbt ständig neue Kämpfer gegen die ›Separatisten‹ an. Wie
müssen sich die aufrechten Menschen fühlen, die auf dem Maidan für Demokratie
und gegen Faschisten und Oligarchen, also für eine ›saubere‹ Ukraine
kämpften? Faschisten und Oligarchen sind die eigentlichen Wahlsieger,
aber wer spricht noch über diese Tatsachen, oder über die US-Söldner in Kiew?
Rußland
hingegen verfaßte eine UNO-Resolution für ein Ende der Gewalt; mit
dieser sollen Verhandlungen in die Wege geleitet werden, um ein Ende der ›Anti-Terror-Operation‹ der Ukraine zu erreichen. Ein mehr
als vernünftiger russischer Vorschlag zur Beendigung des Gemetzels in der
Ost-Ukraine! Und was macht derweil unser SPD-Außenminister? Er besucht den
Libanon und syrische Flüchtlinge, von denen sich allein dort über eine Million
befinden! Um danach die Scheichs in Katar zu besuchen, die u.a. die
Bürgerkriegsparteien gegen Assad in Syrien finanzieren und dazu beigetragen
haben, daß diese
Flüchtlinge existieren! Was treibt die USA zu all dem an? Ist es vielleicht eine
Identitätskrise als ›Supermacht-Versager‹? Geht es Amerika, wie auch
Geistesbruder Israel, immer nur um die eigene Sicherheit? Wie steht es um die
Sicherheitsbedürfnisse anderer Staaten? Amerika und Israel denken ohne Gefühl
nur an sich und ihre unguten Interessen, die Machtgier ist so groß, daß sie sich nicht scheuen, die Welt zu spalten, um
sie ihren ›Sicherheits- und
Machtvorstellungen‹ anzupassen!
Jetzt noch kurz zu den ›Herren der Mauer‹ Den Besuch von Papst Franziskus, dem Stellvertreter
Christi auf Erden im (Un)Heiligen Land Israel möchte ich nur kurz streifen. Es
gab nur ein ›schönes‹ Bild von dieser Reise, als der Papst
ausstieg, um vor der 8 m hohen israelischen Apartheidmauer, die Bethlehem von
Jerusalem trennt, im stillen Gebet zu
verharren. Natürlich waren die ›Herren
der Mauer‹ über diesen Stopp und die
Bilder mit Papst und Apartheidmauer not amused…... Ferner stattete Franziskus Palästinenser-Präsident
Abbas einen ›Höflichkeitsbesuch‹ ab; immerhin erkennt der Vatikanstaat
Palästina seit 2012 als Staat an. Und Franziskus hatte in Bethlehem
lieber am Tisch der Familie Halabi gesessen, die einen Sohn hat, der eine
lebenslange Strafe in israelischer Haft verbüßen muß,
statt mit den Patriarchen und Bischöfen zu speisen. Auch besuchte er das
Jugendzentrum im Lager Daheische für palästinensische Flüchtlingskinder. Hier
hatten verschiedene Stellen schon massive Bedenken gehabt, wegen der Bilder die
dort ausgestellt sind und die traurige Realität der jüdischen Besatzung zeigen,
aber natürlich nicht in Verbindung mit einem Papstfoto ›instrumentalisiert‹
werden sollten. Merke: Die Instrumentalisierung der Bilder und Besuche von
wichtigen Persönlichkeiten ist die Spezialität der ›Herren der Mauer‹
Netanjahu und Peres mit allem Pomp empfingen,
um ja die richtigen Bilder zu bekommen. Dann flog Franziskus mit einem
israelischen Hubschrauber nach Jerusalem. Denn merke, nicht einmal der Stellvertreter
Christi auf Erden erhält von den ›Herren
der Mauer‹ die Erlaubnis, direkt von
Bethlehem nach Jerusalem zu fliegen! Hatte man doch schon 10 Stunden vor dem
Eintreffen von Franziskus die Jerusalemer Altstadt total abgeriegelt. Dieser
Ausnahmezustand betraf wahrscheinlich mehr die Nervosität vor den ›jüdischen Extremisten‹, die christliche und muslimische
Stätten schänden und beschmieren. Auch gegen den Papst stießen diese Drohungen
aus. Als der Papst im ›jüdischen
Staat‹ gelandet war, ging es im
jüdischen Sinne Schlag auf Schlag propagandistisch weiter. Eigentlich gab es
nur einen wichtigen anderen Akzent, nämlich das Treffen mit dem muslimischen
Großmufti bei der Moschee am Tempelberg. Dann natürlich die Klagemauer und Yad
Vaschem. Aber daß ›die Herren der Mauer‹ auch
noch einen Besuch des Papstes an einem Mahnmal für jüdische Opfer der Intifada
ins Programm genommen hatten und dazu noch einen Besuch mit Kranzniederlegung
am Grab des Zionismusgründers Theodor Herzl
[›Ein Land ohne Volk für ein
Volk ohne Land‹] - was (glücklicherweise!) kein Papst zuvor
getan hatte - das halte ich für mehr als
grenzwertig! Gerade zur selben Zeit schämte sich Israel nicht, das ›Tent of Nations" zu zerstören,
auch palästinensische Bäume wurden zerstört, während der ›Jüdische Nationalfonds‹,
›jüdische‹ Bäume pflanzte! Nichts wurde darüber in deutschen
Medien berichtet. Im Westjordanland wurden neue ›Außenposten‹ für
israelische Zwecke legalisiert; Arabisch sollte als offizielle Sprache in
Israel verboten werden, was israelische Politiker in Gesetzesform bringen
wollen. Die vielen Christen im Heiligen Land waren, wie zu hören war, von
diesem Papst-Besuch mehr als enttäuscht. Mehr als verständlich, oder nicht, bei
dem Leben, das sie im ›jüdischen
Staat‹ führen.
Auch die Ankündigung Netanjahus, die neue Palästinenserregierung
nicht anzuerkennen und sogar die Welt zum Boykott gegen diese
Regierung, auf die sich Fatah und Hamas geeinigt haben, aufzurufen, sagt doch
alles! Aber weder die USA noch die EU wollen, wie zu hören ist, diese am 9. 6. von
Palästinenserpräsident Abbas vereidigte Regierung des nationalen Konsenses, die
nur aus unabhängigen Fachleuten unter der Führung von Rami Hamdallah, dem
derzeitig amtierenden Ministerpräsidenten im Westjordanland, besteht,
boykottieren. Das israelische Regime zeigte auch erneut, wie sehr es diese
Regierung und deren Einheit fürchtet. Drei Hamas-Ministern, die zu Vereidigung
aus dem Gazastreifen einreisen wollten, verweigerte man die Anreise, sie mußten per Videokonferenz vereidigt werden! Wie wird
es erst werden, wenn die Palästinenser Ende diesen Jahres das gleiche Recht wie
die Ukrainer für sich beanspruchen werden, nämlich frei zu wählen?
Wann hat der ›Kotau‹, das Katzbuckeln der
Weltgemeinschaft, endlich ein Ende? Wann hört das ewige Zulassen des Unrechts
durch das israelische Regime zu Lasten der Palästinenser endlich auf?
Wo bleibt Obama mit seiner Definition des Führungsanspruchs als ›Weltpolizei‹? Wo bleibt die Weltgemeinschaft, die Sanktionen gegen Rußland ausspricht, aber bei Sanktionen für Israel als
Besatzerstaat sofort zurückschreckt, bloß um nicht als Antisemiten zu gelten?
Quelle: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20417 11. 6. 2014 Leicht gekürzte Fassung. Alle Hervorhebungen durch politonline
Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Autorin. Ihre
Kommentare für die ›Neue Rheinische
Zeitung‹ schreibt sie regelmäßig vom
Hochblauen, dem 1165 m hohen ›Hausberg‹ im Badischen, wo sie mit ihrem Mann
Benjamin Hecht lebt. 2012 erschien ihr Buch ›Das elfte Gebot: Israel darf alles‹ heraus: tz-Verlag ISBN 978-3940456-51-9, Preis 17,89 Euro
|