Die Ukraine-Sanktionen und ihre Abnicker 03.08.2014 22:00
d.a. Wie die ARD-Korrespondentin Tina Hassel bekanntlich einen Tag nach dem Absturz der Passagiermaschine MH17 in ihren Tagesthemen vermeldete,
hatte Obama diesbezüglich von einer »globalen Katastrophe« gesprochen und eine »globale Allianz gegen Putin ausgerufen.« Auch wenn die Vorgänge noch immer nicht aufgeklärt sind, findet sich kein einziger unter den Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten, der offen aufstünde und sich rückhaltlos gegen die in der Folge ohne Beweise verhängten Sanktionen, die ja auch das eigene Land treffen, wehrte. Ganz im Gegenteil: Es sind Vorschläge einmaliger Art ergangen; so sollte die Lieferung der beiden französischen Mistral-Hubschrauberträger an Russland zunächst einem Verbot anheimfallen. Noch sieht es im Moment so aus, dass die Auslieferung des ersten Schiffes vereinbarungsgemäss im Oktober erfolgt, wobei diese, macht
man sich die damit verbundenen Vorgänge bewusst, gewissermassen unter dem »Siegel der Erpressung« geschieht, da sich Frankreich schliesslich
dazu bereit fand, die von der USA gegen die Banque BNP Paribas
verhängte Milliardenstrafe zu zahlen.
[1] Was das ›noch‹ angeht, so ist
der CDU/CSU-Politiker Roderich Kiesewetter inzwischen auf eine gänzlich neue
Variante verfallen: Ende Juli hat er erklärt, dass man den im Oktober zum
Auslaufen bestimmten Hubschrauberträger Frankreich abkaufen sollte, um damit
besser die eigenen EU- resp. NATO-Kapazitäten
aufzubauen. Hierzu liess sich der stellvertretende Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses, Karl Lamers, doch tatsächlich wie folgt
vernehmen: Erstens sei es unvorstellbar, dass das Schiff an Russland
tatsächlich ausgeliefert wird, zweitens sehe er die Notwendigkeit, der
französischen Werft angesichts eines Kaufpreises von 1,2 Milliarden € bei einer
Stornierung unter die Arme zu greifen. [2] Ein
Betrag dieser Kategorie, der die im Schuldensumpf zu ersticken drohenden
EU-Bürger zusätzlich treffen würde, scheint für Lamers offenbar ein Klacks zu
sein. Fakt ist, dass Frankreich den von Russland bereits bezahlten
Verkaufspreis im Falle der Nichtlieferung zurückerstatten müsste. Wie gesagt,
es steht zu befürchten, dass in dieser Angelegenheit keine Ruhe eintritt, denn
schon wünscht die Regierung in Berlin, wie dies ›Le Figaro‹ am 1. August
berichtet hat, dass Frankreich auf den Verkauf der Hubschrauberträger
verzichtet,
wozu Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel folgendes zu verkünden wusste: »Deutschland tätigt
keine Lieferungen [von Waffen resp. militärischem Gerät] an Russland, selbst
wenn die Verträge hierzu in der Vergangenheit abgeschlossen wurden. Ich hätte
dasselbe von Frankreich erwartet.« Gabriel hatte in der Tat die Lieferung eines 100 Millionen Euro teuren
Gefechtsübungs-Zentrums von Rheinmetall gestoppt. Man darf
gespannt sein, wie Hollande reagieren wird, da Bundeskanzlerin Merkel dem ›Figaro‹-Bericht zufolge im Hintergrund Druck ausübt. Was den Transfer
militärischer Technologie angeht, so heisst es indessen laut einer Meldung des russischem
Aussenamts vom 2. August, »dass die EU-Länder
insgeheim
beschlossen hätten, Ausrüstungen an Kiew zu liefern, die bei Repressionen im
Land eingesetzt werden könnten. »Moskau
wurde auf die jüngste Entscheidung des EU-Rates in Brüssel, die die früher
beschlossene Einschränkungen bei der Ausfuhr solcher Technik an die Ukraine
aufhebt, aufmerksam«; genehmigt sei auch
der Export von Militärtechnologien. »Diese Entscheidung strotz von Doppelstandards und läuft zudem den Regeln
zur Kontrolle solcher Exporte, die vom EU-Rat am 8. Dezember 2008 angenommen wurden,
zuwider. Demnach sollen Lizenzen für die Ausfuhr von Militärtechnologien
und/oder -Ausrüstung nicht gewährt werden, falls diese einen Militärkonflikt
provozieren bzw. verlängern oder vorhandene Spannungen oder einen Konflikt im
Bestimmungsland vertiefen könnten.« In diesem Zusammenhang rief das russische Aussenamt die EU dazu auf, der
›gesunden Logik‹, nicht aber Anweisungen aus Washington zu folgen. »Ohne Verbot der Lieferung von
Militärausrüstung an Kiew durch die EU wird die Verantwortung Europas für das
Blutvergiessen im Osten der Ukraine nur zunehmen«, hiess es in Moskau. [3]
Der Mittelstand als Leidtragender Die Sanktionen werden alle treffen, auch die Schweiz,
selbst wenn der Exportanteil Schweizer Produkte nach Russland lediglich 1,7 %
beträgt. So trifft es einzelne hiesige Sektionen, vor allem Firmen aus dem
Rohstoffhandel wie Glencore oder Vitol, sowie Banken, die diese Geschäfte finanzieren.
Inzwischen suchen die EU und die USA die Schweiz als regelrechten Verbündeten
zu gewinnen. »Die Schweiz«, hat hierzu eine Regierungssprecherin erklärt, »habe
die Sanktionsbeschlüsse der EU zur Kenntnis genommen. Das Land hat bislang
keine Sanktionen gegen Russland verhängt, setzt aber auf Massnahmen,
die eine Umgehung der gegenwärtigen und künftigen Sanktionen der
internationalen Gemeinschaft verhindern sollen. Seit Anfang April dürfen Vermögensverwalter in der Schweiz keine neuen
Geschäftsbeziehungen mit Personen auf der EU-Sanktionsliste eingehen. Bereits
in der Schweiz liegende Vermögen fallen jedoch nicht unter das Verbot. Die
begünstigten Personen und der Wert der Vermögen müssen aber an die Behörden
gemeldet werden.« Das stellt,
genau genommen, praktisch das Zugeständnis dar, die Sanktionsanordnungen, wenn
auch nicht amtlich bestätigt, dennoch zu befolgen. [4]
Tatsächlich sind Bemühungen im Gange, weitere Staaten
zu gewinnen, die die Sanktionen mittragen würden. Wie es im deutschen
Auswärtigen Amt am 30. 7. hiess, führe man auch Gespräche mit der Türkei.
Indessen stehen hier die Aussichten denkbar schlecht, folgt man dem jüngsten Bericht von F. William Engdahl, der darlegt, was
sowohl in der EU als auch in der USA höchstes Missfallen erregen dürfte: »Recep Tayyip Erdogan ist ein echter
politischer Überlebenskünstler. Er hat den jahrelangen Versuchen Washingtons
widerstanden, ihn abzusetzen, weil er sich weigerte, die Türkei zum
Aufmarschplatz für einen Krieg zu machen, der zum Sturz von Baschar al-Assad im
benachbarten Syrien führen sollte. Nun schaut sich Erdogan, der die Realpolitik
wahrscheinlich noch intensiver studiert hat als den Koran, im Ausland nach neuen
strategischen Verbündeten um, und bewegt sich deutlich näher an Putin heran.
Die Implikationen einer grundlegenden geopolitischen Neurausrichtung der Türkei
könnten weltweit Konsequenzen haben, die weit über Grösse oder politisches
Gewicht des Landes hinausgehen.«
Wie Engdahl des weiteren schreibt, waren erste Schritte in Richtung einer
engeren Wirtschaftsallianz zwischen der Türkei und Russland im April 2013 unternommen
worden, kurz nach dem illegalen, von der USA inszenierten Putsch in der Ukraine
und nachdem das Parlament der Krim für einen Anschluss an Russland plädierte,
was eine Flut antirussischer Propaganda des Westens ausgelöst hatte. Am 21.
April hatte der türkische Energieminister Taner Yildiz den stellvertretenden
Chef von Gazprom, Alexander Medwedew, nach Ankara eingeladen, um Einzelheiten über grössere Lieferungen von russischem
Erdgas über die ›Blue-Stream‹-Pipeline in die Türkei, die nach der EU schon jetzt der
zweitgrösste Importeur von russischem Erdgas und Erdöl ist, zu besprechen.
Beide Seiten vereinbarten, die Kapazität der ›Blue-Stream‹-Erdgaspipeline von jährlich 16 auf 19
Milliarden Kubikfuss zu erhöhen; damit festigen sich die Wirtschaftsbeziehungen
zwischen den ehemaligen Rivalen. Wie der russische Minister für wirtschaftliche
Entwicklung, Alexei Uljukajew, am 19. Juli bekanntgab, hat Erdogans Regierung
zwecks Bildung einer Freihandelszone Gespräche zwischen der Türkei und den ›EWU‹-Ländern
Russland, Weissrussland und Kasachstan aufgenommen.
Beabsichtigt ist ferner, im Handel mit Russland die jeweilige Landeswährung
einzusetzen. Darüber hinaus bekundet Erdogan grosses Interesse daran, sich den
BRICS-Ländern anzuschliessen; diese haben sich soeben auf die Schaffung einer
wichtigen Alternative zu IWF und Weltbank geeinigt, um von deren harten
Auflagen unabhängig zu werden. »Eine Richtungsänderung Erdogans, der mit Gülen und
Gülens einflussreichem Block innerhalb der türkischen Polizei und des
Justizsystems der Türkei in blutigem Streit liegt«,
so
Engdahl, »könnte für Washingtons neokonservative
Kriegsfalken und deren derzeitigen Feldzug, im gesamten Nahen und Mittleren
Osten, in Eurasien und anderen Regionen Konflikte zu schüren, einen schweren
Schlag bedeuten. Seit die Briten Mitte des 19. Jahrhunderts den Krimkrieg
manipulierten, um Spannungen zwischen dem russischen und dem
osmanisch-türkischen Reich anzuheizen, war und ist es
angloamerikanische Politik, dafür zu sorgen, dass die geostrategisch wichtige
Türkei ein Feind Russlands bleibt. Diese Ära könnte schon bald enden. [5]
Die USA hat inzwischen angekündigt, auch asiatische
Staaten davon überzeugen zu wollen, sich den westlichen Sanktionen gegen
Russland anzuschliessen. Zieht man jedoch die laufenden Bemühungen um den
Aufbau der sogenannten ›Neuen Seidenstrasse‹ in Betracht, so dürften die Voraussetzungen dafür eher als gering einzustufen sein, zumal Putin den
von Xi Jinping vorangetriebenen Bau von wirtschaftlichen Entwicklungskorridoren
entlang der Seidenstrasse unterstützt. Einer gemeinsamen Erklärung vom 20. Mai
ist zu entnehmen, dass beide Seiten weiter nach Möglichkeiten suchen, die
Perspektive des Seidenstrassen-Wirtschaftsgürtels mit der Konzeption der
Eurasischen Wirtschaftsunion zu verbinden. Im asiatisch-pazifischen Raum haben
sich bislang lediglich Japan und Australien den Strafmassnahmen gegen Russland
angeschlossen. Dennoch könnten die Sanktionen durch Drittstaaten, die bereit
wären, Russland mit der unter Embargo stehenden Technologie zu beliefern,
eingegrenzt werden; ebenso könnten auch andere Finanzplätze bereit sein,
Geschäfte mit russischen Banken zu führen. Insofern gilt, wie die ›Deutschen Mittelstands Nachrichten‹ vermerken, »die [Sanktions-]Unterstützung der
Schweiz als Finanzstandort und Norwegens als Lieferant für Offshore-Technologie
als wichtig.«
Die in Russland tätigen deutschen Unternehmen haben
sich vom Ausmass der EU-Wirtschaftssanktionen gegen das Land überrascht
gezeigt. »Mit dieser Art der
relativ breiten Sanktionierung haben hier die wenigsten gerechnet. Diese
Sanktionen treffen den klassischen deutschen Mittelständler mit 100, 150
Angestellten und einem hohen Russland-Anteil«, erklärte das Mitglied der Geschäftsführung der
deutsch-russischen Aussenhandelskammer, Jens Böhlmann. Von der neuen Sanktionswelle seien viele Unternehmen
und Branchen betroffen, die bislang noch geschont worden seien. »Die Haltung zu den
EU-Sanktionen«,
halten die ›DMW‹ fest, »ist Böhlmann zufolge
bei den in Russland tätigen rund 6.200 deutschen
Firmen offenbar zwiespältig. Zwar respektiere man das Primat der Politik. Aber wir haben bislang gesagt, dass wir
Sanktionen nicht für das geeignete Mittel halten, um politische Ziele zu
erreichen, und daran hat sich nichts geändert.« Zur Abwanderung
deutscher Firmen aus Russland hätten die wachsenden Unsicherheiten und Sanktionen
bislang aber nicht geführt. »Die
Investoren ziehen sich nicht zurück«, versicherte der Handelskammer-Vertreter. Es gebe
aber auf allen Seiten eine grosse Verunsicherung. »Russische Partner
haben inzwischen die absurde Situation vor sich, dass die deutschen Firmen
keine zuverlässigen Partner mehr sind, weil sie nicht garantieren können, dass
sie weiter liefern und ihre Service-Leistungen weiter erbringen können.« Die Folgen seien
spürbar: »Die deutschen
Unternehmen verlieren in steigendem Umfang Geschäft an chinesische
Konkurrenten.« So
sehe sich Russland in Korea oder anderswo nach vergleichbaren Partnern um. [6] In Österreich sind insgesamt über 1.200 Firmen, wovon 550
eine eigene Niederlassung in Russland haben, von den Sanktionen gegen den
russischen Exportmarkt, der zu den zehn wichtigsten gehört, hart betroffen.
Wie Obama am 29. 7. in Washington erklärt hatte, zielten
die neuen Strafmassnahmen u.a. auf Schlüsselbranchen der russischen Wirtschaft.
Die Ausfuhr bestimmter Güter und Technologien im Energiesektor ist verboten;
auch die Werft ›United
Shipbuildung Corp‹
in Petersburg ist in die Sanktionsliste aufgenommen worden. Bezüglich der auf die
Sanktionsliste gesetzten Banken, so auch die Sberbank of Russia, die in Zürich eine Filiale unterhält, haben die ›Deutschen
Wirtschafts Nachrichten‹ am 2. August folgende interessante Details
festgehalten: »Was
die Sberbank betrifft, so könnten die EU und die
US-Politiker mit deren Aufnahme in die Sanktionsliste einen
verhängnisvollen Fehler gemacht haben.« Die Bank wird von der russischen Zentralbank,
die an der Sberbank mit einer beherrschenden Mehrheit beteiligt ist und die
internationalen Verflechtungen im Finanz-System über die BIZ genau kennt,
beherrscht. In einer geharnischten Stellungnahme drohen die russischen Banker
unverhohlen mit einem Crash des Finanzsystems: Ein Drittel der Anteile an der
Sberbank halten nämlich Investoren aus Europa und der USA. In ihrem Ausschluss
von den Kapitalmärkten sieht die Sberbank daher eine Gefahr für das weltweite
Bankensystem. Zwar ist es unklar, so die ›DWN‹ im weiteren, inwieweit die Bank
wirklich staatlich ist, doch gehört sie der Central Bank Directory zufolge zu
100 % dem russischen Staat. Man kann daher davon ausgehen, dass alle Aussagen
im Einvernehmen mit der Zentralbank in Moskau abgestimmt sind. Die von der EU
gegen die 5 staatlich kontrollierten russischen Grossbanken verhängten Saktionen
treffen: Sberbank, VTB, Gazprombank, Vnesheconombank und Rosselkholzbank. Diese
dürfen sich am Kapitalmarkt weder Fremd- noch Eigenkapital, das eine Laufzeit
von mehr als 90 Tagen hat, beschaffen. Die Schlussfolgerung der Sberbank
hinsichtlich der Konsequenzen ist unmissverständlich: »Die Tatsache, dass die Bank von
den Sanktionen erfasst ist, zerstört die Grundfesten des globalen
Finanzsystems.« Die
Massnahme trage nichts zur Entspannung der Europäischen Krise bei, die durch
die Situation in der Ukraine ausgelöst wurde. Die zweitgrösste russische Bank,
VTB äusserte sich dazu wie folgt: »Solche Taten widersprechen Europas demokratischen Werten und zeigen,
dass die EU gegen ihre eigenen Interessen verstösst, um das Geheiss ihrer Vorgesetzten
jenseits des Atlantiks zu erfüllen.« [7]
Der Präsident des deutschen Bundesverbands ›Mittelständische
Wirtschaft‹,
Mario Ohoven, warnte am 30. 7., dass bei weiteren verschärften Sanktionen in
Deutschland 300.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden, eine Zahl, die zuvor
auch der Vorstandsvorsitzende von Alstom und Präsident der
Vereinigung Europäischer Firmen in Russland (AEB), Philippe Pegorier, genannt
hatte. »Würde man alle
Verträge mit Russland aussetzen, so kann dies 300.000 Entlassungen in
Deutschland und 100.000 in Frankreich bedeuten. Europa hat 75 % aller
ausländischen Investitionen in Russland und die EU ist der Handelspartner
Russlands Nr. 1.« Laut Andreas
Steiniger vom Ost-Institut in Wismar stünden die deutschen Mittelstandsfirmen
bei weiteren Sanktionen allein da, während die grossen russischen Industriefirmen
mit ihrer marktbeherrschenden einheimischen Stellung und staatlicher
Unterstützung von den Auswirkungen der Sanktionen abgeschirmt seien. Russland,
so Steiniger, verfüge über 427 Mrd. Euro an Währungsreserven, ebenso wie über
Einkommen aus Rohöl- und Gasexporten. Vor allem werde die gerade gegründete
BRICS-Entwicklungsbank Moskau Kredite zur Verfügung stellen. Das
Potential der BRICS, so die ›BüSo‹, die deutsche
Bürgerbewegung Solidarität, wird in der deutschen
Presse völlig ausgeblockt. Hierzu erklärt
Pegorier: »In der Tat glauben wir
Europäer und Amerikaner, wir seien das Zentrum der Welt, und lassen die BRICS,
die als eine günstige Quelle für Kredit zur Verfügung stehen, vor allem China,
ausser acht.« Zahlen zu der Abhängigkeit
der EU-Volkswirtschaften vom Handel mit Russland nannte
Larry Elliott in seiner im ›Guardian‹ vom 22. 7. veröffentlichten Analyse: Der Russlandhandel betrug 2013 für Deutschland 66 Mrd. €,
die Niederlande 37 Mrd., Italien 30 Mrd., Polen 26,7 Mrd., Frankreich 18 Mrd. und
Grossbritannien 12,6 Milliarden. Schon vor den Sanktionen hatte die deutsche
Handelskammer für 2014 einen Rückgang des Russlandhandels um 10 % und einen
Verlust von 4 Mrd. € prognostiziert. Wie Hans-Werner Sinn, der Leiter des
ifo-Instituts in München, soeben festgestellt hat, werden die Sanktionen gegen Russland das Wirtschaftswachstum in Deutschland auf
Null drücken.
Die Abnicker Im Krieg der Sanktionen gegen Russland geht es für die USA, um dieses
Ziel nochmals zu verdeutlichen, vor allem um eines: Sie
wollen den Russen den lukrativen europäischen Markt abjagen, denn der
Erdgasmarkt ist durch langfristige Verträge und Verteilnetze weitgehend
aufgeteilt. Ein Newcomer wie die USA muss also mit den Besitzern der ›Pfründe‹ - Russland und die Länder
im Nahen Osten - in einen
Verdrängungswettbewerb treten, um sich neue ausländische Absatzmärkte zu
erschliessen. [8] Nun
ist es ausgeschlossen, dass die genannten, überaus gravierenden Nachteile nicht
zur Kenntnis der Parlamentarier resp. der Konzerne gelangen. Dennoch bewirken
sie nicht, dass vereinte Überlegungen erfolgten, wie sich die Leidtragenden, in
erster Linie die arbeitende Bevölkerung, von dem von Brüssel und der USA
ausgehenden Druck befreien könnten. Ihre Offenlegung verhindert nicht einmal,
dass sich auf der politischen Bühne eine ganze Reihe von Befürwortern finden,
die ganz offensichtlich nicht imstande sind, die Folgen der Sanktionen zu Ende
zu denken, oder dies ganz einfach nicht wollen.
So hat sich beispielsweise der Präsident des Industrieverbandes ›BDI‹, Ulrich Grillo, im ›Handelsblatt‹ wie folgt geäussert: »Der ›BDI‹ und
ich persönlich sind zu der Überzeugung gelangt, dass das Verhalten der
russischen Regierung im ukrainischen Sezessionskonflikt spürbare Konsequenzen
für Moskau haben muss.« Wobei ich
es als ausgeschlossen betrachte, dass hier alle Mitglieder des ›BDI‹ mit Grillo übereinstimmen; zu unüberhörbar waren anfängliche
Warnungen von Konzernchefs, die auf die verhängnisvollen Nachteile hinwiesen
und sich auf die Seite Russlands stellten. »So schmerzhaft nun weitere Wirtschaftssanktionen für die europäische
Konjunkturentwicklung, deutsche Exporte und einzelne Unternehmen sein werden«, so Grillo, »sie können und dürfen als
Druckmittel auf die russische Regierung nicht ausgeschlossen werden.« Und: »Schärfere Sanktionen werden zu
wesentlich spürbareren Konsequenzen führen«, dies die Voraussage des Präsidenten. Angesicht der Hinwendung
Russlands zu autoritären Machtverhältnissen und seiner Abwendung von Europa,
erklärt Grillo, sei aber ein »weiter so« unmöglich. »Jetzt sei die Stunde der Politik,
nicht der Wirtschaft«. Als ob
die eine gänzlich unabhängig von der anderen existieren könnte. Eine weitere
Feststellung Grillos dürfte allerdings jeden Leser entgeistert zurücklassen:
Der erwartete wirtschaftliche Schaden für Deutschland und die EU werde aber »mehr als aufgehoben«, wenn dem Völkerrecht in Europa
und Rechtsgrundsätzen wieder generell Geltung verschafft würden. »Nicht das Recht des Stärkeren gilt,
sondern die Stärke des Rechts«, unterstrich
er. [9] Nun hat nicht nur die USA das Völkerrecht
immer wieder mit Füssen getreten, sondern auch die EU hat dieses, gerade im
Hinblick auf ihre Beteiligung am Syrienkrieg, um nur ein Beispiel anzuführen - und jetzt durch ihre willentliche Anheizung
des ukrainischen Aufstands – wiederholt verletzt, wessen sich Herr Grillo doch
vollauf bewusst sein müsste. Insofern bleibt es ein Rätsel, dass sich eine
Fachzeitung wie das ›Handelsblatt‹ dazu hergibt, letztere, von mir als aalglatte
Phrasen eingestufte Statements überhaupt abzudrucken. Noch zweifelhafter ist
die Feststellung, dass der erlittene Schaden durch die künftige die Achtung von
Rechtsgrundsätzen behoben werden könnte, denn selbst wenn dies einträte,
entstünde daraus keine finanzielle Wiedergutmachung, und zum anderen ist es
angesichts des Machtstrebens der USA und ihrer Verbündeten nahezu
ausgeschlossen, dass der versprochene Zustand überhaupt eintreten kann. Nach dem ›BDI‹ hat auch der Verband der Maschinenbauer ›VDMA‹ die geplanten
Wirtschaftsanktionen der EU gegen Russland akzeptiert, auch wenn kleine und mittelständische Betriebe um den Verlust von
Aufträgen fürchten müssen. Russland ist mit einem Volumen von knapp 8
Milliarden € immerhin der viertgrösste Exportmarkt für die Maschinenbauer. Hierzu heisst es leider ganz lapidar: ›VDMA‹ und ›BDI‹ beugen sich dennoch dem ›Primat der Politik‹.
Nun ist das gesamte Gasgeschäft von den Sanktionen ausgenommen worden, dies
»mit Blick«, wie Van
Rompuy ausführte, »auf die
Notwendigkeit, die Energiesicherheit der EU zu wahren.« Sicherlich ist dieses für
die Russen das wichtigste Geschäft. Indessen ist nicht etwa von der Annahme
auszugehen, dass Brüssel den Russen noch ein Scherflein an Verdienst lassen
möchte, nein, es geht ganz einfach darum, dass die EU-Bevölkerung - und er selbst natürlich auch - nicht einem ›unbeheizten Winter‹ entgegensehen muss. Was hingegen mit der russischen Bevölkerung geschieht,
ist offensichtlich von völliger Gleichgültigkeit, Hauptsache, man sitzt warm in
der EU. Und zu diesem superben Massnahmepaket ertönte in Brüssel von Seiten
Barrosos auch noch der einmalige Spruch: »Ich glaube, dass dies
ein effektiver, zielgerichteter und ausgewogenen Ansatz ist und uns die Flexibilität
bietet, unsere Reaktion auf Veränderungen in der Welt anzupassen.« Wenn die Politik so gut wäre wie die
Phrasen, die uns von dort erreichen, sähe es geradezu glänzend aus! Doch damit
nicht genug: Der CDU-Politiker Michael Fuchs sprach sich trotzdem für
eine Beschränkung der EU-Gas-Importe aus Russland aus. Die schärfste und
wirkungsvollste Sanktion, die den Europäern zur Verfügung stehe, wäre die
Verringerung der Gaseinfuhren aus Russland, erklärte Fuchs im ›Deutschlandfunk‹. Zwecks Überbrückung der Minderversorgung müsste man dann eben
auf Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten zurückgreifen, was die derzeit
mittels des umstrittenen Frackings grosse Mengen an Erdgas fördernde USA »gerne nach Europa exportieren
würde«. Es ist ihm offenbar nicht aufgefallen, dass
zur Zeit nicht einmal die Infrastruktur dafür gegeben ist. Fuchs hat
anscheinend auch noch nicht erfasst, dass das beim Fracking erfolgende
Rückpumpen der Abwässer die Zahl der Erdbeben in mehreren US-Bundesstaaten
massiv in die Höhe getrieben hat. Das sind unsere Politiker! Im Grunde genommen
ist es eigentlich erstaunlich, dass Putin angesichts der fortschreitenden
geschlossenen Aggression gegen ihn die Einstellung der Gaslieferungen an die EU
noch nicht verfügt hat. [10]
Am 27. Juli erklärte Finanzminister Schäuble, dass er Sanktionen für
einen geeigneten Weg halte, um Russland in der Ukraine-Frage zu beeinflussen. »Deutsche Wirtschaftsinteressen
seien dabei weniger wichtig als die Wahrung von Stabilität und Frieden.« Man sollte ihm die vollständige Chronologie der
Aufstandsanheizung durch Berlin, Brüssel und die USA ins Amt schicken, um ihn
auf den Boden der Wirklichkeit herabzuholen. Denn, wie Michael Mross
sehr richtig schreibt, »war die Ukraine von Anfang an ein Pulverfass,
dessen Lunte von der EU bewusst entzündet wurde. Jetzt steht die Ukraine vor
dem Zerfall. Alles, was in der Ukraine derzeit passiert, ist programmiert.« [11] Darüber hinaus hat
sich der Finanzminister nicht gescheut, im ›Bild am Sonntag‹ vom 27. 7. auch noch folgendes verlauten zu lassen: »Oberste
Priorität hat die Wahrung von Stabilität und Frieden.« Schäubles ganz spezielle
Sichtweise von politischer Stabilität und Frieden setzt die EU derzeit gegen Russland
um, mit sämtlichen von ihm nicht ausgesprochenen Folgen. Was uns alles erklärt
werden kann, ohne dass ein EP resp. ein Bundestag in den verbalen Aufstand
gehen, ist geradezu ungeheuerlich: »Würden er oder sein Kabinettskollege Sigmar Gabriel warnen, dass
Sanktionen den Wirtschaftsinteressen schadeten«, so Schäuble ferner, »wären sie
die falschen Minister.« [12] Auch Bundesaussenminister Steinmeier rechnet mit
erheblichen Einbrüchen im Russlandgeschäft der deutschen Industrie, vertritt
aber trotzdem öffentlich die Ansicht, genau dieses Vorgehen sei dazu geeignet,
den Druck auf Putin zu erhöhen, wovon echte Experten indessen ganz und gar
nicht überzeugt sind.
Wenn es um Sanktionen gegen Russland geht, zeigen sich Amerikaner und
Europäer Seite an Seite, hält Michael Brückner fest, und die Mainstream-Medien
hetzen kräftig mit. Dabei haben die US-Konzerne in diesem perfiden
Wirtschaftskrieg nicht viel zu verlieren, die europäischen Unternehmen dagegen
schon. Es geht um das, was François Schaller, Chefredakteur der Genfer Tageszeitung für Wirtschaft und Finanzen ›L’Agefi‹, als ›eine
Vorwegnahme des Kriegs mit anderen Mitteln‹ bezeichnet.
Und nun muss ein mehr als mysteriöser Flugzeugabsturz, dessen wirkliche Ursache
bislang noch niemand kennt, als Rechtfertigung für umfassende
Wirtschaftssanktionen gegen Russland dienen. Die Sanktionen treffen vor allem
die deutsche Chemie- und Automobilindustrie. »Ausgerechnet Opel«, schreibt Brückner, »das mit viel Geld [Steuergeld!]
vor der Pleite gerettet wurde, dürfte am stärksten unter den Sanktionen leiden.« Als Folge der
finanziellen Massnahmen gegen Russland könnten am Bankenplatz London bis zu
2000 Jobs verloren gehen. Auch der Energiekonzern BP sieht schwierigen Zeiten
entgegen, immerhin hält das Unternehmen einen Anteil von 20 % am russischen
Ölgiganten Rosneft. »Die
Europäer«, so Brückner ferner, »handelten mit ihren
gegen Russland verhängten Sanktionen sozusagen in vorauseilendem Gehorsam.« In diesem
Zusammenhang zitiert er Heather Conley, die Europachefin des ›Center for Strategic
& International Studies‹
in Washington, mit folgender Aussage: »Wenn die Europäer bei Sanktionen nicht
Schritt halten, könnten sie durch die Hintertür dazu gezwungen werden, weil
US-Behörden, sollten EU-Firmen weiter mit geächteten russischen
Finanzinstituten zusammenarbeiten, sonst Strafmassnahmen verhängen
könnten.« [13] Gewiss,
denn obwohl Sanktionen im Prinzip vom UNO-Sicherheitsrat gebilligt sein müssen,
um in Kraft treten zu können, braucht sich die USA natürlich nicht daran zu
halten.
Die für Europa zuständige Victoria Nuland hat nun Ende Juli
ausgesprochen, wie Putin mit einem Finanzkrieg bestraft werden soll: »Die Reaktion der Märkte ist
vielleicht noch wichtiger als die Reaktion aus Moskau. Es wird Zeit brauchen,
dass sich das auf seine geostrategischen Berechnungen auswirkt. Ich glaube nicht, dass irgend jemand
eine Änderung seiner Politik über Nacht erwartet.« Gleichzeitig
beschreibt sie die Schaffung von Marktunsicherheit als »ein Skalpell: als ein neues Instrument der europäischen und der US-Aussenpolitik.« Das Ziel dieser ›Operation‹: Die Risikoprämien für Investitionen in Russland sollen
steigen, der Wert des Rubels wird heruntergefahren, das russische
Wachstum soll sich abkühlen und der Kapitalabfluss zunehmen. Erste Schritte
dazu sind schon eingeleitet: Sowohl die USA als auch Kanada wollen Kredite der
Weltbank, die für Russland bestimmt sind, blockieren. Da die Weltbank eine
durchwegs US-amerikanisch dominierte Einrichtung ist,
wird es für die Amerikaner kein Problem sein, diese Politik zu bestimmen. [14] Auch deswegen nicht, weil sich die EU
gezwungen sieht, in den Finanzkrieg mit einzusteigen. Zu der genannten
finanziellen US-Kriegsführung führt Inter-Info Linz in seiner Ausgabe Nr. 428
für diesen August folgendes aus: »Die Sanktionen gegen Russland sind ein erster
Probelauf. Hier setzt Washington auf ein Team von Anwälten, Analysten sowie auf
einen eigenen Geheimdienst für Finanzangelegenheiten. In diesem Zusammenhang
ist die weltweite ›Arbeit‹ der NSA und der
übrigen US-Geheimdienste von grosser Bedeutung: Die vermeintlichen Feinde
werden flächendeckend überwacht, um ihre Geschäftsabwicklungen zu stören. Die
ursprünglich 730 Mann starke Abteilung für Finanzangelegenheiten ist stark vergrössert worden und
steht unter der Leitung von David Cohen, der derzeit gegen Russland vorgeht.« Was den IWF betrifft,
so erwartet dieser, dass sich die Sanktionen von EU und USA gegen Moskau
auf die gesamte Region auswirken. Betroffen seien Volkswirtschaften »mit sehr
aktiven und direkten Handelsbeziehungen mit Russland, vor allem in Ost- und
Mitteleuropa sowie Zentralasien«, sagte
IWF-Sprecher William Murray. Ob es einem dieser ›Sanktionsfürsprechern‹
je auffallen wird, dass ein sich daraus entwickelndes Chaos sie selbst in
Mitleidenschaft ziehen könnte?
Wenn die Bundesregierung und die EU wegen unzureichender Kooperation
Russlands harte Sanktionen umsetzten, »dann tragen
wir dies zu hundert Prozent mit«, sagte der
Vorsitzende des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, dem ›Handelsblatt‹ vom 25.
7. Dies werde zwar für deutsche Unternehmen schmerzhaft sein, aber
»wenn der Preis bezahlt werden muss, werden wir
ihn zahlen.« Selbst wenn
sein Land dadurch an den Rand des Abgrunds zu stehen kommen könnte. Als
geradezu tödlich empfinde ich, dass die von unseren ›politischen Genies‹ vorgetragenen
Sanktionsanerkennungen den Ausdruck ›Bevölkerung‹ tunlichst meiden, als sei diese, die
es am gewaltigsten treffen wird, nicht einmal erwähnenswert. In diesem
Zusammenhang seien die ›mmnews‹ vom 17. Juli zitiert: »Das
Gefährliche hierbei ist, dass Deutschlands Systempolitiker, die fast
ausnahmslos eine Aussenstelle der US-Politik darstellen, sich vor den Karren
spannen lassen, mit unabsehbaren Folgen für die Bürger.« [15] Pieter
Cleppe vom Think Tank ›Open Europe‹ hält die Verschärfung der Russland-Sanktionen für gefährlich, denn
Handelssanktionen bilden im Regelfall die Vorstufe für einen Krieg. »Wenn
Waren nicht mehr über Grenzen kommen«, so Cleppe, »tun es Armeen«, während der britische
Ex-Botschafter Tony Brenton im ›Telegraph‹ erklärte: »In Ländern wie Russland verstärken Sanktionen lediglich die
antiwestlichen Kräfte«. Es komme zu einer massiven Abwehrhaltung. Cleppe legt ferner dar, dass
Putin in den vergangenen Jahren eine Reform zur Schaffung einer autarken
Wirtschaft ins Rollen gebracht hat. Er will Russland aus der Importabhängigkeit
befreien. Die Sanktionen werden diesen Prozess beschleunigen.
Folgerungen Da doch offen zutage tritt, dass die gegen Russland gerichteten
Sanktionen die eigene Wirtschaft unerbittlich treffen und in eine unverdiente
Rezession stürzen werden, muss man sich die Frage stellen, ob die hier
eingesetzte Strategie im Klartext bedeutet, dass man um des Preises willen,
Russland zu schädigen, das eigene Land dem Niedergang überantwortet. Insofern
ist es unbegreiflich, wie sich derart viele Stimmen finden können, die die Sanktionen
mitzutragen gedenken.
»Natürlich«, so die deutsche ›Bürgerbewegung
Solidarität‹
am 30. 7., »will
man bei der EU noch weitere Sanktionen, also den Übergang zum vollen
Wirtschaftskrieg gegen Rußland, nicht ausschließen. Neben den primären
wirtschaftlichen Schäden für die europäische und deutsche Industrie, samt dem Verlust
von Arbeitsplätzen, liegt der noch größere Schaden auf politischem Gebiet: die
EU ist dabei, jahrzehntelange, selbst durch den Kalten Krieg hindurch
aufgebaute Beziehungen zu den Russen zu zertrümmern. Die Sanktionsdebatte ist
eben nicht, wie man von Seiten der Bundesregierung behauptet, die Alternative
zur militärischen Option, sondern sie öffnet der Kriegsgefahr erst
recht die Tür. Man sehe sich nur an, welch erschreckende Ausmaße die international orchestrierte
Medienkampagne - in Deutschland allen
voran der ›Spiegel‹ mit seiner Titelgeschichte gegen Putin - angenommen hat und welche Sprache dabei
geführt wird. Der ›Spiegel‹-Kolumnist Münchau rief sogar zu einer Totalsperre der
westlich beherrschten globalen Zahlungssysteme für Moskau auf und bezeichnete
diese als die ›Atombomben des Finanzkriegs‹. Wenn man dies alles ausgereizt und
Rußland und vor allem Putin immer noch nicht ›in die Knie gezwungen‹ hat, was
ist dann der nächste Schritt? Die Drohung mit dem atomaren Arsenal der NATO? Wer kann eigentlich ein Interesse daran haben, die
wirtschaftlichen Beziehungen Europas und Deutschlands zu Rußland zu kappen und
das Rückgrat der deutschen Industrie endgültig zu zerstören? Doch wohl nur
diejenigen imperialen Kreise, die mit aller Macht verhindern wollen, daß sich
um Rußland und China herum im Rahmen der BRICS-Gruppe eine neues
Wirtschaftssystem bildet, das auf realwirtchaftlichen Prinzipien von Aufbau
statt auf den monetaristischen Prinzipen des transatlantischen Blocks mitsamt
seines bankrotten Finanzsystems gegründet ist.« [16]
Der frühere OSZE-Beauftragte Willy Wimmer hat daran
erinnert, dass bereits auf der vom US-State Department geplanten Konferenz in
Bratislava im Jahr 2000 eine geopolitische Grossplanung auf die Agenda
gesetzt worden war: Eine Linie von Riga bis Anatolien, mitten durch die
Ukraine, mit einer westlich der vorgezeichneten Linie
liegenden westlichen Einflusssphäre. Wie Wimmer
erklärt hat, glaubt er, dass diese Planung jetzt durchgesetzt wird.
Kaum
bekannt wurde der soeben von der Gruppe ›Veteran Intelligence Professionals for
Sanity‹ (VIPS), die pensionierte US-Geheimdienstler der CIA, der
NSA, des FBI und des Militärs zusammenschliesst, an Präsident Obama gerichtete
offene Brief. In diesem wird ein Ende der aufhetzerischen Propaganda, mit der
die US-Administration Russland beschuldigt, für den Absturz des malaysischen
Flugzeuges MH17 über der Ostukraine verantwortlich zu sein, gefordert. Des
weiteren wird verlangt, dass die US-Geheimdienste vorlegen, was sie an
wirklichen Erkenntnissen über den Absturz eruiert haben. »Ohne eine Veränderung
ihrer gegenwärtigen Haltung treibe die USA die Welt in Richtung eines neuen
Kalten Krieges oder in einen tatsächlich ›heissen‹
Krieg zwischen der USA und Russland«, so die Warnung der ›VIPS‹.
In dem Schreiben heisst es u.a.: »Wir sind über die amateurhafte Art, mit der
fadenscheinige und schwammige Befunde, und diese zum Teil aus den sozialen
Netzwerken, aufgetischt wurden, besorgt. Als Geheimdienstexperten sind wir über
die unprofessionelle Verwendung unvollständiger, parteiischer
Geheimdienst-Informationen beschämt. Als Amerikaner finden wir uns in einer Lage
wieder, in wir hoffen müssen, dass Sie beweiskräftigeres Material, so es denn
existiert, auch unverzüglich veröffentlichen lassen werden. Wenn die Erkenntnisse
über den Abschuss so schwach sind, wie es aus den veröffentlichen unscharfen
Informationsfetzen hervorgeht, empfehlen wir mit Nachdruck, dass Sie den Propagandakrieg
abblasen und auf die Resultate derjenigen warten, die damit beauftragt sind,
diesen Abschuss zu untersuchen. Wenn Ihre Regierung jedoch tatsächlich
konkretere beweiskräftigere Informationen hat, dann sollte Sie diese jetzt
freigeben. Zu häufig werden solche Informationen der Öffentlichkeit, wo sie in
diesem Fall hingehören, vorenthalten. Wir wiederholen unsere Empfehlungen vom
4. Mai: beseitigen Sie den Keim dieser Konfrontation, indem Sie öffentlich jeden Wunsch
nach einer Eingliederung der Ukraine in die NATO zurückweisen und indem
Sie klarstellen, dass Sie unverzüglich zu einem persönlichen Treffen mit
Präsident Putin bereit sind, um Wege zur Entschärfung der Krise zu diskutieren
und die legitimen Interessen der verschiedenen Parteien anzuerkennen. Der
Vorschlag eines schnellen Gipfeltreffens wurde in den kontrollierten und
unabhängigen russischen Medien mit aussergewöhnlicher Resonanz aufgegriffen, aber
nicht in den Hauptmedien der USA. Auch von Ihnen hörten wir nichts. Wir
verlangen, dass Sie uns die Höflichkeit erweisen, uns zu antworten.« [17]
Abschliessend eine Stellungnahme aus Hamburg vom 31.
Juli, die zu denken geben sollte, die aber, soviel ist leider abzusehen, sowohl
bei unseren Volksvertretern als auch im EP und in Brüssel auf steinigen Boden
fallen wird: »Unsere
Bundesregierung tritt unsere Hanseatische Kaufmannsehre und Tradition mit den
Füssen. Langfristig - und damit ist ein Zeitraum von 10 bis 50
Jahren gemeint - haben sich Deutschland
und die EU ins Abseits gestellt, denn Verlässlichkeit in seinen
Handelsbeziehungen ist das A und O eines jeden Kaufmanns und das gilt auch für
Staaten. Russland wird sich langfristig umorientieren: Hier bricht für
uns ein gewaltiger Absatzmarkt und Rohstofflieferant weg.«
Daran anschliessend sei nochmals der
Dekan der ›Lee Kuan Yew School of
Public Policy‹ an der National University von
Singapur, Kishore Mahbubani, zitiert, dem zufolge die wirkliche Herausforderung
für den Westen letztlich darin bestehen wird, »seinen Niedergang zu handhaben«,
während die Zusammenarbeit von Russland und China mit Ländern aus dem
asiatisch-pazifischen Raum, die die bereits genannte Bezeichnung ›Neue
Seidenstrasse‹ trägt, mit grosser
Wahrscheinlichkeit den angestrebten Aufschwung erleben wird.
Wie blind muss man sein, um entgegen aller Fakten
keine Umkehr anzustreben.
[1] http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2299 13.07.2014 Gegen den Dollar [2] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/cdu-politiker-kiesewetter-und-lamers-eu-soll-paris-hubschraubertraeger-abkaufen-13075211.html 31. 7. 14 [3]
http://de.ria.ru/security_and_military/20140802/269179924.html 2. 8. 14 [4]
http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2014/07/64461/ 31. 7. 14 [5] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/f-william-engdahl/der-tuerkische-ministerpraesident-erdo-an-betreibt-annaeherung-an-russland.html 29. 7. 14 Der türkische Ministerpräsident Erdogan betreibt
Annäherung an Russland - F. William Engdahl [6] http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2014/07/64444/ 31. 7. 14 Die deutsch-russische Außenhandelskammer zeigt sich
von der Breite der Sanktionen gegen Russland überrascht [7]
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/08/02/sanktionen-russische-zentralbank-droht-mit-crash-des-globalen-finanz-systems/ 2. 8. 14 [8] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/07/28/amerikaner-wollen-fracking-in-der-ost-ukraine-unter-ihre-kontrolle-bringen/ 28. 7. 14 [9] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/07/29/merkel-und-gabriel-schwoeren-wirtschaft-auf-schaerfere-russland-sanktionen-ein/ 29. 7. 14 [10] http://www.faz.net/aktuell/wissen/erde/menschengemachte-beben-der-oel-und-gasboom-erschuettert-amerika-13033120.html 10. 7. 14
Horst Rademacher - Menschengemachte Beben [11]
http://www.mmnews.de/index.php/politik/19226-mh17-welche-schuld-hat-die-eu 28. 7. 14 Michael Mross
- MH17: Welche Schuld hat die EU? [12] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ukraine-krise-schaeuble-wirtschaftliche-interessen-zweitrangig-13066763.html 27. 7. 14 [13] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/michael-brueckner/wirtschaftskrieg-usa-schaden-russland-und-europa.html;jsessionid=7ABFAD04F5A321DC93F96CBE1889CD75 31. 7. 1 [14] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/07/27/waehrungskrieg-russland-sanktionen-sollen-den-dollar-retten/ 27. 7. 14 [15]
http://www.mmnews.de/index.php/politik/19125-10000-auf-mahnwache-berlin- 17. 7. 14 [16]
http://www.bueso.de/node/7572 30. 7. 14
EU-Sanktionsbeschlüsse: destruktiv und irrational [17]
http://www.bueso.de/node/7575 31. 7. 14
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