Der Iran unter Druck 13.05.2018 21:06
Bekanntlich hatte Israels Regierungschef Netanyahu Ende April nach eigenen
Angaben »neue und schlüssige
Beweise« für die Existenz eines geheimen
Atomwaffenprogramms von Teheran vorgelegt. Der Iran habe seine nuklearen
Ambitionen nie aufgegeben und verstoße damit gegen das
internationale Atomabkommen. Am 30. 4. hatte Netanyahu den Iran in seiner im
Fernsehen übertragenen Ansprache der dreisten Lüge bezichtigt. [1]
»Nach Donald Trumps
durchaus wenig überraschender Entscheidung, das iranische Atomabkommen zu
versenken«, schreibt der US-Autor Daniel
Lazare hierzu, »sind
nun Deutschland und Rußland die beiden Länder, die vielleicht am ehesten auf
dem heißen Stuhl sitzen. Merkels Notlage ist besonders schmerzhaft, sind doch
die umfangreichen Geschäftsbeziehungen Deutschlands mit dem Iran durch die
Entscheidung von Trump, erneut Sanktionen zu verhängen, gefährdet.
Zudem zeigte der neue US-Botschafter in Berlin,
Richard Grenell, was Amerika wirklich von seinen deutschen Partnern hält, indem
er twitterte: ›Wie
Donald Trump sagte, werden US-Sanktionen auf kritische Sektoren der iranischen
Wirtschaft abzielen. Deutsche Unternehmen, die im Iran tätig sind, sollten ihre
Geschäfte sofort einstellen.‹ Wie
Gary Leupp kürzlich in ›Counterpunch‹ betonte, umfaßt Deutschland
60 % der EU-Investitionen im Iran, wo es Maschinen, Metalle, Chemikalien und
landwirtschaftliche Produkte verkauft. Nachdem Daimler kürzlich mit dem
iranischen Autohersteller Khodro einen Vertrag über die Produktion von Mercedes-Benz
Kraftfahrzeugen unterzeichnet hat, steigen die Investitionen derzeit um rund 25
% pro Jahr. Indessen drohen allein dem Airbus-Konzern durch den erzwungenen Boykott
Geschäfte in einem Wert von 16 Milliarden € verloren zu gehen. Die
Trump-Administration hat die Exportgenehmigung
für in den USA hergestellte Flugzeugteile annulliert. Airbus hat erklärt, sich
an die Sanktionen halten zu wollen. Der Handel zwischen Deutschland und dem Iran
hat zuletzt wieder ein Volumen von 3,4 Milliarden € im Jahr erreicht. Zahlreichen Unternehmen sind
jetzt jedoch die Hände gebunden, da ihr Geschäft in den USA dasjenige im Iran
um ein Vielfaches übertrifft, was nicht aufs Spiel gesetzt werden kann.
Was Rußland angeht, legt Lazare im weiteren dar, so
ist es zwar mit dem Iran verbündet, um Syriens umkämpften Präsidenten al-Assad
zu unterstützen, hat es aber gleichzeitig auch irgendwie geschafft, gute
Beziehungen zu Israel aufrechtzuerhalten, weshalb Putin Netanjahu als seinen
persönlichen Gast zu den Feierlichkeiten zum 9. Mai in Moskau einlud, wo der
israelische Premierminister zusammen mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar
Vucic einen Kranz auf das sowjetische Grab des unbekannten Soldaten legte. Weniger
als 12 Stunden danach bedankte sich Netanyahu mit der Zerstörung von mindestens
5 russischen Flakbatterien im Rahmen eines Angriffs auf Syrien. Nach Angaben
des israelischen Militärs hatte Israel
Rußland
über den bevorstehenden Angriff mittels des seit September 2015 geltenden ›Dekonfliktions‹-Verfahrens informiert, was
bedeutet, daß
Rußland
mehr oder weniger der Zerstörung seiner eigenen Verteidigungssysteme zugestimmt
hat. Das kann nicht so weitergehen, besonders da Israel immer stärker auf der
Seite der Pro-al-Qaida-Rebellen interveniert, die Rußland,
der Iran und Syrien abzuwehren versuchen. Je intensiver der Kampf wird, desto
unmöglicher wird Putins Position. Wenn nun die Mitunterzeichner des Nuklearabkommens
mit dem Iran, des ›Gemeinsamen
umfassenden Aktionsplans‹ der
UNO, Rußland
auch nur ein Minimum an Unterstützung geben würden, könnte das Ergebnis eine
große Veränderung in der Art und Weise, wie das tödliche Spiel der
Mittelostpolitik gespielt wird, darstellen. Eine gemeinsame russisch-deutsche
diplomatische Offensive könnte also die Grundlage für eine echte Neuausrichtung
bilden. Unnötig zu sagen, daß es
tausend und einen Grund gibt, warum das nicht passieren wird…...« [2]
›Trumps
Krieg gegen den Iran‹ Wie Eric Margolis in seinem Artikel vom 12. Mai ausführt, startete Israel in der Woche vom 7.
5. Wellen von Luftangriffen und Bodenbeschuß auf
eine Reihe von angeblichen iranischen Militärpositionen in Syrien. War dies ein
großer Schritt vorwärts in dem Plan von Israels Führer Benjamin Netanyahu und
seinem Verbündeten Donald Trump, einen großen Krieg mit dem Iran zu
provozieren?
Es sieht wirklich so aus. Die USA, Saudi-Arabien
und Israel haben vor kurzem in Syrien eine empfindliche Niederlage erlitten.
Ihre Kampagne, die Assad-Regierung in Damaskus zu stürzen, indem sie die
IS-Bewegung und in der Folge sunnitische muslimische Dschihadisten benutzten,
wurde von der syrischen Armee besiegt - mit Unterstützung der russischen
Luftmacht, der Hisbollah des Libanons und einigen iranischen Milizen und
Armeeberatern. Israel behauptet nun, mehr als eine ganze Reihe iranischer
Positionen in Syrien ausgelöscht zu haben. Soweit wir unsererseits hierzu etwas
sagen können, dann waren dies kleine Logistik- oder Kommunikationseinrichtungen
und keineswegs das Rückgrat einer angeblichen iranischen Offensive gegen Israel.
Tatsächlich war der angebliche iranische Raketenbeschuß auf
die von Israel besetzten Golanhöhen gerichtet, die nach dem
arabisch-israelischen Krieg 1973 illegal annektiert und besetzt wurden und
immer noch rechtlich als Teil Syriens festgehalten werden. Israel ist sehr
nervös darüber, daß die Aufmerksamkeit der Welt auf die anhaltende
Besetzung der strategischen Golanhöhen gelenkt wird, von denen aus die schwere
israelische Artillerie Damaskus erreichen kann.
Jetzt allerdings, da die Trump-Administration
vollständig unter den Einfluß der Pro-Krieg-Neokonservativen gefallen
ist, erscheint ein Versuch, die iranische Regierung zu stürzen, sehr
wahrscheinlich, sowohl durch militärische Intervention als auch durch einen
verstärkten Wirtschaftskrieg.
Seit der von den Amerikanern und Briten
installierte Schah 1979 durch eine Volksrevolution gestürzt wurde, wird der Iran
wird von den USA belagert. Die CIA und der britische Auslandsgeheimdienst MI6
haben zahlreiche Versuche unternommen, um
die Islamische Republik zu stürzen, um einen eigenen Herrscher zu installieren.
Das Versagen der westlichen Geheimdienste, ernsthafte Aufstände im Iran (oder
in Rußland)
zu provozieren, deutet darauf hin, daß die militärische Option
zunehmend verlockend wird und das bedeutet wahrscheinlich, daß es zu
militärischen Auseinandersetzungen mit dem Iran im Golf kommt, die zu
umfassenden Angriffen auf die nukleare Infrastruktur und die Industrie des
Irans führen. US-Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe sondieren aktiv die Grenzen
des Irans. Zudem werden die US-Streitkräfte immer stärker in den Krieg gegen
den Jemen einbezogen. Viele von der gleichen Kriegergruppe, die 2003 die
US-Invasion im Irak inszeniert hat, leiten jetzt die Trump-Administration. Ihr
Ziel ist es, den Iran zu zerschlagen und den Mittleren Osten der gemeinsamen
saudi-ägyptisch-israelischen Kontrolle zu überlassen.
Der Einmarsch in den Iran wäre nicht einfach. Das
Land hat sehr wenig Möglichkeiten, die Macht über seine Grenzen hinaus zu
projizieren. Seine Luftwaffe, die Artillerie und die Panzer sind marode.
Amerika kontrolliert den Himmel von Marokko bis Afghanistan. Zwar ist der Iran
für Überfälle und kleine Attacken anfällig, aber diese große gebirgige Nation
von 80 Millionen Menschen zu unterwerfen, das wäre in der Tat sehr schwierig. Der
Kommandeur der iranischen Revolutionsgarde sagte mir einmal: ›Die Amerikaner sollen nur
einmarschieren. Sie werden sich am Iran die Zähne ausbeißen‹. Übertriebenes Selbstvertrauen
natürlich, aber er hatte recht. Und in den städtischen Gebieten könnte der Iran
in der Defensive heftigen Widerstand leisten.
Die imperialistische Maschine Amerikas mag, wie
ihr britischer Vorgänger, kleine leichte Kriege gegen kleine rückständige
Nationen. Der Iran wäre ganz anders.
Wie wir gerade bei Nordkorea gesehen haben, wäre für
den Iran ohne die Sicherheitsgarantien Rußlands und Chinas die beste Überlebensstrategie
ein Wettlauf um eine kleine Anzahl von Atomwaffen, um die Angriffe der USA und
Israels zu verhindern. Europa, das das iranische Nuklearabkommen mitgetragen
hat und nun von Trump gedemütigt wird, ist zu schwach und unorganisiert, um den
Pakt zu garantieren und sich gegen Washington durchzusetzen. Das ist zu schade.
Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt für die EU gewesen, ihre Unabhängigkeit von der
amerikanischen Hegemonie zu behaupten und mit dem Aufbau ihrer eigenen
unabhängigen europäischen Streitkräfte zu beginnen.« [3]
»Zwar wolle man weiterhin an dem Abkommen
festhalten, heißt es laut ›German
Foreign Policy‹ in einer gemeinsamen
Erklärung der Regierungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens vom 9.
5. 18, »es wird jedoch verlangt, daß der Iran nicht nur ›seine eigenen Verpflichtungen aus dem
Abkommen weiterhin erfüllt, sondern sich auch noch weiteren Forderungen des
Westens beugt. So soll Teheran nicht nur bereit sein, für die Zeit nach dem
Auslaufen des Abkommens einen ›langfristigen
Rahmen für das iranische Nuklearprogramm‹
zu akzeptieren; es müßten darüber hinaus ›Fragen
des ballistischen Raketenprogramms des Irans und auch dessen destabilisierende
regionale Aktivitäten, insbesondere in Syrien, im Irak und im Jemen, gelöst
werden.‹ Berlin hofft, daß Teheran
unter dem Druck der US-amerikanisch-israelischen Aggression zu den gewünschten
Zugeständnissen erpreßt werden kann.
Bei
Irans ›regionalen Aktivitäten‹, über die sich Berlin, Paris und
London in ihrer gemeinsamen Erklärung beschweren, handelt es sich durchwegs um
die Resultate von Aggressionen des Westens und seiner regionalen Verbündeten.
Der US-geführte Überfall auf den Irak im Jahr 2003 hat der schiitischen
Mehrheit des Landes den Weg an die Macht gebahnt und damit auch dem Iran
erheblichen Einfluß in Bagdad beschert. Der von den NATO-Staaten und ihren
regionalen Verbündeten befeuerte Krieg in Syrien hat die Regierung in Damaskus
dazu veranlaßt, auch im Iran militärischen Beistand zu suchen, was die Präsenz
iranischer Militärs in Syrien mit sich gebracht hat. Teherans zunächst
schwacher Einfluß auf die Houthi-Milizen im Jemen ist erst in den vergangenen
Jahren stärker geworden, als der Angriffskrieg, den Saudi-Arabien mit
US-Unterstützung gegen sie führt, die Houthi dem Iran in die Arme trieb.
Gegen
die von ihnen selbst bewirkte Stärkung des Irans gehen die westlichen Mächte
nun mit abgestuften Aggressionen vor.« [4]
Der
französische Außenminister Le Drian sprach sich am 10. 5. noch einmal gegen die
Sanktionen aus, mit denen die USA auch Unternehmen in den EU-Länder bedrohen,
die mit dem Iran Geschäfte tätigen. Das sei ›völlig inakzeptabel‹,
so Le Drian. Offen ist allerdings, welches realpolitisches Gewicht Drians
lautes Nachdenken darüber hat, nun ›Maßnahmen
zu ergreifen, welche die Interessen unserer Unternehmen vertreten‹.
[5]
[1] https://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/netanyahu-wirft-teheran-verstoss-gegen-atomabkommen-vor/story/11951553 30. 4. 18
[2]
http://antikrieg.com/aktuell/2018_05_13_trumps.htm 13. 5. 18 Trumps Iran-Debakel: Was werden Deutschland und
Russland tun? - Daniel Lazare
[3] http://antikrieg.com/aktuell/2018_05_12_trumps.htm 12. Mai 2018
Trumps Krieg gegen den Iran – Eric Margolis
[4]
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7604/
11. 5. 18 Wie man Weltmacht wird
[5] https://www.heise.de/tp/features/USA-wollen-Dollargeschaefte-mit-Iran-verbieten-4047256.html?seite=all 11. 5. 18
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